Protocol of the Session on September 18, 2015

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, auch die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft mbH hat sich in den vergangenen Jahren nicht immer mit Ruhm bekleckert, was Wertschätzung und anständigen Umgang mit den Beschäftigten betrifft, und die Zustimmung zu diesem Schließungsbeschluss in dieser Form war ein Fehler. Im aktuellen Konflikt ist es jetzt wirklich an der Zeit, dass die DDVG Verantwortung übernimmt, ihre Einflussmöglichkeiten nutzt und endlich Madsack auffordert, dass zusammen mit dem Betriebsrat eine Lösung erarbeitet wird, die vernünftigen, sinnvollen und vor allen Dingen sozialpartnerschaftlichen Grundsätzen entspricht.

Wir begrüßen sehr, dass Ministerpräsident Stephan Weil und Doris Schröder-Köpf sich u. a. bei der Kundgebung von dem Vorgehen Madsacks

und der Haltung der DDVG öffentlich distanziert haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass die DDVG, selbst wenn sie wollte, die aktuellen Unternehmenspläne bei Madsack nicht stoppen könnte; denn mit gut 23 % Anteilen hat sie keine Sperrminorität.

Deshalb ist dieser Antrag hier heute wichtig, um der Konzernführung unmissverständlich klar zu machen: Eine große Mehrheit des Landtages ist mit ihrem Vorgehen nicht einverstanden.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Westphely. - Herr Minister, Sie wollen im Anschluss an die Parlamentarier reden, wenn ich das richtig verstanden habe?

(Minister Olaf Lies: Ja!)

Dann wäre jetzt der Kollege Dr. Matthiesen dran. Bitte!

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Um das klarzustellen: Die CDU-Landtagsfraktion stellt den Antrag auf sofortige Abstimmung.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Mir liegen so weit keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann wäre jetzt die Landesregierung dran. Herr Wirtschaftsminister Lies, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verlagsgruppe Madsack ist der viertgrößte Zeitungsverlag Deutschlands mit einem Gesamtumsatz von 670 Millionen Euro, mit zwölf Standorten in sechs Bundesländern, mit dem Hauptsitz in Hannover und den niedersächsischen Standorten in Gifhorn, Göttingen, Hannover, Peine, Stadthagen und Wolfsburg. Rund viereinhalbtausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mehr als 100 Auszubildende, 50 Volontäre, 21 500 Zusteller

sind bei der Gruppe tätig. 280 Millionen Zeitungsexemplare wurden 2013 verkauft.

Meine Damen und Herren, es handelt sich also um ein durchaus leistungsstarkes Unternehmen, welches sicherlich ausreichend Mittel für Zukunftsinvestitionen zum Standorterhalt zur Verfügung hätte.

Es ist die Verärgerung darüber, meine Damen und Herren, dass wir bzw. die Belegschaft am 29. Juni vom Vorsitzenden der Geschäftsführung, Thomas Düffert, auf diese Art und Weise von der Aufgabe der Druckerei in Kirchrode erfahren mussten, die Verärgerung, weil 170 Arbeitsplätze in Hannover davon betroffen sind, und die Verärgerung darüber, dass der ausgelagerte Druckereistandort in Rodenberg - ein Unternehmen ohne Tarifbindung - für die Druckarbeiten ausgewählt wurde. Aber, meine Damen und Herren, es ist auch die Verärgerung darüber, dass sich die DDVG als an Madsack beteiligte Medienbeteiligungsgesellschaft der SPD nicht gegen diese Verlagerung positioniert hat.

Meine Damen und Herren, ich will das hier weder schönreden noch vom Tisch wischen: Ich finde, das trifft uns auch persönlich.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für einen Wirtschaftsminister, der voller Stolz Mitglied der SPD ist, ist das auch ein erschreckender Vorgang. Das will ich ganz offen zur Kenntnis geben.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat dann die möglichen Schritte ergriffen. Vor allen Dingen Frau Schröder-Köpf und der Ministerpräsident sind sehr aktiv geworden, in Gespräche eingestiegen sowohl mit der Unternehmensleitung als auch mit dem Betriebsrat, der Gewerkschaft und selbstverständlich auch den Gesellschaftern.

Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Die Gesprächsbereitschaft der Landesregierung ist ungebrochen. Wir erwarten aber auch von der Geschäftsführung, dass entsprechende Angebote gemacht werden, die die Beschäftigungsmöglichkeiten sicherstellen und das, was im Moment droht - nämlich die massenweise Entlassung -, verhindern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Denn, ganz klar: Als Betrachter gibt einem die Unternehmensphilosophie doch mächtig zu denken. Am Druckzentrum Potsdam nimmt Madsack

noch vor gut einem Jahr, am 27. Juni 2014, seine modernste Rollenoffsetdruckmaschine in Betrieb. Ein zweistelliger Millionenbetrag ist dort investiert worden, und ich zitiere den Vorstandsvorsitzenden und -sprecher Herrn Düffert: „Wir setzen dieses deutliche und nachhaltige Ausrufungszeichen voller Überzeugung.“

Sehr geehrter Herr Düffert, wir erwarten ein solches deutliches Ausrufungszeichen auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier in Hannover.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es drängt sich für uns die Frage auf, warum Investitionen und Modernisierungen in der Druckerei in Hannover nicht erfolgt sind und nicht möglich waren und stattdessen der Standort aufgegeben wurde, und vor allem, warum dies in einer so kurzfristigen, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht sozialverträglichen Form geschehen soll.

(Glocke des Präsidenten)

Hannover ist ein starker Medienstandort und wird ein starker Medienstandort bleiben. Ich spreche nicht gegen den Landkreis Schaumburg, wenn es um die Ansiedlung dort und die Aufträge geht. Aber die Auslagerung der Druckerei an ein nicht tarifgebundenes Unternehmen ist nicht zu akzeptieren. Das ist Tarifflucht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Dirk Toepffer [CDU])

Auch wenn nicht jede politisch wünschenswerte Entscheidung unternehmerisch umsetzbar ist: Ein Unternehmen wie die Mediengruppe Madsack muss seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht werden. Daran appellieren wir. Deswegen sind die Entscheidung und Entschließung des Landtages richtig, und wir werden weiter intensiv Gespräche dazu führen.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung zu diesem Tagesordnungspunkt von Herrn Kollegen Dr. Matthiesen. Ich erteile Ihnen das Wort. Allein Ihre reguläre Redezeit liegt noch bei viereinhalb Minuten.

Meine Kolleginnen und Kollegen! Das war eine eindrucksvolle Rede unseres Wirtschaftsministers,

(Zustimmung bei der SPD)

die ihm sicher nicht leichtgefallen ist. Also Respekt von der CDU-Landtagsfraktion!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Aber jetzt möchte ich ihn beim Wort nehmen. Nun haben wir analysiert, dass das ein Zustand ist, der nicht so bleiben kann: Die Schließung der Druckerei muss verhindert werden.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist der entscheidende Punkt!)

Sie haben ausgeführt, dass der Herr Ministerpräsident und Landesvorsitzende der Sozialdemokraten in Niedersachsen hier gemeinsam mit der Kollegin Doris Schröder-Köpf aktiv ist. Könnten Sie - das ist jetzt zwar keine Fragestunde, aber trotzdem - noch einmal sagen, was Sie bisher veranlasst haben und was an denkbaren Ansatzpunkten bevorsteht, um das Ganze zu wenden? Die Belegschaft ist sicher sehr gespannt, wie die Dinge liegen. Es sollen natürlich keine Geheimnisse preisgegeben werden, aber inwiefern können wir denn von Bewegung ausgehen? Es hat jetzt ein wochenlanger Kampf stattgefunden. Was können wir denn an konkreten Maßnahmen noch erhoffen, um jetzt zu einer Wende in dem ganzen Kampf zu kommen?

Es wäre sehr gut, wenn die Landesregierung dazu noch etwas sagen könnte. Jetzt sitzen alle hier und warten gespannt. Da könnte doch gesagt werden: So und so geht es weiter. - Das können wir auch aus allen Fraktionen heraus tun, um noch mehr Druck auf eine Änderung des Ganzen zu machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Matthiesen. - Für die Landesregierung nimmt jetzt unser Herr Ministerpräsident Stellung. Herr Weil, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal der Hinweis, dass ich aus voller persönlicher Überzeugung gleich dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen zustimmen werde. Das will ich nur der guten Ordnung halber sagen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich antworte gern auf Ihre Frage, Herr Kollege Matthiesen; ehrlich gesagt weniger wegen des von Ihnen geäußerten Auskunftsinteresses, sondern mehr mit Blick auf unsere Zuhörerinnen und Zuhörer.

Die Landesregierung gibt sich - übrigens auch der SPD-Landesvorsitzende - an dieser Stelle unverändert Mühe, dass wir Bewegung in die Sache bekommen. Ich glaube, es wäre nicht gut, wenn ich mich jetzt hier in öffentlicher Sitzung über Details auslassen würde. Aber gehen Sie davon aus, dass es sich an dieser Stelle um ein sehr ernst gemeintes Engagement handelt!