Das gilt natürlich auch für diejenigen, die sich gerade in einer entsprechenden vierjährigen Ausbildung befinden, für die sie bislang keine Ausbildungsvergütung erhalten und von denen einige - zumindest die, die Schulen in freier Trägerschaft besuchen - auch noch ein Schulgeld zahlen müssen. Wenn sie uns jetzt zuhören, werden sie sicherlich sagen: Naja, warme Worte der Politik haben wir in der Vergangenheit schon häufiger gehört. Wir mussten auch schon in der Vergangenheit erleben, dass immer wieder über die Struktur der Ausbildung diskutiert wurde.
Vor gar nicht allzu langer Zeit wurde noch darüber diskutiert, diese Ausbildung in ein Fachhochschulstudium umzuwandeln. Jetzt wird darüber diskutiert, diese Ausbildung in eine duale Berufsausbildung zu überführen. Beides ist problematisch. Es ist aber richtig, wenn wir das tun, was die Kollegin Wulf schon vorhin angesprochen hat, nämlich über Formen der Dualisierung zu sprechen und vor allen Dingen dahin zu kommen, was auch schon Kultusminister Grant Hendrik Tonne angekündigt hat: Es muss endlich die Schulgeldfreiheit und eine Ausbildungsvergütung geben!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass wir alle uns in diesen Punkten einig sind.
Als jemand, der als Berufsschullehrer in genau diesen Ausbildungszweigen tätig war, ist mir das ein besonderes Anliegen; denn ich durfte erleben, wie zumindest seit der Einführung des Bildungs- und Orientierungsplans im Jahre 2005 für die nie
dersächsischen Kindertagesstätten die fachlichen Anforderungen immer höher wurden und die Ausbildung immer anspruchsvoller wurde.
Lange Rede, kurzer Sinn, meine sehr verehrten Damen und Herren: Von daher sind wir mit der FDP durchaus auf einer Linie, was die Anliegen angeht. Aber, Herr Kollege Försterling, Sie haben kein Konzept vorgelegt. Das, was Sie vorgelegt haben, ist ein klassischer Schaufensterantrag. Wir als regierungstragende Fraktionen von SPD und CDU müssen uns aber auch noch um die Gegenfinanzierung kümmern. Deswegen wird Ihr Antrag nicht mehrheitsfähig sein.
Vielen Dank, Herr Kollege Bratmann. - Nun hat für die Landesregierung Herr Kultusminister Tonne das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes erfüllt mich mit großer Freude.
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Jawohl! - Wiard Siebels [SPD]: Uns auch!)
Es ist innerhalb der wenigen Monate seit der Regierungsbildung gelungen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der über die Landesgrenzen Niedersachsens hinaus Strahlkraft hat und einen Meilenstein in der Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung setzt. Das sollten wir uns von niemandem kleinreden lassen, meine Damen und Herren.
Die vorgesehene Beitragsfreiheit für den Kindergarten ist ein großer Kraftakt, aber dieser Kraftakt ist völlig richtig und enorm wichtig für Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit. Mit dieser Bildungspolitik befindet sich Niedersachsen auf einem sehr guten Weg.
Frau Kollegin Piel, ich habe großes Verständnis für den Hinweis: Guckt bitte auch auf die Qualität! - Das ist richtig so. Keine der Rednerinnen und keiner der Redner, die hier vorne standen, hat gesagt „Wir machen das jetzt, und Qualität spielt keine Rolle mehr“, sondern alle haben betont, dass das, bitte schön, immer im Zusammenhang zu sehen ist.
In Ihrer Rede sagen Sie aber: Das ist der richtige Weg, aber ein falscher Schritt; der Schritt müsste eigentlich noch viel größer sein und Krippen mit umfassen! - Ich glaube, das macht deutlich, dass wir nur Schritt für Schritt vorgehen können. Aber Sie müssen sich irgendwann auch bekennen:
Wollen Sie die Betragsfreiheit, ja oder nein? Wenn ja, dann tragen Sie diesen Gesetzentwurf mit! Oder wollen Sie den Eltern sagen: „Nein, bezahlt bitte Beiträge, wir möchten die Gelder anders verwenden!“? Das ist nämlich bisher Ihr Plädoyer. Wir sagen: Wir wollen die Beitragsfreiheit! - Das haben der Kollege Santjer und die Kollegin Wulf deutlich so ausgeführt.
Neben dieser Beitragsfreiheit wollen wir auch die Überführung der Richtlinie Sprachförderung im Elementarbereich in eine gesetzliche Regelung, weil auch das ein richtiger Schritt ist. Wir wollen die Stärkung der vorschulischen Sprachförderung in Kitas als ein bedarfsgerechtes, alltagsintegriertes und differenziertes Förderangebot für Kinder mit festgestelltem Förderbedarf.
Diese Themen sind Leuchtturmvorhaben und werden auch von der Fachszene begrüßt. Die sagt: Es ist richtig, die vorschulische Sprachförderung in eine Hand zu legen, und diese eine Hand ist die der Erzieherinnen und Erzieher in Niedersachsen.
Mit der Verankerung der vollständigen Beitragsfreiheit des Besuchs einer Tageseinrichtung für Kindergartenkinder ab dem 1. August leisten wir einen entscheidenden Beitrag, dass es zukünftig keine wirtschaftlichen Gründe gibt, nur einem einzigen Kind in Niedersachsen die Teilhabe an elementarer Bildung nicht zu ermöglichen. Wenn das umgesetzt wird, ist das ein Riesenwert an sich.
Anstrengungen sehr dankbar, die vor Ort unternommen werden, um mehr Plätze zu schaffen. Auch das ist wichtig. Wir möchten, dass jedem Kind in Niedersachsen der Besuch einer Kita ermöglicht wird. Deswegen werden wir den Kommunen auch an dieser Stelle zur Seite stehen - durch Förderung gerade im Krippenbereich und durch flexible Lösungen, um schnell mehr Plätze zu ermöglichen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist nicht nur gute Bildungspolitik, er ist auch gute Familienpolitik. Auch das ist ausgeführt worden. Wir entlasten die Familien in signifikantem Umfang von den Elternbeiträgen für Kindergartenkinder und leisten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das, was in jeder Sonntagsrede gefordert wird, meine Damen und Herren, setzen SPD und CDU in Niedersachsen hiermit um.
Der Gesetzentwurf sieht einen Kostenausgleich zugunsten der Einrichtungsträger vor. Dabei wird insbesondere dem Wunsch der kommunalen Spitzenverbände entsprochen, einen fairen und angemessenen Ausgleich vorzunehmen und den Wegfall der Elternbeiträge durch einen sogenannten Systemwechsel zu ermöglichen, nämlich die Landeszuschüsse zu den Personalkosten zu erhalten. Wir erhöhen sie zum 1. August in einem Schritt von 20 % auf 55 %. Auch hier erlaube ich mir den Hinweis: Die reine Konnexität hätte 52 % erfordert. Wir gehen bereits mit dem ersten Schritt drei Prozentpunkte darüber hinaus und setzen in den nächsten Jahren Jahr für Jahr einen weiteren Punkt oben drauf. Wir geben mehr, als es die Konnexität erfordert.
Trotzdem gilt das, was wir zugesagt und versprochen haben: Wir werden parallel zu den Gesetzgebungsberatungen weiterverhandeln. Gegenstand dieser weiteren Verhandlungen werden auch die Fragen sein: Wie soll ein Härtefallfonds umgesetzt werden? Was muss geschehen, damit Kommunen von Anfang an nicht als Verlierer dastehen in dem Sinne, dass sie eine Summe dazuzahlen müssen, um den jetzigen Stand zu erreichen?
Aber ich sage auch: Die Verhandlungen, die wir geführt haben und führen, betreffen bis auf die Frage des Härtefallfonds unterschiedliche Themenbereiche. Der eine ist die Beitragsfreiheit. Der andere sind weitere Wünsche der kommunalen
Spitzenverbände und der Träger. Darüber können wir uns unterhalten. Aber das steht dann auch in dem Kontext, weitere Wünsche der Kommunen erfüllen und auch Qualität vor Ort weiter umsetzen zu können.
Erlauben Sie mir, auch den anderen Punkt, die vorschulische Sprachförderung, noch zu erwähnen. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit. Im Gegensatz zur bisherigen Sprachförderung vor der Einschulung durch Grundschullehrkräfte werden Kinder mit besonderem Sprachförderbedarf dort gefördert, wo sie sich im Alltag aufhalten, wo sie spielen und lernen, und das jeden einzelnen Tag. Es wird eine Förderung aus einer Hand geben. Das ist richtig so. Wir werden das finanziell absichern. Auch das ist richtig so. Das wird keine Richtlinie, sondern gesetzlich abgesichert. Es werden zusätzliche Ressourcen bereitgestellt, und wir ersetzen das, was wir in der Theorie wegnehmen, aber in der Praxis nicht 1 : 1 angekommen ist. Unter dem Strich stellen wir mehr zur Verfügung, als durch die Umwandlung, die wir durchführen, weggenommen wird. Auch das sollte man im Rahmen dieser Debatte sehr deutlich betonen: Es wird mehr gegeben als genommen.
Wenn die einzige Sorge der Opposition bei diesem Thema das Tempo ist, kann ich Ihnen diese Sorge nehmen. Wir werden gemeinsam mit den Kitas erörtern, dass es einen fließenden Übergang gibt und dass die Erzieherinnen und Erzieher Unterstützung bei der Aufgabe bekommen, die sie seit langer Zeit in hoher Qualität erfüllen, nämlich die alltagsintegrierte Sprachförderung in unseren Kitas.
Damit werden wir ein weiteres Kernanliegen umsetzen. Beide sind im parlamentarischen Verfahren angekommen. Ich danke den Fraktionen von SPD und CDU für die Einbringung. Das belegt: Wir halten, was wir versprechen!
Vielen Dank, Herr Kultusminister Tonne. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließen kann.
Wir kommen zunächst zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 3, zu dem Gesetzentwurf. Federführend soll der Kultusausschuss, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Dann haben Sie so beschlossen.
Wir kommen nun zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 4, zu dem Entschließungsantrag der FDP-Fraktion. Hier soll federführend der Kultusausschuss und mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Dann haben Sie so beschlossen.
Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 5 und 6, die vereinbarungsgemäß zusammen aufgerufen werden:
Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Artikel 54 Nr. 3 der Niedersächsischen Verfassung - Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drs. 18/465
Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte parlamentarischer Minderheiten in Niedersachsen - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 18/646