- Sie sollten mit den Jugendverbänden reden, anstatt hier immer nur dazwischenzurufen, Frau Tiemann!
In vielen Gesprächen, die Mitglieder der CDU in Schulen, Vereinen und im Alltagsleben mit Jugendlichen in dem in Rede stehenden Alter führen, nehmen wir weiterhin mehrheitlich die Ablehnung dieser Forderung wahr. Umfragen bestätigen diese Einschätzung. So wurden bei der 15. Shell-Studie insgesamt 2 532 Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren gefragt, ob eine Senkung der Altersgrenze bei Bundestagswahlen auf 16 Jahre für sie infrage käme. Lediglich 24,7 % befürworteten diese Forderung. Auch die neueste Shell-Studie bescheinigt zwar ein zunehmendes Interesse an Politik, aber fordert nicht, wie von den Grünen hier schon einmal angesprochen, die Absenkung des Wahlalters.
Selbst bei der diesjährigen Vollversammlung des Landesjugendrings war dies in der Diskussion mit den Landtagsabgeordneten zunächst kein Thema. Erst als der Kollege der Grünen diese Forderung ansprach, kam es zu einer Anmerkung seitens eines Verbandsvertreters, aber es fand keine Diskussion statt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch der immer wieder behauptete Zusammenhang zwischen dem Wahlrecht mit 16 und der Förderung des Verständnisses für politische Entscheidungsprozesse sehen wir nicht. Alleine durch das Recht der Teilnahme an der Wahl wird dieses Verständnis nicht gefördert. Notwendig ist vielmehr eine gute politische Bildung in den Schulen, die wir bisher immer unterstützt haben und in Zukunft auch weiter unterstützen werden.
Da Sie den Landesjugendring ansprachen: Wissen Sie auch, dass der Landesjugendring das Wahlalter jetzt sogar auf 14 Jahre gesenkt haben möchte? Ist Ihnen das bekannt?
Sehr geehrte Frau Glosemeyer, das ist mir selbstverständlich bekannt. Dies geht auch aus der Stellungnahme des Landesjugendrings zum Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz hervor. Aber das ist eine Diskussion, die eben nur beim Landesjugendring und nicht bei den Jugendlichen vor Ort geführt wird. Das ist der Punkt, den ich eben angesprochen habe.
Ebenso sind wir der Ansicht - das zeigen auch die Wahlen in den von Ihnen angesprochenen norddeutschen Ländern -, dass die bedauerlicherweise absinkende Wahlbeteiligung durch die Ausdehnung des Kreises der Wahlberechtigten nicht erhöht wird.
Wir teilen die völlig richtige Auffassung, dass durch die Absenkung des Wahlalters auch keine tektonischen Verschiebungen in der politischen Landschaft zu erwarten sind. Daran erkennen Sie - ich glaube, darin unterscheiden wir uns auch -, dass wir uns bei dieser Frage nicht von einem politischen Kalkül leiten lassen,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das jugendpolitische Meeting der CDU-Landtagsfraktion hat deutlich gemacht, dass es in der Jugendarbeit wesentlich wichtigere Dinge gibt als das Wahlalter. Lassen Sie uns gemeinsam diese Themen angehen, damit sich die Jugendlichen stärker an den demokratischen Prozessen beteiligen! Damit tun wir den Jugendlichen einen Gefallen und würden eine erfolgreiche Politik für die Jugendlichen und Kinder in Niedersachsen machen.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Die Grünen wollen nicht reden? Dann mache ich das! - Dr. Stefan Birkner [FDP] gibt beim Präsidium einen Wortmeldezet- tel ab)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgangspunkt der Diskussion um das Wahlalter von 16 Jahren ist Artikel 8 unserer Landesverfassung. Darin steht, dass die Wahl allgemein ist. Alle Bürgerinnen und Bürger haben also zunächst einmal das Recht zu wählen, somit das gesamte Volk. Ein Ausschluss hiervon ist nur möglich und zulässig, wenn zwingende Gründe dafür vorliegen. Dafür ist wiederum entscheidend, ob man annimmt, dass eine bestimmte Bevölkerungsgruppe noch nicht die Fähigkeit hat, sich sachkundig - in diesem Fall an einer Landtagswahl - zu beteiligen. Das wäre ein Grund, um zu sagen: Wir ziehen eine Altersgrenze ein.
Dabei ist es nach unserer Auffassung nicht notwendig, alle Altersgrenzen, die es im deutschen Rechtssystem gibt, einheitlich zu betrachten. Vielmehr wird man es von Fall zu Fall entscheiden und dabei schauen müssen, worauf es in dem konkreten Fall ankommt und welchen Reifegrad man - in
diesem Fall bei den Jugendlichen - voraussetzt, sodass eine Bezugnahme auf Strafmündigkeit, Geschäftsfähigkeit und Ähnliches zwar ein Indiz, aber am Ende nicht das leitende Motiv und das leitende Argument sein kann.
Konkret geht es um die Teilhabe an der entscheidenden politischen Willensbekundung in einer Demokratie, also um die Wahl des Parlaments. Dabei sollten nach unserer Auffassung die Anforderungen an den Reifegrad nicht überspannt werden, also die Hürden nicht zu hoch gehängt werden, zumal man mit einem realistischen Blick auf die Gesamtwählerschaft sehen muss, dass der Reifegrad auch bei Erwachsenen durchaus unterschiedlich ausgeprägt sein kann.
Meine Damen und Herren, man muss natürlich immer die gesamte Gruppe betrachten, aber wir sehen, dass die Jugendlichen ab 16 Jahren im Großen und Ganzen sehr wohl in der Lage sind, die Tragweite und Relevanz der Entscheidungen, die bei einer Landtagswahl zu treffen sind, zu überblicken. Wir sehen sie in der Lage, politische Prozesse und Meinungen zu beurteilen und sich eine eigene Meinung dazu zu bilden.
Deshalb sagen wir - dies ist in der Debatte bereits ausgeführt worden -: Es gibt zahlreiche Belege dafür, dass sich Jugendliche engagieren, etwa bei uns, bei den Jungen Liberalen, die sehr aktiv sind, aber natürlich auch in anderen politischen Gruppierungen und in anderen gesellschaftlichen Feldern. Aus unserer Sicht gibt es somit keinen hinreichenden Grund, den jungen Menschen das Wahlrecht vorzuenthalten; denn die Ausgangssituation ist ja - darauf komme ich noch einmal zurück -: Grundsätzlich darf das gesamte Volk wählen, und nur ausnahmsweise darf das Wahlrecht beschränkt werden. Insoweit sagen wir - auch nach Diskussionen, die wir in der Partei durchaus streitig geführt haben, und nachdem wir einen entsprechenden Parteitagsbeschluss herbeigeführt haben -, dass diese Grenze bei 16 Jahren zu ziehen ist.
Diskussion, die hierüber geführt wird -, dass wir damit in der Konsequenz keinen erzieherischen Ansatz verfolgen. In der Diskussion wird immer wieder gesagt, dies sei ein Instrument der Politikerziehung, der Demokratieerziehung. Dies kann ein Nebenaspekt sein.
Aber wenn man der Auffassung ist, dass junge Menschen diese Fähigkeit haben, dann müssen sie diese in dem Moment schon haben, und dies darf nicht als ein Instrument verstanden werden, um sie dahin zu führen.
Also sagen wir ganz klar: Ab 16 Jahren ja. Wenn es positive Nebenaspekte gibt, so sind diese natürlich auch gerne gesehen. Aber wir sagen nicht, dass wir das Wahlalter mit 16 wollen, um junge Menschen zur Demokratie zu erziehen. Nein, dann sind sie schon in der Lage, diese Entscheidung zu treffen, und dann wollen wir ihnen das auch zutrauen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch einen Satz sagen. Selbstverständlich ist es das gute Recht der SPD-Fraktion, hier diese Debatte zu führen. Wir hätten uns aber zunächst eine Diskussion im Rechtsausschuss gewünscht, wo die Debatte ja anhängig ist und wo nach dem gemeinsam vereinbarten Zeitplan für August dieses Jahres eine mündliche Anhörung vorgesehen ist. Das ist sicherlich der Ort, an dem man diese Debatte vertiefen und, nachdem die schriftlichen Ergebnisse der Anhörung vorliegen, die Argumente im Gespräch im Einzelnen weiter vertiefen kann.
Unterm Strich halten wir, wie gesagt, auch nach durchaus streitigen Diskussionen in der Partei und auch in der Fraktion, die sich dem Votum dann angeschlossen hat, das Wahlalter von 16 Jahren für die Landtagswahlen für richtig und würden daher eine entsprechende Initiative unterstützen.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Birkner. - Schließlich liegt jetzt auch noch die Wortmeldung aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Kollege Helge Limburg, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte im Wesentlichen auf den Beitrag des Kollegen Meyer eingehen, nicht weil mich die beiden anderen Beiträge nicht interessiert hätten, sondern weil bei uns, wie Sie sich denken können, sehr viel Einigkeit mit Frau Glosemeyer und Herrn Birkner besteht.
Herr Kollege Meyer, Sie haben gegen das Wahlalter von 16 Jahren ausgeführt, dass das Wahlalter nicht das einzige Mittel der demokratischen Beteiligung sei. Diese Auffassung teile ich ausdrücklich. Insoweit besteht zwischen uns ein Konsens. Aber in unserer parlamentarischen Demokratie ist es schon das Wichtigste. Deswegen meinen wir schon, dass diese Debatte über demokratische Beteiligung nicht darauf beschränkt werden darf, aber schon die zentrale Debatte in Bezug auf politische Beteiligung sein muss.
Herr Kollege Meyer, Sie haben außerdem ausgeführt, dass - auch insoweit haben wir Konsens - durch eine Senkung des Wahlalters keine großen Verschiebungen zu erwarten sind, und dann haben Sie gesagt, daran könne man sehen, dass Sie, die CDU, nicht aus politischem Kalkül argumentierten und dass das Sie von uns unterscheide. - Falls Sie damit sagen wollen, dass wir die Senkung des Wahlalters nur aus politischem Kalkül anbringen, dann weise ich das zurück. Für uns sind andere Argumente handlungsleitend. Denn in der Tat wäre politisches Kalkül hier völlig fehl am Platz, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, ich teile ausdrücklich die Auffassung von Herrn Dr. Birkner, dass das Wahlrecht nicht als erzieherisches Instrument eingesetzt werden kann. Dazu ist das Wahlrecht zu wichtig. Man muss das Wahlrecht auf ein Alter senken, von dem man ausgeht, dass zumindest die Mehrheit der Bevölkerungsgruppe sozusagen in der Lage ist zu wählen und das nicht erst durch das Wahlrecht erlernt. Das muss schon vorher passieren.
Aber durch eine Wahlaltersenkung auf 16 würden wir erreichen, dass in den meisten Fällen - längst nicht in allen Fällen, aber in den meisten Fällen - die erste Wahl noch in die Schulzeit fallen würde. Das würde bedeuten, dass es die Möglichkeit gäbe, im Schulunterricht begleitet über Wahlen zu diskutieren, jetzt auch mit Unterstützung durch die
Landeszentrale für politische Bildung, die alle vier Fraktionen hier gemeinsam beschlossen haben. Man hätte also die Möglichkeit, im Rahmen der Schule den ersten Wahlgang argumentativ zu begleiten und die jungen Menschen noch stärker zur Demokratie hinzuführen. Wir meinen, das ist ein wichtiger Punkt.