Protocol of the Session on March 27, 2014

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Es gibt den Wunsch zu einer Kurzintervention auf Sie. Herr Kollege Nacke, bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Limburg, damit Sie das nicht missverstehen: Wenn Sie hier immer von „Ihrem Bericht“ sprechen, dann haben Sie natürlich insofern recht, als dass es ein Bericht ist, den die CDU-Landtagsfraktion veröffentlicht hat. Aber dem

Berichtstext ist klar zu entnehmen, und auch in der Öffentlichkeit ist deutlich geworden, dass diese Kommission von der CDU-Fraktion keine Vorgaben bekommen hat. Im Gegenteil! Es haben zwei Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion mitgearbeitet, und die anderen Kommissionsmitglieder sind auch CDU-Politiker. Sie sind aber nicht Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion! Wir haben ganz bewusst gesagt: Bitte, gebt uns Hinweise und Ratschläge! Was glauben Sie, wie spannend es wäre, wenn Sie jetzt die Chance hätten, mit diesen ausgewiesenen Experten in einer Enquetekommission über genau diese Fragen zu diskutieren!

Ich brauche an dieser Stelle nicht überzeugt zu werden. Ich will gern einräumen: Für alles das, was bis zum Jahr 2013 vor dem Regierungswechsel passiert ist, trägt die alte Landesregierung mit ihren CDU- und FDP-Ministern und dem ehemaligen Ministerpräsidenten die Verantwortung. Ich würde mir manchmal wünschen, dass sich die jetzige Landesregierung in gleichem Maße zu ihrer politischen Verantwortung für den Verfassungsschutz und die Staatsanwaltschaften bekennen würde. Beim Innenminister ist doch das Muster erkennbar, dass immer die anderen schuld sind, wenn etwas schiefgelaufen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Also: Eine Enquetekommission ist etwas ganz anderes als eine Regierungskommission und etwas ganz anderes als ein Gesetzgebungsverfahren. Natürlich wird das Gesetz hier so beraten, wie Gesetze in diesem Landtag immer beraten werden. Hier geht es aber weiter, hier geht es breiter: Hier geht es um Themen, die von allen mitgetragen werden. - Ich muss Ihnen doch nicht erklären, was in einer Enquetekommission passiert.

Aber wenn Sie die Enquetekommission nicht wollen, weil Sie sich zwischen SPD und Grünen nicht einig werden können - ich habe Ihnen das oft genug vorgehalten -, dann müssen Sie das hier auch deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. - Herr Limburg antwortet.

Vielen Dank. - Herr Kollege Nacke, nur zum letzten Punkt, dem von Ihnen immer wieder unterstellten Zwist bzw. der Uneinigkeit zwischen SPD und

Grünen gerade in der Frage der öffentlichen Sicherheit. Heute ist schon zu Recht erwähnt worden, dass der heutige Innenminister, mit dem ich das Vergnügen hatte, Teile der Koalitionsgespräche zu führen, gekämpft hat wie ein Löwe. Das galt auch für die Grünen. Gemeinsam hat diese Gruppe ein wunderbares Ergebnis gefunden, hinter dem beide Parteien und beide Fraktionen 100-prozentig stehen.

Tun Sie also bitte nicht so, als gäbe es hier Konflikte, Herr Nacke! Die mögen Sie sich zwar wünschen, aber in der Sache bestehen sie nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Dr. Birkner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Antrag der CDUFraktion im Wesentlichen drei Bemerkungen machen:

Erstens ist es, denke ich, nach wie vor unstreitig, dass beim Verfassungsschutz Reformbedarf besteht. Ich möchte aber noch einmal klarstellen, dass sich dieser Reformbedarf in erster Linie daraus ergibt - Herr Limburg behauptet zwar immer, dass es auch noch weitere Anhaltspunkte gibt, aber den Beweis dafür ist er nach wie vor nicht angetreten -, dass im Rahmen des NSU-Skandals, der NSU-Affäre, der Morde des NSU Versäumnisse bei den Verfassungsschutzbehörden offenbar geworden sind. Diese werden nun bundesweit angegangen.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Herr Limburg, Sie behaupten immer wieder - und das haben Sie auch heute wieder getan -, dass es quasi auch eine politische Beeinflussung gegeben hat. Dazu möchte ich aber an Folgendes erinnern: Der Innenminister hat in seiner Pressemitteilung vom 18. September letzten Jahres gesagt, dass die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde über Jahre hinweg rechtswidrigerweise Daten von publizistisch und journalistisch tätigen Personen gespeichert und Journalisten systematisch beobachtet habe. Aber dieser Vorwurf, meine Damen und Herren, lässt sich angesichts der Akten, die

ich gesehen habe, nicht mehr aufrechterhalten! Deshalb ist das, was Sie hier gesagt haben, solange deutlich zurückzuweisen, so lange die TaskForce nicht alle Ergebnisse offengelegt hat und deutlich gemacht worden ist, dass der Reformbedarf tatsächlich nicht nur aufgrund des NSUSkandals, sondern auch aus anderen Gründen besteht. - Das war die erste Bemerkung.

Die zweite Bemerkung: Wir begrüßen ausdrücklich die Initiative der CDU-Fraktion, durch diesen erneuten Antrag zur Einsetzung einer Enquetekommission eine öffentlich breit getragene Diskussion über die Stärkung eines effektiven Verfassungsschutzes zu erreichen. Wir wollen klar formulierte gesetzliche Grundlagen für die Arbeit des Verfassungsschutzes. Dieses Verfassungsschutzgesetz gibt dies in weiten Teilen eben nicht in der Klarheit her und hat meines Erachtens auch in weiten Teilen Nachbesserungsbedarf.

Neben der Frage der V-Leute - wahrscheinlich kann man sich dabei relativ schnell einigen; denn dies ist bundesweit mehr oder minder konsentiert; die Innenministerkonferenz, die Fraktionen und die Parteien haben dazu eigentlich sehr übereinstimmende Vorstellungen - gilt aus unserer Sicht der Reformbedarf in Niedersachsen insbesondere auch hinsichtlich der Frage, wie wir uns als Parlament gegenüber dem Verfassungsschutz verstehen: Wie wollen wir sicherstellen, dass wir eine effektive parlamentarische Kontrolle ausüben? - Ich habe meine Zweifel, dass wir bisher in der Lage sind, effektiv zu kontrollieren. Ich denke, dass hierzu gesetzliche Grundlagen geklärt werden müssen. Aber es müssen auch faktische Gegebenheiten dazu geklärt werden, wie wir diese Arbeit ausüben können. Ich denke an die Formulierung eines Akteneinsichtsrechts im Verfassungsschutzgesetz.

Meine Damen und Herren, dieses Recht steht in dem Gesetz nicht drin. Das ist eigentlich ein Unding. Natürlich können wir das aus der Verfassung ableiten. Das ist nicht das Problem. Aber in dem Gesetz, in dem es eigentlich ausdrücklich formuliert sein müsste, ist es nicht formuliert.

Das sind Defizite, die wir als Parlamentarier nicht hinnehmen können. Das setzt sich fort. Das setzt sich übrigens auch hinsichtlich der Fragen fort: Wie ist eigentlich der Zugang zu den vertraulichen Akten gewährleistet? Wie können wir das sicherstellen? Und insgesamt: Wie können wir auch den Landtag als Ansprechpartner für Mitarbeiter des Verfassungsschutzes - ich sage einmal: für den

klassischen Whistleblower - stärken, damit solche Mitarbeiter wirklich die Möglichkeit haben, sich vertraulich an den Landtag zu wenden? Wie können wir dies institutionalisiert verbessern?

Die dritte Bemerkung: Die Enquetekommission ist ein geeignetes Instrument, all dies zu diskutieren. Herr Limburg, ich will Sie noch einmal daran erinnern, dass Sie einmal gesagt haben: Ach, wir können doch erst einmal die Beratung des Antrages zur Enquetekommission zurückstellen, dann warten wir, bis der Innenminister mit seinem Ergebnis der Kommission kommt - im ersten Quartal oder in den ersten Wochen, so sage ich einmal -, und dann reden wir erneut über die Enquetekommission.

Schon da habe ich Ihnen entgegengehalten, dass Sie mit Zeitdruck argumentieren und dass Sie selbst sagen, dass das ganz schnell gehen muss. Das heißt, Ihr damaliges Angebot, so lange zu warten, ist vor dem Hintergrund Ihrer heutigen Argumentation, dass wir gar keine Zeit hätten und dass wir die Unsicherheit sozusagen fördern würden und keine rechtsicheren Grundlagen für den Verfassungsschutz hätten, ad absurdum geführt. Das zeigt, dass Sie es schon damals nicht ernst gemeint haben und heute genauso wenig ernst meinen, diesen Weg zu gehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir bleiben dabei: Wir unterstützen diesen Antrag. Wir sind für die Einsetzung einer Enquetekommission. Dies ist eine Chance. Ich bitte auch die Regierung und die Regierungsfraktionen, dies so zu begreifen. Dies ist eine Chance, den Verfassungsschutz auf eine breite gesellschaftlich konsentierte Grundlage zu stellen. Diese Chance sollten wir wirklich nutzen, um eine effektive Verfassungsschutzarbeit gewährleisten zu können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Das Wort hat jetzt Marco Brunotte, SPD-Fraktion. Herr Brunotte, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich als Vorbemerkung eines deutlich machen: Natürlich gab es, bevor wir in den Koalitionsvertrag eingetreten sind, zwischen SPD und Grünen in Teilen durchaus unterschiedliche

Vorstellungen dazu, wie man mit dem Verfassungsschutz umgeht. Aber wir haben im Koalitionsvertrag einen tragfähigen Kompromiss gefunden. Dieser tragfähige Kompromiss ist so stark, dass er in dieser Legislaturperiode mit zur Umsetzung des Reformbedarfs und auch zur grundsätzlichen Akzeptanz des Hauses führt. Ich finde, das ist das, was Rot-Grün an dieser Stelle eint. Von daher sind alle Versuche, an dieser Stelle Uneinigkeit festzustellen, nicht zielführend.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist mittlerweile der dritte Antrag auf Einrichtung einer Enquetekommission, mit dem sich das Parlament beschäftigt. Im September, meine ich, haben wir den Antrag der FDP diskutiert. Im Oktober brachten die Kolleginnen und Kollegen der CDU das erste Mal den Wunsch auf Einrichtung einer Enquetekommission ein. Jetzt, im März, haben wir den dritten Antrag dazu.

Die Fragestellungen dieser drei Anträge sind zum Teil sehr unterschiedlich. Auch die Aufgabenstellungen lassen manchmal vielleicht den Verdacht aufkommen, dass es doch etwas beliebig ist, womit man sich denn jetzt auseinandersetzen will. Wir als Sozialdemokraten sehen im Verfassungsschutz - da sind wir sicher auch mit den Grünen zusammen - ein Element in der Sicherheitsarchitektur dieses Landes, das eine besondere Rolle hat, eine besondere Verantwortung trägt, dem Schutz der Demokratie verpflichtet ist und im Rahmen der Rechtstaatlichkeit mit besonderen Eingriffsbefugnissen ausgestattet ist.

Ich glaube, dieser besonderen Bedeutung wird dieser Landtag auch gerecht, indem er das Thema Verfassungsschutz in dieser Legislaturperiode in sehr vielfältiger Form sehr kritisch diskutiert. Dieser Herausforderung werden wir gerecht.

Mit großem Interesse habe ich - ich weiß, dass das viele Kolleginnen und Kollegen gemacht haben - den vorgelegten Bericht der CDU gelesen, ein Bericht, der mit Gustav Radbruch beginnt und mit Helmut Schmidt schließt und sich, sozusagen eingerahmt von zwei Sozialdemokraten, mit der Zukunft des Hauses auseinandersetzt.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist ein Friedensangebot an Sie!)

- Genau, man könnte fast sagen, dies ist ein Angebot.

Ich will es ehrlich sagen: In dem Bericht steht - ich habe ihn wirklich mit Interesse gelesen - vieles drin, wozu ich sagen würde, dass das nicht falsch

ist. Das sind Denkanstöße. Das geht in der Diskussion in die richtige Richtung.

Aber ich muss Ihnen auch ehrlich sagen, dass mir etwas in Ihrem Bericht fehlt. Mir fehlen die Reflektion und auch die Frage: Was hat man in zehn Jahren Regierungshandeln dazu beigetragen, dass die Situation so ist, wie sie ist? - Auch die Anerkenntnis eines grundlegenden Reformbedarfes kann ich aus Ihrem Bericht in der Klarheit nicht lesen, weil dafür die eigene Kritik fehlt.

Ich glaube nicht - das hat der Kollege Limburg in den vorherigen Debatten deutlich gemacht -, dass wir es in Niedersachsen mit besonderen Verfehlungen des Verfassungsschutzes im Bereich des NSU zu tun haben.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Die struktu- rellen Defizite!)

Die strukturellen Defizite, die in anderen Verfassungsschutzbehörden festgestellt wurden, sind in Niedersachsen in der Form nicht aufgetreten. Ich glaube, das ist ein durchaus deutlicher Unterschied, den man feststellen muss.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aber wir haben es mit Problemlagen zu tun, die uns immer wieder beschäftigt haben. Ich will beispielsweise an das Thema „Schulung durch die Konrad-Adenauer-Stiftung“ erinnern, ich will an die Extremismusklausel, an Beobachtungsobjekte und Ähnliches erinnern, was die Diskussion berechtigterweise hier in das Haus getragen hat.

Wenn Sie den Anspruch haben, dass es eine unabhängige Expertenkommission gewesen ist, hätte ich mir gewünscht, dass Sie, wenn Sie sagen, der Austausch sei interessant gewesen, dieses Angebot an uns gerichtet hätten. Ich will es gleichermaßen in die andere Richtung sagen: Die Arbeitsgruppe, die Boris Pistorius eingerichtet hat, hat diesen Gesprächswunsch an die Fraktionen im Haus getragen. Ich muss ehrlich sagen: Ich glaube, Sie haben sich um ein gutes Gespräch gebracht. Wir haben uns mit dieser Arbeitsgruppe sehr intensiv ausgetauscht und ein sehr gutes Gespräch geführt. Von daher finde ich es schade, dass Sie dieses Gesprächsangebot, diesen Faden nicht aufgenommen haben.