Protocol of the Session on March 26, 2014

Vielen Dank, Frau König. - Wir haben zwei Kurzinterventionen, können aber nur eine zulassen. Herr Kollege Will, Sie waren der Erste. Der Zweite war Herr Schminke. Ich hoffe, Sie haben sich so verständigt.

(Zuruf)

- Herr Schminke!

Liebe Frau Kollegin König, ich muss Ihnen leider sagen, dass ich selbst aus einem kleinen Betrieb komme. Ich habe da gelernt und genau mitbekommen, wie es dort zuging. Ich weiß, wie es in ganz vielen kleinen Betrieben zugegangen ist, weil ich als Gewerkschaftssekretär und 16 Jahre als Geschäftsführer einer Baugewerkschaft gearbeitet habe. Mir müssen Sie nicht erklären, wie Kleinunternehmen agieren und mit ihren Leuten umgehen, mit gewählten Betriebsräten oder mit Leuten, die Betriebsratswahlen durchziehen wollen, die daran aber gehindert werden, mit welchen Mitteln auch immer; dazu könnte ich Ihnen ein ganzes Buch schreiben.

Was Sie hier sagen, ist nicht die Wirklichkeit. Sie haben im Ausschuss argumentiert: Ja, Betriebsräte, aber nur in den Großbetrieben.

(Gabriela König [FDP]: Nein!)

Sie sagen: Da ist das in Ordnung. Aber in kleinen Betrieben kann jeder selbst mit seinem Chef alles regeln. - Dies ist im Protokoll nachzulesen. - Das, was Sie sagen, ist leider nicht der Fall. Das ist schon gar nicht in Betrieben der Branchen der Fall, in denen wirklich mit hoher Kriminalität gearbeitet wird. Es sind Branchen, die wir alle kennen. Im Baubereich wurde mit hoher Kriminalität gearbeitet. Wir haben nicht umsonst Hauptzollämter, die die Baustellen bewaffnet kontrollieren. Warum denn wohl? - Missbrauch und Dumpinglöhne haben da immer schon eine Rolle gespielt. Diese Realität nehmen Sie gar nicht zur Kenntnis. Dafür gibt es Betriebsräte, die in den Betrieben genau hingucken und sagen, dass Werkvertragsarbeit anständig bezahlt werden muss. Dafür sind Betriebsräte da.

(Beifall bei der SPD)

Dafür ist ein Hauptzollamt da, das so etwas kontrolliert. Ich sage es Ihnen noch einmal: Die gehen da bewaffnet hin, und dies nicht aus Jux und Tollerei.

(Beifall bei der SPD)

Die FDP möchte antworten. Frau König, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schminke, Sie machen hier immer einen Terz. Das ist unglaublich!

(Beifall bei der FDP - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Wie bitte? - Gerd Ludwig Will [SPD]: Das ist unglaub- lich!)

Ich weiß zwar, dass Sie immer mit den Problemfällen zu tun gehabt haben; denn die Fälle, in denen es wirklich gut läuft, kommen bestimmt nicht zu Ihnen. Das ist ganz klar.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Deswegen können Sie hier auch nichts anders vertreten und sagen.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Deshalb hat er auch so viel zu tun!)

Aber auf der anderen Seite gibt es natürlich überall schwarze Schafe. Ich habe nie gesagt, dass in Kleinunternehmen keine Betriebsräte sein sollen. Die Arbeitnehmer sollen es aber entscheiden dürfen. Sie können doch nicht hingehen und einem kleinen Handwerker mit sieben oder acht Leuten vorschreiben, was er zu tun und zu lassen hat, und ihm dann Sanktionen auferlegen, wenn die Mitarbeiter das gar nicht wollen! Genau das ist aber der Ansatz, den ich Ihnen im Ausschuss versucht habe klarzustellen.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Keine Ah- nung!)

Es gibt mittlerweile die Tendenz, dass Sie sagen: Egal, ob zwei oder drei Leute beschäftigt sind. Wir wollen sie alle haben, auch wenn sie sich nur selber vertreten können. - Sie schlagen in der Beziehung wirklich eine sehr starke Tendenz ein. Dagegen wehren wir uns mit Händen und Füßen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, zu Wort gemeldet hat sich jetzt die Kollegin Maaret Westphely, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Tja, manchmal gibt sich die Tendenz im kleinen Wort zu erkennen. Sie sagten gerade, die betriebliche Mitbestimmung sei ein Entgegenkommen gewesen. Aber genau das ist nicht unsere Auffassung; denn die betriebliche Mitbestimmung ist ein Kernbestandteil unserer sozialen Marktwirtschaft;

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Helge Limburg [GRÜNE]: Rich- tig!)

denn sie unterstützt die soziale Stabilität des Gemeinwesens und stärkt die demokratische Kultur in unserem Land.

Ich habe mich schon bei den Ausschussberatungen sehr gewundert; denn da wurden die Passagen unseres Antrags kritisiert, in denen wir die Behinderung der Gründung und die Behinderung der Arbeit von Betriebsräten verurteilen. Es steht außer Frage, dass es Unternehmen gibt, in denen sich die Beschäftigten nicht dazu entschließen, sich in Form eines Betriebsrats zu organisieren. Das ist okay. Aber die betriebliche Mitbestimmung zu verhindern oder zu erschweren, das ist ein ganz

anderes Paar Schuhe; denn die Mitbestimmung ist ein in Deutschland verbrieftes Recht. Für dieses Recht sollten wir kämpfen. Dazu gehört auch, Missstände anzusprechen, wie wir es in unserem Antrag getan haben, und sie nicht aus Sorge vor Pauschalverurteilungen unter den Tisch fallen zu lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Schaut man sich beispielsweise im Einzelhandel um, wo der Beschäftigtenanteil der Frauen besonders groß ist, müssen wir immer wieder zur Kenntnis nehmen, dass Mitarbeiterinnen, die sich bei den Schleckers, Lidls oder Nettos dieser Welt organisieren wollen, gekündigt und unter Druck gesetzt werden oder dass es sogar den Verdacht gibt, dass ganze Filialen geschlossen werden, um die betriebliche Mitbestimmung zu erschweren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ronald Schminke [SPD]: Ganz genau!)

Gerade für Frauen sind Tarifverträge und die Mitbestimmung im Betrieb so wichtig, wenn es um die Entgeltgleichheit und um ihre Rechte geht.

Erinnern wir uns! Unabhängig von ihrer Position verdienen Frauen auch im Jahr 2014 noch immer 22 % weniger als ihre männlichen Kollegen. In kaum einem anderen EU-Land ist diese Entgeltlücke so groß wie hier. Freiwilligkeit und Selbstverpflichtung in der Wirtschaft haben uns bisher nicht weitergebracht. Immerhin können wir feststellen: Wo Gewerkschaften und engagierte Betriebsräte aktiv sind, ist der Gender Gap bei den Löhnen geringer. Deshalb wollen wir gerade Frauen den Rücken stärken, sich zusammenzutun und für ihre Rechte zu kämpfen, sodass Schluss damit ist, dass es Arbeit von Frauen zum Schnäppchenpreis gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich möchte noch ganz kurz auf einen weiteren Punkt, der im Ausschuss strittig diskutiert worden ist, eingehen, und zwar, dass wir zu Betriebswahlen an Standorten niedersächsischer Unternehmen im Ausland auffordern. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen in Unternehmen durch die einstimmige Abstimmung bei entsprechenden Gremien der Internationalen Arbeitsorganisation international anerkannt sind. VW hat sich beispielsweise in den USA schon auf den Weg ge

macht und will dort einen Betriebsrat gründen. Wir finden das gut. Wir rufen dazu auf. Bisher gibt es im Gegensatz dazu mehr Beispiele dafür, wie die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten durch weltwirtschaftliche Verflechtungen gelitten haben. Lassen Sie uns mit diesem kleinen Beitrag einen Schritt in die entgegengesetzte Richtung tun, und schließen Sie sich unserem Aufruf für die Betriebsratswahlen an!

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Westphely. - Zu Wort hat sich der Herr Kollege Rainer Fredermann, CDU-Fraktion. Herr Fredermann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Vom 1. März bis zum 31. Mai 2014 finden wie alle vier Jahre in Deutschland die Wahlen der Betriebsräte statt. Dieses ist nicht nur für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein wichtiges Ereignis, sondern für unsere gesamte Wirtschaft; denn ca. 10 Millionen Beschäftigte dürfen ihre Arbeitnehmervertreter wählen.

Meine Damen und Herren von Rot-Grün, grundsätzlich begrüßen wir Ihren Antrag, enthält er doch im Wesentlichen die Punkte unserer gemeinsamen Entschließung aus dem Jahr 2010. Anmerken möchte ich jedoch: Sie beschwören hier im Plenarsaal immer wieder, wie wichtig Ihnen gemeinsame, vom ganzen Haus getragene Entschließungen sind. Aber wenn es darauf ankommt, handeln Sie anders. Wohl wissend, dass wir, die CDU, einige Spiegelstriche nicht mittragen können, wohl wissend, dass die FDP bei einigen dieser Spiegelstriche ebenfalls nicht mitstimmen kann, führen Sie diese Punkte in Ihrem Antrag trotzdem auf und haben im Ausschuss keine Bereitschaft zur Änderung Ihres Antrages erkennen lassen, wie Herr Schminke es eben noch einmal sehr deutlich gemacht hat. Um es deutlich zu sagen: Sie wollen gar keine Änderungen zulassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Erkan - ist er da? nein, gut - pflegt in diesen Situationen im Ausschuss immer zu sagen: Wir haben die Mehrheit. - Das stimmt, meine Damen und Herren. Wenn es Ihnen aber nur darum geht, Ihre Mehrheit durchzusetzen, dann ersparen Sie

uns und auch sich selbst bitte die Verdrehung von Tatsachen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Mitwirkung und Mitbestimmung in Betrieben und Unternehmen sind für die CDU unverzichtbare Grundlage unserer Wirtschafts- und Sozialordnung. Tarifautonomie und Mitbestimmung sind für uns ein hohes Gut, zahlen sich wirtschaftlich aus und sind ein Standortvorteil für unser Land. - So die Vorsitzende der CDU Deutschland, Angela Merkel, in ihrem von der CDA veröffentlichten Wahlaufruf zu den Betriebsratswahlen.

Der CDU liegt an einem guten Miteinander von starken Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Gerade die Wirtschafts- und Finanzkrise hat uns allen gezeigt, wie wichtig und richtig das Zusammenspiel von Gewerkschafts-, Betriebs- und Personalräten sowie Arbeitgebern und deren Verbänden ist. So konnte Deutschland gestärkt aus dieser Krise hervorgehen. Wenn wir heute auf die anderen Industrieländer sehen, erkennen wir, wie hoch diese produktive Kraft des sozialen Friedens einzuschätzen ist.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

- Da darf ruhig geklatscht werden, genau!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Gerd Ludwig Will [SPD]: Die sind schon eingeschlafen!)

Im Rückblick betrachtet, müssen wir froh und dankbar sein, dass die von Konrad Adenauer geführte Bundesregierung 1952 die betriebliche Mitbestimmung auf den Weg gebracht hat.

(Zurufe von der CDU: Genau!)