Protocol of the Session on April 13, 2016

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Über die Vergrämungsmaßnahmen wird aber im MU entschieden!)

Ich interpretiere das jetzt mal so, dass Sie sich innerlich eigentlich schon selbst von Ihrem Anliegen distanziert haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Frage des Umgangs mit dem Wolf ist ohne Zweifel emotionsbeladen. Das wissen wir alle. In einer solchen Situation ist es für die Politik natürlich sehr verlockend, mit einfachen Antworten Schlagzeilen zu produzieren, insbesondere dann, wenn man ganz besonders um Aufmerksamkeit buhlen muss. Das ist natürlich bei einer Partei, deren Erhaltungszustand - wie beim Wolf - noch nicht so ganz gesichert ist, sehr von Bedeutung.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe)

Die FDP konnte nicht widerstehen und hat mit einem Gesetzentwurf, der gerade einmal eine Zahl und drei Worte umfasst, für viel Wirbel gesorgt. Unter § 5 des Niedersächsischen Jagdgesetzes soll bei der Aufzählung der jagdbaren Arten als Nr. 8 der Wolf (Canis lupus) eingefügt werden. Er stünde dann also mit Elster und Rabenkrähe neben einer ganzen Reihe von eingewanderten Tierarten - das haben Sie eben vergessen -, also Neozoen wie Waschbär, Mink, Nutria und Marderhund. In diese Gruppe passt er als heimische Tierart aber nicht wirklich hinein.

Der Bevölkerung würde mit Ihrem Gesetzentwurf suggeriert, dass der Wolf mit der Aufnahme ins Jagdrecht zum Abschuss freigegeben würde. Sie haben eben durch die Blume versucht, das anzudeuten. Das wäre aber ganz und gar nicht der Fall; denn da die deutsch-westpolnische Gesamtpopulation des Wolfs keinen sicheren Erhaltungszustand erreicht hat, bleibt der Wolf durch den Anhang IV der FFH-Richtlinie streng geschützt, und das auch zu Recht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Wolf ist eine einheimische Tierart, die sich nach seiner Ausrottung durch den Menschen von alleine wieder in Niedersachsen und Umgebung angesiedelt hat. Das ist begrüßenswert. Der Wolf hat nämlich auch ohne einen gültigen Jagdschein eine Existenzberechtigung in unserer Landschaft und unseren Wäldern.

(Christian Dürr [FDP]: Der Wolf hat einen Jagdschein?)

Natürlich müssen wir uns mit unserem Verhalten auf die Existenz des Wolfes einstellen. Wir müssen den Herdenschutz ausbauen. Wir müssen darauf eingehen, dass sich die Jagd verändert hat, weil sich jetzt das Schalenwild anders verhält. Natürlich müssen wir auch verhindern, dass sich der Wolf an die Nähe des Menschen gewöhnt. Aber das sind Herausforderungen, die komplexe und differenzierte Antworten verlangen und nicht einfache Pauschallösungen.

Im Übrigen - auch das haben Sie nicht erwähnt, obwohl wir es hier schon sehr häufig diskutiert haben -: Die Entnahme eines individuell als problematisch identifizierten Wolfs ist auch schon jetzt nach der gültigen Rechtslage möglich. Dafür gibt es in § 45 des Bundesnaturschutzgesetzes in Verbindung mit Artikel 16 der FFH-Richtlinie Ausnahmen. Das alles ist möglich.

Frau Kollegin Staudte, ich möchte Sie unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Hocker?

Nein, danke.

Nein. - Bitte schön!

Im Übrigen wäre bei einer Aufnahme ins Jagdgesetz auch bei einer ganzjährigen Schonzeit die Jägerschaft für die Hege zuständig. Ich weiß nicht, ob Sie das schon mit ihr diskutiert haben. Sie wäre damit für den Erhalt der Lebensgrundlagen zuständig, was in Notzeiten womöglich Fütterungen umfasst. Dann müsste man womöglich auch diskutieren, ob die Entschädigungen und die Präventionsmaßnahmen aus der Jagdabgabe zu finanzieren wären. Ich glaube, die Begeisterung hielte sich in Grenzen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Da können auch Sie klatschen, Herr Dammann-Tam- ke!)

Entsprechend hat sich die Jägerschaft in der Anhörung positioniert.

Natürlich gäbe es auch Profiteure, wenn der Wolf tatsächlich bejagt werden dürfte - was aber, wie gesagt, aus EU-rechtlichen Gründen verboten ist -,

nämlich die Eigenjagdbesitzer. Herr Ehlen, Sie hören gerade nicht zu, aber das betrifft dann auch Sie. Wenn man in seinem Revier einen Wolfsabschuss verkaufen kann, so würde das sicherlich mehr einbringen als der schönste 1A-Hirsch.

Im Übrigen ist uns in der Beratung durch den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst auch deutlich gemacht worden, dass es rechtlich fragwürdig ist, dass das Land überhaupt die Kompetenz für eine derartige Gesetzesänderung hätte. Sachsen hat den Wolf zwar in das Jagdrecht aufgenommen, aber wo kein Kläger, dort kein Richter. Insofern müssen wir diesen Fehler nicht wiederholen.

Alles in allem bleibt festzuhalten - ich freue mich, dass die CDU wahrscheinlich mit uns stimmen wird -, dass wir diesen populistischen Gesetzentwurf ablehnen werden. Am ehrlichsten wäre es eigentlich, wenn Sie von der FDP ihn einfach zurückziehen würden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Staudte, bleiben Sie bitte noch ganz kurz vorne. Herr Dr. Hocker versucht noch einmal, Ihnen eine Zwischenfrage zu stellen. Aber ich gehe davon aus, dass Sie, Frau Staudte, Ihre Rede beendet haben. - Okay. Nein, Herr Dr. Hocker, leider nicht.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Wenn die Argumente ausgehen!)

- Es ist das gute Recht, eines jeden Kollegen und einer jeden Kollegin auf solche Bitten mit Ja oder Nein zu antworten. Jetzt lautete die Antwort Nein.

Jetzt gibt es Kurzinterventionen. Zuerst spricht Herr Angermann von der CDU-Fraktion, dann Herr Grupe. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Staudte, Sie haben Recht: Wir werden heute noch nicht zustimmen, dass der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen wird - noch nicht. Letztlich geht es um den richtigen Zeitpunkt. Ich hätte mir von Ihnen gewünscht, dass Sie Antworten liefern und nicht nur sagen: „Wir wollen das nicht!“. Vielmehr hätte ich mir gewünscht, dass Sie sagen: „Wir haben Antworten und wollen die Herausforderung durch den Wolf stringent angehen.“

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Das haben wir doch getan!)

Genau das haben Sie aber nicht geliefert!

Das muss ich im Grunde kritisieren; denn vieles steht im Raum. Wir alle wissen: Die Wolfspopulation nimmt zu, und die Herausforderungen werden zunehmen. Das heißt, dass man jetzt vorarbeiten muss.

Herr Minister Wenzel hat noch im vergangenen Jahr den Managementplan von Minister Sander hochgehalten. Dieser Plan ist vollkommen veraltet und muss überarbeitet werden. Bis heute ist er aber nicht überarbeitet worden.

In der vergangenen Woche hat Nordrhein-Westfalen - der Wolf hat gerade mal die Grenze dorthin überschritten - einen Managementplan aufgestellt. Vorbildlich, kann ich nur sagen! Und diese Landesregierung? - Sie schläft und macht nichts, was in dieser Hinsicht notwendig ist.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen eben auch erkennen, dass gewisse Punkte, die in der Vergangenheit im Vordergrund standen, nicht mehr ihre bisherige Bedeutung haben.

Wir haben z. B. die Beweislastumkehr gefordert. Unter dieser Prämisse wäre es viel unproblematischer gewesen, Entschädigungen zu leisten. Es ist aber immer wieder gesagt worden, dass 40 % der Risse durch Hunde verursacht worden sind. Jetzt wird auf eine Anfrage der FDP mitgeteilt, dass von 235 Rissen 9 von Hunden stammen, also 4 %. Im Grunde gar nichts! Das Argument ist entfallen. Man hätte die Beweislastumkehr schon lange einführen können, um stringent weiterarbeiten zu können.

All das führt nicht zum Vertrauensaufbau und zur Akzeptanz des Wolfes. Genau das brauchen wir aber. Wir brauchen eine Änderung der FFHRichtlinie: Der Wolf muss von Anhang IV in den Anhang V verlagert werden. Dann kann man über eine Änderung des Jagdrechts nachdenken. Das ist der richtige Weg. Das muss jetzt eingeleitet werden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Grupe, bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin Staudte, es ist sicherlich eine herausragende rhetorische Leistung, eine Partei wie unsere, für die zugegebenermaßen sehr lange Wahlergebnisse um die 3 % prognostiziert wurden, hier herunterzumachen und als von der Existenz bedroht zu bezeichnen. Ich habe eben dazwischengerufen: In Rheinland-Pfalz haben die Wähler anders entschieden. Dort sind die Grünen von 15,4 auf 5,3 % abgerutscht und in der Wahrheit gelandet, und wir haben sie mit 6,2 % überholt. Das tut mir in dem Fall gut, gerade nach dem, was ich von Ihnen gehört habe. Ich sage Ihnen: Hochmut kommt vor dem Fall!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Aber zum Thema. Wenn es hier um Polemik gehen soll, dann haben Sie gerade ein Superbeispiel abgeliefert. Erstens sagten Sie: Durch die Aufnahme ins Jagdrecht würde der Wolf zum Abschuss freigegeben.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Das werde suggeriert, habe ich gesagt!)

Liebe Frau Kollegin Staudte, keines der Tiere, das im Jagdrecht steht - nehmen Sie einmal den Luchs! -, ist zum Abschuss freigegeben. Der Luchs ist ganzjährig geschützt. Das ist ausdrücklich das, was wir hier beantragt haben.

Wir wollen Normalität erreichen - auch für den Wolf -, dass nämlich im Zweifelsfall, je nach der Entwicklung der Population, darauf reagiert werden kann.

Sie haben das ja noch getoppt mit Ihrem 1AHirsch, damit, dass es vielleicht interessant sein könnte, einmal einen Wolf als Trophäe abzuschießen. Das ist so etwas von polemisch, das ist Ihrer wirklich nicht würdig. Davon redet kein Mensch, außer Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Hans-Joachim Janßen [GRÜNE])

Es ist auch völlig falsch - ich glaube, das haben Sie hier nicht gesagt; das haben Sie ausgelassen -, dass die Jäger dafür aufkommen müssten. Die Jäger müssen dafür nicht aufkommen. Das ist nicht zwingend Wildschaden. Man kann es auch anders regeln, wenn durch Wolfsrisse Schäden entstehen.

(Zuruf von Hans-Joachim Janßen [GRÜNE])

Und es ist auch eine Frage des Tierschutzes - das möchte ich hier auch noch anfügen -: Was ist, wenn ein verletzter Wolf nicht von seinem Leiden erlöst werden kann, weil Verfahren, wie wir es bei dieser Regierung schon öfter erlebt haben, kompliziert in Theorie enden und nicht praktisch angewendet werden können?