Danke schön, Frau von Below-Neufeldt. - Es folgt für die Fraktion der SPD der Kollege Matthias Möhle. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau von Below-Neufeldt, ich fand Ihren abschließenden Satz durchaus unterstützenswert. Auch ich meine, dass wir offen sein müssen für die Umsteiger vom Studium in die Ausbildung. Da wir in Niedersachsen wesentlich mehr Studienanfänger haben, besteht natürlich die Gefahr, dass wir auch tendenziell mehr Studienab
Wie gesagt, ein Studienabbruch muss nicht unbedingt schlimm sein, meine Damen und Herren. Er ist auch kein Zeichen von persönlichem Versagen; denn die Gründe für einen Studienabbruch können durchaus vielfältig sein. Ich denke, es ist vernünftig, ein Studium bewusst abzubrechen, wenn man erkennt, dass der damit vorgezeichnete Berufsweg nicht der richtige für einen selbst ist, und sich dann dem zu widmen, was man lieber machen möchte.
Unklare Vorstellungen vom Fach ist übrigens einer der Hauptgründe für Studienabbrüche. Man studiert irgendetwas, von dem man gar nicht genau weiß, wohin es einen führt. Deshalb ist der beste Weg, um Studienabbrüchen vorzubeugen, im Vorfeld eine vernünftige Orientierung und vernünftige Beratungsangebote anzubieten. Was die Beratung und Betreuung von Studierenden angeht, haben wir mit dem Fachhochschulentwicklungsprogramm und den dafür bereitgestellten 20 Millionen Euro schon einen ganz guten Anfang gemacht, um Studienabbrüche zu vermeiden.
Wie gesagt, ein Studienabbruch ist nicht unbedingt das Schlimmste. Er ist eine Umorientierung. Insofern muss man insbesondere denjenigen, die noch nicht wissen, wie es weitergehen soll, helfen. Einige wissen ja schon während des Studiums, was sie machen wollen, wenn sie es abgebrochen haben, und haben konkrete Planungen dafür. Ein Fünftel der Studierenden beginnt sofort eine Berufsausbildung. Die sind also schon einmal abzuziehen.
Ich habe mir einmal angeschaut, was da eigentlich schon alles passiert. Das knüpft jetzt nahtlos an das an, was Sie in Ihrem Antrag fordern.
Frau von Below-Neufeldt, wir kommen ja nun beide aus der räumlichen Nähe zur Technischen Universität Braunschweig. Deshalb will ich einmal darauf verweisen, was dort schon an Netzwerkarbeit unternommen wird. Ich zähle die ganzen Kooperationen einmal auf:
Es gibt Kontakte zu Fachkolleginnen und -kollegen in der Industrie- und Handelskammer, in der Handwerkskammer und in der Arbeitsagentur, die entsprechend beraten und vermitteln. Sie kooperieren in einem Netzwerk „Zukunft Beruf - Perspektive trotz Studienabbruch“ mit der regionalen Agentur für Arbeit Braunschweig-Goslar, dem Jobcenter
Braunschweig, der Allianz für die Region GmbH, der HWK Braunschweig-Lüneburg-Stade, der IHK Braunschweig, dem Arbeitgeberverband in der Region Braunschweig e. V., der DGB-Region SüdOstNiedersachsen, der IG Metall, der KIM Kooperationsinitiative Maschinenbau e. V., der Braunschweig Zukunft GmbH, der Technikerakademie der Stadt Braunschweig, dem Arbeitskreis Berufliche Bildung, der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, der HBK Braunschweig, der TU Clausthal sowie in weiteren Projekten mit der IHK Hannover und der IHK Lüneburg-Gifhorn.
Die IHK Lüneburg-Gifhorn wiederum kämpft dafür, dass Studienabbrecher gezielt für verkürzte Berufsausbildungen und anschließende Aufstiegsqualifikationen gewonnen werden. Sie arbeitet mit in der Allianz für Fachkräfte Nordostniedersachsen. Das ist ein relativ großes Netzwerk. Dazu gehören nämlich die Agentur für Arbeit Celle und die Agentur für Arbeit Lüneburg-Uelzen, die IHK Lüneburg-Wolfsburg, die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, der Arbeitgeberverband Lüneburg-Nordostniedersachsen e. V., die Leuphana Universität in Lüneburg, die Ostfalia Hochschule - Standort Suderburg -, der DGBBezirk Nord-Ost-Niedersachsen, die Landratsämter von Harbug, Lüneburg, Uelzen, Lüchow, Heidekreis und Celle und noch einige weitere.
Sie sehen, da gibt es schon eine ganze Menge. Insofern ist vieles von dem, was Sie in Ihrem Antrag fordern, schon erledigt.
Die Beratungen im Ausschuss können sich meiner Ansicht nach relativ zügig gestalten, wenn Sie nicht noch ein paar Sachen nachlegen.
Vielen Dank, Herr Möhle. - Für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Dr. Stephan Siemer. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den vorherigen Reden ist viel Richtiges gesagt worden. Aber in einem möchte ich Herrn Möhle gleich zu Anfang widersprechen. Dieses Thema hat durchaus mehr Inhalt, als man bei erster Durchsicht denken könnte; denn die Herausforderungen, vor denen die Hochschulen wegen der Studienabbrüche stehen, ist viel größer, als es
Wir haben im Wintersemester 2014/2015 bei ca. 190 000 Studierenden in Niedersachsen und insgesamt ca. 2,7 Millionen Studierenden in Deutschland und 38 000 Studienanfänger gehabt. Die Abbrecherquoten bewegen sich je nach Jahrgang, Studiengang und Abschluss zwischen 25 und 30 %.
Ich nenne einmal Abbrecherquoten aus den eher technischen Studienfächern. Beim Maschinenbau beträgt sie 36 %, bei der Elektrotechnik 37 % und im Bauingenieurwesen 51 %. Die Zahlen stammen aus einer Studie, die diese Abbrecherquoten bis zum Jahr 2012 ermittelt hat. Sie werden in der Tendenz zwar prozentual geringer, aber sind nach wie vor hoch.
Ich möchte eine weitere Zahl hinzufügen. Ich habe gehört, dass ein Drittel derjenigen, die ein Studium abschließen, später gar nicht in dem entsprechenden Beruf arbeitet.
Wenn man also sieht, dass, grob geschätzt, ein Drittel der Studierenden ihr Studium abbrechen und ein Drittel der Studierenden später in einem anderen Job arbeiten, dann heißt das, dass 50 % der Studierenden in Deutschland nicht den Beruf ergreifen, für den sie eigentlich studiert haben. Das heißt - und das hat mit Parteipolitik gar nichts zu tun -, dass wir uns Gedanken machen müssen, ob unser Hochschulsystem noch effizient ist.
Es trifft zu - das hat der Kollege Möhle richtig gesagt -, dass die Hochschulen hier eine ganze Menge unternehmen: Es gibt Vorkurse, um Studienabbrüche zu verhindern, es gibt Einführungsveranstaltungen, Propädeutika, es gibt Maßnahmen insbesondere im Bereich der Mathematik, um die Studienanfänger zu ertüchtigen, es gibt Tutorien. Aber es bleibt richtig, dass wir mit einer ganzen Menge an Studienabbrüchen umzugehen haben.
Wir haben uns aber auch auf anderer Ebene mit dem Antrag der FDP befasst. Im Kultusausschuss wird derzeit der CDU-Antrag „Zukunftskonzepte gegen den Fachkräftemangel jetzt umsetzen - berufliche Bildung stärken!“ beraten. Auch er zielt darauf ab, möglichst gute Fachkräfte in allen Bereichen zu haben.
Inhaltlich möchte ich in diesem Zusammenhang auf ein Modellprojekt der Kreishandwerkerschaft in Vechta hinweisen. Diese Kreishandwerkerschaft hat genau das gemacht, was Herr Kollege Möhle
Die Kreishandwerkerschaft Vechta hat Studierende an technischen Hochschulen, die schon in der Entscheidungsphase waren, dafür gewonnen, mit ihrem Studium nicht weiterzumachen und eine Gesellen- und Meisterausbildung bei uns in der Region zu absolvieren.
Dazu müssen an den Hochschulen natürlich erst einmal diejenigen gefunden werden, die wechsel- und änderungswillig sind. Meine Kollegin Almuth von Below-Neufeldt hat ausgeführt, dass diese Entscheidungsprozesse bei den Studierenden nicht ganz einfach sind. Das Studium aufzugeben, ist erst einmal nicht schön; das ist klar.
Also, diese Studierenden müssen erst einmal gefunden werden. Für sie müssen die geeigneten Handwerkszweige und Ausbildungsunternehmen gefunden werden, und sie müssen fachspezifisch unterstützt werden.
Das Modellprojekt hat die Erkenntnis erbracht - dazu möchte ich meinem Kollegen Möhle sagen, dass wir darüber im Ausschuss durchaus mehr zu diskutieren haben -, dass es erhebliche Schwierigkeiten gab, die Leistungen, die von den ehemals Studierenden erbracht wurden, in der neuen Ausbildung anzuerkennen. Entweder wurden die Leistungsbescheinigungen nicht beigebracht, oder sie waren inhaltlich nur schwer zu bewerten.
Die Unternehmen sagen hierzu, dass summarische Bescheinigungen durch die Hochschule und auch eine bundeseinheitliche Bewertung der erbrachten Leistungen helfen würden, auch wenn sie nicht zu einem Studienabschluss geführt haben, aber in der Hochschule erbracht worden sind, damit klar wird, wie sie angerechnet werden können.
Das Projekt für diese letztlich 20 erfolgreich veränderten Ausbildungswege hat 300 000 Euro gekostet. Die Kosten wurden von der NBank, dem Landkreis Vechta und der Kreishandwerkerschaft getragen. Hier noch einmal ein Dank an die NBank für die Mittel, die dafür gekommen sind! Das Modell ist also gut.
Ich möchte an dieser Stelle kurz von meiner Chinareise berichten, um deutlich zu machen, wie wichtig eine Ausbildung im Handwerk und ein Meisterabschluss sind. Wir haben in China Werke von niedersächsischen Unternehmen besichtigt, u. a. von der Firma Schlote aus Harsum bei Hildesheim. Diese hat in China ein neues Werk errichtet, um
Die dortigen Mitarbeiter haben unsere Delegation durch das Werk geführt und ganz stolz gezeigt, wie sie diese hochmoderne, vernetzte Produktion zustande gebracht haben. Ich habe nachgefragt, welche Ausbildung diese Mitarbeiter genossen haben. Sie haben ein Fachgymnasium Technik absolviert, haben in Deutschland eine Gesellenprüfung abgelegt und sind jetzt noch auf dem Wege, Meister zu werden; das unterstützt die Firma Schlote aktiv, damit sie ihre berufliche Perspektive mit der Meisterausbildung verbinden können. In diesem handwerklichen Beruf haben sie durch das umgesetzte Know-how eine Fabrikation aufgebaut, um die uns die Chinesen beneiden; denn sie ist wirklich auf dem Stand der Technik.
Man muss wirklich sagen, dass wir über die duale Ausbildung in Deutschland richtig glücklich sein dürfen, weil dadurch hier in Deutschland Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Leistungen erbringen. Wir können sicherlich auf unsere Nobelpreisträger, auf unsere Professoren und auf unsere Studierenden stolz sein. Aber wir können auch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stolz sein, die über die duale Berufsausbildung mittlerweile weltweit das deutsche Know-how vertreten.
Insofern müssen wir alle daran arbeiten, dass der Übergang zwischen den verschiedenen Wegen - duale Ausbildung, Studium - leichter möglich wird, damit keine Schlote - jetzt benutze ich den Begriff in einem anderen Zusammenhang - entstehen, in denen man Leistungen nicht gegenseitig anerkennt. Denn nur von diesem Know-how in Deutschland können wir weltweit profitieren.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Siemer. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgt jetzt der Abgeordnete Ottmar von Holtz. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gar keine Frage: Wer sein Studium abbricht, ohne dass dies zu einer Ausbildung führt, braucht Unterstützung, so sie denn gewollt ist. Es ist auch keine Frage: Eine Konkurrenz zwischen der universitären
Ich möchte aber einmal einen ganz anderen Blick auf das Thema Studienabbrecher bzw. Abbrecherquoten werden.
Ich habe mir schon immer gewünscht, ist, dass uns das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) eine genaue Analyse vorlegt, worin die Motive eines Studienabbruchs liegen. Denn die Diskussion allein auf der Basis der Abbrecherquoten zu führen, halte ich für nicht zielgerecht. Die Nachteile dieser Zielgröße hat der Kollege Möhle hier schon dargestellt.
Deshalb bin ich sehr gespannt auf die Ergebnisse der aktuellen, vom BMBF geförderten Studie des DZHW, die den schönen Namen „Studienabbruch - Umfang und Motive“ trägt. Ein erstes Modul - „Schwund und Abbruchquoten“ - wurde gerade vorgestellt, eine Befragung der Fakultätsleitungen zu Studienabbrüchen.
Erstens fand ich den Aspekt der sogenannten vertretbaren Schwundquote bemerkenswert, also die Tatsache, dass Fakultätsleitungen von vorherein damit rechnen, dass eine bestimmte Quote von Studierenden ihre Fakultät vor Beendigung des Studiums verlässt - und diese Quote ist teilweise erstaunlich hoch; auch das wurde hier schon gesagt. Das mag tatsächlich daran liegen, dass man sich fürs Studium eine Fachrichtung überlegt hat, aber während des Studiums merkt, dass das gar nichts für einen ist.
Eine Randbemerkung zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Dr. Siemer: Ich habe in meiner Berufslaufbahn schon häufig gehört: „Es ist egal, was Sie studiert haben, Hauptsache ist, Sie haben nachgewiesen, dass Sie selbstständig arbeiten und etwas erarbeiten können.“ Das erklärt vielleicht, warum viele Leute in einem anderen Berufsfeld als in ihrem Studienfeld tätig sind. Damit will ich sagen - das haben Sie auch gesagt -: Bei diesem Thema lohnt es sich wirklich, sehr genau hinzuschauen.
Die zweite Aussage in der DZHW-Studie, die ich sehr bemerkenswert fand: An den Fakultäten der Fachhochschulen wurden tendenziell geringere Schwundquoten festgestellt. Da könnte man sich fragen: Welche Bedingungen sorgen an den Fach