Protocol of the Session on March 9, 2016

Ein weiterer Punkt ist die Standortfähigkeit Niedersachsens. Schauen Sie sich beispielsweise einmal Dow Chemical in Stade an! Für die ist elementar wichtig, dass sie ein hoch effizientes Kraftwerk bauen können, damit sie Versorgungssicherheit haben und Investitionen am Standort betreiben können.

Wir haben solche Investitionen im Landtag bisher fraktionsübergreifend begrüßt. Aber die Grünen versuchen auf allen Ebenen, solche Investitionen zu torpedieren. Ich sage Ihnen, Herr Minister Wenzel: Wenn solche Investitionen von Ihnen verhindert werden, dann wird Dow Chemical in Stade nicht mehr nur das Kraftwerk nicht bauen, sondern dann wird Dow Chemical Zug um Zug ganz aus Stade abziehen und im Nahen Osten oder woanders Kraftwerke aufbauen.

Aber wir wollen die Arbeitskräfte hier haben, unter ökologisch und arbeitsrechtlich viel besseren Bedingungen als woanders. Dafür sollten wir gemeinsam kämpfen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Bode. - Jetzt hat Maaret Westphely, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser heute von der Opposition vorgelegte Antrag hat mich wirklich ärgerlich gemacht. Aus meiner Sicht zeigt er vor allem eines, nämlich dass sich die Opposition in Niedersachsen längst von dem Anspruch verabschiedet hat, aktiv im Land mitzugestalten. Das will ich auch gerne begründen.

Im Feststellungsteil des Antrags schreiben Sie, es gebe auch Parteien, bei denen eine „Tendenz zur Deindustrialisierung von Deutschland erkennbar“ sei.

(Christian Grascha [FDP]: Richtig!)

Ich habe mich gefragt: Warum steht das da, und wen meinen Sie damit?

(Jörg Bode [FDP]: Sie!)

Ich kann Ihnen die Antwort geben, aber sie wird ein wenig anders ausfallen als Ihre.

CDU und FDP fordern einen Anteil der Industrie am BIP von 20 %. Aber ich gehe davon aus, dass sie wissen, dass er hier in Niedersachsen etwas höher ist. Das heißt, Sie sind es selber, die den Kurs der Deindustrialisierung einschlagen wollen.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Wir?)

Und dann geben Sie vor, mit diesem Antrag die Industrie zu stärken! Das ist schon ein starkes Stück. Das zeigt, dass Sie von den realen Verhältnissen in unserem Land keine Ahnung haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um es klar zu sagen: Die Deindustrialisierung mag Ihr Ziel sein - unser Ziel ist sie nicht, im Gegenteil!

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Dr. Gero Hocker [FDP] lacht)

Wir wollen unsere Industriestrukturen in Niedersachsen, in Deutschland und in Europa für die Herausforderungen der Zukunft fitmachen. So hat

z. B. unser grüner EU-Abgeordneter Bütikofer als Berichterstatter für die Industriepolitik u. a. eine umfassende Rohstoffstrategie erarbeitet und einen Bericht zur nachhaltigen Industriepolitik vorgelegt, der vom Parlament mit großer Mehrheit angenommen wurde.

Auf nationaler Ebene haben wir mit dem EEG für ein Gesetz gesorgt, das international Nachahmer gefunden und ganz nebenbei in den letzten Jahren zur Entwicklung neuer, zukunftsweisender Technologien in der Industrie geführt hat, die wiederum neue Abnehmer für die Grundstoffindustrie sind.

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Andretta übernimmt den Vorsitz)

Mit der Stellungnahme der Landesregierung zum Emissionshandel ab 2021 zeigen wir, dass wir Klimaschutz- und Industriepolitik zusammenführen und sachgerechte Kompromisse vorlegen. Dieses Papier fand die Opposition sogar so gut, dass sie es wortgleich abgeschrieben hat und hier beschließen lassen wollte. - Wenn wir so etwas machen würden, würden Sie uns vorführen. Aber wir haben Ihre Forderungen freundlicherweise in den Feststellungsteil unseres Antrags integriert, um Ihnen den Gesichtsverlust zu ersparen. - Das war gestern.

Und heute legen Sie diesen Antrag vor! Sie schreiben die Handlungsempfehlungen des Bundeswirtschaftsministeriums ab und wollen sie hier beschließen lassen. Haben Sie eigentlich gar keine eigenen Ideen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Keine einzige der Forderungen aus Ihrem Antrag war es Ihnen wert, sie in den in weiten Teilen themengleichen Antrag, den wir gestern verabschiedet haben, hineinzuverhandeln. Wo bleibt Ihr Ehrgeiz? Wo bleibt Ihr Wille, mitzugestalten?

Seit wir an der Regierung sind, haben wir zu den wesentlichen aktuellen industriepolitischen Themen richtungsweisende Anträge vorgelegt und diese mit konkreten Forderungen an das Regierungshandeln hinterlegt. Ich nenne die Themen Industrie 4.0, Rohstoffsicherung, EU-Handelspolitik, Emissionshandel. Manche haben wir sicherlich auch mit Ihrer Unterstützung beschlossen.

Die Landesregierung arbeitet in diversen Zusammenhängen mit Erfolg daran, bei Konflikten mit der Industrie für konkrete Lösungen zu sorgen. Dafür reichen die Floskelforderungen, die Sie uns hier anbieten, bei Weitem nicht aus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch als Opposition hat man Verantwortung für das, was man beschließen will. So wie Sie es machen, geht es beim besten Willen nicht!

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Auf Ihren Beitrag gibt es eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Bode. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Frau Westphely, hätten Sie mir gestern zugehört, hätten Sie sich Ihren Auftritt hier ersparen können. Ich habe gestern gesagt, dass wir eine gemeinsame, einstimmige Beschlussempfehlung zum Thema Stahlindustrie in den Bereichen vorgelegt haben, in denen sich alle Fraktionen einig waren. Es ging dabei um Antidumpingmaßnahmen und Teilbereiche des Energiebereichs. Diese Maßnahmen konnten einvernehmlich und einstimmig beschlossen werden.

Ich habe Ihnen gestern schon gesagt, dass man auch einmal Maßnahmen in den Blick nehmen sollte, die darüber hinaus noch wichtig sind - das haben auch die Wirtschaftsminister in der Europäischen Union erkannt. Man sollte sich nämlich einmal das eigene Regulierungswerk anschauen und schauen, ob man die Industrie vielleicht überreguliert hat, ob man ihr zu viel aufoktroyiert hat, sodass sie international nicht mehr wettbewerbsfähig ist.

Wir sollten nicht immer nur nach China zeigen, sondern auch einmal schauen: Wo haben wir unsere Industrie selbst so weit gefesselt, dass sie bei uns nicht mehr wettbewerbsfähig sein kann? - Das soll dieser Antrag zeigen. Das tut er auch, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Zu Ihrer Aussage, wir würden den industriellen Anteil in Niedersachsen reduzieren können: Liebe Frau Westphely, bitte lesen Sie die Zeilen genau und richtig! Die Forderung lautet, das Ziel der europäischen Industriepolitik anzuerkennen und europaweit einen Anteil von 20 % zu erreichen. - Europaweit! Das bedeutet, dass die Länder, die noch Industrie haben, natürlich mehr liefern müssen. Die Grundstoffindustrie ist doch fast nur noch in Deutschland erfolgreich vorhanden. Woanders sind doch die Regularien - schauen Sie sich doch

einmal Großbritannien an - gar nicht mehr so, dass es da nennenswerte Industrie gibt. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren: Kommen Sie von dem hohen Ross herunter! - Die Grünen sind die Totengräberindustrie in Deutschland.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Bode. - Frau Westphely antwortet Ihnen. Bitte!

Sehr geehrter Herr Bode, ich bleibe dabei: Das sind leere Floskelforderungen. Kein einziges Ziel und keine einzige Maßnahme haben Sie in Ihrem Wortbeitrag benannt.

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Auch eben war das wieder nicht der Fall, genauso wie in Ihrem Antrag. Es tut mir leid.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Gute Frau!)

Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt für die CDU-Fraktion Herr Kollege Miesner. Bitte!

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Frau Westphely, was war das denn eben für eine kratzbürstige Rede hier?

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Miesner, -

Ich entschuldige mich dafür.

- dafür entschuldigen Sie sich bitte!

Ja, das ist überhaupt kein Problem.

(Jörg Bode [FDP]: Aber den Eindruck hatte ich auch!)