Protocol of the Session on June 4, 2015

Ruhe, bitte!

Von der rechtlichen Situation her ist es so, dass das Disziplinarverfahren während des laufenden Strafverfahrens geruht hat. Es lebt jetzt automatisch wieder auf. Sowohl ich als natürlich auch Herr Dr. Lüttig haben höchstes Interesse daran, es zeitnah zu einem Abschluss bringen zu können.

(Thomas Adasch [CDU]: Sie können es doch einstellen!)

Ich möchte das aber ein Stück weit mit einem Fall bebildern, um deutlich zu machen, dass es einen Automatismus zu meinem eigenen Bedauern nicht geben kann. Ich möchte einen Fall herausgreifen, der in der öffentlichen Sitzung des Rechtsausschusses von Herrn Studenroth dargestellt worden ist, der vielleicht deutlich macht, in welcher Situation wir uns im Augenblick befinden.

Der Fall betrifft eine vertrauliche Dienstbesprechung, an der sechs Personen teilgenommen haben. Diese Dienstbesprechung hat an einem Abend stattgefunden, und am nächsten Morgen gab es einen Welt-Artikel des Redakteurs Exner, in dem praktisch ein Protokoll dieser Dienstbesprechung zu lesen war. Darauf angesprochen, hat Herr Dr. Lüttig das zwei Personen gegenüber eingeräumt; er hat es auch im Strafverfahren selbst eingeräumt. Das ist also unstrittig.

Nun muss man schauen, wie es dazu gekommen ist, dass Herr Dr. Lüttig diese Information an den Redakteur Exner weitergegeben hat. Natürlich kann ein Generalstaatsanwalt jegliche Form der Pressearbeit an sich ziehen. Dann ist man allerdings in der Rolle des Pressesprechers und ist verpflichtet, die Information nicht nur an einen, sondern an mehrere Presseorganen weiterzuge

ben, und man zeichnet sie dann auch mit seinem Namen. Hier hat aber Herr Generalstaatsanwalt Lüttig Wert darauf gelegt, dass das als anonyme Informationsweitergabe von Herrn Exner gezeichnet war.

Man kann darüber streiten, wie das strafrechtlich zu bewerten ist. Das ist nicht mein Thema. Das hat zu dem Ergebnis geführt, das hier bekannt ist. Aber Sie werden vielleicht verstehen, dass diese Informationsweitergabe jedenfalls dienstrechtlich noch zu prüfen ist. Ich hoffe sehr, dass wir das zeitnah und sehr schnell zu einem Abschluss bringen können, sodass wir diese Akte endgültig schließen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen vor, sodass wir Tagesordnungspunkt 13 - Dringliche Anfragen - schließen können.

Wir setzen gleich mit Tagesordnungspunkt 14 fort. Zuvor wird Vizepräsident Bachmann die Sitzungsleitung übernehmen.

Danke schön.

(Vizepräsident Klaus Peter-Bachmann übernimmt den Vorsitz)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt, den Punkt 14, aufrufe, halte ich den Landtag für damit einverstanden, dass das im Ältestenrat abgesprochene Verfahren greift, dass wir mindestens den Tagesordnungspunkt 17 - das lässt der zeitliche Verlauf auf jeden Fall zu - noch vor der Mittagspause behandeln. Wir werden es vom weiteren Sitzungsverlauf abhängig machen, ob auch der Tagesordnungspunkt 18 noch nach vorn gezogen werden kann. Aber das ist aufgrund der Zeitersparnis von einer knappen halben Stunde bei der Behandlung der Dringlichen Anfragen weniger zu erwarten. Die Rednerinnen und Redner zu Tagesordnungspunkt 17 richten sich also bitte darauf ein, dass dieser vor der Mittagspause behandelt wird.

Ich rufe nun auf den

Tagesordnungspunkt 14: Abschließende Beratung: Niedersächsisches Tariftreue- und Vergabegesetz sinnvoll evaluieren - bürokratischen Aufwand auf das Notwendige beschränken! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/1977 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/3516

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Für die ursprünglich antragstellende Fraktion hat der Abgeordnete KarlHeinz Bley das Wort. Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen hat mit Wirkung zum 1. Januar 2014 ein neues Tariftreue- und Vergabegesetz, das in den meisten Punkten dem Landesvergabegesetz von Nordrhein-Westfalen gleicht. Ich vermute also, dass abgeschrieben wurde.

Das nordrhein-westfälische Landesvergabegesetz wurde beklagt, und der Europäische Gerichtshof hat dieses Gesetz gerügt und in Teilen für unwirksam erklärt. Die gleichen Fehler finden sich aber im niedersächsischen Gesetzestext, was bedeutet, dass die Entscheidung auch auf das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz übertragbar ist; denn auch hier unterliegt die Verpflichtung der Auftragnehmer zur Zahlung eines Mindestentgelts nach den §§ 4 und 5 keinen räumlichen Einschränkungen. Eine Inländerdiskriminierung ist nach dem Gesetzestext erlaubt.

Das EuGH-Urteil alleine ist schon Grund genug, das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz abzuschaffen oder zumindest ohne aufwendige, kostenintensive und zeitraubende Evaluierung neu zu fassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die gesamte Wirtschaft hatte damals bei der Anhörung Bedenken hinsichtlich einer Bürokratie angemeldet, die nicht hingenommen werden sollte, und auch wir wollten dieses nicht hinnehmen. Aber Rot-Grün hatte eine Stimme zu viel.

Der ÖPNV-Bereich wurde in das Vergabegesetz mit aufgenommen. Herr Minister Lies, hören Sie die Kritik aus dem ÖPNV-Bereich nicht, oder wollen Sie sie nicht hören? - Die Sozialverträglichkeit, die Umweltkriterien und auch die ILO-Kernarbeitsnormen sollten bei der gesetzlich verankerten Evaluation bis zum 31. Dezember 2015 in Augenschein genommen werden. Sie, Herr Minister Lies, haben aber schon vor Ablauf dieser Frist, nämlich am 6. Mai 2015, per Erlass die Verordnung über die Beachtung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in Kraft gesetzt, und das gegen den ausdrücklichen Widerstand der an dem Vergabeverfahren beteiligten Wirtschaftszweige.

Das ist die Masche von Rot-Grün: mehr Bürokratie.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Lies, ich erinnere noch einmal an den Aktenordner mit den Aufzeichnungen über die Bürokratie zum Landesvergabegesetz, den ich Ihnen im November 2014 überreicht hatte. Dies hat nichts genützt. Ihre Beschwerde in diesem Zusammenhang über den Abgeordneten Bley in einem Brief an die Landesvertretung der Handwerkskammern hat nur dazu geführt, dass Ihnen die neue Bürokratie bestätigt wurde.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich hoffe, dass Sie die Antwort auch gelesen haben, Herr Lies.

Sehr geehrter Herr Minister Lies, meine Ausführungen damals, die Beweisführung durch die übergebenen Unterlagen, der Ordner und besonders das Antwortschreiben der LHN machen deutlich, dass es diese Bürokratie tatsächlich gibt. Einig sind wir alle uns, dass das gesamte Handwerk - so auch ich - für die Tariftreue eintritt.

Meine Damen und Herren, kommen wir zurück zu dem Antrag, der die Überschrift „Niedersächsisches Tariftreue- und Vergabegesetz sinnvoll evaluieren - bürokratischen Aufwand auf das Notwendige beschränken!“ trägt. Herr Minister Lies, haben Sie in den letzten zwölf Monaten die Kritik an der Evaluation aus den öffentlichen Häusern als Auftraggeber und aus den Unternehmen als Auftragnehmer nicht gehört, oder wollten Sie das auch wieder nicht hören?

Ich war bislang der Meinung, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger, alle Auftraggeber und Auftragnehmer an Gesetze halten müssen. Beim Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz

braucht sich die Landesregierung anscheinend nicht daran zu halten. Oder doch?

Bei der China- und Türkeireise der Landesregierung vermuten wir eine Missachtung des Gesetzes

(Jörg Bode [FDP]: So war es ja auch!)

und haben deswegen Akteneinsicht beantragt. Diese lässt aber schon sechs Monate auf sich warten. Wir werden immer wieder nur vertröstet und förmlich gezwungen, wieder nach Bückeburg zu gehen, weil man die Unterlagen nicht rausrückt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Jörg Bode [FDP]: Skandal!)

Bei solchen Vorwürfen würde ich schnellstens die Belege auf den Tisch legen, um meine Unschuld zu beweisen. Wäre ich in dieser Situation, hätte ich die Unterlagen einen Monat später vorgelegt und nicht nach einem halben Jahr noch keine Antwort gegeben. Gott sei Dank hat sich auch die HAZ dafür interessiert und recherchiert, was da wohl vorliegen könnte. Das Verhalten der Landesregierung erhärtet den Verdacht, dass hier nicht alles sauber ist.

Meine Damen und Herren, ich erwarte Ehrlichkeit von der Landesregierung und ein Ende der Bürokratie. Stimmen Sie diesem Antrag bitte zu!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bley. - Für die SPDFraktion hat jetzt der Abgeordnete Ronald Schminke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur zur Erinnerung: Wir haben im Oktober 2013 das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz auf den Weg gebracht, weil das Vorgängergesetz von CDU und FDP ein blutleeres Rumpfgesetz war und mit einem fairen Wettbewerb ähnlich viel zu tun hatte wie die Kuh mit dem Eierlegen.

(Beifall bei der SPD - Jörg Bode [FDP]: Nein! - Adrian Mohr [CDU]: Das ist doch falsch!)

Das war Fakt.

Wir wollen ausdrücklich den fairen Wettbewerb und haben zudem den Anspruch, die Kriterien guter Arbeit umzusetzen, damit Arbeitnehmer, Unternehmen und die öffentlichen Auftraggeber

Rechtssicherheit bekommen, Aufträge aus Steuermitteln nur noch an die ehrlichen Anbieter vergeben werden und Lohndumping vermieden wird.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Herr Schminke, das sind nur Sprüche!)

Genau das ist zumindest unser Ziel, meine Damen und Herren. Deshalb haben wir da ganz andere Ansichten.

In § 17 des Gesetzes haben wir die Evaluierung bis zum 31. Dezember 2015 festgeschrieben, weil ein so umfangreiches gesetzliches Regelwerk nach Ablauf einer Frist grundsätzlich vernünftig nachgeprüft werden muss. Natürlich wird das auch gewissenhaft umgesetzt. Die Betonung liegt auf „gewissenhaft“. Keine Evaluierung mit diesem Anspruch ist ohne Daten und Zahlen machbar und denkbar. Wir wollen das Gesetz weiterentwickeln und nicht mit Schnellschüssen beschädigen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, das unterscheidet uns von Ihnen.