Protocol of the Session on June 4, 2015

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sozialausschuss empfiehlt dem Landtag, den Antrag der CDU-Fraktion abzulehnen, nachdem auch die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe dies getan hat.

Ich begrüße es, dass damit das Anliegen der Landesregierung, die medizinische Versorgung von Flüchtlingen in Niedersachsen sicherzustellen, wieder klar, an den tatsächlichen Erfordernissen orientiert und realitätsnah in den Fokus rückt.

Sie, meine Damen und Herren von der CDU - auch wenn kaum noch welche da sind -,

(Dr. Stephan Siemer [CDU]: Ich bin da! - Ulf Thiele [CDU]: Ich bin auch da! Frau Ministerin, wenn wir das hier jedes Mal machen würden, wenn Sie einmal hinausgehen, dann wäre aber etwas los!)

haben lange genug behauptet, gemutmaßt und unterstellt, dass die Landesregierung mit der medizinischen Versorgung der papierlosen Menschen den Boden der Rechtsstaatlichkeit verlassen will.

(Ulf Thiele [CDU]: Sitzen Sie doch nicht immer auf einem so hohen Ross!)

Das entspricht eindeutig nicht den Tatsachen.

(Ulf Thiele [CDU]: Eure Leute waren auch zwischendurch mal draußen!)

Die Landesregierung hat nicht vor, ihren Ermessensspielraum in dem vom Bundesgesetzgeber geschaffenen Rechtsrahmen zu missachten und sich über geltendes Bundesrecht hinwegzusetzen, wie es der Antrag der CDU-Fraktion suggeriert.

(Christian Grascha [FDP]: Passen Sie lieber auf, dass Sie die Wahrheit sa- gen!)

Die Landesregierung hat auch nicht vor, für diesen Personenkreis ein Parallelsystem bzw. eine Regelversorgung einzuführen und ihnen eine über das geltende Recht hinausgehende medizinische Versorgung zu bieten.

Ziel der Landesregierung ist es, Menschen ohne Papiere einen angstfreien Zugang zu der medizinischen Versorgung zu bieten, die sie benötigen, und zwar nur zu den medizinischen Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt, die für diese Menschen in den §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes vorgesehen sind.

Im Rahmen des vorgesehenen dreijährigen Modellprojekts an den Standorten Göttingen und Hannover sollen diese Menschen beraten und an kooperierende Ärztinnen und Ärzte sowie Kliniken vermittelt werden.

Gleichzeitig - das ist uns besonders wichtig - ist vorgesehen, dass die Hilfesuchenden in einer Clearingstelle eine aufenthaltsrechtliche Beratung zur Prüfung einer möglichen Legalisierung ihres Aufenthalts erhalten, damit möglichst die Eingliederung in das Regelversorgungssystem der ge

setzlichen Krankenversicherung erreicht wird, was nach Erkenntnissen in Projekten anderer Bundesländer auch realistisch ist. Unser aller Ziel, die Irregularität mit all ihren negativen, menschenverachtenden und kriminellen Facetten zu bekämpfen, wird mit genau dieser Maßnahme nachhaltig unterstützt.

Schließlich ist es unser Ziel, in dem Modellprojekt Erkenntnisse zu gewinnen, ob und in welcher Weise eine medizinische Versorgung für Menschen ohne Papiere in Niedersachsen erreicht werden kann, was die CDU-Fraktion offensichtlich verhindern will.

Humanität, fußend auf unserem Grundgesetz und den universellen Menschenrechten, ist ethische Basis dafür, dass die Landesregierung zunächst über einen Zeitraum von drei Jahren 1,5 Millionen Euro für diesen Zweck zur Verfügung stellt.

Wir als Landesregierung sehen auf der einen Seite unsere Verantwortung für eine Gruppe von Menschen, die bislang von ehrenamtlich Tätigen anonym Hilfe und Behandlung erhält, und wir sehen auf der anderen Seite unsere Verantwortung gegenüber den Helfenden.

Auch wir schätzen die Zahl der Betroffenen in Niedersachsen auf 40 000 bis 50 000. Wir sollten uns dieser Realität stellen und nicht untätig bleiben. Wir sollten nicht denken, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

Demzufolge halte ich es für angemessen, den CDU-Antrag abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Zusätzliche Redezeit hat die CDU-Fraktion beantragt. Herr Kollege, Sie haben das Wort. Bitte schön!

(Helge Limburg [GRÜNE]: Er hat eine Kurzintervention angemeldet! - Ge- genruf von Jens Nacke [CDU]: Küm- mer dich um deinen Kram!)

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Rundt, es ist immer die Frage, ob die Dinge, die Sie hier vortragen, so stimmen oder nicht.

(Christian Grascha [FDP]: Meistens stimmen sie nicht! - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Hört doch erst einmal zu!)

Sie haben gerade behauptet, Sie wollten mit Ihrer Intervention zugunsten illegaler Flüchtlinge

(Helge Limburg [GRÜNE]: Es gibt kei- ne Illegalen, nur Illegalisierte! Selbst der konservative Kommissionspräsi- dent Juncker weiß, dass es keine Ille- galen gibt!)

nur den Leistungsumfang anbieten, der in den §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes steht.

Ich habe mir jetzt vorsichtshalber noch einmal den Antrag von SPD und Grünen herausgesucht. Das ist Ihre Richtung.

In der Begründung des Antrags in der Drucksache 17/1619 steht, dass Sie eine elektronische Gesundheitskarte haben wollen, die Unsicherheiten und Ungleichbehandlung beendet. „Dabei ist auch die Übernahme von Dolmetscherkosten zu gewährleisten.“ Und jetzt kommt es: „Der Leistungsumfang soll dem der gesetzlichen Krankenkassen entsprechen.“ - Das geht nicht. Nur eines kann stimmen.

Das ist doch die Geschäftsgrundlage Ihrer ganzen Operation. Sie versuchen, von dem wieder wegzukommen, was Sie vorgeben, tun zu wollen.

(Zuruf von der SPD: Wollen Sie hel- fen, oder wollen Sie nicht helfen?)

Wir halten es für absolut falsch, die gesetzliche Krankenversicherung für illegale Flüchtlinge einzuführen.

(Zuruf von der SPD: Alles Schein- argumente!)

Das kann nicht sein.

(Petra Tiemann [SPD]: Weder das ei- ne noch das andere ist richtig! Es gibt keine Illegalen!)

- Nein, das ist Ihre Zielrichtung. Davon versuchen Sie jetzt abzulenken. Das ist nicht in Ordnung. Wir wollen, dass Flüchtlingen angemessen geholfen wird, nicht so, wie es in der Gesetzlichen Krankenversicherung der Fall ist.

Ich komme zu dem, was Filiz Polat immer wieder betont. Es ist doch das Ziel, das Asylbewerberleistungsgesetz ganz aufzuheben

(Zuruf von den GRÜNEN: Nicht mehr, das ist auch richtig!)

- nein -,

(Thomas Schremmer [GRÜNE]: Klar ist das richtig! - Zuruf von Klaus-Peter Bachmann [SPD])

damit - nach ihren Worten - illegale Flüchtlinge gleichgestellt werden. - Das wollen wir nicht.

(Zustimmung bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Nicht schon wieder!)

Vielen Dank. - Es liegt jetzt eine Kurzintervention von Herrn Dr. Pantazis vor. Dann gibt es zusätzliche Redezeit für Herrn Limburg von Bündnis 90/Die Grünen. - Bitte schön!

Es ist wie eine Art Déjà vu, Herr Matthiesen. Diese Debatte haben wir übrigens schon einmal im Dezember geführt. Es wäre schön, wenn Sie jetzt auch zuhören könnten.

(Widerspruch von der CDU)

- Das meine ich jetzt ganz offen und ehrlich.

Es kann definitiv nicht sein - - -

(Jens Nacke [CDU]: Das ist eine Un- verschämtheit, die Sie sich da erlau- ben!)

- Herr Nacke, ich bitte Sie! Lassen Sie mich doch einmal ausreden!