Und natürlich ist das Thema innere Sicherheit auch für die CDU zentral. Denn sie sieht sich ja - das kennen wir schon, und das kann ich aus unserer gemeinsamen Regierungszeit bestätigen - als den einzig wahren, als den geborenen Sheriff in der Stadt, der niemand anderen neben sich duldet.
Dieser Konflikt ist beim Polizeigesetz jetzt offen ausgebrochen. So heißt es in der Neuen Osnabrücker Zeitung am 11. April mit Bezug auf Herrn Schünemann:
„Er [Schünemann] habe Pistorius deshalb bereits am 8. März in einem Schreiben um Priorisierung [des Polizeigesetzes] gebeten.
„Ich erwarte vom Innenminister, dass es in Zukunft ein Miteinander in Sachen innere Sicherheit gibt. Wir könnten mehr auf den Weg bringen, wenn wir gemeinsam arbeiten und auch das Gespräch miteinander suchen.“
„Er [Schünemann] habe den Eindruck, dass sich die SPD von dem behäbigen Regierungsstil aus der rot-grünen Zeit noch nicht verabschiedet hat.“
Meine Damen und Herren, wir können die Einschätzung teilen, dass es sich in vielen Punkten, die diese Landesregierung, also SPD und CDU, auf den Weg bringt, im Wesentlichen um eine Fortsetzung der rot-grünen Regierungspolitik handelt und die CDU das mitmacht.
Aber angesichts dessen, was die CDU jetzt alles wieder aus ihrem innenpolitischen Horrorkabinett hervorholt, können wir es nur begrüßen, wenn sich dem innerhalb der Landesregierung jemand entgegenstellt.
74 Tage Präventivhaft! Eine Haft zwar unter Richtervorbehalt, aber ohne gerichtliches öffentliches Erkenntnisverfahren und ohne einen Schuldspruch, der entsprechend zu begründen ist - das ist aus unserer Sicht eindeutig unverhältnismäßig und nicht hinnehmbar.
Die offensichtlich beabsichtigte Banalisierung der Definition von Gefährdern - also die Absenkung dessen, wann man von einem Gefährder spricht - bedeutet nichts anderes, als die Terrorismusbekämpfung, obwohl hier der Begriff eigentlich leitend ist, zum Anlass für flächendeckende Gefahrenprävention und das Absenken von Eingriffsschwellen zulasten der Bürgerrechte zu nehmen.
Das gilt gleichermaßen für die Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung. Man fragt sich ja immer, ob Sie eigentlich dafür Sorge getragen haben, dass all die Informationen, die über die Telekommunikationsüberwachung kommen, auch wirklich ausgewertet werden können. Denn darin
Bei der Einführung der Quellen-TKÜ nutzt der Staat die Sicherheitslücken. Er nutzt also das, was für Systeme gefährlich ist, um sich einzuschleichen. Das ist der falsche Weg! Der Staat muss die Lücken schließen und sie nicht nutzen. - Ich könnte die Aufzählung noch fortführen.
Wir sehen darin nichts weniger als einen Generalangriff auf die Grundrechte, auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, auf den Datenschutz und auch die persönlichen Freiheiten.
Als Freie Demokraten werden wir uns dem in gewohnter Weise konsequent entgegenstellen. Wir werden auch immer wieder darauf hinweisen, dass es nicht mangelnde Eingriffsrechte sind, die die innere Sicherheit gefährden, sondern eher die vorhandenen Defizite. Anis Amri und auch Safia S. konnten ihre Taten doch nicht deshalb begehen, weil den Sicherheitsbehörden Kompetenzen gefehlt haben, sondern weil die Sicherheitsbehörden schlecht gearbeitet und die vorhandenen Kompetenzen nicht ausgenutzt haben. Daran ist doch anzusetzen!
Für uns, meine Damen und Herren, gilt: Bestehende Gesetze müssen konsequent angewandt werden. Die Sicherheitsbehörden müssen besser mit Personal ausgestattet werden; insofern unterstützen wir auch die Vorhaben der Landesregierung. Die Sicherheitsbehörden müssen auch sachlich besser ausgestattet werden. Aber es muss auch einmal geschaut werden, wo die Zusammenarbeit verbessert werden kann. Wir haben doch gerade bei Safia S. erlebt, dass die Zusammenarbeit nicht ausreichend gegeben war.
Auch ein besserer Gesetzesvollzug ist sicherzustellen. Herr Minister Pistorius, ich lade Sie gern einmal in eine Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten des Verfassungsschutzes ein. Ihr Verfassungsschutz ist schon bei einfachen Berichtsangelegenheiten nicht in der Lage, das Verfassungsschutzgesetz ordnungsgemäß anzuwenden. Da graut es mir, wenn es um grundrechtsrelevante Eingriffe geht. Ihre Sicherheitsbehörden müssen erst einmal auf Vordermann gebracht werden. Die Defizite haben Sie zu verantworten.
Herr Minister, neben Japan gibt es ja auch noch andere schöne und sinnvolle Reiseziele. Es könnte für Sie also durchaus eine Option sein, sich so, wie es der Kollege Schünemann in dem Interview angedeutet hat, der Erledigung von Hausaufgaben, wie er es genannt hat, auch weiterhin zu entziehen und damit einen effektiven Beitrag zum Grundrechtsschutz zu leisten.
Noch mehr würden wir aber befürworten, wenn diese Landesregierung endlich mal Farbe bekennt, was sie wirklich im Polizeigesetz ändern will; denn das, was wir wissen, kommt nur über Medienberichte. Wir wollen wissen, welche Grundrechte Sie aus welchen Gründen einschränken wollen. Wir als Freie Demokraten werden immer dafür sorgen, dass der Grundrechtsschutz an vorderster Stelle steht.
Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Nächster Redner ist für die Fraktion der AfD Kollege Jens Ahrends. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie wir schon mehrfach gehört haben - ich will die Zahlen gar nicht wiederholen -, haben wir Islamisten, Salafisten und Gefährder in Deutschland. Die Zahl ist leider steigend.
Hinzu kommen die Kriminellen, die schon länger hier leben. Die Zahl der Messerangriffe ist bundesweit rasant angestiegen und auch leider die Gewalt gegen Polizisten. Sie hat spürbar zugenommen, wie wir unlängst am Samstag hier am Bahnhof in Hannover sehen mussten, als zehn Beamte angegriffen wurden. Einem Beamten, der zu Boden gerissen wurde, wurde mit voller Wucht mit dem Fuß ins Gesicht getreten. - Ich möchte an dieser Stelle allen verletzten Beamten die baldige und vollständige Genesung wünschen.
Deutschland und auch Niedersachsen erleben, wie kriminelle Familienclans immer mächtiger werden. Auch die Terrorgefahr ist allgegenwärtig. Wir müssen versuchen, dieser Situation wieder Herr zu werden. So gesehen kann man ein Polizeigesetz nur begrüßen.
Der Auftrag der Polizei lautet: Prävention vor Repression. Deshalb müssen wir auch die Möglichkeit geben, präventiv gegen Schwerstkriminelle und sogenannte Gefährder vorzugehen. Anstatt nur zu reagieren, wird es immer wichtiger, zu agieren und eine drohende Gefahr so abzuwenden.
Die Möglichkeit einer präventiven Inhaftierung, die Möglichkeit, das Telefon von Verdächtigen abzuhören bzw. die SMS mitzulesen oder verdächtige Personen zu überwachen, sind Dinge, die getan werden müssen. Das ist der Preis, meine Damen und Herren, den unsere Gesellschaft dafür zahlen muss, dass diese Regierung zusätzlich zu den bereits vorhandenen Verbrechern eine unbekannte Anzahl von Kriminellen und Terroristen ins Land gelassen hat.
Das Leben und die körperliche Unversehrtheit unserer Bürger stehen für die AfD an erster Stelle. Diese Grundrechte stehen im Zweifel über dem zeitweisen Freiheitsentzug zum Nachteil eines möglichen Terroristen. Das ist für uns nicht verhandelbar.
74 Tage sind zunächst ausreichend, um einen Anschlag zu verhindern. Ob man so weit gehen muss wie in Bayern und auch psychisch kranke Menschen in die Überwachung mit einbeziehen muss, lasse ich an dieser Stelle mal offen. Das soll Teil der Beratungen in den Ausschüssen sein. Ebenso sollte aber auch die Präventivhaft dort ein Thema sein.
Wir sagen es offen: Verschärfungen von Sicherheitsgesetzen können generell Einschränkungen von Grundrechten nach sich ziehen und sind deshalb unbedingt zeitlich zu begrenzen. - So forderte es auch der 14. Deutsche Verwaltungsrichtertag bereits 2004 in Bremen. Zum Beispiel könnte eine Überprüfung eines Polizeigesetzes jedes Mal zu Beginn einer neuen Legislaturperiode erfolgen.
Für die Verlängerung der polizeilichen Präventivhaft muss der Richtervorbehalt gelten. Wenn der Richter der Meinung ist, dass eine Person immer noch eine Gefahr für die Mitbürger darstellt, dann muss auch die Möglichkeit bestehen, einen Kriminellen über die 74 Tage hinaus in Haft zu behalten.
Es darf nicht passieren, dass man eine gefährliche Person wieder auf die Straße entlässt, wo sie Bürger verletzen könnte, nur weil 74 Tage abgelaufen sind, meine Damen und Herren.
Die AfD unterstützt also die Einführung eines niedersächsischen Polizeigesetzes vorbehaltlich einer zeitlichen Befristung und erwartet genau wie die CDU vom Innenminister den längst überfälligen Gesetzentwurf.