Protocol of the Session on April 14, 2016

Ich frage die Landesregierung: Was hat die Landesregierung getan, damit es zu solchen Vorfällen nicht mehr kommt?

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege. - Herr Minister Lies, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Grascha, zunächst einmal kann und darf ich an dieser Stelle nichts zu dem Sachverhalt sagen. Ich bin Mitglied im Sonderausschuss. Sie können sich vorstellen, dass genau dieser Sachverhalt und die Aufklärung dieses Sachverhaltes dort auch eine sehr große Rolle spielen.

Der erste Schritt ist gestern genannt worden: Es sind Dutzende von Terabyte an Informationen gesammelt worden, die sich in der Aufklärung und Analyse befinden. Das ist richtig so, weil der gesamte Sachverhalt aufgeklärt werden muss. Alle diese Daten werden jetzt ausgewertet. Daraus wird ein Gesamtablauf entstehen. Dazu gehört auch die Frage: Sind alle Daten noch vorhanden, oder sind die Daten nicht vorhanden?

Ich bitte aber um Verständnis: Das ist die Diskussion im Sonderausschuss. Das ist die Diskussion derjenigen, die wir beauftragt haben zu ermitteln, nämlich Jones Day. Das ist sicherlich auch eine Diskussion oder eine entsprechende Arbeit der Behörden, also der Justizbehörden. Das Ergebnis der Gesamtuntersuchung wird vorliegen. Dann wird auch dieser Sachverhalt aufgeklärt sein.

Vielen Dank. - Mit einer weiteren Zusatzfrage ist jetzt die CDU-Fraktion an der Reihe. Herr Kollege Toepffer, bitte sehr!

Vor dem Hintergrund, dass wir hier ständig gebeten werden, in der Diskussion eine gewisse Zurückhaltung zu zeigen, frage ich die Landesregierung, ob sie die Auffassung der SPD-Landtags

fraktion teilt, wie sie in einer Presseinformation vom 11. März zum Ausdruck gekommen ist, dass der derzeitige Markenvorstand von VW, Herr Diess, den Standort Niedersachsen schlechtredet.

Danke schön. - Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Toepffer, in der Vorstellung, die Vorstand und Betriebsrat erarbeitet haben, im Investitions- und Zukunftspaket 2025 zusammenzuarbeiten, wird deutlich, dass alle Beteiligten bei Volkswagen darum bemüht sind, eine Lösung zu finden. Genau diesen Weg, dass die Beteiligten bei Volkswagen, die Sozialpartner bei Volkswagen die Lösung finden, sollten wir unterstützen. Das ist die Haltung der Landesregierung dazu.

(Björn Thümler [CDU]: Das war nicht einmal rudimentär eine Antwort auf die Frage!)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt noch einmal Herr Bode von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Lies, da Sie meine erste Frage, ob die Landesregierung eine Boniregelung von 7 Millionen Euro für den Aufsichtsratsvorsitzenden und 75 % für die Vorstände, wie sie momentan in den Medien skizziert wird, als ein ausreichend klares Signal ansieht, nicht bewertet haben, versuche ich es noch einmal: Ab wann wäre eine Bonusregelung für die Landesregierung ein hinreichend klares Signal? Muss der Satz eher bei 0 % liegen, oder muss er eher bei 75 % liegen, wie es jetzt diskutiert wird?

(Beifall bei der FDP - Zuruf von der SPD: Orakel Bode!)

Danke schön. - Herr Minister Lies, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung - der Ministerpräsi

dent und ich haben das gestern und heute gesagt - hat in ihren Formulierungen deutlich gemacht, dass wir ein klares Signal erwarten.

(Jörg Bode [FDP]: Was ist denn „klar“?)

Zurzeit werden die entsprechenden Gespräche geführt. Am 22. April, also schon in der nächsten Woche, werden die entsprechenden Entscheidungen im Aufsichtsrat getroffen. Selbstverständlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden dann auch alle darüber informiert.

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Toepffer von der CDU-Fraktion.

Vor dem Hintergrund dass die SPD-Landtagsfraktion in der fraglichen Pressemitteilung, die ich eben zitiert habe, auf eine Ankündigung von Arbeitsplatzabbau in Niedersachsen reagiert hat, frage ich die Landesregierung auch vor dem Hintergrund, dass wir in der letzten Plenartagung mit Gerüchten konfrontiert worden sind, wonach jede zehnte Stelle in der Verwaltung bei VW in Niedersachsen abgebaut werden soll: Wird sich die Landesregierung, wenn solche Pläne im Rahmen der Initiative VW 2025 diskutiert werden, grundsätzlich gegen einen Abbau von Arbeitsplätzen bei VW in Niedersachsen wenden, oder ist das eine denkbare Option?

Danke schön. - Herr Minister Lies, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Toepffer, ich möchte betonen, dass wir an allen Stellen - nicht nur in der Frage von Volkswagen, egal um welches Unternehmen es geht - jederzeit jede Anstrengung unternehmen, um die Arbeitsplätze in unserem Land zu halten. Das betrachte ich als Aufgabe der Landesregierung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Selbstverständlich gilt das auch für Volkswagen. Ich will die Gelegenheit nutzen, auch etwas zu der Entwicklung bei Volkswagen zu sagen, weil wir

auch bei der Kritik und Diskussion nicht vergessen dürfen, welcher Wachstumsmotor und welcher Beschäftigungsmotor Volkswagen in den letzten Jahren gewesen ist.

(Johanne Modder [SPD]: Genau!)

Wir haben zurzeit in Niedersachsen 102 575 Beschäftigte bei Volkswagen. Ich will aber auch die Anzahl der Leiharbeiter nennen: Es sind 6 076. Ich habe immer gesagt: Die Wertschätzung der Menschen, die als Leiharbeiter für Volkswagen arbeiten, ist die gleiche wie für die, die festangestellt sind.

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD] und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Eines, meine Damen und Herren, macht das besonders deutlich - das zeigt auch die Schwierigkeit, in der wir gerade auch in der Frage der Zukunft der Leiharbeit bei den Mitarbeitern sind -: Leiharbeit war über viele Jahre das Einstiegstor für eine dauerhafte Beschäftigung bei Volkswagen. Die Kolleginnen und Kollegen, die dort in Leiharbeit waren, hatten eine Perspektive, nach einer Zeit bei Volkswagen unterzukommen.

Ich will einmal die Zahlen nennen, nur damit man erkennt, wie das ist: Die Volkswagen AG hat in den vergangenen sechs Jahren 14 000 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter in die Stammbelegschaft übernommen. Der Konzern hat 21 000 Leiharbeiter in die Stammbelegschaft übernommen. Das ist erst einmal ein Riesenerfolg. Dass dieser Erfolg sich möglicherweise nicht auf Dauer fortsetzen lässt, ist, glaube ich, die Wahrnehmung, die wir alle haben, und die schwierige Situation auch für die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter.

Deswegen muss unser Fokus nicht nur denen gelten, die in der Stammbelegschaft sind - dort gibt es die Lösungen, die zwischen den Sozialpartnern vereinbart werden -, sondern er muss natürlich auch denen gelten, die in der Leiharbeit sind. Deswegen bleibt natürlich die Aufforderung wie in der Vergangenheit auch, dass AutoVision auch Partner ist, dafür zu sorgen, dass die Kolleginnen und Kollegen, die dort aus der Leiharbeit bei Volkswagen ausscheiden, an anderen Standorten eine Perspektive haben. Ich will das für den Standort Hannover, aber auch für den Standort Emden sagen, wo sofort danach AutoVision selber Veranstaltungen mit allen Arbeitsmarktpartnern organisiert hat, um intensiv dafür zu sorgen und zu werben, dass die Kolleginnen und Kollegen, die

dort ausscheiden, eine Perspektive haben. Ich glaube, das gehört auch dazu.

Volkswagen geht verantwortungsvoll mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um. Das war in der Vergangenheit immer ein Anliegen der Niedersächsischen Landesregierung gewesen und wird das auch in der Zukunft sein.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt wiederum von der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Bode, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Lies, Sie haben eben auf die Dringliche Anfrage zu der Frage nach dem Aufsichtsratsvorsitzenden Pötsch erklärt, die Wahl von Herrn Pötsch sei im unternehmerischen Sinne zum unternehmerischen Vorteil gewesen und von der Landesregierung begrüßt worden und die richtige Entscheidung. Deshalb frage ich Sie vor dem Hintergrund des Berichtes des Hamburger Abendblattes vom 20. Oktober 2015 unter der Überschrift „Ministerpräsident in Nöten“ - ich zitiere den Absatz -:

„Auch die Versuche, mit der Krise umzugehen, gehen zumindest teilweise am niedersächsischen Regierungschef vorbei. Neuer Aufsichtsratsvorsitzender wurde der bisherige Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch, gegen den Weil Vorbehalte hatte. Pötsch droht, selbst in die Schusslinie zu geraten wegen des Verdachts, er habe seine Informationspflichten nach dem Aktiengesetz nicht ernst genug genommen, als der Skandal im Wolfsburger Mutterhaus endgültig angekommen war.“

Können Sie uns bitte die Frage beantworten: Welche konkreten unternehmerischen Vorteile hatte quasi der Einkauf von Herrn Pötsch für 10 Millionen Euro im Vergleich zur Wahl eines externen, unbelasteten Aufsichtsratsvorsitzenden, beispielsweise vom Kaliber eines Herrn Reitzle?

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Herr Ministerpräsident Weil, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man könnte, bezogen auf das Zitat, sagen: Nicht alles, was die Presse schreibt, entspricht auch der Gegebenheit.

Erinnern wir uns an die Situation im August/September/Oktober 2015. Damals - das wissen Sie - hatte Volkswagen einen kommissarischen Aufsichtsratsvorsitzenden, Berthold Huber, der sich übrigens große Verdienste erworben hat, aber keinen gewählten Aufsichtsratsvorsitzenden. Deswegen ist bereits im August - das ist, glaube ich, am 3. September veröffentlicht worden - gesagt worden, dass Herr Pötsch gebeten wird, künftig als Aufsichtsratsvorsitzender zu amtieren.

Wir hatten dann im Laufe des Septembers eine deutliche Verschärfung der Situation. Das ist alles bekannt. In diesem Zusammenhang ist dann auch der Vorstandsvorsitzende, Herr Professor Winterkorn, von seinem Amt zurückgetreten. Damit waren die beiden zentralen Funktionen im Volkswagen-Vorstand unbesetzt, während zeitgleich das Unternehmen in die schwerste Krise seiner Geschichte geriet.

Vor diesem Hintergrund war es für alle Beteiligten von höchster Priorität, sehr schnell zur Handlungsfähigkeit zurückzukehren und eine Spitze sowohl im Bereich des Vorstands als auch im Bereich des Aufsichtsrats zu etablieren, die als Kenner der Materie ihre Aufgaben sehr schnell erfüllen kann. Diese Materie ist gerade bei Volkswagen - Herr Kollege Lies hat das schon gesagt - dadurch gekennzeichnet, dass es sich um ein Unternehmen handelt, das quantitativ und qualitativ enorm komplex ist. Wir konnten uns in diesem Zusammenhang im Sinne des Unternehmens nicht gut auf eine Lösung einlassen, die erst einmal eine lange Einarbeitungszeit erfordert hätte. Deswegen haben wir uns seinerzeit dafür entschieden, den Vorstandsvorsitz mit Matthias Müller und den Aufsichtsratsvorsitz mit Herrn Pötsch zu besetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, all die Schwierigkeiten, die wir seitdem erlebt haben und die uns seit sieben Monaten wirklich in Atem halten, sind von diesen beiden Personen in der Tat sehr gut gemanagt worden. Das will ich ausdrücklich auch auf Herrn Pötsch bezogen sagen. Das ist ein Wunsch der Anteilseignerseite gewesen. Zur

Anteilseignerseite gehört bekanntlich auch das Land Niedersachsen.

Ich will gerne in aller Form das wiederholen, was ich gestern gesagt habe: Für uns standen gerade in dieser Phase das Unternehmenswohl, die Sicherung der Arbeitsplätze absolut im Vordergrund.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Hat sich das jetzt geändert? Warum betonen Sie das so: standen im Vor- dergrund? Vergangenheit!)

Wir waren uns sehr bewusst, welch zentrale Bedeutung die Entscheidungen an dieser Stelle haben werden. Ich kann Ihnen sagen, dass wir nach wie vor der Überzeugung sind, an dieser Stelle richtig gehandelt zu haben.