Herr Kollege, bitte bleiben Sie noch vorne stehen! Herr Schmidt möchte Ihnen gerne eine Frage stellen, obwohl Ihre Zeit - zumindest hier vorne am Mikrofon - abgelaufen ist. - Bitte schön, Herr Schmidt! - Das kriegen wir noch hin.
Herr Schönecke, ich bin etwas verwirrt. Vielleicht können Sie mir helfen; denn gerade mit Ihrem Schlussappell zu Herrn Schäuble stellt sich die Frage: Sind Sie für Obergrenzen bei Bargeldzahlungen oder dagegen? Könnten Sie das noch mit Ja oder Nein beantworten? - Das wäre nett.
Lieber Herr Schmidt, ich bin sehr dafür, dass Herr Schäuble darüber nachdenkt, was der klügste Weg ist. Ich halte sehr viel von dem Grundsatz, dass das Bessere des Guten Feind ist. Aber an der Stelle, glaube ich, sind Sie mit mir darin einig, dass man mal darüber nachdenken muss: Wenn wir so unterschiedliche Verfahrensweisen in der EU haben und alles Mögliche bis hin zur krummen Gurke im Karton, die Sie im Supermarkt kaufen, geregelt ist, dann besteht sehr wohl die Möglichkeit, auch darüber nachzudenken - bei aller Wertschätzung unseres Finanzplatzes Europa.
Vielen Dank. - Jetzt hat sich der Kollege Heere, Bündnis 90/Die Grünen, zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Und täglich grüßt das Murmeltier: Wer kenn dieses Sprichwort und den passenden Film nicht? - In der FDP gibt es offen
sichtlich jede Menge Murmeltierfans! Genau eine Woche nach dem Murmeltiertag - Chapeau für den Zeitplan! - haben Sie den Antrag zum Erhalt des Bargelds gestellt. Ich fühle mich dabei, als seien wir in einer Zeitschleife vom Sommer des letzten Jahres gefangenen. Erst im Juli- und im September-Plenum haben wir den letzten Antrag der FDP zum Erhalt des Bargelds beraten. Einen sensationellen Wissensgewinn haben Plenar- und Ausschussberatung schon damals nicht erbracht. Ich hatte vor diesem Hintergrund erwogen, einfach meine Rede vom letzten Sommer zu halten, aber ich will Ihnen allen - zumindest in diesem Haus - den Murmeltiertag ersparen.
Die FDP will, dass wir uns erstens für den Erhalt des 500-Euro-Scheins einsetzen. Die Diskussion, ob die EZB den 500-Euro-Schein abschafft, ist ja nicht neu. Ein Beispiel aus den USA: Dort ist 1969 der 500-Dollar-Schein mit dem Ziel der Kriminalitätsbekämpfung abgeschafft worden.
Im Juli hatte ich gefragt, ob jemand hier im Plenum ad hoc einen solchen Schein vorzeigen könne - jedoch ohne Erfolg. Das ist auch kein Wunder; denn 95 % aller 500-Euro-Scheine sollen Schätzungen zufolge in der Hand Krimineller sein. Das sind 30 % des umlaufenden Barvermögens, nämlich 300 Milliarden Euro. Warum sich der Landtag auf Antrag der FDP ausgerechnet für den Erhalt dieses Scheins einsetzen sollte, erschließt sich nun wirklich nicht.
Interessanter ist dagegen der zweite Punkt: Soll es eine Obergrenze für Bargeldzahlungen geben - Ja oder Nein? Und wenn, wie hoch soll sie sein? - Diese Fragen sind nicht so einfach zu beantworten, wie Sie das mit Ihrem Antrag suggerieren.
Nein, dies bedarf einer ergebnisoffenen Prüfung und Abwägung. Zwei Punkte sind hierbei insbesondere abzuwägen: Auf der einen Seite geht es um mögliche positive Effekte der Obergrenze für die Kriminalitätsbekämpfung, seien es Schwarzarbeit, Geldwäsche, Terrorismus, Schattenwirtschaft oder Steuerbetrug. Eine Obergrenze könnte auf all diesen Feldern einen Beitrag zur Erschwerung von
Straftaten, zu einer effektiveren Strafverfolgung und somit zu mehr Gerechtigkeit leisten. Wie effektiv dies allerdings ist, ist tatsächlich zu prüfen.
Auf der anderen Seite steht der Datenschutz; das ist schon mehrfach erwähnt worden. Die Einführung einer Obergrenze darf nicht zum gläsernen Bürger führen oder gar einer neuen Art von Vorratsdatenspeicherung Vorschub leisten. Hier gibt es auch bei uns Grünen gravierende Bedenken. Allerdings muss auch ohne Obergrenze gesichert sein, dass diejenigen, die freiwillig unbar bezahlen, auch nicht nachverfolgt werden können. Diesen Anspruch an Datenschutz von Bankdienstleistungen haben wir Grüne natürlich ganz grundsätzlich.
Um die komplexe Abwägung, die ich gerade dargestellt habe, angemessen durchführen zu können, beantragen wir im Weiteren die Mitberatung durch den Rechtsausschuss und durch den Unterausschuss „Verbraucherschutz“. Das gibt auch der FDP die Möglichkeit, von ihrer sehr platten Positionierung herunterzukommen und zur sachlichen Diskussion zurückzukehren. Man soll die Hoffnung ja nie aufgeben!
Vielen Dank, Herr Kollege Heere. - Für die Landesregierung hat jetzt Herr Finanzminister Schneider das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schönecke hat so schön mit den Worten begonnen: Es ist in der Welt. - Da war es nämlich auch - am 13. Februar. Hier das vollständige Zitat von Schäuble:
„Niemand will Bargeld abschaffen. Niemand will eine Obergrenze einführen, wie viel Bargeld Menschen besitzen dürfen. Wir wollen Geldwäsche und Terrorismus effizient bekämpfen.“
Also, Herr Grascha, Sie können sich weiterhin den Keller mit Geldstücken vollpacken - ohne Grenze -, um dann wie Dagobert Duck darin zu kraulen.
Das alles ist auch nach Meinung von Schäuble weiterhin zulässig. Wir reden nicht über die Abschaffung des Bargelds. Wir reden über eine EUeinheitliche - da hat Herr Schönecke völlig recht - Bargeldbegrenzung bei Geschäften. Das ist das Thema. Insofern ist es streckenweise nun wirklich Schattenboxen gewesen, was Sie hier veranstaltet haben.
Das gilt genauso für den 500-Euro-Schein. Herr Heere hat völlig zu Recht darauf hingewiesen: Es gibt kaum ein Land dieser Erde, dass solch großen Scheine vorhält.
Die Bedenken dagegen unter den Fachleuten müssen gesehen werden. Die Fachleute in dem Bereich sind nämlich die Strafverfolger, die Polizeibeamten, die entsprechenden europäischen Behörden.
(Helge Limburg [GRÜNE]: Die Staats- anwaltschaften! - Maximilian Schmidt [SPD]: Nicht die FDP! - Christian Grascha [FDP]: Was sagen Sie zur Kritik des Deutschen Richterbundes?)
Die Meinung des Bundesbankpräsidenten in allen Ehren, aber als Fachmann für Terrorismusbekämpfung ist er mir - Gott sei Dank! - noch nicht aufgefallen. Ich hätte Bedenken, wenn er das wäre.
Es geht nicht um die willkürliche Begrenzung der Freiheit. Es ist auch nicht richtig, dass unsere Freiheit maßgeblich eingeschränkt werden würde, wenn wir Einzelgeschäfte oberhalb von 5 000 Euro immer unbar leisten müssten. Es geht darum - darüber sollten Sie wirklich ernsthaft nachdenken -, ob wir diese eine Möglichkeit - natürlich ist das nicht die Lösung, die alles beseitigt -, es dem Terrorismus und dem organisierten Verbrechen schwerer zu machen, fallen lassen.
Ist es nicht sinnvoll, die Tür zu sichern; auch dann, wenn der Einbrecher im Zweifel durchs Fenster kommen kann? Auch wenn das, was Sie zum Internet sagen, ja richtig ist, verzichte ich doch nicht darauf, die eine Möglichkeit zu nutzen, Herr Schönecke. Ich kann doch nicht sagen: Weil im
Es geht darum zu verhindern, dass in großen Summen Terroristen, Menschen- und Drogenhändlern die Geldwäsche erleichtert wird. Ich denke, es ist, legitim, darüber nachzudenken. Es geht um Nutzungsbeschränkungen und nicht um das Abschaffen von Bargeld. Es geht auch nicht um Bargeldrücklagen. Wenn jemand der Bank nicht traut und lieber das Geld wie Oma unter die Matratze packen will, dann kann er das tun. Das ist von dieser Idee völlig unberührt. Es geht um den Schutz der Menschen vor Terrorismus und Kriminalität. Damit müssen wir uns, so denke ich, vernünftig und abwägend, wie das hier schon dargelegt worden ist, auseinandersetzen.
Im Übrigen entsteht - das will ich aus Sicht des Finanzministers auch nicht verschweigen - ein erheblicher fiskalischer Schaden durch das, was sich im Schwarzgeldbereich mit großen Summen abspielt. Das geht - auch das bitte ich zu bedenken - zulasten der ehrlichen Mitbewerber im Markt.
Ich könnte Ihnen dazu auch etwas aus der FAZ vorlesen. Wenn der eine Pizzabetreiber nur einen Teil der Umsätze verbucht und seine Einkäufe mit seinem so erworbenen Schwarzgeld bestreitet und sich der andere steuerehrlich bewegt, dann fliegt der Steuerehrliche nachher aus dem Markt. Da müsste eigentlich die FDP mit mir übereinstimmen. Das können wir doch nicht hinnehmen.
(Christian Grascha [FDP]: Dann gibt es Vollzugsdefizite! Es geht darum, ob man alle unter Generalverdacht stellt! Das ist doch der Punkt!)
Nachdem wir das vor einem halben Jahr schon einmal diskutiert haben, gibt es, finde ich, keinen Grund, den Antrag erneut ausgiebig zu beraten. Aber das ist selbstverständlich Sache des Landtages. Ich habe mich jetzt verpflichtet gefühlt, die Position der Landesregierung darzulegen. Wir stehen hier eng an der Seite von Herrn Schäuble, wie bei anderen Themen auch.
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Maximilian Schmidt [SPD]: Wir klatschen nur für Sie, nicht für Herrn Schäuble! - Reinhold Hilbers [CDU]: Es ist immer gut, wenn Sie an der Seite von Herrn Schäuble stehen!)
Der Kollege Heere hat - wohl für seine Fraktion - beantragt, den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und den Unterausschuss „Verbraucherschutz“ mitberatend zu beteiligen. Nach unserer Geschäftsordnung kann das üblicherweise der federführende Ausschuss tun, aber es gibt auch keine Bedenken dagegen, das im Plenum direkt festzulegen, wenn dem nicht widersprochen wird. Widerspricht jemand der Mitberatung dieser beiden Ausschüsse? - Das ist nicht der Fall.