Protocol of the Session on May 29, 2013

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Historisch betrachtet, reicht die Thematik des Heidewassers bis in die 70er-Jahre zurück.

1974 wurde zwischen dem wasserreichen Land Niedersachsen und der Freien und Hansestadt Hamburg ein Verwaltungsabkommen für die Dauer von 30 Jahren geschlossen. Dieses Abkommen ist im Jahr 2004 abgelaufen, und die damalige Bezirksregierung hat die Förderung bis zum Ablauf eines erneuten Bewilligungsverfahrens mit einer Fördermenge von jährlich 15,7 Millionen m³ verlängert.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Für viele von uns sind 15,7 Millionen m³ nur eine Zahl. Aber wenn man bedenkt, dass bei uns im Landkreis Harburg nicht ganz 35 Millionen m³ pro Jahr gefördert werden, und einen Vergleich anstellt, so haben wir es mittlerweile mit einer Wassermenge zu tun, wie sie sich heute im Steinhuder Meer befindet. Die Wassermenge des Steinhuder Meeres geht also jedes Jahr zur Hälfte nach Hamburg.

Die Hamburger Wasserwerke verkaufen - unter einem anderen Tagesordnungspunkt ist ja schon darauf hingewiesen worden - allerdings aus eigenen Förderrechten - das haben wir in der Auseinandersetzung mit den Hamburger Wasserwerken auch zugestehen müssen - Trinkwasser nach Lübeck. Hamburg hat daraus ein gutes Geschäftsmodell für sich entwickelt.

Das Antragsverfahren, das jetzt lokal läuft, ist schon sehr weit fortgeschritten. Wir haben uns hier im Landtag im Jahr 2010 mit diesem Thema beschäftigt. Wir waren uns in den meisten Fraktionen einig, haben einen gemeinsamen Beschluss gefasst und gesagt - SPD, CDU und FDP gemeinsam -, dass die beantragte Fördermenge von 16,6 Millionen m 3 pro Jahr niedriger zu sein hat und dass auf regelmäßige Bedarfsanalysen und auf die Regelung von Ausgleichszahlungen bei Schäden hinzuwirken ist.

Vor allem haben wir aber gesagt, dass die Hamburger Wasserwerke einen finanziellen Beitrag

zum Schutz des Grund- und Oberflächenwassers in der betroffenen Region zu entrichten haben.

(Beifall bei der CDU)

Am 15. März 2011 teilte die damalige CDU/FDPLandesregierung mit, dass der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt ein Entwurf einer Verwaltungsvereinbarung übersandt worden ist. Seit März 2011 herrscht auf Hamburger Seite aber Funkstille. Zumindest ist mir bisher an keiner Stelle gesagt worden, dass sich Hamburg dazu geäußert hätte.

Was macht Hamburg? - Hamburg pumpt täglich weiterhin bei uns Wasser, weil sich das, lieber Herr Kollege Hocker, für die Hamburger rechnet. Der feine Unterschied gegenüber unserer Förderung im Landkreis Harburg oder in den Regionen hier in Niedersachsen besteht darin, dass die Wertschöpfung bei unseren Wasserwerken stattfindet. In diesem Fall findet die Wertschöpfung aus Wasser aber in der Hamburger City statt.

Ich bitte die Haushälter oder diejenigen, die sich mit Zahlen gut auskennen, einmal, die Marge auszurechnen, die die Hamburger hier vorfinden. Auf der einen Seite werden im Landkreis Harburg 5,113 Cent - das ist der sogenannte Wassercent - entrichtet, auf der anderen Seite werden aber 1,72 Euro pro Kubikmeter Wasser vom Hamburger Kunden genommen. Das ist doch eine Marge, über die sich trefflich reden lässt. Für einen Hamburger Kaufmann ist das eine ausgesprochen gute Rendite. Wie sagte doch die Geschäftsführerin von Hamburg Wasser, Frau Nathalie Leroy? - Alle denken - das war wahrscheinlich an die Kollegen der Grünen-Fraktion gerichtet -, wir müssen Wasser sparen. - Wie formulierte sie aber für das Hamburger Abendblatt? - Doch für Norddeutschland ist das Schwachsinn, und zwar aus ökologischer und ökonomischer Sicht.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus ökonomischer Sicht hat die Dame für Hamburg sicherlich recht. Aus ökologischer Sicht haben wir bei uns im Landkreis Harburg und in der Region Nordheide jedoch eine ganz andere Sicht der Dinge. Es dauert 40 bis 80 Jahre, bis das Grundwasser so gut wird, wie es zurzeit ist. Die Entstehung, die bei uns in der Nordheide stattfindet, soll auch in den nächsten Jahrzehnten andauern.

Vor allem erkennen wir, dass man in Hamburg mit diesem Heidewasser ein ganz ordentliches Geschäft macht. Hier ist schon vom Kollegen Hocker

gesagt worden: Die Hamburger Wasserwerke führen an den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg jedes Jahr 30 Millionen Euro ab, aber natürlich nicht nur aus dem Verkauf des Heidewassers; denn die Hamburger Wasserwerke machen noch ganz andere Geschäfte. Ich will hier nicht kommentieren, ob das, was wir dort in den Geschäftsberichten vorfinden, unbedingt auf unsere Problemlage aufzusetzen ist. Es geht mir aber auch darum, dass die Wertschöpfung nicht nur in Hamburg stattfindet.

Dann gibt es eine weitere Variante in der Frage, dass wir uns in der Nordheide in einer besonderen Lage befinden. Aufgrund der Regelung, die nicht nur in Niedersachsen, sondern auch in anderen Bundesländern greift, haben wir aus dem Wasserexport, aus dem sogenannten Wassercent, Einnahmen in Höhe von 1,6 Millionen Euro pro Jahr. Um hier jetzt auszuführen, warum dennoch nur so wenig Geld in der Region für die Neubildung von Grundwasser ankommt, bräuchte ich noch eine halbe Stunde mehr; denn das wäre schwierig zu erklären. Fakt ist aber, dass von diesen 1,6 Millionen Euro bei den Land- und Forstwirten nur 400 000 Euro ankommen.

(Björn Thümler [CDU]: Zu wenig!)

Das ist meines Erachtens zu wenig.

(Beifall bei der CDU)

Vor allem: Wie wollen wir unseren Wasserkunden in der Region erklären, dass bei ihnen auf der Wasserrechnung dieser Cent erhoben wird, für den Aufbau des Grundwasserstocks aber nichts übrig bleibt?

Wie forderte der damalige Fraktionsvorsitzende Stefan Wenzel in seinem Antrag - es ging dort auch um Klimaschutz - unter Nr. 3? - Wichtig sei ihm, den Wasserpfennig zu erhöhen und zweckgebunden, lieber Herr Umweltminister, zur Verbesserung von Qualität und Quantität des Grundwasserausbaus einzusetzen.

(Zustimmung bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Lassen Sie uns das doch hier bei uns machen! Lassen Sie uns gemeinsam erkennen, dass wir uns an der Hamburger Kante in einer besonderen Situation befinden!

Lieber Herr ehemaliger Fraktionsvorsitzender, gilt diese Aussage auch noch für den Umweltminister, oder müssen wir das jetzt abhaken und zur Kennt

nis nehmen, dass Sie heute mit der damaligen Situation gar nichts mehr zu tun haben wollen?

(Zustimmung bei der CDU)

CDU und FDP haben den Hamburgern aufgrund unseres Landtagsbeschlusses ein Verwaltungsabkommen gesandt, in dem sehr deutlich gemacht wird, wie wir uns einen solchen Fonds in der Region vorstellen können. Wir sind der Meinung, dass wir für Projekte zur Entwicklung der Natur und des Wasserhaushalts in den Naturschutzgebieten und im Einzugsgebiet der Nordheide besondere Aufwendungen zu leisten haben, weil es eben einen gigantischen Wasserexport gibt. Jeden Tag, jede Woche, jeden Monat - immer. Von daher ist es gut, dass Hamburg Wasser mit seinem Vorstandsvorsitzenden Dr. Beckereit an der Spitze nun erklärt hat: Ich bin bereit, auf Niedersachsen, auf die Region, auf den Landkreis Harburg, auf die Kreise, die dazu beitragen, dass wir in unserem Gebiet Versorgungssicherheit bekommen, zuzugehen und in diesen Topf mit Geld hineinzugeben.

Lieber Herr Umweltminister, nehmen Sie diese ausgestreckte Hand, und zeigen Sie, dass Sie für diese Region etwas machen wollen! Wir sind uns in der Region über alle Fraktionen hinweg sehr einig darin, dass die Hamburger in der Pflicht sind. Aber auch wir Niedersachsen sind in der Pflicht und müssen unseren Teil beitragen, weil es sich hier ganz klar um Wasserexport handelt.

Nehmen Sie sich einmal ein Beispiel an Ihrem schleswig-holsteinischen Umweltministerkollegen Habeck! Obwohl die Hamburger ihm pro Jahr 4,5 Millionen m3 Hafenschlick vor Helgolands Küsten frei Haus liefern, hat er es fertig gebracht, denen zu sagen: Liebe Freunde, mit uns nicht mehr. Ich will erst mal Kohle sehen. - Er kriegt 9 Millionen Euro in seinen schleswig-holsteinischen Haushalt. Dieses Geld gibt er für Natur aus.

Nun bin ich sehr wohl der Meinung, dass wir hier nicht auf dem Basar sind und dass es auch nicht um das Verkaufen von Wasser geht. Aber wir sollten doch einmal darüber nachdenken, ob hier nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. Lieber Stefan Wenzel, CDU und FDP werden Ihnen gerne in der Frage helfen, wie man mit Hamburgern umgeht.

(Heiterkeit - Zuruf: Wie denn? - Unru- he - Glocke des Präsidenten)

Ich bin mir ganz sicher, dass die Kollegin Somfleth damals ein Stück weit recht gehabt hat, als die Kollegin der SPD-Fraktion sagte: Den Hamburger

Pfeffersäcken wollen wir schon zeigen, wie wir das in Niedersachsen sehen.

Lieber Herr Umweltminister, ich biete Ihnen an, dass wir Ihnen helfen. Sie sollen das für diese Region gut machen. Wenn Sie sich an dem Namen Generalplan Heidewasser stoßen, weil das für Sie zu militärisch klingt, dann können wir das Ding auch anders nennen. Die Hauptsache ist, Sie bekommen das hin. Wir nennen es dann meinetwegen WWF - Wenzels Wasserfonds. Wenn Sie es hinbekommen, nennen wir es so.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schönecke. Für Wortschöpfungen sind wir immer dankbar. Wir nehmen sie gern zur Kenntnis. - Es hat sich Kollegin Sigrid Rakow gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schönecke, WWF gefällt mir außerordentlich. Das ist eine tolle Wortschöpfung, und wir werden die Abkürzung sicherlich in unseren Sprachschatz aufnehmen.

Ansonsten muss ich eigentlich sagen: Dieser Antrag, die CDU heute überhaupt, aber auch die Pressemeldungen des Kollegen Schönecke haben für einigermaßen Überraschung gesorgt. Das gelingt nicht jedem jeden Tag. Es ist eine Überraschung, in einem Antrag zu schreiben, dass Sie uns zutrauen, kurzfristig den Beschluss von 2010 umzusetzen. Das ist doch ein ganz großer Vertrauensbeweis. Ich denke, den verdient diese neue Landesregierung auf jeden Fall.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Und dann haben Sie dieses Vertrauen noch innerhalb der ersten 100 Tage gewonnen. Was mag da noch die Zukunft bringen? - Sie werden irgendwann nur noch voller Begeisterung sein.

Überrascht hat mich allerdings, wenn ich an die Pressemeldungen von Herrn Schönecke denke, wie hart er mit seiner alten Landesregierung ins Gericht geht. „Die jahrelange Hängepartie muss endlich ein Ende haben“, schreibt er.

(Zurufe: Da hat er recht!)

Er spricht auch von seit Jahren stagnierenden Verhandlungen. Das klingt wirklich heftig.

(Heiner Schönecke [CDU]: Egal, wer da regierte!)

Aber wir widersprechen letztendlich nicht. Mit Sicherheit hätte man es besser hinkriegen können. Das hat in den letzten Jahren bei Ihnen aber nicht geklappt. Wir jedenfalls werden unser Bestes tun.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Schönecke ist ja verbunden mit Heidewasser. Er war immer ein Kämpfer in dieser Richtung. Insofern finde ich es gut, dass wir den Antrag vorliegen haben. Ich möchte kurz auf die Vorgeschichte eingehen.

1974 fing diese Geschichte im Grunde genommen schon an. Damals haben die Hamburger Wasserwerke die Erlaubnis bekommen, 25 Millionen m3 Wasser jährlich zu fördern. Im Grunde genommen fing damals der Protest in der Region an. Es lief letztendlich darauf hinaus, dass 15 Millionen m3 Wasser pro Jahr gefördert wurden. Dann kam das Jahr 2004, in dem die Vereinbarung auslief. Seitdem ist es zu keiner vernünftigen neuen Vereinbarung gekommen. 2009 gab es die Erhöhung auf 16,5 Millionen m3 Wasser. Das Thema hat dann auch den Landtag erreicht. Frau Somfleth, die sich engagiert hat, wurde eben schon erwähnt, Dieter Möhrmann hat mit Anfragen das Thema befeuert, und Herr Schönecke war auch damals ein heftiger Kämpfer, damit die Situation in der Nordheide besser wird. Es gibt etliche Initiativen in der Nordheide, die sich dafür einsetzen, dass weniger Wasser gefördert wird.

Herr Schönecke, ich entsinne mich, wie wir im Ausschuss hörten, dass die Hamburger Wasserwerke das Wasser nach Lübeck verkaufen, und wie wir gemeinsam sehr empört darüber waren, was im Hintergrund so läuft. Aber vielleicht lässt sich alles durch ganz normale Vorgänge erklären.

Meine Damen und Herren von der CDU, dass wir diesen Kompromiss jetzt ganz schnell umsetzen sollen, ist, wie gesagt, ein wunderbarer Vertrauensbeweis. Wir werden uns sicherlich gerne darum kümmern. Sie schreiben von einem Generalplan und von einem Heidewasserfonds. Dass wir alle Ihre Punkte in der Form teilen, wie Sie sie formuliert haben, kann ich an dieser Stelle nicht unterstreichen. Aber wenn die Hamburger Wasserwerke, wie sie es zugesagt haben, Geld in einen Fonds einzahlen, dann ist uns das sehr recht. Dass niedersächsische Steuermittel dazukommen, werden wir erst einmal nicht unterstützen. Vor allen

Dingen wundere ich mich, dass Sie so locker mit den niedersächsischen Steuermitteln umgehen wollen. Denn wie passt das eigentlich zur Schuldenbremse und zur sparsamen Haushaltsführung? - Die nächste Frage wäre: Warum haben Sie das eigentlich nicht schon gemacht? - Das wäre doch zu Zeiten Ihrer Regierung ein Leichtes gewesen. Aber vielleicht gehört auch dieses Versäumnis zum Unvermögen der vorigen Landesregierung. Es mag ja sein, dass Sie alles darunter fassen wollen.