Aber bis zuletzt haben wir gerungen. Vor der entscheidenden Sitzung des federführenden Wirtschaftsausschusses haben wir nämlich auf einige Widersprüche in der Fassung des Unterausschusses „Häfen und Schifffahrt“ und des Europaausschusses hingewiesen und versucht, diese zu streichen. Wenn Sie zugestimmt hätten, wäre etwas übrig geblieben, womit wir uns als Land Niedersachsen sehr stark gemeinsam gegenüber Brüssel hätten präsentieren können.
Sie haben diese Widersprüche vielleicht bis heute nicht erkannt. Aber wer auf der einen Seite sagt „Wir lehnen das Port Package ab“ und auf der anderen Seite in zwei oder drei der sechs einzeln aufgeführten Punkte deutlich macht, dass man an Änderungen interessiert sei, der begeht einen Widerspruch. Man lehnt das Port Package ab, sagt dann aber: Wenn das nicht klappt, dann machen wir das und das.
Um der Klarheit des Antrages willen sind wir nach den beiden Ausschusssitzungen noch einmal gemeinsam in uns gegangen, um deutlich zu machen: Wenn, dann wollen wir hier einen minimalen Antrag, der der Position der Landesregierung und des Bundesrates folgt. So ist es geschehen.
Meine zweite Bemerkung dauert nur eine Sekunde: Auch das ist ein untauglicher Versuch, RotGrün zu spalten.
Zu Wort gemeldet hat sich die Kollegin Susanne Menge, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön! Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die chinesische Staatsreederei COSCO hat bereits 2010 den hochprofitablen Containerterminal in Piräus übernommen und dort eine gewerkschaftsfreie Zone geschaffen mit der Folge von prekären Arbeitsbedingungen und Einbußen in der Sicherheit. Im nordgriechischen Thessaloniki ist trotz eines erhöhten Transport- und Arbeitsvolumens die Zahl der Hafenarbeiter in wenigen Jahren von 350 auf 220 gesunken, weil erzwungene Vorgaben Neueinstellungen untersagen.
Was hat Griechenland mit einem Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zur Schaffung eines Rahmens für den Zugang zum Markt für Hafendienste und für die finanzielle Transparenz der Häfen zu tun? Wie kann es sein, dass - im Duktus des EU-Kommissars gesprochen - Effizienzsteigerung und der Anspruch, mehr Wachstum und Beschäftigung zu erzielen, dann so aussehen wie in Griechenland?
Port Package III - was sich anhört wie eine dritte Paketverladestation im Hafen - ist in Wirklichkeit der dritte Versuch der EU-Kommission, europaweit
Hafenaufgaben wie das Ausbaggern, das Festmachen von Schiffen, Auffangeinrichtungen für Schiffsabfälle sowie Lotsendienste dem Wettbewerb auszusetzen. Es ist der erneute Versuch, einen Keil zwischen die Tarifpartner zu treiben und u. a. ins Streikrecht einzugreifen. Wie sonst soll man die Absicht der Kommission verstehen, mit sogenannten Notfallmaßnahmen die Hafenbehörden zum Einsatz anderer Betreiber zu ermächtigen?
Diese Verordnung greift in unser Wirtschaftssystem, in die soziale Marktwirtschaft ein, in der sich der Staat verantwortlich fühlt und einen Rahmen für wirtschaftliches Handeln setzt. Ich weiß, dass viele an dieser Stelle genau das verändern wollen. Allen Befürwortern dieses neoliberalen Marktverständnisses und Weltbildes sei an dieser Stelle in Erinnerung gerufen, was heute häufiger betont worden ist: dass wir den sozialen Frieden in unserem Land - auch den darf man als einen Ausdruck von Wohlstand bezeichnen - nicht zuletzt der Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu verdanken haben.
Dass der Veränderungsvorschlag in den Küstenbundesländern auf breite Ablehnung stößt, ist bemerkenswert. Denn damit zeigt eine breite Mehrheit der Politik, dass sie zur sozialen Marktwirtschaft steht und gewillt ist, die Möglichkeiten des Staates, Einfluss auf unser Wirtschaftssystem zu nehmen, aufrechtzuerhalten.
Das ist eigentlich ein deutliches Bekenntnis gegen die Deregulierung des Marktes, gegen Privatisierung und Liberalisierung, wären da nicht die nachdenklich stimmenden Hinweise gestern Abend von Professor Lammert, dass 90 % aller EUVerordnungen und -Entschließungen aus Deutschland selbst kommen.
Ein erster Kompromiss unter denen, die die Hafendienstleistungsverordnung ablehnen, hebt vier Aspekte hervor: ihre Rechtsform, neue administrative Strukturen, Eingriffe in das föderale System der BRD
Ein weiterer Kompromiss, der hier beschlossen werden sollte - ein gemeinsamer Antrag dieses Landtages -, war nicht möglich, was ich hier kurz begründen möchte. CDU und FDP lehnen - genau wie wir - den Vorschlag im Kern ab. Sie bestehen aber auf sechs Unterpunkte. Diese widersprechen unseres Erachtens dem eigentlichen Ablehnungstext. Denn sie fordern u. a. Ausnahmeregelungen sowie die Herausnahme spezifischer Hafendienstleistungen und pochen auf individuelle Entgeltregelungen. Hier mischt sich in den Ablehnungstext ein eigener kleiner Port-Package-III-Entwurf für die BRD. Dem wollen wir nicht zustimmen und stellen deshalb heute den rot-grünen Antrag zur Abstimmung.
Vielen Dank, Frau Menge. - Es liegt jetzt die Wortmeldung des Wirtschaftsministers vor. Herr Minister Lies, bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Europäische Kommission hat am 23. Mai einen Vorschlag für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für den Zugang zum Markt für Hafendienste und für die finanzielle Transparenz der Häfen vorgelegt - so die zunächst einmal positiv wirkende Formulierung. Über die Inhalte haben wir einiges gehört.
Auf Initiative der Küstenländer hat der Bundesrat den Verordnungsentwurf in seiner Sitzung am 20. September einstimmig abgelehnt. Sehr geehrter Herr Bode, ich glaube, das macht noch einmal deutlich, worum es geht. Es geht um die Unterstützung der Position dieser Landesregierung, um die Unterstützung einer Position, die auch der Bundesrat geschlossen eingenommen hat, nämlich darum, diese Verordnung in Gänze abzulehnen. Um dieses Signal bitte ich auch dieses Parlament, weil das sowohl der Landesregierung als auch der Bundesregierung im Kampf gegen diese Verordnung, gegen den Eingriff der Europäischen Union den Rücken stärkt.
Anderenfalls - das ist genau der Punkt, den auch der Abgeordnete Haase genannt hat - fangen wir an, über Details zu reden nach dem Motto: „Na ja, wir sind zwar gegen diese Verordnung, aber über die eine oder andere Stelle könnte man ja noch einmal reden.“ Das ist der falsche Weg, weil wir damit Tür und Tor öffnen.
Deswegen dieses klare Signal und deswegen auch meine Bitte: Alle diejenigen aus der Opposition, die jetzt sagen: „Unser Antrag ist nicht durchgekommen!“, können doch an dem Antrag der Regierungsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen nichts Falsches erkennen, weil er doch nichts anderes sagt, als dass wir den Eingriff, der dort stattfindet, ablehnen. An dieser Stelle besteht doch bei uns allen eine große Einigkeit. Ich wünsche mir wirklich, dass diese Einigkeit auch bei der Beschlussfassung am Ende der Beratung zu Tage tritt.
Und warum, meine sehr verehrten Damen und Herren? - Ich will nur einige Punkte wiederholen: der zusätzliche Verwaltungsaufwand, die gut funktionierenden Strukturen, die ohne Not verändert bzw. aufgegeben werden müssen, die angestrebte Marktöffnung für Hafendienste, die aber den spezifischen Besonderheiten der Hafendienste überhaupt nicht entspricht. Der Verordnungsvorschlag greift in die Eigentumsrechte der Hafenträger ein. Bagger- und Lotsendienste sowie Hafenauffangeinrichtungen müssen von den Anwendungsbereichen ausgenommen werden. Das ist doch unser gemeinsames Ziel!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich befürchte, dass es am Ende auch zu Verkehrs- und Ladungsverlagerungen zugunsten südeuropäischer Häfen kommen kann. Allein deshalb müssen wir schon deutlich sagen, dass wir diese Form von Eingriff ablehnen.
Es gibt eine Überregulierung des Wirtschaftsraums Hafen, und ich glaube, dass wir das, was dort gefordert wird, was nämlich in die Grundsätze der Marktwirtschaft eingreift, nicht wollen. Wir wollen in den europäischen Häfen weiterhin einen gut funktionierenden Wettbewerb - so, wie er auch heute schon funktioniert.
Herr Minister, eine Sekunde! - Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, ein bisschen ruhiger oder ganz ruhig zu werden. Es ist von dieser Seite
Danke schön, Herr Präsident. - Ich will noch einmal die drei bisherigen Aktivitäten, die im Wesentlichen nach außen gewirkt haben, deutlich machen: der gemeinsame Antrag der Küstenländer im Bundesrat - eine geschlossene Haltung des Nordens in der Ablehnung -, die gemeinsame Stellungnahme der Küstenländer an das Bundesverkehrsministerium und an die ESPO European Sea Ports Organisation - auch dort eine klare, geschlossene Haltung der Ablehnung - sowie das Ministerschreiben an den Berichterstatter im Transportausschuss, Herrn Fleckenstein, ebenfalls mit der klaren Haltung der Ablehnung.
Jetzt sind wir in einer Situation, in der wir nicht wissen, wie es weitergeht. Der Transportausschuss und auch das Europäische Parlament werden sich vor den Europawahlen natürlich nicht mehr mit diesem Verordnungsentwurf beschäftigen. Deswegen das klare Signal der Ablehnung. Wir wollen doch nicht, dass sich nach der Europawahl wieder mit dieser Form des Eingriffs beschäftigt wird. Wir wollen, dass das nicht wieder Thema wird! Wir wollen keine weitere Diskussion über den Eingriff in die niedersächsische Hafenstruktur! Das ist das klare Signal, und das ist die klare Botschaft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will kurz den Unterschied verdeutlichen: Während der Antrag der Opposition den Eindruck erweckt, als könne man den EU-Entwurf mit einigen Änderungen hier und da insgesamt noch akzeptieren, zeigen die Regierungsfraktionen deutlich in ihrer Haltung, dass der Vorstoß der EU abgelehnt wird. Ich bitte darum, dass dieses klare und richtige Signal heute auch vom Niedersächsischen Landtag ausgeht.
- Wenn Herr Hiebing einen Antrag auf zusätzliche Redezeit stellt, ist das möglich, nachdem der Minister gesprochen hat. Ist der Antrag gestellt, Herr Kollege Hiebing?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns in unseren Beratungen sehr häufig - und einmal auch ganz intensiv - mit den Aussagen des Abgeordneten Fleckenstein beschäftigt. Ich glaube, das hat jeder noch in Erinnerung.
Der Abgeordnete Fleckenstein hat mit uns sehr intensiv versucht zu erarbeiten, wie man mit solch einer möglichen Verordnung der Europäischen Union umgehen kann. Man kann sie ablehnen. - Das wollen wir ja auch.
Die Frage ist, ob wir sie in Gänze ablehnen oder ob wir auch Vorschläge machen, was wir inhaltlich als wichtig ansehen, damit uns die Leistungsfähigkeit der Häfen in Niedersachsen erhalten bleibt. Das war unsere Intention. Ich glaube, dass das auch diejenige ist, die zumindest politisch in die richtige Richtung führt, und dass wir in unserem Antrag auch für Niedersachsen vorwärts gedacht und das Richtige formuliert haben.
Danke schön. - Weitere Wortmeldungen? - Die FDP-Fraktion beantragt ebenfalls eine Minute. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hier gehen einige Dinge durcheinander. Ich möchte noch einmal sagen, dass der Antrag von CDU und FDP 1 : 1 der Stellungnahme der norddeutschen Länder entspricht.