Protocol of the Session on January 21, 2015

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt für die Fraktion der FDP der Kollege Dr. Genthe. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der eben genannten Zahlen bezüglich der aus Niedersachsen und aus Deutschland ausgereisten Dschihadisten frage ich die Landesregierung: Wie viele dieser ausgereisten Dschihadisten haben vorher in Untersuchungshaft oder überhaupt in einer Justizvollzugsanstalt in Niedersachsen oder einem anderen Bundesland gesessen?

Danke schön. - Herr Innenminister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Genthe, die Frage kann ich nicht aus der Lamäng beantworten. Die Antwort müssten wir nachreichen. Ich bitte um Verständnis, dass ich nicht jeden Einzelfall darauf hin überprüfe, wann er wo in Haft gesessen hat.

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt ebenfalls für die Fraktion der FDP der Kollege JanChristoph Oetjen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Herr Minister, vor dem Hintergrund Ihrer Antwort zu Punkt 3 der Dringlichen Anfrage der Union, dass Sie im Prinzip nicht wissen, wann, wo, wie und ob es in Niedersachsen Anschläge von Rückkehrern geben könnte

(Helge Limburg [GRÜNE]: Wer soll das denn vorher wissen?)

- natürlich, Herr Kollege -, hätte ich gerne von Ihnen gewusst, da viele Menschen gerade in diesen Rückkehrern das größte Bedrohungspotenzial sehen: Wie viele Rückkehrer aus dem Dschihad könnten Sie mit den vorhandenen Polizeikapazitäten rund um die Uhr beobachten?

Bitte schön, Herr Innenminister Pistorius!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist eine sehr abstrakte Frage - wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf. Wir stellen die Polizei- und Sicherheitskräfte ab, die wir brauchen, um die Personen, die wir für beobachtungswürdig und -fähig halten, zu beobachten. Das ist unsere Aufgabe.

Ich kann Ihnen jetzt keine Obergrenze nennen. Sollte es daran scheitern, dass wir nicht genügend Personal haben - was ich im Augenblick nicht zu erkennen vermag -, dann werden wir gegensteuern. Aber so, wie es in anderen Ländern passiert, mal eben 100 Stellen zusätzlich auszukehren, löst das Problem nicht wirklich. Denn sie müssen die Leute erstens ausbilden oder zweitens aus anderen sicherheitsrelevanten Bereichen abziehen. Das wäre bei dem Polizeivollzugsstellenstand, der nach meinem Kenntnisstand der höchste ever in der Geschichte des Landes Niedersachsen ist, nicht wirklich erklärbar. Von daher geht es darum, die Kräfte, die wir haben, sinnvoll, angemessen und flexibel einzusetzen. Und das tun wir.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage kommt wiederum von der CDU-Fraktion. Herr Kollege Jens Nacke, bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Pistorius, nachdem Sie sich auf die Zahlen von gestern berufen haben, als Sie von 550 Fällen gesprochen haben, die zu löschen seien, darunter 200 Fälle betreffend die Fallkonstellation Online-Studierende der Islamschule Braunschweig, frage ich die Landesregierung: Wie schätzen Sie die Gefahr der Studierenden der Islamschule Braunschweig des Muhamed Ciftci, auch Abu Anas genannt, einem salafistischen Imam, ein, der die Steinigung als Strafe für Ehebruch als gerechtfertigt ansieht, den Medien in Deutschland vorwirft, Hetze gegen den Islam zu betreiben, und dem auch Kontakte zur Sauerlandgruppe zuzuordnen sind, wo einer seiner Schüler den Zünder transportiert hat und einer inhaftiert wurde, weil er sich für die libanesische Hisbollah in die Luft sprengen wollte, und dem auch Kontakte zum Frankfurt-Attentäter nachgesagt werden? Sind diese Menschen für Sie ungefährlich, so wie es die Taskforce vorgeschlagen hat?

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Pistorius!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Nacke, wir haben festgestellt, dass 200 Online-Studierende in der Tat unter diesen 275 dem Salafismus zuzuordnenden gespeicherten Personen waren. Festzustellen ist dabei, dass nicht jeder, der sich dort online als Studierender einträgt, auch tatsächlich Salafist ist oder Salafist werden will. Es gibt z. B. auch Theologiestudierende, die sich dort informieren. Von daher sind das Einzelfallbetrachtungen. Wenn ich die Arbeit der Taskforce richtig verstanden habe - davon muss ich ausgehen -, hat sie sich mit den Einzeldatensätzen befasst und insbesondere geprüft, ob es weitere Erkenntnisse gibt. Wenn das nicht richtig ist, werden wir das feststellen. Ich sage das nach meinem Kenntnisstand und aus meiner Erinnerung.

(Jens Nacke [CDU]: Legt das doch endlich einmal vor!)

- Ja, das wollen wir ja machen, Herr Nacke. Aber Sie äußern sich ja nicht auf unsere Einladung vom August. Das ist jedenfalls mein Kenntnisstand.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Im August haben Sie einen Brief bekommen, in dem Sie zu einem bestimmten Verfahren eingeladen worden sind. Dazu haben wir bislang noch keine Reaktion bekommen. So wurde es mir jedenfalls gesagt.

Also langer Rede kurzer Sinn: Das ist relativ einfach. Nicht jeder, der sich als Online-Studierender in Braunschweig eingeschrieben hat, ist zwangsläufig dauerhaft als jemand zu speichern, der terrorismus- oder salafismusverdächtig ist. Der Verfassungsschutz sortiert das sehr, sehr sorgfältig und hat diejenigen im Auge, die im Auge zu behalten sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die nächste Zusatzfrage kommt von der Fraktion der FDP und wird von Herrn Dr. Birkner gestellt. - Ich möchte darum bitten, dass die Bewegungen auch hier in den Gängen eingestellt werden. - Danke.

Herr Dr. Birkner!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass sich nach einem Zeitungsartikel die Landesregierung der weiteren Förderung des sogenannten Violence Prevention Network, eines in Berlin ansässigen Vereins, der bundesweit Programme speziell für Gefängnisinsassen mit Migrationshintergrund islamischen Glaubens bietet, über 2015 hinaus verweigert hat, während Berlin und Hessen das weiter tun, frage ich die Landesregierung, welche Gründe die Landesregierung dazu bewogen haben, sich diesem Projekt und Programm nicht weiter anzuschließen und dieses ersatzlos zu streichen.

Danke schön. - Herr Innenminister, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um ein Programm, bei dem der Bund meines Wissens federführend ist. Einige Länder haben sich beteiligt, andere nicht. Nach Einschätzung der niedersächsischen Polizei war

eine Beteiligung zu der damaligen Zeit - ich denke, das ist ein Jahr her - nicht angezeigt, weil es andere Projekte zu fördern galt, die einen höheren Stellenwert genossen haben.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Unruhe)

Vielen Dank. - Ich bitte, diese Randgespräche einzustellen.

Die nächste Zusatzfrage stellt für die Fraktion der CDU der Kollege Nacke. Bitte fragen!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, Herr Minister Pistorius, dass Ihr Koalitionspartner, die Grünen, dem Verfassungsschutz immer mit ausgesprochenem Misstrauen gegenübergestanden hat und die heutige Fraktionsvorsitzende die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sogar seinerzeit als „Scheißhaufen“ bezeichnet hat - - -

(Helge Limburg [GRÜNE]: Peinlich ist das, Herr Nacke! - Zurufe von den GRÜNEN)

Wir sind immer noch bei dem Hintergrund. Und jetzt kommt die Frage!

Damit muss man sich schon einmal auseinandersetzen!

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube gerne, dass Ihnen das heute peinlich ist, meine Damen und Herren.

Herr Kollege, jetzt bitte die Frage!

Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, Herr Pistorius: Halten Sie an Ihrer Aussage aus der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 13. Mai 2014 fest? - Darin haben Sie Folgendes ausgeführt:

„‚Ich hatte ein solches Ergebnis“

- es geht um die Taskforce -

„nicht erwartet. Von den Daten, die die Taskforce im letzten Herbst vorgefunden

hat, werden in naher Zukunft nur gut 60 % übrig bleiben.‘ Das sei erschreckend … Vielmehr habe ‚das System offenbar versagt‘. Das Fazit des Ministers: ‚Nach diesen Ergebnissen liegt ein Fall von Organisationsverschulden vor.‘„

Ist Ihre Einschätzung über die Arbeit des Verfassungsschutzes nach wie vor so, oder stehen Sie inzwischen hinter dieser Behörde?

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Marco Brunotte [SPD]: Was hat das mit den Grünen zu tun?)

Danke. - Herr Innenminister Pistorius!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Nacke, vielen Dank für diese schöne Frage. Ich gebe gerne eine Antwort darauf, die Sie hoffentlich zufriedenstellen wird - davon gehe ich jedenfalls aus.

Ich habe seinerzeit exakt dies gesagt, und ich stehe auch dazu. Aber ich habe auch immer gesagt, dass ich das nicht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes anlaste - um es sehr deutlich zu sagen.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie werden in dieser Behörde niemanden guten Willens finden, der mir den Vorwurf macht, ich hätte das auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes ausgetragen.