Protocol of the Session on June 4, 2015

- Herr Nacke, ich bitte Sie! Lassen Sie mich doch einmal ausreden!

(Jens Nacke [CDU]: Benehmen Sie sich doch bitte mal! Was für ein arro- gantes Auftreten gegenüber Kollegen! - Weitere Zurufe von der CDU - Ge- genrufe von der SPD)

- Unmöglich! Das hat nichts mit Arroganz zu tun, Herr Nacke.

(Jens Nacke [CDU]: Unfassbar ist das! - Weitere Zurufe von der CDU - Gegenrufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, hier dürfen alle ihre Zwischenrufe machen.

(Dr. Christos Pantazis [SPD]: Unmög- lich! Nun gut! „Wie im Kindergarten“ kann ich da nur sagen!)

Das ist ein Parlament mit selbstbewussten Abgeordneten. Alles gut!

(Ulf Thiele [CDU]: Das mit dem „Kin- dergarten“ war auch nicht besser! Wir können doch nicht mit „Ja, Herr Ober- lehrer“ antworten!)

Aber jetzt bitte ich, Herrn Dr. Pantazis ausreden zu lassen, damit wir in der Abfolge unserer Tagesordnungspunkte weiterkommen.

Herr Dr. Pantazis, Sie haben das Wort. Dann kommt eine Antwort von Herrn Dr. Matthiesen, wenn er möchte. Danach kommt Herr Limburg mit einer zusätzlichen Redezeit von anderthalb Minuten. - Bitte schön!

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Herr Matthiesen, Sie werfen dem Antragssteller speziell des Antrages, den wir im Dezember verabschiedet haben, vor, dass wir eine Vollversorgung im Rahmen dieses Modellprojekts wünschen. Ich habe in Reden im Ausschuss und in der Kommission immer wieder deutlich gemacht, dass das nicht der Fall ist und nicht verfolgt wird. In der Begründung steht das, was wir uns wünschen. Ich habe schon gesagt, dass wir uns das Bundesrecht anders vorstellen können. Dementsprechend würden wir es gerne ändern wollen. Aber wir haben nicht vor, es zu brechen. Das will ich noch einmal klarstellen. Wir haben das nicht vor. Das ist definitiv der Punkt.

Wir haben vor, Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus eine Beratungs- und Anlaufstelle zur medizinischen Versorgung nach den §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes zukommen zu lassen und ihnen im Rahmen dieser Beratung gleichzeitig die Möglichkeit der Legalisierung ihres Aufenthaltes zugutekommen zu lassen. Die Erfahrungen, die wir in Hamburg und an anderen Standorten gemacht haben, sprechen eine eindeutige Sprache. Deshalb verstehe ich Ihren Einwand nicht. Wie oft müssen wir das noch wiederholen?

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Matthiesen möchte antworten. Bitte schön!

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Jetzt kommt die nächste Drucksache. Es stimmt nicht, was Sie vortragen, Herr Dr. Pantazis.

(Zuruf von der SPD: Was?)

In der Antwort auf die Kleine schriftliche Anfrage zum anonymen Krankenschein - Drucksache 17/3481, Frage 21 - steht - ich lese vor -:

„Unter Berücksichtigung der dargelegten Prinzipien setzt sich Niedersachsen vorrangig für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und eine Einbeziehung der betroffenen Personengruppen in die bestehenden Leistungssysteme nach Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und damit auch für eine Gesundheitsversorgung auf dem Niveau der Gesetzlichen Krankenversicherung ein.“

Das ist doch genau das, was Sie noch einmal gesagt haben, nämlich dass Sie die gesetzliche Krankenversicherung materiell auch für illegale Flüchtlinge haben wollen, eben für alle. Das ist Ihre Zielrichtung. Das steckt dahinter.

(Zuruf von der SPD: Er versteht es nicht!)

Das ist eben nicht das, was wir wollen. Wir wollen human sein und Flüchtlingen durch die benötigte Notfallversorgung helfen. Wir wollen sie aber nicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung gleichstellen.

(Zuruf von der SPD: Das ist im Sozi- alausschuss dreimal rauf und runter diskutiert worden!)

Hier steht es noch einmal schwarz auf weiß.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Herr Kollege Limburg von Bündnis 90/Die Grünen, Sie haben anderthalb Minuten zusätzliche Redezeit. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Matthiesen, wir sollten

doch nicht vergessen, dass wir über Menschen reden, wenn wir über Flüchtlinge sprechen, über Menschen, die in großer Not zu uns gekommen sind.

(Christian Dürr [FDP]: Warum be- kommen die eigentlich keine Sprach- kurse von Ihnen?)

Wir sollten schon vorsichtig mit der Sprache sein, die wir hier wählen. Sie haben wiederholt von „illegalen Flüchtlingen“ gesprochen. Herr Dr. Matthiesen, es gibt keine illegalen Flüchtlinge. Kein Mensch ist illegal.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Und das müssen auch Sie endlich begreifen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Die Moral- keule! - Zuruf von Christian Dürr [FDP])

Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Wir sind jetzt am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/2499 ablehnen möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt und der Beschlussempfehlung gefolgt.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 22: Abschließende Beratung: Soziales und ökologisches Wirtschaften in Niedersachsen stärken - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/3490 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration - Drs. 17/3552 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/3604 - Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/3621 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/3604

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Beide vorliegenden Änderungsanträge zielen auf eine Annahme des Antrages in geänderter Fassung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Jetzt hat der Kollege Holger Ansmann von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über 600 Genossenschaften sind heute ein starkes Stück Wirtschafts- und Sozialkraft in Niedersachsen. Sie verbinden Bürgerengagement und wirtschaftliche Selbstorganisation mit unternehmerischem Handeln und sozial geprägter Selbstständigkeit. Es gibt sie vor allem als Finanz-, Waren- und Dienstleistungs-, Energie- oder Wohnungsgenossenschaften.

Seit über 150 Jahren ist die Rechtsform der Genossenschaft in Niedersachsen Grundlage für eine solide, gemeinwohlorientierte und krisenresistente wirtschaftliche Tätigkeit abseits von Profitmaximierung und den Regularien des sonstigen Gewinnstrebens.

Die Genossenschaft bringt den Nutzen für ihre Mitglieder und das Gemeinwohl in Einklang mit ihrer wirtschaftlichen Betätigung. Sie ist in der Gründung einfach, und sie beschränkt die Haftung. Genossenschaften und die Bürgerinnen und Bürger, die sich hier engagieren, haben es somit allemal verdient, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir sie verstärkt in den Mittelpunkt unseres politischen Handelns stellen.

Erst beim gestrigen Parlamentarischen Abend des Genossenschaftsverbands Weser-Ems wurde das vitale und erfolgreiche Genossenschaftsleben in einer Region Niedersachsens eindrucksvoll dargestellt. Auffällig war dabei die hohe und zunehmende Anzahl von Genossenschaften im ländlichen Waren- und Dienstleistungsbereich. Dem Rückzug des Einzelhandels aus der Fläche ist in den letzten Jahren vielfach durch genossenschaftliche Gründungen von z. B. Dorf- oder Nachbarschaftsläden begegnet worden.

Damit stellen sich zwangsläufig diese Fragen: Können Genossenschaften einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme im Rahmen der demografischen Entwicklung leisten? Sind Genossenschaften ein Modell, das älteren Menschen

länger ein selbstbestimmtes Leben in ihrem gewohnten Umfeld auch bei Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit ermöglicht? Die Genossenschaft als Dienstleister für Fahr- und Bringdienste, für hauswirtschaftliche Unterstützung, als soziales Kaufhaus oder für neue Formen des Wohnens?

Schon heute gibt es in diesen Bereichen gute Beispiele. Wir wollen - und das ist das vorrangige Ziel unseres Antrages -, dass die Genossenschaft eine wichtige Institution im sozialen Bereich werden kann. Wir wollen gute Rahmenbedingungen und die Stärkung von Sozialgenossenschaften, die seit der Novelle des Genossenschaftsgesetzes im Jahre 2006 gegründet werden können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sozialgenossenschaften entsprechen unserem Selbstverständnis von Gemeinwohlverantwortung, und deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es verantwortungsvolle Politik, wenn wir sie unterstützen und stärken.