Protocol of the Session on February 19, 2016

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Schneider, leider haben Sie die Frage nicht beantwortet. Sie haben zwar eine Menge gesagt, aber die Frage nicht beantwortet. Die Frage lautete, ob ein Nachtragshaushalt in der Vorbereitung ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister Schneider!

Nein.

(Jörg Hillmer [CDU]: Dann nehmen Sie Ihren Ministerpräsidenten nicht ernst!)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, jetzt liegen wirklich keine Wortmeldungen mehr vor.

Ich stelle fest, dass die Fragestunde für diesen Tagungsabschnitt beendet ist.

Die Antworten der Landesregierung zu den Fragen, die jetzt nicht mehr aufgerufen werden können - das ist die Mehrheit der Fragen -, werden nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben. Sie stehen Ihnen in Kürze im Intranet und im Internet als unkorrigierte Drucksache elektronisch zur Verfügung. - Vielen Dank.1

1Die Antworten zu den Anfragen 2 bis 6 und 8 bis 64, die nicht in der 90. Sitzung des Landtages am 19. Februar 2016 behandelt und daher zu Protokoll gegeben wurden, sind in der Drucksache 17/5210 abgedruckt.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung: Bargeld erhalten - Freiheit und Bürgerrechte schützen! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/5114

Die Einbringung übernimmt der Kollege Christian Grascha. Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit ein paar Tagen wird in Deutschland sehr heftig über einen Vorschlag der schwarz-roten Bundesregierung diskutiert, nämlich, eine Obergrenze für die Nutzung von Bargeldzahlungen einzuführen. Diese Debatte wird zu Recht sehr emotional geführt; denn es geht hier um etwas sehr Grundsätzliches: Es geht darum, dass das Grundgesetz Eigentum und Privatsphäre garantiert. Wer das Bargeld abschaffen will, erreicht keine neue Sicherheit, sondern schränkt für jeden Einzelnen die Freiheit massiv ein.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Als Grund für den Vorstoß von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wird die Bekämpfung des Terrorismus vorgeschoben. Dabei weiß doch jeder, der sich ein bisschen mit dem Thema beschäftigt, dass die Terrorfinanzierung vor allem ein System aus informellen Auslandsüberweisungen über Mittelsmänner, falschen Identitäten und Überweisungsketten ist, die alle Spuren verwischen sollen. Was hier eine Obergrenze bringen soll, ist mir, meine Damen und Herren, schleierhaft.

(Beifall bei der FDP)

Abgesehen davon wäre es mir neu, dass sich Kriminelle an Verbote halten; denn dann wären sie im Zweifelsfall keine Kriminellen mehr.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Jörg Bode [FDP]: Ge- nau!)

Aber auch Oberstaatsanwalt Peter Schneiderhan vom Deutschen Richterbund bezweifelt die Wirkung der Bargeldeinschränkung. Er sagt gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:

„Die Abschaffung von Bargeld würde Terrorismusfinanzierung oder Geldwäsche nicht

verhindern, sondern nur auf elektronische Zahlungswege verlagern.“

Also, meine Damen und Herren: Worum geht es wirklich? - Die Beschränkung des Bargeldes ist in Wirklichkeit nur ein Vehikel für zwei ganz andere Ziele: Es geht um die Totalüberwachung durch den Staat und damit um die massive Einschränkung der Privatheit. Und es geht darum, die Schuldenlast der Staaten mithilfe von Negativzinsen zu senken. Beides geht gar nicht, und beides gefährdet massiv die Freiheit des Einzelnen.

(Beifall bei der FDP)

Die Notenbanken wollen mithilfe der Politik die Zinsen unter null drücken, um am Ende die Schuldenlast der Staaten zu reduzieren. Da stört, liebe Kolleginnen und Kollegen, eigentlich nur das Bargeld, weil sich Negativzinsen ohne Bargeld viel besser durchsetzen lassen. Schon jetzt liegt der Einlagenzins bei minus 0,3 %. Das merkt Otto Normalverbraucher heute an dem sehr, sehr niedrigen Zinsniveau, allerdings noch nicht aufgrund von Negativzinsen, weil natürlich die Banken - auch die Zentralbanken - zu Recht befürchten, dass, sobald Otto Normalverbraucher - der normale Sparer - davon betroffen ist, Bargeld in größeren Mengen abgeholt wird. Bei größeren Anlagen allerdings, z. B. bei Anlagesummen von mittelständischen Unternehmen, greifen die Negativzinsen schon in Form von Gebühren, und dort ist es bereits Realität.

Negativzinsen treiben die Sparer in die Staatsanleihen, und dies führt unter dem Strich zu einer deutlich günstigeren Refinanzierung des Staates.

Es geht also in Wahrheit um eine Umschuldung von privatem Vermögen hin zum Staat. Dabei stört das Bargeld nur. Deswegen kommen diese Vorschläge.

Natürlich geschieht dies nicht in einem Schritt; das ist doch klar. Das geht in homöopathischen Dosen: erst eine Obergrenze von 5 000 Euro, dann eine Obergrenze von 3 000 Euro, dann eine Obergrenze von 1 000 Euro - wie in Frankreich -, und dann folgt die Debatte: Warum brauchen wir überhaupt Bargeld?

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Dieser Diskussion müssen wir einen Riegel vorschieben, und wir müssen ganz klar sagen, was die Einschränkung von Bargeld tatsächlich bedeutet.

(Beifall bei der FDP)

Es geht aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch darum, dass Bargeld Privatheit bedeutet. Beim Bargeld kann niemand nachvollziehen, wann ich wo und was eingekauft habe. Kein Geschenk, kein Einkauf, kein Trinkgeld, keine Spende bleibt mehr privat. Wenn Zahlungsströme nur noch elektronisch fließen, dann hätte unser Land neben der Vorratsdatenspeicherung eine weitere riesige Datenmenge, die dann tatsächlich den gläsernen Bürger schaffte. Die Totalüberwachung wäre die Folge. Bewegungsprofile wären möglich, ja sogar Lebensprofile von unschuldigen Bürgerinnen und Bürgern könnten angefertigt werden. Das kann nicht unser Land sein. So stellen wir Freie Demokraten es uns auf jeden Fall nicht vor, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Wir werden auch ein Problem mit unserer Verfassung bekommen. Dieser Vorschlag ist verfassungswidrig - so zumindest der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier, der unverhältnismäßige Beschränkungen des Bargeldes sogar für verfassungswidrig hält. Er hat gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Folgendes gesagt:

„‚Dies wären nicht gerechtfertigte Eingriffe in Freiheitsrechte, nämlich in die Vertragsfreiheit und die Privatautonomie.‘ … Zudem habe das Verfassungsgericht immer wieder betont, ‚dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden darf.‘“

Wie bei der Vorratsdatenspeicherung, meine Damen und Herren, würden wir Freie Demokraten auf jeden Fall nach Karlsruhe vor das Bundesverfassungsgericht gehen. Wir dürfen doch nicht zulassen, dass wegen angeblicher Terrorbekämpfung die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger weiter beschnitten werden. Wir müssen die Grundrechte verteidigen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Es hat sich mittlerweile aufgrund der emotionalen Diskussion eine breite Allianz gegen die Abschaffung und Einschränkung des Bargelds gebildet. Beispielsweise die Bundesbank mit ihrem Chef Jens Weidmann, zahlreiche Ökonomen und Wissenschaftler - wie Jürgen Stark und Lars Feld -, zahlreiche Politiker, zahlreiche Vertreter von Sparkassen und Banken - wie der Präsident der Deut

schen Volks- und Raiffeisenbanken Uwe Fröhlich - sowie zahlreiche Unternehmerpersönlichkeiten gehören dazu.

Wir dürfen es nicht dazu kommen lassen, dass Münzen und Scheine verschwinden. Ich als Liberaler, liebe Kolleginnen und Kollegen, will nicht in einem Land leben, in dem der Besitz von Bargeld plötzlich dazu führt, dass man unter Generalverdacht steht.

(Beifall bei der FDP)

Es darf nicht dazu kommen, dass suggeriert wird, Bargeld sei quasi der Deckmantel für Kriminalität. Die Bürgerinnen und Bürger wissen sehr wohl, dass Bargeld Freiheit bedeutet. Bargeld schützt die Bürgerinnen und Bürger vor Übergriffen des Staates. Wir Freie Demokraten wollen diese Privatheit der Bürgerinnen und Bürger vor dem Staat schützen; denn sie ist ein Grundpfeiler der freien Gesellschaft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Es hat sich Maximilian Schmidt, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Grascha, mal wieder eine Bargelddebatte hier im Landtag.

Sie haben gleich eingangs gesagt: Das ist eine emotionale Debatte. Das ist auch gut so. Diese Debatte muss man unbedingt emotional führen. - Ich bin dafür, dass eine Debatte durchaus auch nüchtern geführt wird; denn das hilft manchmal auch, um einen klaren Blick für den Sachverhalt zu bekommen.

Meine Damen und Herren, dieser etwas dürre Antrag der FDP zu dem Thema zeigt - das ist ja nun schon der zweite Antrag -, dass Sie anscheinend ein amouröses Verhältnis zum Bargeld haben, insbesondere zu den 500-Euro-Scheinen. Die wollen Sie mit Ihrem Antrag, der nur aus zwei Sätzen besteht, noch einmal ganz besonders retten.

(Christian Grascha [FDP]: Der Antrag ist extra kurz gefasst, damit auch Sie ihn verstehen!)

Vielleicht haben Sie ja auch einfach nur die meisten großen Scheine. Das weiß ich nicht.

Der Sachverhalt ist folgender: Bundesfinanzminister Schäuble hat nun einen Vorschlag gemacht. Wenn man bösartig wäre, könnte man sagen: Der hat nachgewiesenermaßen am meisten Erfahrungen mit großen Summen an Bargeld gesammelt. - Das will ich jetzt aber nicht in den Raum stellen. Der entscheidende Punkt ist vielmehr: Es gibt einen Vorschlag des Bundesfinanzministers und einen Vorschlag der EZB. Das muss man jetzt sehr sachlich diskutieren.

Das ist im Übrigen eines der wenigen Themen, bei denen man den Begriff der Obergrenze sinnvoll diskutieren kann; denn hier geht es darum, mit einer Obergrenze gegen Kriminalität vorzugehen. Worüber wir jetzt reden müssen, ist: Kann das funktionieren? Kann das wirken?