Protocol of the Session on April 19, 2018

Das kann nicht unser Anspruch sein. Wo sind denn die neuen Wege, die die FDP auf ihrem Parteitag angekündigt hat? - Wir wollen neue Wege gehen. „War so - bleibt so“ kann nicht unser Anspruch

sein, sondern wir wollen etwas für die Attraktivität des Erzieherberufes in Niedersachsen tun. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Julia Willie Hamburg [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Seefried. - Für die Landesregierung spricht nun Herr Kultusminister Tonne. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist absolut richtig, die frühkindliche Bildung in den Mittelpunkt der politischen Anstrengungen zu stellen. Wir haben uns in den wenigen Monaten, in denen diese Landesregierung arbeitet, schon um die Gebührenfreiheit gekümmert, wir engagieren uns für zusätzliche Plätze in Krippen und Kindergärten, wir stärken die Qualität, und wir kümmern uns auch um mehr Fachkräfte für die niedersächsischen Kitas.

Es ist auch richtig so, dass man dort ansetzt. Nur eine qualitativ hochwertige Kindertagesbetreuung trägt zum guten Aufwachsen von Kindern bei, verbessert Bildungschancen, Teilhabe und Integration und ermöglicht die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist jede Anstrengung wert.

Und weil wir genau wissen, wie angespannt die Personalsituation ist, handeln wir. Ich bin schon ein bisschen verwundert, wenn die Kolleginnen und Kollegen der Opposition ihre Beiträge mit „wir haben zu wenig Personal“ beginnen und mit der Forderung nach einer dritten Kraft im Kindergarten schließen. Damit wir dahin kommen, müssen wir Personalaufbau betreiben. Genau das ist Gegenstand des Niedersachsenplans, den wir vorgelegt haben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Kindertagesbetreuung hat in den vergangenen Jahren einen massiven Aufwuchs erfahren. Die zunehmenden Ansprüche an den Beruf Erzieherin/Erzieher stellen sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen als auch die Ausbildungsschulen vor neue Herausforderungen, um gerade für die Kinder und ihre Eltern so wichtige qualitative Verbesserungen zu erreichen.

Maßnahmen, die darauf zielen, sind durchgeführt worden. Ich erinnere an die dritte Kraft in Krippengruppen, an den Einstieg in die dritte Kraft im Kindergarten, an den Ausbau der Ganztagsangebote in Kindertagesstätten, Hort und Schule. Das bedeutet auf der anderen Seite einen enormen zusätzlichen Fachkräftebedarf und damit eine wachsende Nachfrage nach Auszubildenden. Dieser Herausforderung stellen wir uns gern. Deshalb auch der Niedersachsenplan. Wenn Sie sich das einmal anschauen und mit anderen Bundesländern vergleichen, dann merken Sie, dass wir uns mit dem, was wir hier verankern, bundesweit sehen lassen können.

(Zustimmung bei der SPD)

Die qualitative Weiterentwicklung der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern in den letzten Jahren zeigt die konsequente Haltung der Landesregierung zur zukunftsweisenden und nachhaltigen Aufwertung der frühkindlichen Bildung. Ganz klar ist, dass in Zeiten allgemein hohen Fachkräftebedarfs Ausbildungsformate in Vollzeit allein nicht mehr ausreichen. Auch deshalb wollen wir dort zu Veränderungen kommen.

Wir haben uns mit unserem Plan „Mehr Fachkräfte in Kitas“ auf den Weg gemacht, die Attraktivität der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung weiter zu steigern und ergänzende Modelle zur bisherigen Ausbildung zu entwickeln. Konkret bedeutet das, erstens eine Vergütung der praktischen Ausbildung durch die Träger zu ermöglichen, zweitens berufsbegleitende Ausbildungsformate in Teilzeit als Regelangebote auszubauen, drittens die Schulgeldfreiheit umzusetzen und viertens den Quereinstieg zu erleichtern. All das gibt es bisher nicht in dieser Form. Deswegen ist es gut, genau das jetzt auch in der nächsten Zeit anzugehen und möglichst viel davon bereits zum 1. August 2018 auf die Spur zu setzen.

(Zustimmung bei der SPD - Julia Wil- lie Hamburg [GRÜNE]: Zumindest ein Anfang, aber nicht ausreichend!)

Meine Damen und Herren, wir fangen auch nicht bei null an, um das auch ganz deutlich zu sagen. Es ist bereits eine Menge geschehen, um mehr junge Menschen für den Beruf der Erzieherin und des Erziehers zu gewinnen. Niedersachsen punktet mit einem kontinuierlichen Ausbau von Ausbildungsplätzen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das stimmt!)

Wenn man sieht, dass wir trotz dieses Ausbaus an Plätzen an einigen Stellen in Niedersachsen Wartelisten haben, dann macht das auch deutlich, dass dieser Beruf für junge Menschen attraktiv ist und wir gut daran tun, das weiter zu fördern, einen weiteren Ausbau vorzunehmen. Deswegen unser Plan, bereits zum 1. August weitere Plätze zur Verfügung zu stellen.

Wir punkten mit den Angeboten der Ausbildungsförderung, den berufsbegleitenden und vergüteten Ausbildungsformen und nicht zuletzt mit der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse auch in Teilanerkennung. Wichtig ist, dass das auch in eine schnelle Umsetzung geht. So streben wir insbesondere die Einrichtung einer berufsbegleiteten und vergüteten Ausbildungsform vom Ausbildungsbeginn bis zum Berufsabschluss als Regelangebot an und starten mit Modellversuchen zu diesem innovativen Vorhaben mit Beginn des neuen Schuljahres. Unter Mitwirkung schulischer Beteiligter erarbeiten wir die konzeptionelle Grundlage für dieses neue Ausbildungsformat. Parallel wird auch intensiv an der Umsetzung der Schulgeldfreiheit gearbeitet.

Meine Damen und Herren, unsere Erzieherinnen und Erzieher sind die Expertinnen und Experten für frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung. Der Beruf ist anspruchsvoll und fordernd. Deswegen haben wir immer gesagt, wir brauchen einen noch höheren Stellenwert dieses Berufes in der Gesellschaft. Auch dafür lohnt es sich zu kämpfen.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir setzen auch hier unsere Versprechen aus dem Koalitionsvertrag schnell um und kümmern uns neben der Qualität, der Beitragsfreiheit, mehr Plätzen eben auch um mehr attraktive Ausbildungsplätze. Das ist richtig so, und so machen wir das.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Tonne. - Es liegt nun noch eine Wortmeldung der AfD-Fraktion vor. Herr Abgeordneter Rykena, bitte!

Zunächst einmal, Frau Präsidentin, möchte ich mich für die Ausnahme bedanken. Selbstverständlich gehört dem Herrn Minister das letzte Wort in einer Debatte.

(Björn Försterling [FDP]: Nein!)

- Nein? Ist das nicht so?

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Nein, dem Parlament!)

Herr Kollege, das letzte Wort hat immer das Parlament, und die Geschäftsordnung sieht vor, dass Sie auch nach dem Minister - das gilt übrigens für alle Kolleginnen und Kollegen des Hauses - sprechen können.

Gut. Ich wollte damit jedenfalls ansagen, dass das nicht meine Absicht war.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich gestern in der Aktuellen Stunde sehr gewundert, als der Kollege von den Grünen bei dem Thema „Abschiebung kann Leben retten“ meinen AfD-Kollegen Jens Ahrends ständig für Aussagen angegriffen hat, die dieser gar nicht getätigt hat. In der Vorbereitung auf die heutige Aktuelle Stunde ist mir dann klar geworden: Der Kollege konnte, als er seine Rede vorbereitet hat, gar nicht wissen, was Herr Ahrends sagen würde. Daher hat er verbal ständig danebengeschossen. Damit mir dieser Fauxpas heute nicht passiert, stelle ich an dieser Stelle klar, dass ich mich zum größten Teil auf eine Pressemitteilung vom 29. März beziehe, die auf den Seiten des Kultusministeriums veröffentlich wurde.

Die SPD hat ihren Antrag für die heutige Aktuelle Stunde mit „Niedersachsenplan: Mehr Fachkräfte für die Kita!“ überschrieben. Inwieweit es sich dabei um einen wirklichen Plan handelt, werden wir sehen.

Sie kündigen in Ihrer Pressemitteilung eine Reform der Erzieherausbildung zum Anfang des Schuljahres 2018/2019 an. Darin werden folgende Eckpunkte genannt: Erstens die Steigerung der Ausbildungsplatzanzahl um zusätzliche 500 Plätze - was wir in Anbetracht der Umstände und unter Berücksichtigung der von Ihnen vorangetriebenen Fremderziehung kleiner Kinder in Kitas statt bei der eigenen Familie durchaus für folgerichtig halten -,

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Was heißt das denn?)

zweitens eine Ausweitung des Praxisanteils in der Ausbildung, drittens eine Übernahme des Schul

geldes und schließlich viertens eine Ausbildungsverkürzung für beruflich Vorgebildete.

Alle diese Punkte halten wir prinzipiell für sehr sinnvoll und unterstützen sie. Allerdings befürchten wir, dass der Teufel nachher im Detail stecken wird.

Sie wollen also den Praxisanteil in der Ausbildung erhöhen, indem die Erzieherausbildung auch in Teilzeit angeboten werden soll. Ziel sei, dass sich damit die Auszubildenden als Teilzeitkräfte in den Kitas etwas hinzuverdienen können. Dabei führen Sie aber nicht aus, was dies für die Ausbildungsdauer bedeutet. Dauert die Ausbildung dadurch länger, oder wird die Arbeit im Praxisanteil angerechnet? Was ist mit denen, die sich nichts hinzuverdienen wollen, aber ihre Ausbildung trotzdem nur in Teilzeit machen möchten?

Weiterhin kündigen Sie an, das Schulgeld für die rund 4 400 angehenden sozialpädagogischen Assistenten und Erzieher zu übernehmen. Dies würde ca. 5 Millionen Euro jährlich kosten. Konsequent wäre aber - da stimme ich der FDP zu - eine grundsätzliche Dualisierung der Erzieherausbildung ohne Schulgeld und mit Ausbildungsvergütung. Dies wäre aber wesentlich teurer. Die FDP rechnet mit etwa 130 Millionen Euro pro Jahr. Dieses Geld haben Sie bereits großzügig woanders verteilt.

Die Kosten der Einführung einer dualen Ausbildung müsste wahrscheinlich das Land übernehmen. Sie wollen aber anscheinend einmal mehr die Kosten der „Wohltaten“ den Städten und Gemeinden auferlegen, die sich jetzt schon zu Recht querstellen.

Bisher sehen wir also eher ein planloses Flickwerk als einen ausgearbeiteten Plan für Niedersachsen. Wir finden, das muss besser werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich diesen Teil der Aktuellen Stunde schließe und aufrufe:

c) Schwarz-Rote „Liebesbriefe“: Wie viele Jahre muss das Land noch auf ein neues Polizeigesetz warten? - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/676

Zur Einbringung erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Birkner. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wahlkampf zwischen SPD und CDU, der im Prinzip schon seit Beginn dieser Großen Koalition ein Dauerthema ist, ist in den letzten Tagen noch einmal offen hervorgetreten. Ministerpräsident Weil hat auf dem Parteitag geäußert, die SPD sei die wahre Niedersachsenpartei. Und der Fraktionsvorsitzende der CDU, Dirk Toepffer, ist dem am Tag darauf begegnet mit: „Wir sind die Partei, die die Mitte besetzt.“

(Vizepräsident Bernd Busemann über- nimmt den Vorsitz)

Im Zentrum dieses Wettbewerbs zwischen CDU und SPD steht die innere Sicherheit; denn sie wird von beiden Parteien als zentral für die Akzeptanz einer Partei in der gesellschaftlichen Mitte angesehen.

Nicht umsonst bescheinigt der Ministerpräsident seiner Bundespartei „unübersehbare Kompetenzdefizite“ im Bereich Sicherheit und erklärt damit auch das bundesweit schwache Abschneiden der SPD. Das ist besonders bemerkenswert, weil Herr Pistorius in diesem Wahlkampf und im Kompetenzteam von Herrn Schulz für die Innenpolitik zuständig war. Insofern, Herr Pistorius, können Sie sich von diesen „unübersehbaren Kompetenzdefiziten“ direkt angesprochen fühlen.

(Beifall bei der FDP)