Wir alle gemeinsam haben gesagt, dass wir nationale Standards im Arbeitsrecht - das ist uns natürlich besonders wichtig - und zum Schutz der Arbeitnehmer halten wollen. Wir werden niemals an diesen Standards rütteln. Ich glaube nicht, dass es so schnell gelingen wird, die USA davon zu überzeugen.
Alles in allem kann man festhalten: In den Verhandlungen wurde nicht genug erreicht. Sie haben zu lange gedauert. Das Zeitfenster wird sehr eng. Wir befürchten, dass auch demnächst nicht viel Neues kommen wird. Überall sind Absetztendenzen bemerkbar. Jean-Claude Juncker sagte schon: Na ja, könnte schwierig werden. - Selbst die Wirtschaftswoche schreibt, dass das wohl vor der Präsidentschaftswahl nichts mehr wird. Wir hier im Landtag sollten nicht die Letzten sein, die noch so tun, als könnte man werbewirksam verkäufliche Inhalte, die wir überhaupt nicht kennen, an das Volk bringen.
Transparenz, wie von Ihnen gefordert, werden wir damit nicht erreichen. Wir halten an unserem Landtagsbeschluss zu TTIP von vor drei Jahren fest. Wir halten ihn immer noch für wegweisend. Das heißt nicht, dass wir dagegen sind - ganz im Gegenteil. Aber wir knüpfen Bedingungen daran, und davon weichen wir nicht ab.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es folgt jetzt für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Jörg Bode. Bitte sehr!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Emmerich-Kopatsch, ich bin sehr erleichtert, dass Sie etwas anderes gesagt haben als die Grünen eben und deutlich gemacht haben, dass Sie für die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und den USA zu TTIP offen sind. Dass Sie - wie wir alle - Bedingungen daran knüpfen, Forderungen stellen und auch Wünsche haben, was bei TTIP herauskommen soll, dass Sie sich wünschen,
was als Verhandlungsergebnis festgeschrieben werden soll, ist selbstverständlich. Denn wenn man keine eigenen Vorstellungen und Wünsche hätte, bräuchte man gar nicht zu verhandeln. Ich finde es schon einmal gut, dass diese Offenheit heute zum Tragen kam und Sie nicht die gleiche Position eingenommen haben wie Ihr Koalitionspartner.
Aber auch durch Ihren Beitrag - bei dem, was Sie gesagt haben, war sehr viel Richtiges dabei - ist deutlich geworden, dass es ein großes Problem gibt: dass wir viel zu wenig über die Chancen reden, die TTIP hat, dass wir die Chancen nicht vermitteln und nicht erklären, dass es quasi eine Freude ist, sich das Ergebnis anzuschauen und zu bewerten. Stattdessen wird immer über ominöse Risiken gesprochen, was, wie Sie richtig gesagt haben, von einer sehr gut entwickelten und geschulten Kampagne, insbesondere von Attac, in die Bevölkerung getrieben wird, sodass man eigentlich nur noch Risiken diskutieren muss, die noch nicht einmal Verhandlungsgegenstand waren.
Als dieses Chlorhühnchen in den Medien immer rauf und runter diskutiert wurde, wurde in den Gruppen gar nicht darüber gesprochen, weil von vornherein klar war, dass das Chlorhühnchen gar nicht auf die Agenda kommt. So geht es auch mit anderen Bereichen.
Genauso muss man sagen, dass es durchaus auch Falschaussagen in den Medien gab, auch von Vertretern der Landesregierung. Die Staatssekretärin im Umweltministerium hat im ZDF eine eindeutig falsche Aussage zu TTIP-Bestandteilen gemacht und hat sich geweigert, das hinterher zu korrigieren. Es gibt dazu einen intensiven Schriftwechsel mit der Europäischen Kommission.
Von daher müssen wir uns auch die Frage stellen: Wie gehen wir eigentlich mit der Aufgabe um? - Man kann, wie es Frau Emmerich-Kopatsch getan hat, sagen: Das ist doch gar nicht unsere Zuständigkeit. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei so etwas Wichtigem wie der Chance, dem Mittelstand den Markt in den USA zu öffnen, Produkte günstiger zu machen, sollten wir uns nicht auf die Frage zurückziehen, wer zuständig ist und wer nicht, sondern selber das Heft in die Hand nehmen und dafür werben und erklären, mit den Menschen reden, die Chancen darlegen und es nicht Attac überlassen, ominöse Risiken in den Raum zu stellen, die wir dann wieder wegzudiskutieren versuchen, obwohl sie vorher gar nicht da waren.
Das ist etwas, was mir fehlt. Deshalb begrüße ich die Initiative der CDU, uns erneut selber den Auftrag zu geben und die Landesregierung sozusagen mit nach vorn zu stellen, damit den Menschen erklärt wird, welche Chancen TTIP hat und welche Risiken gar nicht vorhanden sind, weil hinterher noch durch Parlamente entschieden werden muss und es Kontrollinstrumentarien gibt.
Herr Minister Lies, Frau Emmerich-Kopatsch hat gesagt, alles sei geheim, und keiner wisse etwas. Sie sind derjenige, der sogar in den Leseraum hineindarf. Ich hoffe, dass Sie auch dort waren und intensiv gelesen haben, damit Sie Frau EmmerichKopatsch die letzten Zweifel nehmen können. Mich würde schon interessieren, inwieweit Sie sich neben den Interviews in der NWZ, die sicherlich gut und richtig sind, tatsächlich auch inhaltlich in den Leseräumen informiert haben.
Frau Emmerich-Kopatsch und Herr Minister Lies, ich habe eine herzliche Bitte. Frau EmmerichKopatsch, Sie haben gesagt: Wir wollen nicht die Letzten sein, die TTIP hochhalten, während sich andere schon in die Büsche geschlagen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist populär, gegen TTIP zu sein und sich hinter Attac zu stellen. Es mag auch populär sein, nichts zu machen und nicht aufzufallen, weil man nicht zuständig ist.
Aber wir als Politiker sind nicht dafür da, das Populäre zu tun. Wir sind dafür da, das Richtige zu tun und das Richtige danach populär zu machen. Das sollten wir gemeinsam tun.
Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Meine Damen und Herren, aus dem Plenum liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Aber für die Landesregierung möchte Wirtschaftsminister Olaf Lies sprechen. Bitte sehr!
(Zurufe von der CDU: Der Beste! - Zu- ruf von der CDU: Nein, der Zweitbes- te! - Lothar Koch [CDU]: Der beste hier anwesende Wirtschaftsminister! - Zuruf: Das ist okay! - Zuruf: Der SPD oder insgesamt?)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben sehr häufig hier im Parlament, aber ich denke, viele von uns haben auch außerhalb des Parlaments intensiv über die Frage des Freihandelsabkommens diskutiert, und wir alle haben unsere ganz eigenen Erfahrungen damit gemacht. Es gibt eigentlich kaum eine Veranstaltung, in der es nicht so ist: Die ganze Zeit ist die Stimmung recht positiv, bis ein besonderes Thema aufkommt - es gibt mehrere solcher Themen, aber dies ist ein besonderes Thema -: TTIP. Alle meinen, eigentlich sollten sie lieber nichts dazu sagen, und dann kippt die Stimmung. - Das ist bedauerlich.
Denn ich denke, man kann über dieses Thema diskutieren, auch kritisch diskutieren, und muss hinterher auch nicht immer einer Meinung sein. Aber es besteht das Gefühl: Rede lieber gar nicht darüber. - Das ist schade. Ich bedaure sehr - ich will das ganz offen sagen -, dass es am Anfang der Debatte nicht gelungen ist aufzuzeigen, worum es geht und was wir mit einem solchen Freihandelsabkommen erreichen wollen. Daher hat - ich nehme das sehr ernst - die eher kritische und sorgenvolle Debatte den medialen Raum gefüllt, und am Ende blieb wenig Zeit.
Das meinte ich damit, als ich sagte, Politik müsse sich fragen, ob sie an der Stelle den richtigen Weg gegangen ist und ob man geglaubt hat, wenn man nicht darüber redet, gibt es ein Abkommen, das verhandelt wird und dann durchgeht, und unterschätzt hat, dass die kritische, negative Debatte den Raum so sehr füllt, dass man die positive Debatte gar nicht mehr führen kann. Daraus müssen wir lernen.
Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie jetzt über knapp eineinhalb Minuten beklagt haben, dass es Menschen gibt, die sich in der Situation derzeit nicht trauen, für TTIP zu werben, weil sie Angst haben, dass ihnen der Sturm ins Gesicht bläst - ich sehe, Sie nicken -: Meinten Sie damit Frau Emmerich-Kopatsch, weil sie gesagt hat, im Moment will es niemand hören, wenn man für TTIP Werbung macht?
(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der CDU: Eine berechtigte Frage! - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Toepffer, Frau Emmerich-Kopatsch hat die Situation beschrieben: Wir haben ein Problem: Selbst wenn wir darüber reden wollen, erreichen wir die Menschen mit der Debatte ja gar nicht.
Deswegen machen wir weiter. Ich nutze jede Gelegenheit, in jeder Verhandlung, jede Situation, in jeder Diskussion, in der ich bin, spreche ich das Thema offen an. Ich glaube, ich habe auch hier im Haus mehrfach meine klare Haltung deutlich gemacht.
An ihr werde ich auch nichts ändern. Aber ich glaube, wir haben sehr früh in der Debatte und nicht heute einen Fehler gemacht. Es ist heute nicht sinnvoll, eine intensive öffentliche Debatte zu einem Thema zu führen, die wir eigentlich proaktiv schon viel früher hätten führen müssen. Das muss man zumindest als Erkenntnis für sich aufnehmen.
Die Diskussion, die wir führen, die schwierig ist, die wir aber trotzdem führen, ist von meiner Seite immer von folgenden Fragen getragen worden: Welche Chancen bestehen? Welche Risiken müssen wir abfangen? Welche Eckpunkte müssen definiert werden? - Ich will daran erinnern, dass dazu auch der Landtag einen klaren Beschluss gefasst hat. Dazu hat auch die Bundesregierung eine klare Haltung. Dazu hat der Bundeswirtschaftsminister eine klare Haltung, hinter der wir alle uns vereinen können und die auch Maßstab für die Verhandlung ist.
Deswegen schaue ich mit einem letzten Rest von Optimismus auf die verbleibenden Monate der Verhandlungen. Aber klar ist die Botschaft aus den USA, die wir auch am Rande der Hannover Messe gehört haben: Wenn es nicht gelingt, das Abkommen in der Amtszeit von Obama zu verabschieden, gibt es große Zweifel, dass mit dem Übergang auf die Amtszeit des nächsten Präsidenten - hoffentlich auf Clinton; es kann ja noch schlimmer kommen, wenn am Ende tatsächlich Trump gewinnt - die Perspektive für einen Neuanfang besteht. Niemand geht davon aus, dass dieser Übergang dazu führt, dass die Verhandlungen einfach fortgesetzt werden.
Das müssen wir als Erkenntnis anerkennen, damit, sollte es nicht zum Abschluss kommen, es aber eine Chance dazu gibt, eine nächste Debatte sachlicher zu beginnen, selber das Heft in die Hand zu nehmen und nicht irgendwann nur zu reagieren. Das ist wohl der große Fehler gewesen. Ich glaube nicht, dass der Wahlkampf in den USA im Moment dazu beiträgt, dass die Verhandlungen befördert werden. Mein Eindruck ist, dass der Wahlkampf in den USA dazu führt, dass die Verhandlungen fast untergehen, dass fast überhaupt keine Chance mehr besteht.
Ich setze trotzdem sehr darauf, dass die Verhandlungsführer der EU und vor allen Dingen natürlich auch die Vertreter der Bundesregierung mit den klaren Positionen, die wir hier vereinbart haben, die Chancen, die noch bestehen, nutzen. Ich werde an jeder Stelle, an der ich gefragt werde, meine klare Haltung deutlich machen. Trotzdem denke ich, ist das Signal „Wir fangen jetzt mit einer Kampagne an!“ das falsche Signal.
In Bezug auf die Versachlichung, in den persönlichen Gesprächen, in den guten Argumenten und in der klaren Haltung, was wir nicht wollen, steht die niedersächsische Position seit Jahren fest, steht die Position der Bundesregierung fest, und daran sollten wir auch deutlich festhalten.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/5634 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag der CDU gemäß Beschlussempfehlung des Ausschusses abgelehnt.
Tagesordnungspunkt 29: Abschließende Beratung: a) Budget für Arbeit im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention weiterentwickeln - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/5284 - b) Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen verbessern - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/5291 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration - Drs. 17/5764