Protocol of the Session on September 18, 2015

Die zweite Aussage in der DZHW-Studie, die ich sehr bemerkenswert fand: An den Fakultäten der Fachhochschulen wurden tendenziell geringere Schwundquoten festgestellt. Da könnte man sich fragen: Welche Bedingungen sorgen an den Fach

hochschulen dafür, dass sie ihre Studierenden besser bei Laune halten, als das an den Universitäten der Fall ist? - Ich erwähne das, weil es bei der ganzen Fragestellung „Studienabbrecher“ darum geht, zielgruppenspezifische Maßnahmen zu ergreifen. Denn anders können sie ja gar nicht erfolgversprechend sein.

In Niedersachsen gibt es eine ganze Reihe von Projekten und Netzwerken, die sich der Betroffenen annimmt. Ich kann hier jetzt nur ein paar Beispiele nennen:

Die Fachkräfteinitiative der Landesregierung spricht auch diese Zielgruppe an.

In der Offenen Hochschule Niedersachsen werden alle von Ihnen, Frau von Below-Neufeldt, im Antrag genannten Akteure vernetzt. Man muss vielleicht noch schauen, in welche Richtung die Vernetzung und die Anerkennung dann funktionieren.

Der Arbeitskreis „Hochschule und Handwerk“ sucht nach Wegen, wie Hochschulteilerfolge - ich darf das einmal so nennen - für berufliche Ausbildungen anerkannt werden können.

Oder die Zielvereinbarungen, die Sie zwar genannt haben, dies Sie aber nicht so gut und ausreichend fanden - dennoch gibt es sie -, in denen sich die Hochschulen verpflichten, Studienabbrecher beim Übergang in den Fachkräftearbeitsmarkt zu unterstützen.

Im Ausschuss werden wir uns genau ansehen, wie aktuell die Forderungen, die Sie hier einbringen, sind. Wir werden sehen, was davon am Ende übrig bleibt oder ob wir nicht sogar zu ganz anderen Erkenntnissen kommen. Das wird sich im Ausschuss zeigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Will die Landesregierung noch ausführen? - Das wird nicht gewünscht. Damit haben wir die Beratungen beendet.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Es ist vorgesehen, dass sich der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur mit diesem Antrag befasst. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? -

Das ist mit dem notwendigen Quorum beschlossen worden, und so wird verfahren.

Wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 29: Erste Beratung: Zum Gesundheitsschutz der Menschen - Reserveantibiotika bleiben der Humanmedizin vorbehalten - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/4186

Der Antrag wird eingebraucht vom Kollegen HansJoachim Janßen, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen jetzt also zur Geheimsache „Antibiotika“. Laut Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt soll die Öffentlichkeit ja nicht erfahren dürfen, wie viel davon in Niedersachsen in der Nutztierhaltung eingesetzt wird. Das ist nach meiner Auffassung ein Unding, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es geht doch nicht darum, öffentlich zu machen, welcher Betrieb wie viel davon einsetzt. Aber die Daten für das Land und die einzelnen Landkreise zu kennen, ist dringend erforderlich. Da kann der Bund nicht daherkommen und sagen: alles geheim!

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in der Tat: Das Thema Antibiotika und deutlich zunehmende Multiresistenten sind brisant, weil es Leib und Leben von Zehntausenden Menschen betrifft. Ich will dabei gar nicht bewerten, welchen Anteil die Humanmedizin und welchen Anteil die Veterinärmedizin an der Entstehung der Multiresistenzen hat, weil uns das am Ende nicht wirklich weiterhilft. Die Ursachen sind auf jeden Fall vielfältig.

Fakt ist aber: Der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung ist bundesweit etwa doppelt so hoch wie in der Humanmedizin. Wenn wir sagen, wir müssen diese Wirkstoffe deutlich sparsamer und nur dann einsetzen, wenn es absolut notwendig ist, dann haben wir nun einmal bei den Nutztieren deutlich mehr Luft nach oben.

Meine Damen und Herren, der Antibiotikaeinsatz ist zwar um rund 250 t zurückgegangen, seitdem die Mengen für den Veterinärbereich erstmals in der sogenannten DIMDI-Datenbank erfasst wurden. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Im gleichen Zeitraum ist der Einsatz der sogenannten Reserveantibiotika in der Tierhaltung deutlich angestiegen. Das ist ein besonderes Problem; denn diese Reserveantibiotika heißen deshalb so, weil sie sozusagen der letzte Pfeil im Köcher gegen resistente Bakterien sind, der nur dann eingesetzt werden sollte, wenn nichts anderes mehr geht. Denn machen wir uns nichts vor: Wenn wir auch gegen diese Wirkstoffe Multiresistenzen züchten, dann haben wir ein wirklich großes Problem. Dann laufen wir nämlich tatsächlich Gefahr, dass die Antibiotika als eine der wichtigsten Medikamente in der Humanmedizin irgendwann wirkungslos werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann können bisher eher harmlose Entzündungen auch zum Tode führen. Das muss auf jeden Fall vermieden werden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Deshalb sagen wir ganz eindeutig: Diese Reserveantibiotika müssen klar und eindeutig definiert und ausschließlich der Heilung von Menschen vorbehalten bleiben. Wenn es Verstöße dagegen gibt, dann muss das auch wirksam sanktioniert werden; denn das ist wahrlich kein Kavaliersdelikt.

Wir schlagen in unserem Antrag eine Dreiteilung vor: Einmal die große Gruppe der sogenannten normalen Antibiotika, die ganz normal in der Nutztierhaltung eingesetzt werden können, wenn Tiere krank sind - aber auch nur dann. Dann die Gruppe der Reserveantibiotika, die nur in der Humanmedizin und auch dort nur als Reserve eingesetzt werden, wenn andere Antibiotika nicht wirken. Und natürlich müssen wir auch in der Nutztierhaltung noch einen Pfeil im Köcher haben, wenn die normalen Präparate nicht mehr helfen. Da sagen wir, dass diese Präparate unter strengen Bedingungen in der Tiermedizin eingesetzt werden sollen, die wir in unserem Antrag unter Punkt 2 umrissen haben.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Wer hat das entschieden? Euer Medi- zinmann?)

Ich begrüße es sehr, dass sich die Landesregierung des Themas „Antibiotikaeinsatz und Multiresistenzen“ sehr intensiv annimmt. Sie können das

alles in der Antwort der Landesregierung vom 1. März dieses Jahres auf eine Anfrage der FDPFraktion nachlesen.

Ich hoffe, dass wir auch hier zu einer politisch guten und zu einer möglichst einvernehmlichen Lösung kommen und freue mich insofern auf die Ausschussberatungen.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion der FDP folgt jetzt der Abgeordnete Hermann Grupe. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen es natürlich sehr, dass sich die Fraktionen von SPD und Grünen jetzt auch diesem Thema widmen. Ein Antrag von uns liegt dazu bereits vor, der das Ziel hat, sich so, wie es angemessen ist, mit der Gesamtproblematik zu beschäftigen, nämlich mit der Veterinär- und der Humanmedizin; denn da gibt es natürlich Querverbindungen. In diesem Antrag werden leider wieder etwas einseitige Prämissen gesetzt. Ich bin trotzdem zuversichtlich, dass wir im Ausschuss zu einer sachlichen Beratung kommen.

Natürlich trifft es zu, dass die landwirtschaftlich assoziierten LA-MRSA bei Tierhaltern und Tierärzten häufiger vorkommen; das ist keine Frage. Aber in der gesamten Bevölkerung kommen diese Staphylococcus aureus bei 20 bis 30 % der Menschen vor. Meistens wird es überhaupt nicht wahrgenommen und entdeckt und verschwindet auch wieder ähnlich. Aber - darauf haben Sie zu Recht hingewiesen - es gibt auch sehr gefährliche Erkrankungen. Deswegen ist dieses Thema sehr ernst zu nehmen. Das ist keine Frage.

Trotzdem ist so, dass der Anteil von MRSA an allen Erregern bei 10 bis 20 % liegt, davon nach Aussage der Wissenschaftler 5 bis 20 % aus dem Bereich der Landwirtschaft. Dann landen Sie wieder bei den berühmten 2 bis 3 %, die die Landwirtschaft vielleicht als Anteil hat.

Das macht deutlich, warum es so wichtig ist, dass man sich mit den Humanmedizinern an einen Tisch setzt. Wir haben das bei uns in der Partei gemacht und arbeiten dabei mit unseren Humanmedizinern sehr eng zusammen. Sie weisen auch

genau darauf hin, dass es im Bereich der Humanmedizin teilweise überhaupt keine Begründbarkeit für den Einsatz von Antibiotika in der Menge und Häufigkeit gibt, gerade die von Ihnen angesprochenen Reserveantibiotika, die, wie Sie alle wissen, den Namen teilweise überhaupt nicht mehr verdienen, weil sie routinemäßig im Humanbereich verordnet werden. Bei den Untersuchungen über den Einsatz dieser Mengen gibt es sogar regionale Unterschiede. Deswegen müssen wir den Humanbereich ganz konzentriert mit in den Blick nehmen, ohne etwa den Anteil, den die Tierhaltung bzw. die Veterinärmedizin hat, in irgendeiner Art und Weise schmälern zu wollen.

Wir wollen dieses Thema offensiv angehen. Deshalb ist es so wichtig, dabei von der richtigen Seite heranzugehen. Daher muss man sagen: Wenn schon - wie in Ihrem Antrag - die Diagnose falsch ist und wenn wieder hauptsächlich auf die Tierhaltung eingedroschen wird, dann besteht die zusätzliche große Gefahr, dass die Menschen meinen: Ich muss bloß auf eine Demo gehen und gegen Ställe demonstrieren, dann habe ich genug gegen Antibiotikaresistenzen getan. - Das wäre ein fataler Fehler und würde Gefahren heraufbeschwören, weil man meint, man könne im Humanbereich so weiterdeubeln, will ich mal auf gut Deutsch sagen.

Deswegen ist es ganz wichtig, dass endlich das passiert, was dem Minister schon einmal nahegebracht wurde, worauf er aber nicht reagiert hat, nämlich Humanmediziner und Veterinäre an einen Tisch zu holen, das Expertenwissen zusammenzuführen und dann zu entscheiden, wie man gezielt Strategien entwickelt. Deswegen kann es nicht zielführend sein, grundsätzlich und absolut ausschließlich die Reserveantibiotika aus dem Tierbehandlungsbereich heraushalten zu wollen. Dass wir damit äußerst vorsichtig umgehen müssen - wesentlich vorsichtiger, als Sie es in Ihrem Antrag formulieren - und damit ähnlich streng wie im Humanbereich umgehen müssen, ist eine Selbstverständlichkeit und unser gemeinsames Ziel.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Es folgt jetzt für die mitantragstellende Fraktion der SPD der Abgeordnete Wiard Siebels.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will es kurz machen. Die Vorredner haben schon eine ganze Menge gesagt. Ich will mich erst einmal für den weitgehend sachlichen Beitrag von Ihnen, Herr Grupe, bedanken. Es geht hier in der Tat nicht darum, einseitige Schuldzuweisungen zu machen - weder in die eine noch in die andere Richtung, sage ich fairerweise. Ich teile Ihre Einschätzung. Alle Zahlen, die mir jedenfalls vorliegen, bestätigen das, was Sie gerade gesagt haben, dass wir von einem Anteil am Gesamtproblem „Resistente Keime“ von 2 bis 3 % aus dem nutztierhaltungsassoziierten Bereich sprechen.

Wir sprechen aber an dieser Stelle in diesem Antrag genau über diesen Anteil, weil wir ihn im Agrarausschuss behandeln. Damit blenden wir nicht aus, dass es auch an einer anderen Baustelle selbstverständlich eine ganze Menge zu tun gibt. Das hat an dieser Stelle nichts mit Eindreschen zu tun.

Auch hier haben wir nur einen Teilaspekt dieser Geschichte herausgegriffen. Denn wenn wir über Antibiotikaeinsatz und -problematik im weitesten Sinne reden, dann reden wir ja nicht nur über die Frage von Reserveantibiotika, sondern dann reden wir über Stallbauten, über Haltungsbedingungen usw. Alles das haben wir in diesem Antrag zunächst nicht diskutiert, sondern einen Punkt herausgegriffen: Es soll hier lediglich um den Bereich Reserveantibiotika gehen.

Wir glauben, dass es eine vernünftige und richtige Herangehensweise ist, zunächst einmal die verschiedenen Klassen von Antibiotika - wenn ich das als Laie so beschreiben darf - zu definieren, was im Moment nicht der Fall ist, mit dem Ergebnis, dass die Antibiotika sozusagen quer durch die beiden Disziplinen Veterinärmedizin und Humanmedizin eingesetzt werden. Wie der Kollege Janßen richtig und umfassend ausgeführt hat, halten wir es für richtig, hier zu den entsprechenden Klassifizierungen zu kommen.