Protocol of the Session on September 18, 2015

Eine Begründung dafür ist auch, so der Behindertenverband - ich zitiere -, dass die Opfer aus Heimen der Behindertenhilfe eine doppelte Stigmatisierung erfahren mussten und daher nicht 1 : 1 vergleichbar mit den Opfern ohne Behinderung sind.

Wir haben vorhin darüber nachgedacht, eventuell eine sofortige Abstimmung herbeizuführen. Aber ich denke, diesem Punkt sollten wir uns im Fachausschuss noch einmal widmen. Ich bin zuversichtlich, dass wir bei dem eben beschriebenen Anliegen zu einem gemeinsamen Antrag kommen können, ganz im Sinne der betroffenen Menschen.

Ich freue mich auf die Beratung im Fachausschuss.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung von Uwe Schwarz [SPD])

Danke schön, Frau Pieper. - Es folgt jetzt für die Fraktion der FDP Frau Sylvia Bruns. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von den Vorrednern ist schon so viel gesagt worden, dass ich am Freitagmittag nicht mehr alles wiederholen muss.

Ich möchte nur gerne darauf hinweisen, dass wir den Antrag, wenn wir ihn in den Ausschuss überweisen, dann auch so schnell wie möglich und nicht erst relativ spät behandeln sollten. Wir sollten den Antrag so auf die Tagesordnung setzen, dass wir ihn mindestens im nächsten oder übernächsten Plenarabschnitt beschließen können.

Der Antrag ist gut und wichtig. Ich möchte, dass er so schnell wie möglich beschlossen wird, um damit auch ein Zeichen zu setzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU sowie Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die nächste Wortmeldung: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollegin Julia Willie Hamburg. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schließe mich meiner Kollegin Sylvia Bruns an und bitte darum, dass wir so bald wie möglich in die Beratung einsteigen. Hier besteht ja große Einigkeit, und wir alle sehen auch, wie wichtig und relevant es ist, diese Lücke möglichst schnell zu schließen, um diesen Opfern von Leid und Unrecht endlich Anerkennung zukommen zu lassen und ihnen zu zeigen, dass auch sie einen Anspruch auf eine Entschädigung haben.

Wir dürfen jetzt nicht mit irgendwelchem Geplänkel im Ausschuss lange hin und her diskutieren, sondern müssen uns schnell an der Sache entlangbewegen, um ein einstimmiges und starkes Votum abgeben zu können.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD sowie Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Für die Landesregierung Frau Ministerin Rundt. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist so, dass Kinder und Jugendliche in den Jahren zwischen 1949 und 1975 im Westen Deutschlands in Einrichtungen der Behindertenhilfe und in psychiatrischen Einrichtungen auf dem Gebiet der Bundesrepublik untergebracht waren und dass sie vielfach Leid und Unrecht erlitten haben, wofür ihnen, so denke ich, unser aller Mitgefühl gilt. Dass dieses Leid und Unrecht aner

kannt und dass das Geschehene aufgearbeitet werden muss, ist keine Frage.

Hier gilt als Vorbild der Heimkinderfonds West. Der Bund und die Länder - auch das ist klar - stehen gemeinsam hinter der Verantwortung, für diese Menschen in den Einrichtungen der Behindertenhilfe eine Lösung zu finden, und zwar nicht nur für diejenigen Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer Behinderung dort untergebracht waren, sondern auch für diejenigen, die wegen falscher Diagnosen, aus Kapazitäts- oder anderen Gründen fehlgeleitet waren.

Wichtig ist aber auch, dass diese Lösung die Erfahrungen, Planungen und organisatorischen Abwicklungen aus dem Heimkinderfonds West berücksichtigt. Dabei geht es insbesondere darum, von Anfang an eine auskömmliche und verbindliche Finanzierung der Ausgleichsleistungen zu gewährleisten.

Es gibt noch Anpassungsprobleme. So ist z. B. in der ehemaligen DDR der Zeitraum, der berücksichtigt werden soll, deutlich länger, nämlich von 1949 bis 1990. Auch dazu muss sich in der Ausstattung dieses Fonds eine Lösung finden.

Niedersachsen wird sich einer sachgerechten Lösung nicht verschließen und wird auch seinen finanziellen Anteil dafür leisten. Deswegen ist der Entschließungsantrag ausdrücklich zu begrüßen.

Von einer Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der Arbeits- und Sozialministerkonferenz, der Gesundheitsministerkonferenz, der Jugendministerkonferenz, der drei Bundesministerien für Arbeit und Soziales, für Gesundheit, für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der evangelischen und der katholischen Kirche ist ein erster solcher Vorschlag entwickelt worden. Er sieht die Errichtung einer Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ vor. Zustifter sollen Bund, Länder und Kirchen sein. Gedacht ist an eine öffentliche Anerkennung und Aufarbeitung der Leid- und Unrechtserfahrungen sowie an Geldleistungen. Wie gesagt: Es geht um Geldleistungen für Menschen, die aufgrund des Erlebten noch heute dauerhaft belastet sind.

Im Moment wird im Auftrag des Bundes eine wissenschaftliche Studie erstellt, die klären soll, mit welcher Anzahl anspruchsberechtigter Personen überhaupt zu rechnen ist - weil das vorhandene Datenmaterial zurzeit nicht ausreicht. Das zu wissen, ist natürlich wichtig, wenn es um die Finanzierung der Stiftung geht.

Auch in Fragen der Ausgestaltung der geplanten Geldleistungen für Geschädigte gibt es derzeit noch unterschiedliche Vorstellungen. Ich halte es für geboten, dass die Stiftungslösung eine weitgehende Gleichbehandlung mit dem Heimkinderfonds West vorsieht.

Sie sehen: Insgesamt ist dieses Thema auf dem Weg. Aber es ist eben noch nicht abgeschlossen und noch nicht erledigt. Es gibt noch eine Reihe von Detailfragen zu lösen. Aber dies könnte - so hoffen wir - noch im laufenden Jahr geschehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Beratung abgeschlossen.

Es folgt die Ausschussüberweisung.

Vorgesehen ist der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir gehen jetzt wieder zurück in die alte Reihenfolge der Tagesordnung. Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung: Offenheit für einen Umstieg von Studium auf Ausbildung erhöhen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/4185

Der Antrag wird eingebracht von der Abgeordneten Almuth von Below-Neufeldt von der FDP-Fraktion. Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe hier heute unseren Antrag ein, der das Ziel hat, die Offenheit für einen Umstieg vom Studium in die Ausbildung zu erhöhen. Wir Freien Demokraten sehen die Landesregierung in der Verantwortung, junge Menschen im zweiten Anlauf auf dem Weg in den Berufseinstieg zu unterstützen.

Mit Stolz werden jährlich die Zahlen der Studienanfänger verkündet. Sie steigen beständig. Vielen Schulabgängern mit entsprechenden Voraussetzungen für die Hochschulzulassung ist inzwischen bekannt, dass eine gute Qualifikation am ehesten und auf Dauer einen Arbeitsplatz und damit eigenes Einkommen und selbstbestimmtes Leben bringt.

Oft stellen Studierende aber fest, dass sie den Anforderungen eines Studiums dann doch nicht gewachsen sind. 60 000 bis 100 000 Studierende deutschlandweit brechen jährlich ab. Sie verschwinden oft von einem Tag zum anderen aus dem Semester, aus dem Praktikum, ohne dass das Umfeld überhaupt weiß, wo sie bleiben. Sie geben auf, sie schmeißen hin, manchmal nur deshalb, weil sie die Klausuren in einem Fach auch nach Wiederholung nicht schaffen. Oft wird dies als beschämend und als Niederlage empfunden. Mir sind sogar Fälle bekannt, bei denen der Familie vorgegaukelt wurde, dass das Studium fortgeführt wird. Wenn das auffliegt, ist es noch beschämender.

Die Abbrecher blenden leider oft ihre Erfahrungen aus dem Studium aus. Sie blenden aus, dass sie Kompetenzen haben, dass sie Erfahrungen und auch Fachkenntnisse erworben haben. Diese alle sind wertvoll.

Wir haben hier in Niedersachsen die Offene Hochschule Niedersachsen, die talentierten und qualifizierten Berufstätigen den Weg ins Studium öffnet und auch anerkennt, was an erworbenen Qualifikationen vorhanden ist.

Die Offene Hochschule haben wir als schwarzgelbe Regierung geschaffen. Jetzt ist das Land gefordert, den Umstieg auch in umgekehrter Richtung zu begleiten. Gut ist, dass es einzelne Initiativen in Niedersachsen gibt, beispielsweise bei der IHK Osnabrück mit einem entsprechenden Angebot, das als Projekt „Neustart“ bezeichnet wird. Der Weg in die umgekehrte Richtung, also vom Studium in den Beruf, muss möglich sein. Auch hier sehen wir das Land gefordert.

Für den Umsteiger braucht es Transparenz, es braucht aber auch sehr individuelle Beratung und eine gute Orientierungsmöglichkeit für Studierende durch - das möchte ich betonen - sichtbare und wahrnehmbare Vertreter aus Wirtschaft und weiteren Institutionen in den Hochschulen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dabei reicht es mir nicht aus, einen Teilsatz der Leitlinie

des Landes zur Hochschulentwicklung in Niedersachsen aufzuzählen. Das ist nicht das, was wir mit unserem Antrag meinen; das ist nicht das Gleiche.

Ich darf aus dieser Leitlinie zitieren:

„Vonseiten des Landes bestehen folgende Erwartungen: Sie ermitteln auf Basis freiwilliger Abfragen die individuellen Gründe für den Studienabbruch und vermitteln Studienabbrechern geeignete Beratungsangebote für den weiteren Berufsweg.“

Hier wird es zwar aufgeführt, aber es ist noch nicht da.

Sehr geehrte Damen und Herren, drei von vier Handwerksbetrieben können sich vorstellen, ehemalige Studierende auszubilden. Dem steht oftmals aber entgegen, dass es bisher keine landesweite Struktur dafür gibt, mit Studienabbrechern überhaupt in Kontakt zu treten. Und die Betriebe wissen auch nicht, welche bereits erbrachten Leistungen bei der Ausbildung anrechenbar sind oder sein könnten. Wie ich schon sagte, das braucht landesweit Transparenz für alle Partner.

Es gibt ja auch Fördermöglichkeiten durch den Bund, die Studienabbrecher, Kammern, Betriebe und Hochschulen zusammenbringen. Jedenfalls muss den vielen Abbrechern möglichst schnell vermittelt werden, dass sie unverzichtbare Kompetenzen haben und als Auszubildende in den Betrieben willkommen sind.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)