Protocol of the Session on June 7, 2016

dann können wir in den kommenden Jahren - immer dann, wenn die Regierung wechselt - die Jagdzeiten mal verkürzen und dann wieder verlängern, aber an der Populationsentwicklung wird das wahrscheinlich nichts ändern. Davon bin ich fest überzeugt.

Deshalb sehe ich diese Maßnahme als einen Kompromiss an, als eine Grundlage für das, was im Rahmen des Gänsemonitorings wissenschaftlich im Konsens geklärt werden muss und auch wird. Ich bin der festen Überzeugung: Dann werden wir eines hoffentlich nicht allzu fernen Tages im Landtag gemeinsam darüber beraten und uns auf eine gemeinsame Linie verständigen, wie wir bei bestimmten Gänsearten die Populationsentwicklung so steuern können, dass es für die Landwirtschaft erträglich ist und dass die Umwelt zu ihrem Recht kommt. Dafür legen wir heute den Grundstein.

Das hier ist Teil eines Gesamtpakets. Deshalb habe ich die Bitte, dass Sie dem heute zustimmen. Ich glaube, dass man das gut vertreten kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Siebels. - Es liegen zwei Meldungen zu Kurzinterventionen auf Ihren Beitrag vor. Zunächst kommt eine Kurzintervention des Kollegen Grupe, FDP-Fraktion. Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Lieber Herr Kollege Siebels, die Dinge wiederholen sich, aber wir können das alles sehr sachlich abhandeln.

Sie verweisen darauf, dass man wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen müsste. Ich möchte Sie mit

Blick auf die letzte Debatte daran erinnern, dass Erich Hinrichs, der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Hauptvereins Ostfriesland, schon damals gesagt hat, dass Ergebnisse zur Gänsefraßproblematik längst vorliegen. Er hat auf das trilaterale Gänsemanagement aus dem Jahre 2013 verwiesen, an dem Dänemark, Holland und Deutschland beteiligt waren. Zu den Erfahrungen, die man in Holland gesammelt hat, habe ich eben schon etwas gesagt.

Das alles ist hinlänglich bekannt. Auch Ihre eigenen Leute, die ich eben zitiert habe, sagen Ihnen das auch. Es weiß wirklich jeder Bescheid, was da draußen los ist - außer einigen ganz wenigen. Und die behaupten jetzt auf einmal, sie müssten etwas wissenschaftlich erkunden. Damit beweisen sie nichts anderes, als wie weit sie von der Praxis entfernt sind.

Reagieren Sie endlich! Die Bauern da oben, die Jäger sagen: Wir brauchen jetzt Lösungen! Wir brauchen kein Gänsemonitoring, das auf drei Jahre angelegt und nichts weiter als eine Ausrede dafür ist, nichts zu tun und die Leute im Stich zu lassen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Nun folgt eine Kurzintervention des Kollegen Dammann-Tamke für die CDU-Fraktion.

Verehrter Kollege Siebels, ich frage Sie, wieso Sie die Hoffnung haben, dass im Rahmen des Gänsemonitorings objektive und von allen akzeptierte Ergebnisse zustande kommen - immerhin werden ja 1,3 Millionen Euro Jagdabgabemittel eingesetzt -, wenn der Hauptauftragnehmer des Gänsemonitorings, Herr Dr. Kruckenberg, ausweislich einer relativ aktuellen Spiegel-Berichterstattung - der Komplex, um den es heute geht, wurde in einer Spiegel-Berichterstattung aufgegriffen - ausdrücklich betont, dass die Jagd in Bezug auf Störungen einen negativen Einfluss hat.

Wie soll ein Wissenschaftler 1,3 Millionen Euro Landesmittel objektiv für wissenschaftliche Aufgaben verwenden, wenn er ausweislich der öffentlichen Berichterstattung schon vor der Auftragsübernahme eine vorgefertigte Meinung hat? Wie rechtfertigen Sie das? Und wie, glauben Sie, sollen

dabei Ergebnisse herauskommen, die allseits akzeptiert werden?

Sie werfen lediglich Nebelkerzen, um Zeit zu gewinnen, um über diese Wahlperiode zu kommen und um Ihren grünen Koalitionspartner zu befrieden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Es antwortet Herr Kollege Siebels.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Dammann-Tamke, zu dem Spiegel-Interview, das mir nicht im Wortlaut vorliegt, würde ich den Vorschlag machen, dass wir uns im Agrarausschuss über den Stand des Gänsemonitorings unterrichten lassen. Sie wissen, dass das zurzeit im Umweltministerium angesiedelt ist. Dann können wir über alle diese Fragen diskutieren.

Ich appelliere aber an Sie, und zwar nicht nur als Abgeordneten, sondern auch als Präsidenten der Landesjägerschaft, dass wir das, was wir als Gänsemonitoring eingestielt haben, gemeinsam ernst nehmen. Wenn es Kritik in der Sache gibt, wenn einzelne Beteiligte gegen Verfahrensgrundsätze verstoßen, können wir darüber diskutieren. Aber das grundsätzlich infrage zu stellen, hielte ich für einen großen Fehler, Herr Kollege. Darauf will ich deutlich hinweisen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

An Sie gerichtet, Herr Kollege Grupe: Das, was ich als wissenschaftliche Untersuchung bezeichnet habe, bezog sich nicht darauf, dass ich nun etwa eine Horde von Wissenschaftlern nach Ostfriesland oder ins Rheiderland beordern wollte, die die landwirtschaftlichen Schäden begutachten. Herr Kollege, in der Tat: Darüber besteht Konsens.

(Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Genau!)

Der Streit geht vielmehr darum, ob die Bejagung einer einzelnen Gänseart zu einer Beeinträchtigung der Populationsentwicklung einer anderen Gänseart führen kann. Um es zuzuspitzen: Ich schieße auf die Graugans, aber die Zwerggans wird dadurch beeinträchtigt.

Das ist der entscheidende Streit. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Er wird vor Ort, in den betroffenen

Regionen - Sie mögen darüber lachen -, wirklich in aller Schärfe geführt. Ich halte das für hoch problematisch, und ich sehe meine Aufgabe durchaus darin, diesen Streit zu befrieden. Das kann man nur durch wissenschaftliche Grundlagen, durch gemeinsame Begehung, durch gemeinsame Erforschung dieser Zusammenhänge, Herr Kollege Grupe und Herr Kollege Dammann-Tamke.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Ob- jektivität!)

- Objektiv, in der Tat.

Nur dann werden wir zu einer Regelung kommen, die nicht mit jedem Regierungswechsel geändert wird. Nur dann kommen wir zu einer dauerhaften Lösung dieses Problems. Das ist es nämlich; ich will das nicht bestreiten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Nun hat für die Landesregierung Herr Landwirtschaftsminister Meyer das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niedersachsen besitzt für viele nordische Gänse- und Entenarten eine große naturschutzfachliche Bedeutung und hat daher in der Regierungszeit der Vorgängerregierung eine Vielzahl von EU-Vogelschutzgebieten für die Rastbestände dieser Arten geschaffen.

Es geht also um die Zugvögel, nicht um die heimischen Gänse. Ich weise gerne noch einmal darauf hin, dass hier zu differenzieren ist. Wir haben die Jagdzeiten für die heimischen Gänse in Niedersachsen sogar ausgeweitet.

Aber - darum geht es bei der Wissenschaftlichkeit - wir müssen auch feststellen, dass die von Ihnen im Gegensatz zur SPD-Landesregierung vorgenommene Ausweitung der Jagd in den Vogelschutzgebieten nicht dazu geführt hat, dass sich die landwirtschaftlichen Schäden nennenswert vermindert haben. Wir sind, glaube ich, der allgemeinen Einschätzung, dass die Jagd nicht der wesentliche Faktor ist, sondern dass es im Wesentlichen darum geht, was in den Brutgebieten in Skandinavien und in Russland passiert. Deshalb geht es hier um Management, um Lenkung wissenschaftlicher Art.

Sie sprechen den Spiegel-Artikel an. Ich habe ihn übrigens auch gelesen. Ich habe mich sehr über ihn geärgert; denn wir sind nicht gefragt worden, und es stand viel Falsches darin.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Ja, da sind wir uns einig!)

So wurde gesagt, es habe viel Kritik der Umweltverbände gegeben, die Landesregierung mache einen Kniefall vor den Jagdinteressen.

Es ist interessant, dass Sie ihn jetzt zitieren. Ich war mehrfach vor Ort. Wenn am Deich viele Gänse sind, ein Jogger vorbeiläuft und alle Gänse hochfliegen, dann ist das natürlich eine Störung. Das ist naturschutzfachlich so. Deshalb ist auch eine Jagd erst einmal eine Störung. Wenn man die Aussage trifft, dass in einem Landschaftsschutzgebiet ein Jogger, ein Wanderer, ein Autofahrer erst einmal eine Störung ist, dann weiß ich nicht, wieso da Wissenschaft voreingenommen sein soll.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Er kann eine Störung sein! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Sie fordern immer, die Kommunen müssten gestärkt werden. Noch einmal: Wir führen nicht die Intervalljagd per Zwang ein, sondern wir ermöglichen den unteren Jagdbehörden - da steht „kann“ drin -, eine Differenzierung vorzunehmen.

Ich habe eben noch einmal das Deutsche Jagdlexikon durchgeschaut. Unter dem Stichwort „Intervalljagd“ steht, dies sei ein bewährtes Verfahren, und die Intensität der Bejagung werde gesteigert. - Also nicht weniger Jagd, sondern möglicherweise auch mehr in dem Gebiet. Sie wissen das auch. Bei einer effektiven Gänsejagd schießt nicht ein Jäger einmal, und alle Gänse fliegen hoch, sondern man macht das in einer Gruppe von Jägerinnen und Jägern. Deshalb wollen wir wissenschaftlich erforschen, ob nicht, wenn außerhalb der Vogelschutzgebiete mehr gejagt wird und wenn in diesem einen Gebiet mit den Jägerinnen und Jägern intensiv gejagt wird, dies dazu beiträgt, dass es in anderen Bereichen Ruhebereiche gibt. Denn es handelt sich hier um Zugvögel, und es geht auch darum, dass sich diese hier die Energie holen, um ihren weiten Flug nach Skandinavien oder nach Nordrussland auch zu schaffen.

Herr Minister, ich muss Sie kurz unterbrechen. Lassen Sie eine Frage des Kollegen DammannTamke zu?

Nein.

Dann fahren Sie bitte fort.

In Ihrer Regierungszeit hat es eine intensive Bejagung gegeben. Diese hat keine nennenswerten Auswirkungen im Sinne einer Schadensminimierung für die Landwirtschaft gehabt.

Es gibt auch die Forderung nach einer Totaleinstellung der Jagd in den Vogelschutzgebieten.

Wenn wir jetzt sagen, wir wollen eine Intensivierung, aber gleichzeitig Ruhezonen schaffen, wo sich die Gänse erholen und für ihren Rückflug nach Skandinavien und Russland vollfressen können, so ist das eben auch eine Möglichkeit, die wir wissenschaftlich erforschen wollen. Wenn Gänse weniger Energie, weniger Nahrung brauchen, ist es auch logisch, dass sie weniger Gras, Weizen und anderes Getreide wegfressen.

Deshalb kann die Intervalljagd, die eine Intensivierung in diesem Gebiet darstellt, aus unserer Sicht sogar zu einer besseren Lenkung - es geht ja um ein Gänsemanagement - und auch zu einer Minimierung der landwirtschaftlichen Schäden gerade in den Vogelschutzgebieten führen.

Nun zu der Frage der Zeiträume. Ich habe noch einmal im Regierungsentwurf nachgeschaut. Wir haben keine Zeiträume gestrichen. Natürlich kann das nur in der Zugvogelzeit vom 1. Oktober bis zum 30. November zur Anwendung kommen. Wir werden es auch nicht überall machen, sondern wir werden es dort machen, wo wir zusammen mit den Landkreisen und mit der Wissenschaft eine Lösung dafür finden, damit wir auf sachlicher Grundlage zu einem Kompromiss zwischen Jagd und Umweltschutz kommen und zur landwirtschaftlichen Schadensminimierung beitragen.

Darum geht es uns, und ich bitte darum, dies sachlich und so zu sehen, wie das Deutsche Jagdlexikon die Intervalljagd erklärt.