Protocol of the Session on May 30, 2013

Es bleibt bei „Sach- und Rechtslage“. Sie hätten früher nicht anders entschieden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Strümpel. - Zur gleichen Eingabe spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Heiner Scholing.

Zu Herrn Strümpel darf ich nachtragen - ich fand, dass meine Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten das heute Morgen hervorragend gemacht haben -: Auch Ihnen herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Jungfernrede!

(Beifall)

Bitte sehr, Herr Scholing!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Petitionsrecht ist ein hohes Gut. Die Petenten sind in ihrer Entscheidung, was sie uns hier vortragen wollen, frei, und das ist auch gut so.

Jetzt aber fängt unsere Verantwortung an. Unsere Verantwortung ist es, genau zu überprüfen, wie es sich mit der Rechtslage, wie es sich mit dem tatsächlichen inhaltlichen Anliegen verhält. Ich bitte Sie, das bei meinen weiteren Ausführungen im Hinterkopf zu haben.

Ich lese noch einmal den Wortlaut der Petition vor: Der Deutsche Bundestag möge beschließen, die Schulreformen in Niedersachsen zu verhindern. - Wir verzeihen, dass es der Deutsche Bundestag sein soll. Ich bin großzügig und sage: Der Landtag des Bundeslandes Niedersachsen möge beschließen, die Schulreformen in Niedersachsen zu verhindern.

(Zustimmung von Kai Seefried [CDU])

- Vielen Dank, Herr Seefried. Aber bitte warten Sie noch einen Moment.

Schon gestern haben wir versucht, uns vorzustellen, wie Luther uns bewerten würde. Heute möchte ich mit Ihnen einmal eine Zeitreise machen. Beamen wir uns zurück in das Jahr 2003. 2003 gibt es noch keine Eigenverantwortliche Schule; wir haben immer noch die Orientierungsstufe.

(Zuruf von Kai Seefried [CDU])

- Herr Seefried, Geduld!

Die Oberschule kennt man irgendwie noch aus Kindertagen. Aber was das für ein Gebilde ist, weiß man eigentlich nicht mehr genau. Stellen wir uns also vor, wir wären im Jahr 2003 und hätten einen Petenten, der sagt: Niedersachsen solle keine Schulreformen durchführen.

Jetzt komme ich zur Begründung der Petition. Ich freue mich wirklich auf die inhaltliche Auseinandersetzung darüber - das meine ich ernst -, aber will schon jetzt, sozusagen im Vorgriff darauf, sagen: Ich kenne keine ernstzunehmende Bildungsstudie, die nachweist, dass das Sitzenbleiben von hohem pädagogischen Wert wäre, wie hier immer wieder unterstellt wird. Keine einzige!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Allerdings kenne ich zahlreiche Studien, die sehr deutlich anmerken, dass wir gut beraten sind, eine

intensive pädagogisch-politische Debatte über dieses Thema zu führen.

Ich plädiere also für „Sach- und Rechtslage“.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Scholing. - Zur gleichen Petition spricht für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Försterling. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ist ein besorgter Bürger aus Niedersachsen, der die Online-Funktion des Deutschen Bundestages nutzt, um eine Petition auf den Weg zu bringen. Dort gibt es zwei Felder, in die man Dinge eintragen kann. Das eine Feld ist für den Wortlaut der Petition vorgesehen. Dort schreibt der Bürger in der Tat hinein, der Deutsche Bundestag möge beschließen, die Schulreformen in Niedersachsen zu verhindern. In die Begründung schreibt er, was seine eigentliche inhaltliche Intention ist: dass er sich gegen das verwehrt, was von Ihren Koalitionsverhandlungen als bildungspolitisches Signal ausgesendet worden ist, nämlich dass Sie das Sitzenbleiben abschaffen wollen.

Es ist spannend, dass Sie heute mit dieser Wortklauberei kommen und nur wegen dieses einen Satzes, den er mehr oder weniger wissentlich in das Feld geschrieben hat, nach „Sach- und Rechtslage“ entscheiden wollen. Selbst im Hinblick auf die Intention des Petenten, nämlich das Sitzenbleiben abzuschaffen, wollen Sie nicht über „Berücksichtigung reden - obwohl Sie sich noch nicht einmal mehr selbst an den Wortlaut Ihres Koalitionsvertrages halten, wie die Antwort der Landesregierung auf meine Anfrage im letzten Plenum ergeben hat. Sie wollen noch nicht einmal in Erwägung ziehen, darüber zu reden.

Meine Damen und Herren, Sie treten hier an und versprechen eine Kultur des Dialoges in der Bildungspolitik. Aber wenn ein Petent kommt und Zweifel daran äußert, dass das Abschaffen des Sitzenbleibens tatsächlich sinnvoll ist, dann haben Sie noch nicht einmal den Mut, das in Erwägung zu ziehen bzw. in den Dialog einzubeziehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, das, was sie hier machen, ist

kein Dialog. So kann man mit Petenten nicht umgehen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Försterling. - Es gibt eine weitere streitige Petition. Sie trägt die Nummer 03424/11/16. Ich habe hierzu zwei Wortmeldungen. Es beginnt Frau Editha Lorberg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die Weiterbeschäftigung einer pädagogischen Mitarbeiterin, die im Rahmen des Ganztagsangebotes am Ratsgymnasium in Stadthagen beschäftigt war. Laut Erlass des Kultusministeriums ist die Tätigkeit als eine Aufgabe der Kommune anzusehen. Das bemängeln wir auch ausdrücklich nicht. Aber: Die Mitarbeiterin wird an der Schule dringend benötigt, und ihre Arbeit gilt auf allen Seiten als unverzichtbar. - Das alles wird in der Petition sehr ausführlich dargestellt. Ich erspare Ihnen aber, das in dieser Ausführlichkeit vorzutragen.

Wir als CDU-Fraktion möchten diese Petition gerne zur Erwägung empfehlen, da wir der Ansicht sind, dass das Kultusministerium durchaus in der Lage wäre, einen Weg aufzuzeigen, um diese wirklich hervorragende Mitarbeiterin an dieser Schule zu halten. Wir bedauern auch sehr, dass die Kommune keinerlei Bereitschaft zeigt, sich diesem Thema zu widmen und der Schule die nötige Unterstützung zu geben.

Die Regierungsfraktionen betonen ja immer wieder, dass sie das Ganztagsangebot an den Schulen zur Landesaufgabe machen wollen. Darum können wir nicht ganz nachvollziehen, dass Sie unserem Petitum, diese Petition zur Erwägung zu stellen, nicht folgen wollen. Es wäre ein gutes Zeichen, wenn Sie das tun und uns hier folgen würden. Damit würden Sie deutlich machen, dass Sie ein bisschen mehr Zutrauen zu Ihren eigenen Ankündigungen haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Lorberg. - Ebenfalls zu dieser Petition spricht für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Christoph Bratmann. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Lorberg, bei einigen Punkten dieser Petition, die von der Stadtelternratsvorsitzenden am Ratsgymnasium Stadthagen formuliert werden, bin ich bei Ihnen: Die Mitarbeiterin, um die es hier geht, hat sicherlich wertvolle Arbeit geleistet, und es wäre in der Tat sehr schade wäre, wenn diese Stelle wegfallen würde. Da sind wir durchaus d’accord.

Sie haben aber auch gesagt, dass Sie die Zuständigkeit der Kommune nicht infrage stellen. Und insofern ist dieser Fall ziemlich eindeutig. So steht es auch in der ministeriellen Stellungnahme:

„Solange die gesetzliche Kostenlastverteilung zwischen dem Land und der Kommune den Bereich der Jugendhilfe und damit auch die Schulsozialarbeit den Kommunen zuweist, können keine vom Land finanzierten Ganztagsangebote in diesem Bereich genehmigt werden.“

Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, die Schulsozialarbeit zu stärken und auszubauen, weil völlig klar ist, dass Schulen im Hinblick darauf, Probleme von Schülerinnen und Schülern aufzufangen und Schülerinnen und Schüler zu unterstützen, besser ausgestattet werden müssen.

Die sogenannte Schulsozialarbeit kommt vielfältig daher. Es sieht nicht so aus, dass überall Sozialarbeiter sitzen und aufgesucht werden, wenn es Probleme gibt, sondern es wird zum Beispiel das Trainingsraumkonzept genutzt. Es ist ein pädagogisches Angebot, das der Schulsozialarbeit zugerechnet wird, aber irgendwie auch zum Unterricht gehört. Das zeigt, dass völlig neu definiert werden muss, was Schulsozialarbeit eigentlich ist. Deshalb wollen wir diese Petition als Material überweisen. Die Kostenlastverteilung bei der Schulsozialarbeit muss ebenfalls neu definiert werden. Es nützt nichts, wenn wir permanent Einzelfallentscheidungen treffen, ohne das große Ganze zu verändern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Kurzum, für den weiteren Ausbau der Schulsozialarbeit ist eine gesetzliche Verankerung im KJHG des Bundes und in den Schulgesetzen der Länder notwendig, damit endlich eine finanzpolitische Verbindlichkeit zur Einrichtung von Stellen entsteht. Klar ist, die Problematik lässt sich nicht einzelfallspezifisch lösen, sondern muss grundsätzlich

geregelt werden. Ich prophezeie: Wenn wir dieser Petition heute stattgeben, werden wir in der nächsten Zeit Dutzende solche Petitionen haben. Wir müssen grundsätzlich an das Thema herangehen. Die Schulsozialarbeit hinsichtlich der Finanzierung auf eine vernünftige Basis zu stellen, ist in den letzten zehn Jahren von Schwarz-Gelb liegengeblieben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Lorberg, Sie haben gesagt, wir haben die Auswertung der Schulsozialarbeit im Koalitionsvertrag stehen. Von daher ist die Überweisung an die Landesregierung als Material der sinnvolle Weg. In diesem Einzelfall wird deutlich, was Schulsozialarbeit bedeutet und wie Schulsozialarbeit aussehen kann. Man muss es klar definieren.

In einem Punkt bin ich aber bei Ihnen: Es ist bedauerlich, dass die Kommune keine Mittel findet, sich hier zu engagieren. Die Landeskirche vor Ort hat sich bereit erklärt, diese Stelle zu zwei Drittel mitzufinanzieren. Von daher ist es bedauerlich, dass es keine anderen Möglichkeiten gibt.

Unsererseits kann ich allerdings nur sagen: Diese Petition soll als Material überwiesen werden, damit es eine weitere Grundlage gibt, um die Schulsozialarbeit in Niedersachsen endlich auf die Füße zu stellen. Deswegen beantrage ich die Überweisung als Material.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Bratmann. - Weitere Wortmeldungen zu diesen beiden strittigen Eingaben liegen nicht vor, sodass wir in den Abstimmungsvorgang eintreten können.