Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! An diesem Morgen ist ganz deutlich zu beobachten, was die rot-grüne Landesregierung tut, wenn sie nicht weiter weiß. Sie weist mit niedergeschlagenem Blick, mit spitzem Zeigefinger nach oben, und Sie schauen, wie Frau Modder gerade sagte, „mit Interesse nach Berlin“.
Sie ducken sich weg und hoffen, dass andere Ihre Aufgaben übernehmen, und Sie zeigen auf den Geldbeutel des Bundes, um sich selbst der Verantwortung für ein existenzielles Problem zu entledigen -
Aber Sie wissen doch - Sie haben das in Ihren Reden gerade betont -, was vor der Haustür los ist, und Sie wissen das auch noch besser als viele andere. Warum versagen Sie dann in der Regierung und drücken sich vor den Entscheidungen?
Sie versuchen, die Menschen hinzuhalten, und Sie versuchen, immerzu das Fähnchen Willkommenskultur zu schwenken. Aber was jetzt zählt, sind nicht die netten Attitüden.
Entscheidend ist nur die konkrete Hilfe, um die Kommunen nicht im Stich zu lassen. Die wir leider von Ihnen verwehrt.
Das Einzige, was Ihnen dazu einfällt, ist, die Verantwortung auf die nächste Ebene über oder unter Ihnen zu schieben.
(Johanne Modder [SPD]: Es geht nicht um das Abschieben von Verant- wortung, sondern um Mitverantwor- tung!)
Meine Damen und Herren, sehenden Auges nimmt diese Landesregierung in Kauf, dass vor Ort der Unmut wächst. Wir erwarten, dass Sie endlich vorausschauender und unterstützender tätig werden. Aber das tun Sie nicht. Sie verteilen Beruhigungspillen.
Sehr geehrter Herr Innenminister Pistorius, Ihre Ausführungen haben gerade nicht überzeugen können. Ihnen als ehemaligem OB müssten doch die Haare zu Berge stehen
angesichts dieser Taktiken. Sie wissen doch selbst am besten, wie es um die Kommunen steht, was man ihnen zumuten kann und was nicht. Haben Sie die Erfahrungen aus Ihrer Amtszeit wirklich komplett verdrängt?
Ich gestehe Ihnen zu, dass es schwer ist, die Balance zu finden, wenn es um das Aufenthaltsrecht und um Aufenthaltsbeendigungen geht. Aber auch hierbei vermissen wir Ihre klare Linie.
Bekehren Sie bitte die Kultusministerin und die Integrationsministerin, dass sie sich endlich für mehr Sprachkurse einsetzen! Es ist ein Armutszeugnis, dass unsere Forderungen nach ausreichend Deutschkursen bislang immer wieder abgelehnt wurden.
Damit sind Sie auf dem Holzweg. Denn nur mit Sprachkursen können wir die Menschen befähigen, tatsächlich schnell eine Arbeit aufzunehmen.
Ausführungen, die wir gerade hörten - das Land trage bereits jetzt 77 % aller Kosten -, sind im Grunde nicht nachzuvollziehen. Die Hauptlast bei all den Leistungen, die bislang nicht eingerechnet sind, etwa im medizinischen und im sozialen Bereich, tragen die Kommunen. Wir wissen doch genau: Das, was jetzt unterlassen wird, verursacht später weitaus höhere Kosten.
Und: Es geht doch um mehr als um Geldleistungen. Machen Sie bitte keine Politik nach dem Prinzip „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“!
Wenn wir ernsthaft den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden und ihnen eine Chance geben wollen, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren,
dann müssen wir jetzt handeln, und zwar nicht nur in den Kommunen oder in Berlin, sondern hier und jetzt, wie es andere Bundesländer schon tun.
Vielen Dank, Frau Eilers. - Es folgt jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kollegin Polat. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aufnahme der derzeit prognostizierten 400 000 Flüchtlinge stellt das reiche Deutschland vor scheinbar enorme Herausforderungen. Das sind etwa 0,5 % unserer Gesamtbevölkerung. Nur noch einmal zum Vergleich - die Zahlen kennen Sie, sie wurden oft diskutiert -: Im Libanon mit seinen 4 Millionen Einwohnern haben die Flüchtlinge einen Anteil von 25 % an der Gesamtbevölkerung,
(Christian Dürr [FDP]: Und deswegen sollen sich die Kommunen nicht so anstellen? Oder was ist die Bot- schaft?)
und zwar - das vielleicht zur Ergänzung - bei einem Pro-Kopf-Einkommen von 8 000 Euro, während Deutschland ein Pro-Kopf-Einkommen von 40 000 Euro hat.
(Christian Dürr [FDP]: Die Kommunen sollen sich also nicht so anstellen! - Christian Grascha [FDP]: Warum habt ihr dann unsere Anträge abgelehnt?)
Frau Kollegin! - Bitte, meine Damen und Herren, lassen Sie Ruhe einkehren! Nur Frau Polat hat das Wort. - Bitte sehr!
Es gibt - Herr Hilbers, das wissen auch Sie; das ist nämlich in Nordhorn genauso - zwei entscheidende Faktoren, die zu dieser Situation in den Kommunen vorwiegend beitragen: Die Flüchtlingspolitik - im Gegensatz zu der allgemeinen Einwanderungspolitik - und die Aufnahme von Flüchtlingen in der Bundesrepublik sowie der politische Geist basieren noch auf der Abschreckungs- und Ausgrenzungspolitik der 90er-Jahre.
Meine Damen und Herren, exemplarisch dafür steht erstens das von der Union bis heute verteidigte Asylbewerberleistungsgesetz.
Es macht Menschen in diesem Land - Menschen, die noch auf ihre Anerkennung als Flüchtling warten, aber auch Menschen, die, wie die Syrerinnen und Syrer, bereits einen Aufenthaltstitel haben - zu Menschen zweiter Klasse. Das wissen Sie. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach geurteilt.
(Zustimmung bei den GRÜNEN - An- gelika Jahns [CDU]: Wer regiert denn dieses Land? - Christian Grascha [FDP]: Komplett am Thema vorbei!)
Dafür steht zweitens die von der Union so geschätzte Beschäftigungsverordnung - da sind auch Sie, liebe FDP, an unserer Seite - für Ausländerinnen und Ausländer. Die gibt es nämlich noch.
(Jörg Hillmer [CDU]: Warum tut das Land so wenig? - Frank Oesterhelweg [CDU]: Reden Sie doch nicht nur, handeln Sie doch einmal! - Weitere Zurufe von der CDU)
Diese Verordnung, Herr Hilbers, dient dazu, Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu verweigern oder beschwerlich zu machen.