kann ich Ihnen heute noch anbieten: Machen Sie den Weg frei! Wir ziehen gerne da oben auf der Regierungsbank ein und sagen Ihnen dann, wie es geht.
(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und starker, lang anhal- tender Beifall bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Darum geht es Ihnen! Das ist klar!)
Vielen Dank, Herr Kollege Thümler. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Kollegin Polat das Wort. Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Ein Signal der Stärke“ - so war die Pressemitteilung des Caritasverbandes für die Diözese Osnabrück vom 9. September zum entschlossenen Handeln der Landesregierung überschrieben.
„Hunderttausende haben in den letzten Wochen und Monaten gezeigt, dass ihnen das Schicksal von Flüchtlingen und Asylbewerbern nahegeht und dass sie anpacken können. Es ist gut, dass die Landesregierung dieses Engagement finanziell unterstützt“.
„Ein finanzieller Kraftakt, den das Land wegen der wesentlich verbesserten Steuereinnahmen gut wuppen kann, ist vor allem deshalb ein Zeichen der Stärke, weil er den Gestaltungswillen unseres Bundeslandes zum Ausdruck bringt. Die Politik würde damit den Bürgerinnen und Bürgern signalisieren, dass wir in Niedersachsen die große Herausforderung bewältigen können und dass Bürgergesellschaft und Politik Seite an Seite stehen".
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie haben erklärt, dass Sie Verantwortung zeigen und dem zweiten Nachtragshaushalt zustimmen wollen. Das ist ein wichtiger und vernünftiger Schritt, den wir anerkennen. Aber es ist auch Ihr erster derartiger Schritt auf diesem Weg, dem weitere folgen müssen.
Bisher und auf anderen Ebenen - das hat Herr Kollege Bachmann, Vizepräsident dieses Landtags, beschrieben - hat vor allem die CDU ein ganz anderes Bild abgegeben, das ich hier noch einmal aufzeigen möchte, um diesen Schritt ins richtige Licht zu rücken, meine Damen und Herren.
In der Asylpolitik meint vor allem die CDU Niedersachsen die schon in den 80er- und 90er-Jahren wirkungslosen Rezepte der Abschreckungspolitik weiterhin anwenden zu wollen. Dabei orientieren sie sich im Kanon an den Herren Seehofer und Orbán.
Meine Damen und Herren, Sie polarisieren wie Ihr Kollege Horst Seehofer, der bewusst eine Stimmung gegen Flüchtlinge in Deutschland anheizt.
(Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch! - Angelika Jahns [CDU]: Was hat das mit der CDU Niedersachsen zu tun? - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Dabei verlassen sie gerne auch mal die Maßstäbe des Grundgesetzes, Herr Thümler, und fordern, dass Menschen aus Serbien gar keinen Asylantrag mehr stellen sollten.
Im Interview mit der NWZ im Juni forderte der Fraktionsvorsitzende, Asylsuchende „aus sicheren Herkunftsländern sollten gar keinen Antrag stellen dürfen.“
Damit verlassen Sie den Weg des Grundgesetzes, wie ihn Artikel 16a aufzeigt, meine Damen und Herren.
Mit solchen Falschinformationen machen Sie Stimmung gegen Zuwanderer aus dem Westbalkan. Sie spalten die Gesellschaft, meine Damen und Herren von der CDU!
(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Falsch! Ganz falsch! Sie spalten die Gesellschaft, weil Sie nicht konse- quent sind!)
Sie fordern die Abschiebung von 14 000 Geduldeten, sagen aber nicht, dass darunter Kinder sind, die hier geboren sind, und ihre Eltern aus humanitären Gründen geduldet werden.
„Die CDU in Niedersachsen erwartet von allen Christdemokraten Achtung und Respekt vor der Menschenwürde und eine sachliche und ehrliche Auseinandersetzung mit dem Flüchtlingsthema auch in den anstehenden Wahlkämpfen. Solidarität und Hilfe für die Schwachen gehören zu den wichtigsten Werten einer christlich-sozialen Politik.“
Meine Damen und Herren von der CDU, warum gilt das nicht für Geduldete und ihre Kinder? Wieso fordern Sie, dass Kinder und Jugendliche bis zum Abschluss des Asylverfahrens in Erstaufnahmeeinrichtungen verbleiben sollen, wenn Sie doch wissen, dass diese bei bestimmten Ländern weiterhin Jahre dauern werden?
Was ist daran christlich-soziale Politik, Hunderte geduldete Jugendliche und junge Erwachsene einem Bildungsverbot zu unterziehen?
Meine Damen und Herren, es ist unsere gemeinsame Aufgabe, der Bevölkerung Mut und Zuversicht zu geben. Es ist unsere gemeinsame Aufga
be, den Menschen deutlich zu machen, dass die Zahl der Zuwanderer nicht den Untergang unserer Nation bedeutet. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, die Verfassung zu verteidigen. Und um es mit den Worten des Direktors des Jesuitischen Flüchtlingsdienstes auszudrücken:
„Zu einem menschenwürdigen Leben gehört mehr, als nicht zu verhungern - da sind sich Bibel und Völkerrecht einig. Die Beschränkung auf ein physisches Existenzminimum ist offener Verfassungsbruch“.
Meine Damen und Herren, die Menschenwürde gilt für politisch Verfolgte genauso wie für Geduldete in diesem Land und für abgelehnte Asylbewerber. Gehen Sie mit uns gemeinsam diesen Weg!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! „Gemeinsam den Weg gehen“ - ich habe mich gerade gefragt, Frau Kollegin Polat, welchen Weg die Landesregierung derzeit eigentlich eingeschlagen hat, meine Damen und Herren.
Herr Bachmann, ich halte es schon für absurd, wie Sie die Aktuelle Stunde betiteln. Wir haben uns gestern gefragt, was das soll: „Opposition stiehlt sich aus der Verantwortung“. Herr Thümler hat es gerade gesagt.
Im Dezember 2014 haben wir Ihnen im Rahmen der Haushaltsberatungen gerade zum Thema Flüchtlingspolitik die Hand gereicht, als wir eine deutliche Aufstockung der Mittel für die Sprachförderung vorgeschlagen haben. Es war der Abgeordnete Klaus-Peter Bachmann, der in namentlicher Abstimmung den Flüchtlingen in Niedersachsen mehr Sprachförderung verweigert hat! Auch
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Ihre Finanzierung war eine Katastrophe! Und wir haben jetzt ein Mehrfaches bereitgestellt! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Herr Kollege Bachmann - Sie haben eben schon laut und deutlich geredet -, ich will auf die aktuelle Debatte kommen. Es war unser Vorschlag im Rahmen der Sondersitzung des Niedersächsischen Landtages, dass wir die Möglichkeit ausloten, für den zweiten Nachtragshaushalt 2015 zu einer gemeinsamen Beschlussfassung zu kommen. Wenn dann aber die Überschrift der Aktuellen Stunde „Opposition stiehlt sich aus der Verantwortung“ lautet, dann empfehle ich die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom heutigen Tage, in der es unter „CDU und FDP stimmen für Nachtragsetat“ heißt:
„Nach Meinung der Opposition stellt das Land nicht genügend Geld für Sprachförderklassen und Sozialarbeiter zur Verfügung. Diese Unterschiede wolle man in der Plenardebatte noch deutlich machen, danach aber für den Nachtragshaushalt stimmen, hieß es übereinstimmend aus den Fraktionen von CDU und FDP“.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist verantwortungsvolle Oppositionspolitik in Niedersachsen - um das sehr deutlich zu sagen.
Herr Bachmann, das Problem ist doch nicht, dass sich diese Opposition aus der Verantwortung stehlen würde. Das Problem ist, dass die Niedersächsische Landesregierung aus Roten und Grünen ihre Hausaufgaben nicht macht.