Protocol of the Session on March 19, 2015

„Die Aussage von Frau Staatssekretärin Kottwitz ‚Wir stellen uns vor die Mitarbeiter‘ sollte gelebt werden.

Mit freundlichen Grüßen“

(Christian Dürr [FDP]: Ja! Genau! - Gegenruf von Petra Tiemann [SPD]: Nichts anderes macht er! - Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, dies ist die Antwort auf eine Frage der Abgeordneten Bode und Försterling, die heute im Verlauf des Nachmittags auch schriftlich beantwortet wird. Ich habe mir erlaubt, daran auch einen älteren Brief der Personalräte anzuhängen, der sich u. a. mit der Frage von Stelleneinsparungen in der Vergangenheit auseinandersetzt.

(Christian Dürr [FDP]: Und die Dienst- stellenleiter?)

Wir haben in den letzten zwei Jahren wieder eine Stellenaufstockung vorgenommen, und zwar insbesondere für den Bereich der IED-Anlagen - also genau das, was auch in Ritterhude Gegenstand der Debatte ist.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jörg Bode [FDP]: Was ist mit dem Brief der Dienststel- lenleiter? - Christian Dürr [FDP]: Der Brief der Dienststellenleiter wird ver- schwiegen! Das ist unglaublich! - Jörg Bode [FDP]: Die Dienststellenleiter sind es wohl nicht wert, dass ihr Brief hier verlesen wird! - Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, bitte!

(Jens Nacke [CDU]: Hier wird ganz klar ein Brief verweigert! Das ist Ver- fassungsbruch! - Christian Dürr [FDP]: Ja, genau, Verfassungsbruch! - Wei- tere Zurufe)

- Herr Dürr, das kann Ihre persönliche Meinung sein. Wie und wo vermutete Verfassungsbrüche geklärt werden, wissen Sie. Das geschieht nicht heute und auch nicht hier im Präsidium.

(Jens Nacke [CDU]: Ich glaube, es gibt eine Wortmeldung!)

- Herr Nacke!

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Bäumer, CDU-Fraktion. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass ich - ebenso wie der Kollege Bode - gerne den Wortlaut des Briefes der Leiter der Gewerbeaufsichtsämter gehört hätte, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Herr Minister Wenzel hier im Landtag am 22. Januar 2015 das Gewerbeaufsichtsamt in Cuxhaven vors Rohr geschoben hat, frage ich die Landesregierung:

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Oh! - Jens Nacke [CDU]: Das mag euch nicht passen, aber das ist die Wahrheit!)

Ruhe, bitte! Es kommt zur Frage!

Warum hat uns die Landesregierung damals am 22. Januar 2015 verschwiegen, dass auch die Gesellschaft zur Endablagerung von Sonderabfall in die Verbrennung von Abfällen in Ritterhude verwickelt war?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Herr Minister, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Bäumer, wir haben nichts verschwiegen, sondern wir haben Ihnen den Erkenntnisstand zu dem Zeitpunkt mitgeteilt, und wir haben bei der Gelegenheit auch ausdrücklich darauf hingewiesen. Ich habe Ihnen an dieser Stelle auch sehr ausdrücklich gesagt, dass diese Informationen keinen Rückschluss auf die Ursache oder auf mögliches behördliches Unterlassen zulassen. Das ist in der Stellungnahme sehr deutlich zum Ausdruck gekommen.

Herr Bode hat angemerkt, dass er gerne auch den Brief der Behördenleiter hören würde. Ich kann Ihnen den Brief gerne vortragen - gerne auch den Brief an Herrn Minister Sander -, in Gänze, wenn das gewünscht ist. Ich brauche dann noch ein bisschen neues Wasser, aber ansonsten können wir das machen.

(Jens Nacke [CDU]: Das mit dem Wasser kriegen wir wohl hin! - Jörg Bode [FDP]: Das ist nicht gewünscht, sondern gefragt!)

Die Behördenleitungen haben am 2. März 2015 geschrieben - ich muss einmal gucken, ob das hier komplett ist -:

„Der Niedersächsische Landtag befasste sich am 18.02., 19.02. und 20.02.2015 zum wiederholten Male mit der Frage, welche Rolle die Niedersächsische Gewerbeaufsicht bei dem Unternehmen Organo-Fluid in Ritterhude spielte. Die Wortbeiträge einiger Landtagsabgeordneter haben nach unserer Auffassung den Eindruck erweckt, dass hier ein gesamter Geschäftsbereich des niedersächsischen Umwelt- und des Sozialministeriums, nämlich die Niedersächsische Gewerbeaufsicht, pauschal in Misskredit gebracht wird. Herr MdL Bajus stellte konkret heraus, die in den Jahren 2003 bis 2013 amtierende Landesregierung habe durch ihre Prägung in der Gewerbeaufsicht eine Kultur geschaffen, die die Missstände bei dem Unternehmen Organo-Fluid und das vermeintliche Versagen der Niedersächsischen Gewerbeaufsicht erst ermöglicht hat. Dies blieb bislang unwidersprochen.

Die Behördenleiter der GAV stellen hierzu fest:

Die Kolleginnen und Kollegen der zehn Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter haben als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer technischen Verwaltungsbehörde ihr Handeln allein auf der Grundlage der herrschenden Rechtsnormen und der einschlägigen technischen Standards auszurichten. Es gibt nach unserer Auffassung keinen Beleg dafür, dass seitens der Staatlichen Gewerbeaufsicht im Zusammenhang mit dem Unternehmen Organo-Fluid oder sonst einem Unternehmen in Niedersachsen aufgrund einer konkreten politischen Einflussnahme oder Kultur gegen geltendes Recht verstoßen wurde. Die behördlichen Entscheidungen wurden so getroffen, dass die Schutzgüter der durch uns zu vollziehenden Gesetze unangetastet bleiben.

In der Vergangenheit hat es auch unter der Ägide anderer Landesregierungen zu geplanten Investitionsvorhaben oder unserer Überwachungspraxis in Anlagen und Unternehmen regelmäßig politische Positionierungen unterschiedlichster Art gegeben. Wenn es aus Sicht der von uns zu vertretenden Belange geboten war, hat die Niedersächsische Gewerbeaufsicht auch in solchen Fällen stets eine zuverlässige, auf rechtlichen Grundlagen fußende Haltung, eingenommen und diese auch vertreten. Maßstab für eine Entscheidung im Einzelfall war auch in derartigen Fällen immer die jeweilige Rechtslage. Eine einseitige, den Interessen der niedersächsischen Wirtschaft gehorchende Entscheidungskultur hat es in der Niedersächsischen Gewerbeaufsichtsverwaltung nie gegeben. Dies beweisen unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen tagtäglich bei Entscheidungen, die die Interessen von Arbeitnehmern, Nachbarn von Unternehmen und Verbrauchern wahren. Diese Entscheidungen schränken das Handeln von Unternehmen ein. In Einzelfällen sind sie konkret gegen die Interessen von Unternehmen gerichtet. Die Gewerbeaufsichtsämter waren und sind rechtlich verankerte Aufsichtsbehörden. Nach unseren Erfahrungen in den Handlungsfeldern Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutz muss es auch so bleiben.

Dass es in technischen Behörden wie bei der Gewerbeaufsicht zu Fehlern kommen kann, räumen wir ein. Die komplexe Aufgabe, technische Sachverhalte in einen juristischen Kontext zu stellen, ist vor dem Hintergrund des mittlerweile seit 20 Jahren andauernden Personalabbaus immer schwerer zu bewältigen. Hinzu kommen eine immens hohe Regelungsdichte sowie eine sehr große Zuständigkeitsbreite. Dass einzelne Fehler jedoch als symptomatische Eigenschaft für die ganze Gewerbeaufsicht verallgemeinert werden, weisen wir auch mit Blick auf die Fürsorgepflicht für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück.

Frau Ministerin Rundt hat in ihrer Erklärung vor dem Niedersächsischen Landtag für die Landesregierung erklärt, dass eine Schuldzuweisung an den Landkreis Rotenburg, der in der Angelegenheit Organo-Fluid ebenfalls beteiligt ist, derzeit nicht statthaft sei,“

- hier heißt es „Rotenburg“, es muss aber „Osterholz“ heißen -

„da die staatsanwaltlichen Ermittlungen laufen und noch nicht abgeschlossen sind. Frau Rundt führte weiter aus, dass hier die Unschuldsvermutung gelte. Dieses teilen wir ausdrücklich und erbitten, diese Haltung auch für die niedersächsische Gewerbeaufsicht einzunehmen.

Sehr geehrter Herr Minister Wenzel, wir bitten Sie darum, uns offensiv in unserem Begehren zu unterstützen, die seit Jahrzehnten geleistete Arbeit der Gewerbeaufsicht in Niedersachsen nicht pauschal diskreditieren zu lassen. Eine eindeutige Positionierung im politischen Raum Ihrerseits ist in diesem Zusammenhang sicherlich hilfreich.

Mit freundlichen Grüßen“

Wir haben das Schreiben zum Anlass genommen, um dazu am 4. März einen sehr konstruktiven Meinungsaustausch mit den Behördenleitungen und auch mit den örtlichen Personalräten zu führen.

Meine Damen und Herren, da hier auch immer wieder Bezüge zu der Frage hergestellt werden, welche Folgen die Personaleinsparungen haben, will ich Ihnen auch das Schreiben mit zur Kenntnis geben, das die Personalräte am 20. April 2005 an die Landesregierung gerichtet haben:

„1. Die Verwaltungsreform führt infolge von Stelleneinsparungen und Kürzungen im Personalkostenbudget zu einer Situation, die geprägt ist von Kennzeichen einer Mangelverwaltung. Dieses gilt verstärkt für die kleinen und mittleren Besoldungs- und Einkommensgruppen.

Den Kolleginnen und Kollegen wird schon seit Jahren keine Perspektive in Bezug auf eine berufliche Entwicklung aufgezeigt. Beides führt zu Demotivation.“

(Jens Nacke [CDU]: Das ist zehn Jah- re her!)

„An den Ministerien scheint die Entwicklung vollständig vorbeigegangen zu sein. Fakt ist, dass gerade nach der verwaltungsreformbedingten Umorganisation der Gewerbeaufsichtsverwaltung die Hauptlast und somit eine erhebliche Arbeitsverdichtung bei den Gewerbeaufsichtsämtern liegt.

Diese Schieflage gilt es zu erkennen und zu korrigieren.

2. Seit Ende der 90er-Jahre werden für die GAV umfassende DV-gestützte Instrumente erarbeitet, die als interne Statistiken zu bezeichnen sind. Zu nennen sind LOHN, AIS-I, IFAS sowie das Reisekostenmodul und einige fachspezifische Anwendungen. Allein für das Führen der Statistik werden ca. 10 % der Arbeitszeit verwendet. Darüber hinaus bringt diese Statistik Notwendigkeiten im technischen Arbeitsablauf mit sich, die den Arbeitsablauf nicht erleichtern, sondern behindern. Reibungsverluste sind die Folge.

Weiterhin muss angemerkt werden, dass die o. g. DV-Instrumente weder dem Kunden noch dem Mitarbeiter Vorteile verschaffen, welche der Forderung, effektiver und effizienter zu werden, gerecht werden. Die Statistiken dienen allein der Arbeitserleichterung der Führungsebene in den Ministerien und den Ämtern, um die so genannte Steuerung des Amtes zu ermöglichen.

Diesbezüglich wird ein unverhältnismäßig hoher Aufwand betrieben.

Nach erster überschlägiger Einschätzung werden ca. 50 % bis 60 % der Arbeitszeit zur Abwicklung interner Dienstgeschäfte aufgewendet. Dieses erheblich zu hohe Zeitkontingent wird leider erreicht trotz des

Wunsches der Kolleginnen und Kollegen, stärker am Kunden arbeiten zu wollen.

Sollte die Absicht bestehen, diesen Zeiteinsatz zu reduzieren, so ist es zwingend erforderlich, den Kolleginnen und Kollegen den Rücken freizuhalten, sie von Statistiken und Verwaltungsaufgaben zu entlasten und das Backoffice zu stärken.

Ziel muss es darüber hinaus sein, zu einer Kultur des Miteinanders von Führung und Kollegenschaft zu kommen. In Zeiten massiver Arbeitsverdichtung ist es falsch, mit Druck und Kontrolle zu agieren. Gemeinsame Ziele und ein einheitliches Verständnis der Aufgabe sind erheblich wirkungsvoller.

3. Es mangelt an einer fundierten fachlichen Orientierung. Die immer massiver geäußerten Erwartungen der Kunden divergieren stark von denen, welche die Leitung der GAV für die zentralen Kundenerwartungen hält. So wird beispielsweise die Themen TEHG, Mobbing, Gesundheitsmanagement und psychische Belastung in den Fokus der zukünftigen Arbeit gestellt.

Tatsächlich stellen diese nur einen Randbereich der Tätigkeit am Kunden dar. Hinzu treten statistische Berichtspflichten wie 11. BImSchV, 31. BImSchV, 2 BImSchV und dergleichen mehr.

Wichtig wäre es im Sinne einer Kundenorientierung vor dem Hintergrund einer stark deregulierten Normensetzung …, die Kolleginnen und Kollegen so aus- und fortzubilden, dass diese den veränderten Rahmenbedingungen vor Ort besser gerecht werden können. Die Beratungskompetenz muss gezielt gestärkt werden.