Protocol of the Session on March 1, 2018

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es hier mit einem Antrag der AfD zu tun, der in seiner armseligen Schlichtheit Ihre wahre Gesinnung offenbart, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie schaffen es tatsächlich, in den drei Zeilen, die dieser Antrag umfasst, der Überschrift zu widersprechen. Vorgeschoben wird der Tierschutz; verfolgt werden von Ihnen ganz anderen Ziele.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir haben im Bereich des Tierschutzes Hunderte von Themen. Viele haben wir hier behandelt. Das geht von Haltungsbedingungen über unsägliche Verhältnisse bei Tiertransporten bis hin zu Machenschaften von sogenannten Tierschutzrechtsorganisationen wie PETA usw. Aber aus diesem unendlichen Spektrum greift sich die AfD ausgerechnet das Thema des rituellen Schächtens heraus. Was für ein Zufall!

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Wiard Siebels [SPD]: So ist es! Was für ein Zufall!)

Zugegeben, hier stehen nach unseren Werten zwei Ziele im Widerspruch: die Religionsfreiheit und der Tierschutz.

(Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)

Das betäubungslose Schlachten von Tieren ist heute in ganz Europa aufgrund des Tierschutzes verboten, mit Ausnahme für Juden und Moslems aufgrund religiöser Bestimmungen. In Deutschland ist es seit 1933 verboten. Aber auch damals, liebe Kolleginnen und Kollegen, standen schon ganz andere Ziele im Raum, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom Januar 2002 unter dem Vorsitz von Herrn Richter Papier festgestellt hat:

„Deutschlandweit wurde der Zwang, warmblütige Tiere vor der Schlachtung zu betäuben, durch das Gesetz über das Schlachten von Tieren vom 21. April 1933... eingeführt, das nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs das Ziel verfolgte, den jüdischen Teil der Bevölkerung in seinen religiösen Empfindungen und Gebräuchen zu verletzen.“

(Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)

Das ist das Ziel solcher Anträge.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eine bemerkenswerte Tradition, in der Sie mit Ihrem Antrag stehen.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Wiard Siebels [SPD]: In exakt dieser Tradition!)

Es geht Ihnen nicht um den Tierschutz.

Jetzt komme ich auf meine Anfangsbemerkung zurück. In Ihrem Antrag heißt es, es sollen nur Angehörige islamischen Glaubens keine Sondererlaubnis mehr bekommen. Sie merken den Unterschied: 1933 waren es die Juden.

(Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)

Haben Sie die nur vergessen, oder wollen Sie in dem Fall doch nicht so weit gehen, hier gegen Juden zu hetzen, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Dieser Antrag offenbart ausschließlich Ihre ausländerfeindliche Gesinnung. Er ist ein Frontalangriff auf die Religionsfreiheit.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Millionen Menschen islamischen Glaubens sollen, wie das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, in ihren Empfindungen und Gebräuchen verletzt werden.

Wir werden Ihren Antrag in Gänze ablehnen.

(Lebhafter Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Grupe. - Zu einer Kurzintervention auf Ihren Beitrag hat sich für die AfD-Fraktion Frau Guth gemeldet.

Vielen Dank, Herr Grupe. - Erwartbar! Aber es wäre schön, wenn Sie Ihre eigenen Dokumente läsen. Ich habe hier das Niedersächsische Ministerialblatt Nr. 5324. Auf dieses bezieht sich das. Hier steht: „Anforderungen an die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 4 a Abs. 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes an Angehörige des islamischen Glaubens“ - So heißt Ihr Ministerialerlass.

Wenn wir hier Dinge ändern möchten, müssen wir sie benennen. So steht es da drin.

(Beifall bei der AfD)

Von daher war das andere Thema überhaupt nicht gefragt.

Vielen Dank.

(Wiard Siebels [SPD]: Sie wissen of- fensichtlich überhaupt nicht, wozu ein Erlass gut ist!)

Herr Grupe möchte antworten.

Liebe Frau Guth, Sie können sich auch nicht mit irgendwelchen Dokumenten der Landesverwaltung herausreden. Die Frage ist: Geht es Ihnen um das betäubungslose Schlachten von Tieren? - Dann gilt das allumfassend und hat nichts mit dem Islam zu tun;

(Wiard Siebels [SPD]: Genau!)

denn es gibt auch andere, die nach dem Gesetz aus Glaubensgründen berechtigt sind, diese Art des Schlachtens anzuwenden. Dass Sie hier ausgerechnet auf den Islam abheben, steht in der Tradition Ihrer Partei, die zum Glück noch nicht so lange dauert und hoffentlich bald beendet ist.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir kommen jetzt zum nächsten Redebeitrag. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Karin Logemann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Déjà-vu, dachte ich. Das kommt mir irgendwie bekannt vor, waren meine ersten Gedanken, als ich den Antrag der AfD-Fraktion zu diesem Tagesordnungspunkt gelesen habe. Nach einer kurzen Recherche - das war gar nicht schwierig - wusste ich wieder, wann ich Bekanntschaft mit dieser Thematik gemacht hatte. Im September letzten Jahres gab es eine Debatte im Schleswig-Holsteinischen Landtag zu genau dem gleichen Thema.

Worum geht es in diesem Antrag? Die Frage wurde hier schon gestellt. Geht es um Tierschutz?

(Dana Guth [AfD]: Ja!)

Oder geht es um maßlose Intoleranz?

(Widerspruch bei der AfD)

Ihnen ist das friedliche Miteinander religiösen Lebens in Niedersachsen und in der Bundesrepublik ein Dorn im Auge, ein Stachel im Fleisch. Sie wollen Vorurteile schüren. Um etwas anderes geht es Ihnen mit diesem Antrag nicht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)

Ein Verbot betäubungslosen Schlachtens, wie Sie es fordern, wurde 1933 eingeführt - damals nicht um Muslime zu diskriminieren, sondern die jüdische Gemeinschaft.

(Wiard Siebels [SPD]: Ja, so ist es! Da brauchen Sie nicht an die Decke zu gucken!)

Sie versuchen, Tierschutz gegen Religionsfreiheit auszuspielen, um Menschen zu diskreditieren und ihnen zu schaden. Das ist plump und perfide.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Aber ich prophezeie Ihnen: Das wird Ihnen nicht gelingen.

(Widerspruch bei der AfD)