Protocol of the Session on April 18, 2013

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Wir haben jetzt die dritte und für diesen Tagungsabschnitt

auch letzte Dringliche Anfrage auf der Tagesordnung. Sie ist von der Fraktion der CDU gestellt worden:

c) Der Südniedersachsenplan - eine gigantische Wählertäuschung? - Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 17/96

Ich darf fragen, wer diese Anfrage einbringt. - Herr Kollege Hiebing, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Südniedersachsenplan - eine gigantische Wählertäuschung? - Am 8. Januar 2013 stellten der SPDSpitzenkandidat für die niedersächsische Landtagswahl, Herr Stephan Weil, und Frau Birgit Honé als Ministerkandidatin für den Bereich Europa, regionale Entwicklung und Landwirtschaft den sogenannten Südniedersachsenplan vor. In der Überschrift einer Pressemitteilung der SPD Niedersachsen vom gleichen Tag hieß es hierzu:

„100 Millionen Euro sollen in bisher vernachlässigte Regionen fließen.“

Im Südniedersachsenplan selber wird zur Finanzierung Folgendes ausgeführt:

„In den ersten sieben Jahren von 2014 bis 2020 wollen wir Projekte im Gesamtumfang von knapp 100 Millionen Euro finanzieren. 50 Millionen Euro stellen wir aus den EUMitteln des Landes bereit, 30 Millionen Euro davon aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und weitere 20 Millionen Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums. Die Kofinanzierung dieses Betrages werden wir zur Hälfte aus Landes- und Bundesmitteln (z. B. aus der Gemeinschaftsauf- gabe zur Verbesserung der regionalen Wirt- schaftsstruktur …) aufbringen. Damit erhält diese Region im Rahmen der Regionalentwicklungsstrategie die gleichen Förderkonditionen wie die derzeitige Konvergenzregion Lüneburg, d. h. eine 75-prozentige Förderung. Dies bedeutet, dass im Zuge der Umsetzung ab 2013 in einem siebenjährigen Zeitrahmen nur ein 25-prozentiger Anteil durch die örtlichen Kommunen und die dortige Wirtschaft aufgebracht werden muss.“

In einer Pressemitteilung vom 11. Februar 2013 begrüßten die SPD-Landtagsabgeordneten Heiligenstadt und Schwarz diesen Plan und sagten:

„In den ersten sieben Jahren 2014 bis 2020 ist ein Einsatz von rund 100 Millionen Euro geplant.“

Meine Damen und Herren, im Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 19. Februar 2013 wurde festgehalten:

„Die Arbeiten am Südniedersachsenprogramm werden wir gemeinsam mit den öffentlichen und privaten Akteuren der Region zügig beginnen.“

Die Landkreise Göttingen, Osterode und Northeim hatten zunächst geplant, zu fusionieren und Hilfen aus dem sogenannten Zukunftsvertrag des Landes Niedersachsen in Anspruch zu nehmen. Infolge der Diskussionen hierzu beschloss der Kreisausschuss des Landkreises Northeim am 18. Februar 2013, ein Gespräch mit dem niedersächsischen Innenminister Herrn Pistorius zu Fragen und Folgen der Fusion zu führen. Dieses Gespräch fand am 14. März dieses Jahres statt. Ausweislich eines Gesprächsprotokolls, das der Landrat mit der Einladung zur nächsten Sitzung des Kreistages verschickt hatte, nahmen hieran auch die Ministerin Frau Heiligenstadt und Herr Schwarz als örtliche Abgeordnete teil.

Auf die Frage, wann der sogenannte Südniedersachsenplan umgesetzt wird, gibt das Protokoll Minister Pistorius wie folgt wieder:

„Die Landesregierung habe hierzu noch keine konkreten Pläne entwickelt. … Mit einer Bereitstellung zusätzlicher Mittel in dieser Legislaturperiode sei allerdings nicht zu rechnen.“

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wird die Landesregierung den Südniedersachsenplan umsetzen und in der angegebenen Höhe von 100 Millionen Euro aus Landes- bzw. Bundesmitteln und europäischen Förderfonds bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode im Jahr 2018 finanzieren?

2. Wird es sich bei diesen 100 Millionen Euro um zusätzliche Mittel handeln, oder werden ohnehin dem Land Niedersachsen zugewiesene Fördermittel umverteilt?

3. Wie wird die Landesregierung garantieren, dass im Rahmen der neuen EU-Förderperiode von 2014 bis 2020 eine 75-prozentige Förderung entsprechend der Förderung in der bisherigen Konvergenzregion Lüneburg bei einem höchstens 25-prozentigen Eigenanteil von Kommunen und heimischer Wirtschaft in Südniedersachsen erfolgen kann?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Hiebing. - Für die Landesregierung beantwortet diese Dringliche Anfrage der Herr Ministerpräsident. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst eine Vorbemerkung vor der Vorbemerkung. Nicht nur, dass der Herr Innenminister mir gegenüber gesagt hat, er könne sich jenes Protokoll und jene Äußerungen nicht zueigen machen, sondern mittlerweile höre ich auch - - -

(Lachen bei der CDU)

- Sie können ja am Ende des Satzes lachen, aber doch nicht schon zwischendurch.

(Jens Nacke [CDU]: Wieder haben die anderen Schuld! Das kennen wir schon beim Pistorius!)

Mittlerweile höre ich, dass der Herr Landrat des Landkreises Northeim gegenüber dem Herrn Innenminister auch schriftlich ein Missverständnis bedauert hat, das insoweit entstanden sein muss. Von daher ist der Anlass dieser Dringlichen Anfrage sicherlich erledigt. Ich nehme aber selbstverständlich sehr gern Stellung.

(Jens Nacke [CDU]: Der Minister wird immer falsch verstanden!)

Ich habe bereits ausgeführt: Wir haben in den letzten zehn Jahren in den unterschiedlichen niedersächsischen Teilregionen ganz unterschiedliche Entwicklungen erlebt. In manchen Landesteilen stellen wir einen Schrumpfungs- und Abwanderungsprozess fest. Das muss uns unter dem Gesichtspunkt der Landesentwicklung umtreiben.

Leider ist zu konstatieren - auch dazu habe ich bereits Ausführungen gemacht -, dass auf diese Entwicklung nicht wirksam reagiert und dass auch nicht gegengesteuert worden ist. Ich habe auch schon gesagt - insofern kann ich meine Antwort an dieser Stelle abkürzen -, dass für mich der Ge

sichtspunkt „Stärken stärken“ tatsächlich relevant ist. Dabei müssen wir insbesondere aber auf die Stärken derjenigen schauen, die derzeit strukturschwach sind. Deshalb nehmen wir an dieser Stelle in der Landesentwicklung eine Kurskorrektur vor. Wir wollen uns insbesondere auch um diejenigen Landesteile kümmern, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Probleme eine besondere Unterstützung benötigen. Deren Stärken müssen wir ausbauen.

Insbesondere werden wir uns um den Süden unseres Landes zu kümmern haben; denn der - das weiß jeder hier - ist vom demografischen Wandel ganz besonders gebeutelt. Deswegen werden wir die regionale Förderpolitik des Landes mit einem Sonderprogramm für den südlichen Teil unseres Bundeslandes beginnen, mit einem Südniedersachsenprogramm, wie es in der Koalitionsvereinbarung heißt. Wir wollen dabei einen Teil der Mittel aus den EU-Fonds bündeln. Wir wollen sie dort für jene strukturpolitischen Ziele einsetzen, für die sie seitens des Zuwendungsgebers aus Europa gedacht sind.

Wir haben die Absicht, das Südniedersachsenprogramm mit einem Betrag von mindestens 50 Millionen Euro aus den dem Land zugewiesenen EUFördergeldern auszustatten. Zusammen mit der darauf aufbauenden Kofinanzierung soll sich daraus ein Gesamtvolumen für Projekte in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro ergeben. Dieses Geld soll für zukunftssichernde und besonders nachhaltig wirkende Projekte eingesetzt werden, die gemeinsam mit den Kommunen und den gesellschaftlichen Akteuren in Südniedersachsen entwickelt und ausgewählt werden sollen. Insofern gibt es keine Abstriche gegenüber dem zu machen, was zitiert worden ist.

(Jens Nacke [CDU]: Wer trägt die Ko- finanzierung?)

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Ja, wobei ich mir die Ergänzung gestatte, dass die kommende EU-Förderperiode nicht im Jahr 2018, sondern im Jahr 2020 enden wird. Wir fangen an diesem Punkt - auch das hatte ich vorhin schon ausgeführt - relativ bei null an und werden deswegen auch den gesamten zur Verfügung stehenden Zeitraum benötigen.

Zu Frage 2: Wir werden klare Schwerpunkte und Prioritäten setzen. Wir müssen einfach konstatieren, dass dem Land gegenüber der noch laufen

den EU-Förderperiode deutliche Abstriche in Höhe von bis zu 1 Milliarde Euro drohen. Das heißt: Wir werden gar nicht umhinkommen, uns stärker zu konzentrieren, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.

Zu Frage 3: Wir werden - das habe ich gesagt - einen Betrag von mindestens 50 Millionen Euro aus den EU-Mitteln für das Südniedersachsenprogramm zur Verfügung stellen. Darüber hinaus werden wir insbesondere die finanzschwächeren Kommunen unterstützen. Dort, wo es nach den Kriterien der EU-Förderung projektbezogen möglich ist, auch dort, wo es förder- und wettbewerbsrechtlich zulässig ist, und auch dort, wo es haushaltspolitisch machbar sein wird, werden wir die finanzschwächeren Kommunen so unterstützen, dass am Ende der Eigenanteil der entsprechenden Kommunen nicht über die genannten 25 % hinausgeht.

Insofern wollen wir an das anknüpfen, was in der Konvergenzregion Lüneburg schon passiert ist. Das ist, bezogen auf die gravierenden strukturellen Probleme, die wir in Südniedersachsen haben, meines Erachtens zwingend erforderlich. Deswegen wird das auch eines der ersten Vorhaben sein, die wir im Zusammenhang mit der neuen Förderkonzeption anschieben werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident, für die Beantwortung der Dringlichen Anfrage. - Dem Sitzungsvorstand liegen zum jetzigen Zeitpunkt acht Wortmeldungen für Zusatzfragen vor, die ich jetzt in der Reihenfolge des Eingangs aufrufe. Es beginnt der Kollege Uwe Strümpel von der SPDFraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Herr Ministerpräsident! Eine ganz kurze Frage. Was bedeutet die Kürzung der EUMittel allein für die angesprochene Region Lüneburg?

Bitte, Herr Ministerpräsident!

Herr Abgeordneter, Sie sprechen damit in der Tat ein gravierendes Problem an, weil Lüneburg in der laufenden Förderperiode als Konvergenzregion

finanziell gut ausgestattet ist und nach den vorliegenden Vorschlägen aus diesem Status herausfallen soll, und zwar ungebremst. Wir müssen befürchten, dass die Förderung dort um 70 % zurückgehen wird. Das hätte sehr gravierende Auswirkungen. Ich mache das an den EFRE-Mitteln deutlich: Dies würde einen Rückgang von 589 Millionen Euro auf 177 Millionen Euro bedeuten. Das ist wirklich ein Schlag ins Kontor.

Deswegen habe ich kürzlich in einem Schreiben an die Frau Bundeskanzlerin noch einmal eindringlich darum gebeten, an dieser Stelle Gleichbehandlung walten zu lassen. Wenn in den neuen Bundesländern z. B. die Region Leipzig an dieser Stelle aufgefangen wird, dann vermag ich nicht einzusehen, dass eine niedersächsische Region in dieser Situation anders behandelt wird. Ich habe um Unterstützung gebeten, die sich abzeichnenden Schritte in Brüssel zu verhindern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Dr. Alexander Saipa von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Südniedersachsenplan soll zukunftssichere und besonders nachhaltige Programme fördern. Dazu meine Frage: Können wir in der jetzigen EUFörderperiode schon direkt damit beginnen, oder müssen wir auf die EU-Programme der nächsten Förderperiode warten?

Bitte, Herr Ministerpräsident!