Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.
Aber Sie haben es während der Debatte gehört - mir wurde es bereits über die Parlamentarischen Geschäftsführer zugetragen -: Frau EmmerichKopatsch hat den Antrag gestellt, diesen Tagesordnungspunkt an den Fachausschuss zurückzuüberweisen. Das ist grundsätzlich möglich, in Anwendung des § 39 Abs. 3 in Verbindung mit § 32 Abs. 1 Satz 1 unserer Geschäftsordnung. Wer also möchte, dass dieser Beratungsgegenstand an den Fachausschuss zurücküberwiesen wird, der hebe die Hand. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, ich darf noch einmal um Ihre besondere Aufmerksamkeit bitten. Der nächste Tagesordnungspunkt wäre laut ausgedruckter Tagesordnung der Tagesordnungspunkt 24. Aus bekannten Gründen soll der Tagesordnungspunkt 24 mit dem Tagesordnungspunkt 35 getauscht werden, den wir jetzt auch behandeln werden. Der Tagesordnungspunkt 24 sollte ursprünglich morgen behandelt werden. Weil wir aber in unserem zeitlichen Ablauf recht günstig dastehen, haben mir die Parlamentarischen Geschäftsführer signalisiert, dass man den Tagesordnungspunkt 24 heute noch als letzten Tagesordnungspunkt, also nach Tagesordnungspunkt 28, beraten möchte.
Ich denke, das hat den allgemeinen Konsens, und die Rednerinnen und Redner sind gebrieft, dass sie heute noch zum Zuge kommen. Gibt es Unklarheiten? - Herr Wichmann!
- Können Sie trotzdem damit leben? - Dann danke ich für den Konsens; es dient der Verfahrensökonomie.
Tagesordnungspunkt 35: Erste Beratung: Angemessene Unterstützung der Betreuungsvereine für eine gute rechtliche Betreuung -
Einbringen möchte den Antrag für die SPDFraktion Herr Ulf Prange. Herr Prange, bitte sehr! Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsfraktionen vereinbart, die rechtliche Betreuung zu stärken. Konkret heißt es dort:
„Wir schätzen die Arbeit der beruflichen und ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer sowie der Betreuungsvereine und wollen diese weiter fördern. Die Zuständigkeit für das Betreuungswesen werden wir im Justizministerium zusammenfassen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Vergütung der Betreuerinnen und Betreuer angepasst wird. Die Anforderungen im Bereich des Betreuungswesens steigen stetig, daher wollen wir die Qualifizierungsmaßnahmen ausbauen.“
Die zur rechtlichen Betreuung getroffene Vereinbarung konkretisieren wir mit dem jetzt vorliegenden und heute eingebrachten Antrag. Wir bringen mit dem Antrag strukturelle und finanzielle Verbesserungen auf den Weg. Dabei nehmen wir insbesondere die Situation der Betreuungsvereine in den Blick. Die Betreuungsvereine in Niedersachsen - das heißt: 52 anerkannte Vereine, 400 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, 10 000 Betreuungen und viele Jahre Erfahrung.
Mit ihrer Kampagne fordern die Betreuungsvereine unter dem Motto „Wir sorgen für Dich. Sorg Du für uns.“ zu Recht bessere Bedingungen ein; denn gerade die Betreuungsvereine leisten eine wichtige und unverzichtbare Arbeit für unser Gemeinwesen. Dafür möchte ich mich im Namen der SPDFraktion ganz herzlich bei den Vereinen und ihren Mitarbeitern bedanken.
Betreuungsvereine übernehmen nicht nur Betreuung, sondern sie unterstützen auch im Rahmen der sogenannten Querschnittsaufgaben ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer. Sie kümmern sich um die Gewinnung von ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern, sie sorgen vor Ort in der Fläche für eine Vernetzung der Akteure und einen Erfahrungsaustausch. Sie bieten verschiedene Informations-, Beratungs- und Fortbildungs
veranstaltungen an: zur rechtlichen Betreuung, aber auch zu Vollmachten, Betreuungs- und Patientenverfügungen. Sie stehen für Qualitätssicherung im Bereich der rechtlichen Betreuung und vermeiden durch ihre Arbeit unnötige Betreuungen.
Im Bereich der sozialen Arbeit haben wir grundsätzlich das Problem, dass diese nicht immer angemessen entlohnt wird. Wir wollen es den Betreuungsvereinen ermöglichen, weiterhin tarifgerecht zu vergüten. Dann benötigen die Vereine aber auch eine angemessene finanzielle Ausstattung. Bedingt durch den demografischen Wandel, durch die Zunahme von Erkrankungen, aber auch durch veränderte Lebensentwürfe von Menschen steigt der Bedarf kontinuierlich. Hinzu kommt, dass viele Betreuungen komplexer geworden sind.
Bereits in der letzten Legislaturperiode hat sich der Landtag intensiv mit der Situation der Betreuungsvereine und der Berufsbetreuer in Niedersachsen beschäftigt. Dazu wurde eine gemeinsame Entschließung aller vier seinerzeit im Landtag vertretenen Fraktionen auf den Weg gebracht. Inhalt war unter anderem eine Erhöhung der Betreuervergütung durch den Bundesgesetzgeber. Davon hätten Berufsbetreuer und Vereine gleichermaßen profitiert. An diesem Punkt sind wir aber nicht weitergekommen; denn es gab dafür keine Mehrheiten im Bundesrat.
Im Land ist es gelungen, über das seinerzeit für die Betreuungsvereine zuständige Sozialministerium eine Erhöhung der Mittel für die von den Betreuungsvereinen geleisteten Querschnittsaufgaben um 20 % zu erreichen.
Trotz dieser Erhöhung ist die finanzielle Situation der ca. 50 Vereine in Niedersachsen angespannt. Insoweit verweise ich auf die eingangs genannte Kampagne der niedersächsischen Betreuungsvereine. Auf der Homepage der Kampagne kommen Betreuerinnen und Betreuer aus ganz Niedersachsen zu Wort.
Aus Gesprächen mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, aber auch aus Kontakten mit den Vereinen vor Ort wissen wir, dass zusätzliche Mittel erforderlich sind, um die vorhandene Struktur zu erhalten. Es ist bereits zu Schließungen von Betreuungsvereinen gekommen. Weitere Träger erwägen, sich aus dem Bereich der rechtlichen Betreuung zurückzuziehen. Diese Hilferufe müssen und wollen wir ernst nehmen. Wir wollen die vorhandenen Strukturen stär
Die Betreuungsvereine und ihre Expertise sind unverzichtbar. Sie sind wichtige Ansprechpartner für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer, aber auch für Angehörige. Sie beraten und unterstützen mit großem Engagement. Sie sind die Ansprechpartner und Experten vor Ort. Gerade im Flächenland Niedersachsen ist dieses dezentrale Angebot äußerst wichtig.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle einen Hinweis an unsere Haushaltspolitiker und den Finanzminister - er ist gerade nicht da. Wir brauchen weiterhin das bewährte Nebeneinander von Betreuungsvereinen und Berufsbetreuern; denn ohne das Engagement der Vereine müssten viele Betreuungsfälle, die derzeit ehrenamtlich und über die Vereine betreut werden, künftig von Berufsbetreuern übernommen werden, was letztlich den Landeshaushalt deutlich höher belasten würde.
In der letzten Legislatur haben wir gemeinsam dafür gestritten, dass die Betreuervergütung auf Bundesebene angehoben wird. Davon hätten Vereine und Berufsbetreuer gleichermaßen profitiert. Der Bundestag hatte eine rechtstatsächliche Untersuchung beauftragt und sich daran anknüpfend auf eine Erhöhung verständigt. Dies ist aber letztlich - ich hatte es bereits erwähnt - im Bundesrat gescheitert.
Anknüpfend an die Beschlüsse der letzten Legislaturperiode wollen wir uns aber weiterhin für eine Erhöhung der Betreuervergütung im Bund stark machen. Dazu verhält sich Ziffer 4 des Antrages. Die heute geltenden Sätze wurden 2005 festgelegt. Dass da ein Nachsteuerungsbedarf erforderlich ist, sollte selbstverständlich sein.
Viele Betreuungsvereine im Land benötigen möglichst zeitnah Unterstützung. Deshalb fordern wir unter Ziffer 3 der vorliegenden Entschließung die Erhöhung der Mittel für die sogenannte Querschnittsaufgabe; denn dort kann das Land in eigener Zuständigkeit handeln.
Neben einer Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Vereine wollen wir deren Arbeit durch weitere Maßnahmen stärken, und zwar durch die Bündelung von Zuständigkeiten für das Betreuungswesen im Justizministerium. Bislang gab es geteilte Zuständigkeiten im Sozial- und Justizressort. Dadurch, dass das zusammengefasst wird,
Ferner wollen wir den Aktionsplan zu den Themen Qualitätssicherung, Qualifizierung, Verzahnung und Vernetzung, den wir schon in der letzten Legislatur angeschoben haben, weiter voranbringen.
Ich appelliere an alle Fraktionen und die Landesregierung, sich gemeinsam mit uns dafür einzusetzen, dass wir die so wichtige Arbeit der Betreuungsvereine unterstützen und die rechtliche Betreuung nachhaltig stärken. Ich freue mich auf die Ausschussberatungen.
Vielen Dank, Herr Kollege Prange. - Ich frage das Plenum, ob noch jemand zu diesem Tagesordnungspunkt reden möchte. Ansonsten wäre ich etwas irritiert. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Kollege Limburg.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Nacke, Sie wissen, ich bin ein humorvoller Mensch. Ich finde das auch richtig. Ich denke, es herrscht aber zwischen uns Einigkeit, dass die Arbeit der Menschen in den Betreuungsvereinen - der hauptamtlichen, aber auch der ehrenamtlichen - so wertvoll ist, dass es gut ist, dass wir diese Debatte führen.
Es ist gut, dass SPD und CDU das Thema hier erneut auf die Tagesordnung des Landtages bringen. In der vergangenen Legislaturperiode haben wir in der Tat mehrfach darüber gesprochen, und wir sind am Ende auch zu gemeinsamen Landtagsentschließungen gekommen.
Das Thema Betreuung beinhaltet sehr viele Aspekte. Ein Aspekt ist die Vergütung. Es herrscht ein Konsens in diesem Haus, dass die gegenwärtigen Vergütungssätze für Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer nicht ausreichend sind und dass es zu einer Erhöhung kommen muss, und zwar sehr schnell, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich finde es aber auch wichtig, an dieser Stelle - gerade wenn wir über die Betreuungsvereine reden - auch über die Verwaltungskräfte in Betreuungsvereinen zu reden. Neben den Berufsbetreuern gibt es ja auch Verwaltungskräfte. Auch deren Vergütung ist in den letzten Jahren nicht angestiegen - notgedrungen, weil das Geld nicht da war. Auch sie leisten aber de facto eine essenziell wichtige Arbeit dafür, dass die Betreuungsarbeit in den Vereinen erfolgen kann. Auch da müssen wir Möglichkeiten für eine dauerhafte, gute berufliche Perspektive und eine finanzielle Besserstellung schaffen. Auch das ist für die Qualität der Betreuung in diesem Land wichtig.
Schließlich gibt es die Ebene der Betreuungsvereine, die neben der Betreuungsarbeit ja auch Fortbildungen, Vorträge und Unterstützung für ehrenamtliche Betreuer und für Leute, die das als Privatpersonen machen, leisten. Dafür gibt es die Landeszuschüsse, und hier ist eine Erhöhung sicherlich angezeigt.
Diesen Vorwurf müssen sich SPD und CDU aber schon gefallen lassen: Sie haben in diesem Jahr im Eiltempo einen Nachtragshaushalt durch das Parlament geboxt. Da haben Sie sehr viel Geld z. B. für Stellen in Ihren Ministerien veranschlagt. SPD und CDU haben in den Ministerien 100 neue Stellen geschaffen, aber sie haben kein Geld für die Betreuungsvereine vorgesehen. Das hätten Sie schon Anfang dieses Jahres in diesem Verfahren machen können.
Wir gehen nun davon aus, dass Sie spätestens mit dem Landeshaushalt 2019 einen Entwurf vorlegen, um dort deutlich mehr Geld zu veranschlagen. Das ist in der Tat Ihre Verantwortung als Mehrheitskoalition in diesem Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Der letzte Punkt betrifft die organisatorische Frage. Es gibt sicherlich gute Argumente dafür, das Betreuungswesen insgesamt - auch mit Betreuungsbehörde und Betreuungsvereinen - im Justizministerium zu bündeln. Ein solcher Übergang wird aber - seien wir ehrlich - nicht ohne organisatorische Reibungsverluste zu bewerkstelligen sein. Ich finde es schon essenziell, dass in der Übergangs
phase, während man im Justizministerium die ganze Verwaltungsstruktur aufbaut - die Förderstruktur, die Kontrollstruktur -, nicht die Betreuungsvereine darunter zu leiden haben, weil z. B. Bescheide länger dauern, bis sie bewilligt werden, weil die Kommunikation mit dem Ministerium schwieriger wird.