Vielen Dank, Herr Kollege Bratmann. - Für die CDU-Fraktion erteile ich jetzt dem Abgeordneten Clemens Lammerskitten das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer die drei Vorredner gehört hat, versteht eigentlich nicht so richtig, wo das Problem liegt; denn wir alle haben das gleiche Ziel, gute Schule in Niedersachsen zu organisieren. Wir alle sind uns einig darüber, dass Schulsozialarbeit bislang eine kommunale Aufgabe war. Und wir alle sind uns darüber einig, dass wir mehr Schulsozialarbeit an unseren Schulen brauchen.
Herr Försterling von der FDP-Fraktion hat dargestellt, wie die Situation draußen an unseren Schulen ist; denn wenn man draußen an den Schulen den Koalitionsvertrag gelesen hat, kann man es dort gar nicht verstehen - wenn man solche Zielsetzungen hat -, dass sich dann Entwicklungen einstellen, in deren Folge Ende 2013 300 Schulsozialarbeiter von den Schulen abgezogen werden und in den Schulen Unsicherheit herrscht, was mit den Schulsozialarbeitern wird, die über das Hauptschulprofilierungsprogramm finanziert werden und häufig keinen festen Arbeitsplatz haben.
Daran wird das Problem deutlich. Wir alle sehen das Problem. Wir brauchen eine Lösung. Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag beschrieben, wie Sie sich das vorstellen. Das Problem ist aber, dass Sie nicht intensiv genug daran arbeiten. Wir Parlamentarier fragen uns, wann und wie uns diese Lösung präsentiert wird.
Die CDU-Fraktion hat im März den Wunsch auf Unterrichtung zu diesem Thema geäußert. Diese ist durch die Mehrheitsfraktionen abgelehnt worden.
Man muss sich vorstellen: Anderthalb Jahre nach dem Abfassen des Koalitionsvertrages und nach der Presseerklärung des Kultusministeriums vom Herbst letzten Jahres, dass man eine Bestandsaufnahmen machen will, dass man ein Konzept erarbeiten will, kennen wir Parlamentarier gar nichts.
Dass dies zu Verunsicherung an unseren Schulen führt, dass Eltern besorgt sind, dass Schulleiter nicht wissen, wie es am 1. Januar 2015 weitergeht, dass Schulträger bezüglich der Arbeitsverträge verunsichert sind, können wir so nicht weiter hinnehmen. Deswegen ist es gut, dass die FDPFraktion diesen Antrag gestellt hat. Damit kommen wir endlich zu einer parlamentarischen Diskussion darüber, wie wir das hier möglichst schnell einer Lösung zuführen können. Wir als CDU-Fraktion werden uns an dieser Diskussion insbesondere mit einer Anfrage beteiligen, damit wir noch in einigen Punkten Klarheit bekommen.
Ich hoffe, dass es uns in den dann folgenden Ausschussberatungen gelingen wird, zu einer gemeinsam getragenen Lösung zu kommen. Dies erwarten die kommunale Landschaft, die Eltern, die Schulleiter und die Schülerinnen und Schüler auch von uns. Eigentlich bin ich mir sogar sicher, dass uns das gelingen wird. Wir sollten aber das Tempo erhöhen. 15 Monate im Prinzip nichts oder nur wenig zu tun, reicht nicht.
Danke, Herr Lammerskitten. - Für die Landesregierung hat jetzt Frau Kultusministerin Heiligenstadt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Schulische Sozialarbeit ist ein wichtiger Bestandteil der pädagogischen Konzeption von Niedersachsens Schulen. Deshalb ist es gut, dass die rot-grüne Koalition den Ausbau der schulischen Sozialarbeit im Koalitionsvertrag als einen wichtigen Bestandteil der Bildungspolitik in Niedersachsen beschrieben hat. Wir werden diese wichtige Aufgabe natürlich auch angehen, meine Damen und Herren.
Die Forderung aus dem Entschließungsantrag nach einem klar strukturierten Mitteleinsatz für die schulische Sozialarbeit kann nur begrüßt werden. Sie umzusetzen ist allerdings nicht so einfach, wie es in dem Entschließungsantrag aufgelistet ist. Ein sinnvoller und sehr effektiver Einsatz der Ressourcen setzt eine sehr gute Kenntnis des tatsächlichen Bedarfs voraus. Bei der Ermittlung dieses Bedarfs ist das Zusammenspiel des außerschulischen und des innerschulischen Unterstützungssystems zu berücksichtigen. Weitere Faktoren sind z. B. Schuldaten, besondere soziale Problemlagen oder der Zugang zu Beratungsangeboten und den kommunalen Fachstellen vor Ort. Da ist die Lage im Land schon sehr heterogen. Hier ist also eine überaus komplexe Situation zu betrachten, bevor pauschale Aussagen über den Einsatz von Ressourcen getroffen werden können.
Wir werden im Rahmen der Bestandsaufnahme die Situation der schulischen Sozialarbeit in Niedersachsen insgesamt zu betrachten haben. Es gibt unterschiedliche Beschäftigungsformen, unterschiedliche Aufgabenzuschreibungen und unterschiedliche Trägerkonstellationen für die vielfältige Arbeit der schulischen Sozialarbeit.
Im Hinblick auf den Mitteleinsatz ist an dieser Stelle grundsätzlich festzustellen, dass nach Möglichkeit auch die bereits jetzt im System vorhandenen Ressourcen des Landes, der Kommunen, der freien Träger und der Kirchen für die Weiterentwicklung genutzt werden müssen. Ich danke den Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen, dass sie für eine Absicherung des Hauptschulprofilierungsprogramms im Jahr 2014, aber auch - über eine Verpflichtungsermächtigung - für die Jahre 2015 und
Eine vollständige Kompensation der vom Bund befristet, bis Ende 2013, gewährten Mittel aus dem sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket für die Übernahme der Kosten des Mittagessens bedürftiger Schulkinder in Horten sowie für nicht näher definierte Schulsozialarbeit ist vor dem Hintergrund der Haushaltslage des Landes allerdings nicht darstellbar. Wie viele Stellen in den Kommunen konkret für schulische Sozialarbeit eingerichtet worden sind, ist derzeit z. B. keineswegs bekannt und müsste erst einmal im Rahmen einer Bestandsaufnahme - die natürlich auch mit den kommunalen Spitzenverbänden abzusprechen wäre - eruiert werden.
Meine Damen und Herren, ein künftiges Gesamtkonzept muss viele Aspekte berücksichtigen und darüber hinaus wirkungsvoll, möglichst unkompliziert, nachhaltig und finanzierbar sein. Wir sind auf dem Weg dahin, diese Bestandsaufnahme zu machen.
Dabei ehrt es mich schon, sehr geehrter Herr Försterling, dass die FDP-Fraktion bereits unruhig wird, wenn ich nicht innerhalb eines Jahres ein Konzept zu einem Thema vorlege, für das die schwarz-gelbe Regierung in zehn Jahren kein fertiges Konzept vorgelegt hat.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Der FDP steht noch eine Restredezeit von 1:04 Minuten zu. Da die Landesregierung ihre Redezeit nicht überschritten hat, kann ich Ihnen auch nur für diesen Zeitumfang das Wort erteilen, Herr Försterling. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausführungen der Ministerin haben mich schon etwas erschreckt. Ich hatte in der heutigen Debatte in der Tat kein Konzept der Ministerin erwartet; denn ansonsten hätte man ja eine Unterrichtung im Ausschuss machen können. Aber dass Sie, Frau Ministerin, seit 14 Monaten davon reden, dass man erst einmal eine Bestandsauf
Machen Sie diese Bestandsaufnahme! Sie ist in Niedersachsens Schulen nötiger denn je. Stattdessen halten Sie hier Sonntagsreden über die Notwendigkeit von Schulsozialarbeit.
Sie, Frau Ministerin, verweigern sich einer anständigen Bestandsaufnahme, und Sie, meine Damen und Herren von den Fraktionen von SPD und Grünen, verweigern sich, das Problem klar zu benennen. Sind Sie bereit, genügend Gelder zur Verfügung zu stellen, ja oder nein? - Wir sind bereit, das zu tun. Gehen Sie mit uns gemeinsam diesen Weg! Es ist gut für die Schüler in Niedersachsen - sie brauchen es mehr denn je.
Vielen Dank, Herr Försterling. Auch das war eine Punktlandung. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deswegen schließe ich die Beratung zu Tagesordnungspunkt 32.
Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, federführend den Kultusausschuss und mitberatend den Ausschuss für Haushalt und Finanzen mit der Beratung zu befassen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die nach der Geschäftsordnung erforderlichen Stimmen für eine Ausschussüberweisung. Damit ist das so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung: Flächendeckende Geburtshilfe in Niedersachsen nachhaltig sichern und Arbeit der Hebammen endlich würdigen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1329
Zur Einbringung hat sich für die SPD-Fraktion die Abgeordnete Frau Dr. Thela Wernstedt gemeldet. Ich erteile ihr das Wort. Bitte, Frau Kollegin!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Beruf der Hebamme ist wichtig, und das nicht erst in diesen Tagen.
Schwangere Frauen verlassen sich seit Urzeiten auf die Kenntnisse und den kundigen Beistand von Geburtshelferinnen. Gesellschaftliches Ansehen, Tätigkeitsfeld und Vergütung sind allerdings im Laufe der Zeit unterschiedlich gewesen.
Wir heute schätzen, gesellschaftlich gesehen, den Beruf der Hebamme sehr hoch, bezahlen ihn schlecht und laufen Gefahr, ihn zu verlieren. Die freien Kräfte des Marktes, Erfolge von Medizin und Pflege und eine veränderte Rechtsprechung sorgen dafür, dass viele in Heilberufen Tätige ihre Risikoabsicherung mit einer Berufshaftpflichtversicherung nicht mehr bezahlen können.
Was ist die Problemlage? - Wenn bei einer Heilbehandlung - und dazu zählt auch die Geburtshilfe - ein Mensch zu Schaden kommt, wird seitens der Betroffenen auf Schadensersatz geklagt. Die üblichen Positionen dabei sind Verdienstausfall, Heilbehandlungskosten, Schmerzensgeld, Pflege-, Fahrt-, Umbau- und Haushaltshilfekosten. So können pro Schadensfall ein- bis zweistellige Millionensummen entstehen.
Um sich für solche Fälle abzusichern, schließen die in Heilberufen Tätigen eine Berufshaftpflichtversicherung ab - bei Ärzten ist das sogar vorgeschrieben, um die Patienten abzusichern. Es gibt dabei sogenannte Hochrisikofachrichtungen, zu denen Geburtshelfer, Hebammen und Ärzte, aber auch Anästhesisten und Chirurgen zählen.
Die Haftpflichtprämien steigen seit etlichen Jahren steil an. Denn es gibt immer mehr medizinische und pflegerische Möglichkeiten, zu helfen, wenn ein Mensch bei einer Behandlung zu Schaden kommt. Überlebenszeiten werden länger, und die Bereitschaft der Justiz, im Schadensfall großzügig im Sinne der Geschädigten zu urteilen und hohe Schadensersatzsummen zuzuerkennen, wächst. Das führt zu steigenden Schadensersatzsummen für die Versicherungen, obwohl die Zahl der Fälle nicht zugenommen hat.
Das ist, für sich betrachtet, grundsätzlich wünschenswert und nachvollziehbar. Die Problemlage entsteht in der Zusammenschau. Eine Hebamme übt nach drei Jahren Lehre und viel praktischer
Erfahrung einen qualifizierten Beruf aus. Wenn sie nicht im Krankenhaus beschäftigt ist, sondern als freie Hebamme Geburten zu Hause, im Geburtshaus oder in einer Krankenhausbelegabteilung begleitet, verdient sie ungefähr 8,50 Euro pro Stunde und hat einen Jahresverdienst unter 25 000 Euro.
Die Summen für die Versicherungen sind in den letzten Jahren von wenigen Hundert auf über 5 000 Euro im Jahr angestiegen. Niedergelassene ärztliche Geburtshelfer müssen nach Auskünften des Berufsverbandes der Frauenärzte bei einer Vergütung von 200 Euro pro natürlicher Geburt 240 Geburten im Jahr begleiten, um überhaupt ihre Haftpflichtsumme von knapp 50 000 Euro pro Jahr begleichen zu können.