Protocol of the Session on June 21, 2018

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin etwas verwundert, dass nicht wir zuerst zu unserem Änderungsantrag sprechen konnten. Aber so ist es nun mal. Nichtsdestotrotz möchte ich zu der Petition, die wir strittig gestellt und dem Haus zur Berücksichtigung empfohlen haben, etwas sagen.

Der Petent meint, dass der Bargeldverkehr schleichend eingeschränkt wird, und fordert, dass die Landespolitik bzw. die Politik insgesamt etwas dagegen unternimmt.

Es gibt dazu ja auch eine Stellungnahme der Landesregierung. Danach kann man den Eindruck gewinnen, dass eigentlich alles in Ordnung ist; denn dort heißt es: „Bargeldobergrenzen werden grundsätzlich abgelehnt.“ Jetzt wissen wir alle, was „grundsätzlich“ in diesem Zusammenhang bedeutet. Juristisch ausgelegt, bedeutet das, dass hier auch Ausnahmen möglich sind.

Deswegen wollen wir dieser Beruhigungspille, die die Landesregierung hier ausgibt, ein deutliches und klares Signal des Landtags entgegensetzen und deutlich machen, dass wir ganz entschieden gegen Bargeldobergrenzen und gegen die Einschränkung des Bargeldverkehrs eintreten. Dazu

gibt es einen entsprechenden Vorschlag der Kommission; die Diskussion wird auf der europäischen Ebene geführt. Das Ganze soll darin münden, dass es zu einer Harmonisierung der Bargeldobergrenze in der Europäischen Union kommt.

In 22 der 28 Mitgliedsstaaten gilt bereits eine Obergrenze, die zum Teil deutlich unter 5 000 Euro liegt. Wer nun glaubt, dass eine Harmonisierung dazu führt, dass die aktuelle deutsche Regelung übernommen wird, der wird sicherlich irren. Die Harmonisierung wird bestimmt nicht bei 0 Euro liegen, sondern sie wird bei maximal 5 000 Euro liegen. So wurde es auch durch meine Fraktion schon in diesem Hause diskutiert. Die Obergrenze wird also kommen. Das ist nicht eine Frage des Ob, sondern das ist eine Frage des Wann.

In diesem Zusammenhang werden hehre Ziele bemüht, nämlich die Terrorismusbekämpfung und die Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Wir wissen mittlerweile aus Studien, dass die Auswirkungen marginal sind. Im Übrigen wäre es das erste Mal, dass sich Kriminelle und Verbrecher tatsächlich an Verbote hielten. So wird man der Sache nicht Herr.

Es wird jedoch Auswirkungen geben: Die Freiheit des Einzelnen wird eingeschränkt; die Selbstbestimmung wird eingeschränkt; Bewegungsprofile und Verhaltensprofile sind lückenlos darstellbar. Dagegen stellen wir uns als Freie Demokraten ganz eindeutig; das halten wir für falsch. Das Hintertürchen, das sich die Landesregierung mit dieser Stellungnahme offenhält - dass es grundsätzlich richtig ist, sich dagegen zu wenden -, wollen wir zuschlagen.

Unserer Ansicht nach sollte sich der Landtag eindeutig gegen die Einschränkung des Bargeldverkehrs positionieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der AFD)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. Ihre Kritik nehme ich in gewisser Weise an. Ich war nach der Reihenfolge der Wortmeldungen vorgegangen. Da es aber Ihr Änderungsantrag ist, hätte ich nach den sonst üblichen Gepflogenheiten zuerst Ihnen das Wort erteilen müssen bzw. können.

(Christian Grascha [FDP]: Ist schon verziehen!)

- Da bin ich aber erleichtert.

Dann können wir weitermachen. Für die CDU spricht jetzt Herr Schatta zur gleichen Eingabe.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche hier für beide Regierungsfraktionen zu einer Eingabe, die wir von Niedersachsen aus eigentlich nicht direkt beeinflussen können.

Wie in der sehr ausführlichen Stellungnahme des Niedersächsischen Finanzministeriums dargelegt, erkenne auch ich klipp und klar die Sach- und Rechtslage. Die Niedersächsische Landesregierung lehnt – ich selbst übrigens auch – die Einführung von Bargeldobergrenzen grundsätzlich ab. Da wären wir wieder bei „grundsätzlich“ im juristischen Sinne; aber wenn es hier so steht, nehme ich das so hin.

Der Petent, der im Übrigen aus Köln kommt, was gar nicht in Niedersachsen liegt, wendet sich ganz allgemein gegen die vermeintlichen Pläne der Bundesregierung sowie der Europäischen Union, unser allseits beliebtes Bargeld abzuschaffen. Das ist ein Tenor dieser Petition.

Die Diskussion über die Einführung von Bargeldobergrenzen bei Bezahlvorgängen hat keinen erkennbaren Hintergrund zur Abschaffung von Bargeld bzw. zur Beschränkung des Besitzes von Bargeld. Hierbei geht es lediglich um eine Prüfung. Es geht allein um die Prüfung vor dem Hintergrund der Bekämpfung von Terrorismus, Schwarzarbeit und der Geldwäsche. Natürlich, Verbrecher halten sich nicht an Verbote; das ist sozusagen deren Merkmal.

Mit Hinweis auf die Entscheidung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages zur EUweiten Lösung ist zu sagen, dass keine rechtlichen Maßnahmen zur Einführung einer nationalen Bargeldobergrenze geplant sind. Diese Sachlage mit den angeführten Maßnahmen zu untermauern, wäre genauso, als würde man aus der Einführung eines Tempolimits auf bestimmten Strecken für Kraftfahrzeuge ein generelles Verbot des individuellen Personenverkehrs mit Personenkraftwagen ableiten. Ob eine solche Petition wirklich viel Unterstützung finden würde, wage ich zu bezweifeln.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Grascha zu?

Probieren wir es mal.

Auf geht’s!

Vielen Dank, Herr Kollege. - Sie haben es gerade noch einmal wiederholt: In der Tat ist eine nationale Maßnahme nicht geplant. Verstehe ich die Aussagen, die in den verschiedenen Stellungnahmen sowohl von der Landesregierung als auch von der Bundesregierung zu lesen sind, richtig, dass eine europäische Harmonisierung angestrebt wird?

Zur europäischen Harmonie und Harmonisierung kann ich so direkt wirklich gar nichts sagen. Wir haben in Europa derzeit eine ganze Menge Harmonie, in manchen Fällen aber auch nicht.

(Heiterkeit und Beifall)

Dass diese Petition keinen Resolutionscharakter haben kann, ist klar. Eine Resolution ist etwas ganz anderes. Einer Petition einen Resolutionscharakter geben zu wollen, halte ich nicht für angebracht. Für das Bargeld an sich sind wir hier auch nicht zuständig. Somit ist die Petition ganz klar mit „Sach- und Rechtslage“ zu bescheiden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schatta. - Weitere Wortmeldungen liegen mir zur Eingabenberatung nicht vor, sodass wir nun über die gerade diskutierte Eingabe abstimmen können. Es geht um die laufende Nr. 133 der Eingabenübersicht, Eingabe 3435/11/17, „Keine Bargeldobergrenzen - Bargeldkäufe in unbegrenzter Höhe beibehalten“.

Dazu gibt es den Änderungsantrag der Fraktion der FDP, der auf „Berücksichtigung“ lautet. Wer dem Änderungsantrag der FDP zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Gegenstimmen waren die deutliche Mehrheit. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Damit kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses; sie lautet „Sach- und Rechtslage“. Wer für die Beschlussempfehlung ist, den bitte ich um das Handzeichen.

- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die klare Mehrheit. Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses angenommen.

Wir können diesen Tagesordnungspunkt verlassen.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 31: Erste Beratung: Cannabis entkriminalisieren - Jugendliche schützen, Verbraucherschutz und Prävention ermöglichen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 18/1066

Eingebracht wird der Antrag durch Herrn Dr. Birkner von der FDP-Fraktion. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemeinsam mit der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen setzen wir uns mit diesem Antrag für die Entkriminalisierung von Cannabis ein und werben dafür, dies in einem begleiteten Modellprojekt anzugehen. Die Entkriminalisierung streben wir an, weil wir sehen, dass die strafrechtlichen Sanktionen, die Prohibitionspolitik und die Kriminalisierungspolitik gegenüber Cannabis gescheitert sind.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Strafrechtliche Sanktionen bedürfen der Rechtfertigung; denn sie sind mit erheblichen Eingriffen in Grundrechte verbunden.

Die Rechtfertigung erfolgt bei den strafrechtlichen Sanktionen durch die Strafzwecke, die damit verfolgt werden. Auf der einen Seite gibt es die Generalprävention, nämlich das Bestreben, durch die Bestrafung einzelner Straftäter eine abschreckende Wirkung auf andere zu erzielen. Wirft man einen Blick auf das, was das Landeskriminalamt jüngst dazu kundgetan hat, stellt man fest, dass sich die Zahl der Konsumenten in den letzten zehn Jahren trotz dieser generalpräventiven Absicht verdoppelt hat.

Bei der Spezialprävention, die als weiteren Strafzweck den einzelnen Straftäter davon abhalten will, dass er zukünftig eine solche Straftat noch einmal begeht, verhält es sich ähnlich; das spiegelt sich ebenso in den Zahlen wider. Die Erfahrungen,

die die Gerichte jeden Tag in Deutschland damit machen, zeigen: Auch das funktioniert am Ende nicht.

Jetzt könnte man sagen: Nur weil Generalprävention und Spezialprävention bei diesen Delikten nicht funktionieren, kann man nicht direkt von einer Entkriminalisierung ausgehen und diese Straftaten nicht mehr sanktionieren. Das wäre dann ja die Folge bei jedem Massendelikt.

Maßgeblich kommt hinzu, dass geprüft werden muss, ob der Eingriff, der mit einer solchen Bestrafung verbunden ist, verhältnismäßig ist. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit muss man sich anschauen, worum es genau geht. Es geht nämlich um die Bestrafung des Konsums von Cannabis, also eines Rauschmittels, das - man kann es begrüßen oder bedauern - gesellschaftlich eine gewisse Akzeptanz erfahren hat. Frau Havliza, Sie brauchen nicht so fragend zu gucken - ich gehöre nicht zu denjenigen, die konsumieren.

(Heiterkeit)

Es lässt sich aber nicht leugnen, dass eine gesellschaftliche Akzeptanz für dieses Rauschmittel durchaus gegeben ist.

Aber viel entscheidender ist, dass die Gefährlichkeit bzw. das Gefährdungspotenzial oder Suchtpotenzial von Cannabis - was ich gar nicht negieren will - mit anderen, legal erhältlichen Drogen durchaus vergleichbar ist.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Spätestens an dieser Stelle brechen die Legitimation und die Rechtfertigung für die Bestrafung eines entsprechenden Verhaltens in sich zusammen. Denn der Staat kommt in einen Wertungswiderspruch, dass er auf der einen Seite sagt „Das ist legal“, auf der anderen Seite aber sagt „Das ist illegal“, obwohl es in der Sache keinen rechtfertigenden Unterschied gibt, der eine unterschiedliche Behandlung gebietet.