Wenn Sie zu diesem Thema nichts zu sagen haben, sollten Sie doch besser schweigen und es nicht noch schlimmer machen.
Herr Thiele, Sie machen jetzt das Gleiche, und das wundert mich ein bisschen. Im Ausschuss haben wir eine sehr sachliche Debatte geführt, auch seitens Ihrer Fraktion. Es ist doch nicht richtig, dass die EU hier einfach vorangerannt ist und sich in Kleinkram einmischt, der national besser zu regeln wäre.
Wir haben einen internationalen Markt für Gebrauchsgegenstände im Haushalt, für Gebrauchsgegenstände wie Kaffeemaschinen und Staubsauger. Es macht doch Sinn, und es ist explizit der Wunsch der nationalen Regierungen und der Bundesregierung gewesen, hier auf europäischer Ebene Regelungen zu finden.
Mit Erlaubnis des Präsidiums lese ich Ihnen jetzt einmal vor, was die Bundesvorsitzende Ihrer Partei, die Bundeskanzlerin, im Koalitionsvertrag der Großen Koalition unterschrieben hat.
„Auf europäischer Ebene werden wir uns mit Nachdruck für dynamische und anspruchsvollere Standards für energierelevante Produkte im Rahmen der Ökodesignrichtlinie einsetzen.“
Das hat sie unterschrieben, und sie hat recht damit getan. An dieser Stelle hat die Große Koalition richtig gehandelt, und das wird auch von den Grünen in Niedersachsen unterstützt.
Herr Thiele, Sie täten gut daran, wenn sich die CDU geschlossen an Ihre Bundesregierung halten würde. Bitte unterstützen Sie eine sinnvolle Sache, und hören Sie auf, Nebelkerzen zu werfen!
Vielen Dank. - Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Herr Kollege Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens, CDUFraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wundere mich doch schon, dass die Emotionen hier so hochgehen. Ich stelle für mich fest: Weder ist Europa gefährdet noch freut sich die FDP über hohe Energieverbräuche.
Angesichts der durchaus ruhigen und sachlichen Debatte im Ausschuss kann man vielleicht sagen: Die Debatte hatte vielleicht keinen ausgesprochenen Tiefgang, sie war aber auch nicht flach. Wir haben das Thema doch ganz ordentlich beleuchtet, und ich versuche jetzt, wieder dahin zurückzukommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der FDP, ich stimme meinem Generalsekretär zu. Sie sprechen mit Ihrer Überschrift in der Tat vielen meiner Kollegen von der CDU und auch den meisten Bürgerinnen und Bürgern aus der Seele. Wer wollte nicht überflüssige Bürokratie, und vor allem die an entfernter Stelle in Brüssel, abschaffen?
Auf den ersten Blick sieht das auch ganz plausibel aus. Wir haben beim Thema Ökodesignrichtlinie aber doch eine etwas differenziertere Position als die FDP, und auf den zweiten Blick hält Ihr Antrag unseren Ansprüchen nicht ganz stand.
Worum geht es bei der Ökodesignrichtlinie? Diese Richtlinie ist eines der Instrumente des EU-TopRunner-Ansatzes, dessen Ziel die stärkere Marktdurchdringung effizienter Produkte im EU-Binnenmarkt ist. Die Ökodesignrichtlinie bildet den europäischen Rechtsrahmen für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung dieser energieverbrauchenden Produkte, und es geht darum, dass Mindestanforderungen für verschiedene Produktgruppen festgelegt werden.
Herr Hocker, das wird dann durch eine EU-Verordnung umgesetzt. Die Richtlinie sieht aber auch vor, dass sich die Industrie freiwillig zur Einhaltung neuer Effizienzstandards verpflichten kann. Die Europäische Kommission legt in einem Programm regelmäßig fest, welche Produktgruppen künftig behandelt werden. Dazu gibt es Vorstudien.
Sie merken: Das ist ein aufwendiger Vorgang. Wenn man das alles verfolgt, wird deutlich, dass das alles sehr umfangreich ist. Das führt eventuell auch zu Belastungen. In Konsultationsforen werden die interessierten Kreise - Industrie, KMU, Handwerk, Gewerkschaften, Groß- und Einzelhandel, Importeure, Umweltschutz- und Verbraucherorganisationen - beteiligt. Die Beispiele - Sie haben sie vorhin schon genannt -, was erfasst, bewertet und geregelt wird, erspare ich mir nun.
Jetzt zu unserer Wertung: Natürlich kann man sagen, dass das Handeln der Kommission in vielem zu weit in die Selbstbestimmung des mündigen Bürgers eingreift. Natürlich kann man argumentieren, dass sich allein durch den Wettbewerb im Markt das effizientere Produkt herauskristallisiert. Das ist auch bei vielen Dingen angesichts hoher Energiepreise zu erwarten.
Allerdings verhindern geringe Verbrauchsmengen eine Verhaltensänderung des Verbrauchers. Herr Hocker, wer kontrolliert denn schon den ökologischen oder energetischen Fußabdrucks seines Föhns? - Das macht niemand! Aber wenn 500 Millionen Europäer nur noch die Hälfte des Stroms für ein solches Produkt verbrauchen, macht es in der Tat eventuell ein Kraftwerk überflüssig, Herr Bajus; das mag sein.
Daran glaubt die Politik: Wir glauben, dass wir die Kraft haben zu regulieren. Wir glauben, dass wir das Verhalten von Herstellern und Handel beeinflussen können und das auch tun müssen. Durch zusätzlichen Druck kann man eventuell auch Innovationszyklen beschleunigen.
Natürlich besteht die Gefahr, dass wir überregulieren und zu stark eingreifen. Natürlich macht man dabei auch Fehler. Produkte können dann auch falsch angewandt werden oder ganz aus dem Markt verschwinden, weil sie nicht mehr dem Verbraucherwunsch entsprechen.
Vor dem Hintergrund dieses Konflikts sehen wir als CDU auf der einen Seite durchaus die Notwendigkeit, die Trends zur Verbesserung der Produkte durch den Druck in Form von Verordnungen zu verstärken. Auf der anderen Seite sehen wir auch den Wunsch von Industrie und Verbrauchern, sich nicht bevormunden zu lassen. Wir sehen auch die teilweise gegebene Überlastung, die durch die Verordnungen verursacht wird.
Sicherlich wären an mancher Stelle weniger Bürokratie und mehr Freiheit wünschenswert. Darüber und auch über andere Ausgestaltungsmöglichkeiten des Top-Runner-Ansatzes - wie schafft man auch ohne Richtlinien eine stärkere Marktdurchdringung mit effizienten Produkten? - sollten wir uns durchaus noch einmal auseinandersetzen. Die grundsätzliche Ablehnung der Ökodesignrichtlinie halten wir allerdings für überzogen.
Wir sind gerne zu einer Debatte über Korrekturen bereit. Aber diesen Ansatz haben die Kollegen von der FDP nicht verfolgt. Ihnen ging es hier einzig und allein um die Frage: Ja oder Nein, Schwarz oder Weiß, Hopp oder Top? Diese Frage hat sich für uns nicht gestellt. Sie haben auch keinen ernsthaften Einigungsversuch unternommen, Sie haben keinen Änderungsvorschlag angeboten, Sie haben auch keinen Verbesserungsvorschlag unterbreitet.
Deshalb haben wir an der Stelle entschieden, uns zu enthalten. Da wir den Ansatz „weniger Bürokratie aus Brüssel“ teilen, werden wir den Antrag nicht ablehnen. Andererseits können wir dem Antrag mit der undifferenzierten Forderung nach Abschaffung eines Instruments zur Effizienzsteigerung nicht zustimmen.
Wir selbst haben keinen Änderungsantrag vorgelegt; das könnten Sie kritisieren. Aber daran können Sie erkennen, dass von uns derzeit nicht die Dringlichkeit gesehen wird. Wenn Sie dieses Thema noch einmal angehen wollen und Verbesserungen erarbeiten möchten, können wir - das bieten wir an - gerne einen neuen Anlauf im Rahmen des europäischen Top-Runner-Ansatzes unternehmen.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Jetzt hat sich der Umweltminister, Herr Wenzel, zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Deneke-Jöhrens, sehr geehrter Herr Thiele, ich würde es bedauern, wenn Sie sich nur enthielten. Sie haben in Ihren Beiträgen durchaus differenziert deutlich gemacht, wo die Bedeutung dieser Richtlinie liegt. Ich habe mir die verschiedenen Stationen der Beschlussfassung im Ministerrat und der Umsetzung in deutsches Recht angeschaut. Herr Brammer hat schon darauf hingewiesen: Die CDU war in der Regel mit dabei, auch bei der Umsetzung, die FDP wahrscheinlich in Teilen auch.
Im Kern, meine Damen und Herren - deshalb kann man das nicht im Kreistag regeln -, geht es hierbei um Wettbewerbsrecht, um Handelsrecht und auch um Innovation. Innovation ist im Grunde das Kernziel, das mit dieser Richtlinie verfolgt wird.
Wenn man auf der anderen Seite sieht, Herr Thiele, dass Ihre Partei in einem internationalen Abkommen unter dem Namen „TTIP“ regeln will,
dass auch andere auf der Welt unter dem Namen „Spreewälder Gurken“ Gurken nach Spreewälder Art vertreiben dürfen, auch wenn sie nicht aus dem Spreewald kommen, dann sage ich, dass man das
lieber nicht tun sollte. Man sollte das auf den Hersteller und die Region beziehen, die dieses Produkt ursprünglich auf den Markt gebracht haben.
Aber wenn wir über die in Rede stehende Richtlinie sprechen, sprechen wir im Kern über einen TopRunner-Ansatz, dann sprechen wir über die Frage, wie wir der effizientesten Technologie am Markt zum Durchbruch verhelfen können. Meine Damen und Herren, was spricht eigentlich dagegen, wenn man die Möglichkeit hat, sparsame, effiziente Computer oder Elektrogeräte zu kaufen? Was spricht dagegen, dass der Stromverbrauch der Geräte im Stand-by-Modus weitgehend reduziert oder abgeschafft wurde? Allein für die Stand-byVerbräuche mussten lange Zeit große Mengen Strom produziert und entsprechende Kapazitäten im Kraftwerksbereich vorgehalten werden, und die Verbraucher mussten unnötig hohe Stromrechnungen bezahlen. Was spricht dagegen, beispielsweise den Stromverbrauch im Haushalt zu halbieren, was heute nämlich möglich ist, wenn man tatsächlich die effizientesten Geräte anschafft?
Meine Damen und Herren, das kommt doch nicht von allein! Die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher sind doch sehr froh, wenn sie durch eine transparente Kennzeichnung die Möglichkeit erhalten, zu erkennen, ob Preis, Stromverbrauch und Leistung eines Geräts in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Die meisten werden sich dafür entscheiden, was ihnen im Einzelfall wichtig ist. Dem einen oder anderen ist die Höhe des Stromverbrauchs sehr wichtig, dem einen oder anderen vielleicht ein anderes Qualitätskriterium. Aber darum geht es, nämlich die Verbraucherinnen und Verbraucher souverän zu machen und gleichzeitig den neuesten Technologien zum Durchbruch zu verhelfen.
Studien beispielsweise der Deutschen EnergieAgentur haben ergeben: Wir können mit diesem Ansatz gut und gern 10 % des deutschen Stromverbrauchs einsparen. Das ist eine durchaus interessante Größenordnung, nämlich 60 TWh je Jahr; das sollte man nicht unterschätzen. Deswegen würde ich mich freuen, wenn hier nicht nur die Regierungsfraktionen, sondern wenn auch die CDU diesem innovativen Ansatz zustimmen würde.
Am Ende, meine Damen und Herren, ist es bei solchen Ansätzen natürlich immer auch wichtig, dass es eine praxisgerechte Ausgestaltung der Durchführungsverordnung gibt. Uns liegt sehr daran, dass hierbei wirtschaftliche, soziale und gesundheitliche Aspekte beachtet werden und dass vor allen Dingen auch eine Akzeptanz beim Bürger erreicht werden kann.
Was die Zukunft dieser Richtlinie angeht, möchte ich noch einmal auf die Herausforderungen verweisen, die sich für uns im Bereich eines effizienten Ressourceneinsatzes ergeben. Ein Stichwort dabei sind z. B. die seltenen Erden. Es ist von ganz entscheidender Bedeutung, Produkte so herzustellen, dass diese Ressourcen nur zu geringen Anteilen genutzt werden, dass sie recyclingfähig sind oder dass Module anschließend weitergenutzt werden können.
Wenn es gelingt, solche Produkte am Ende in Europa voranzubringen, ergibt sich für diese innovativen Produkte auch eine Chance, auf den Märkten der Welt erfolgreich zu sein und gleichzeitig etwas für die Energieeinsparung, für die Energiewende und den Klimaschutz tun.