Protocol of the Session on February 27, 2014

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Der nächste Redner für die CDU-Fraktion: Herr Abgeordneter Focke, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst sagen, dass ich es sehr schade finde, dass der zuständige Minister

nicht an der Debatte teilnimmt. Vielleicht kann noch dafür gesorgt werden, dass er der Debatte folgen kann.

(Beifall bei der CDU - Angelika Jahns [CDU]: Wirklich schade!)

Meine Damen und Herren, natürlich stimmen wir alle, glaube ich, darin überein, dass wir als Niedersachsen ein offenes, ein freundliches Land, ein Land des Willkommens sein wollen und dass wir das natürlich auch von unseren Behörden erwarten. Ich erlebe in den Behören in Niedersachsen, dass die Menschen offen, fair und freundlich behandelt werden.

Bevor ich aber auf die Details im Antrag eingehe, möchte ich kurz auf meinen Vorredner von der SPD-Fraktion eingehen. Sie haben ja auf Ihren Paradigmenwechsel hingewiesen.

Wir können heute feststellen: In Niedersachsen gibt es erstens weiterhin über 100 Abschiebungen je Jahr - gerade im letzten Jahr war das der Fall. Bei dieser Zahl der Abschiebungen sind die Dublin-Abschiebungen innerhalb der EU bereits abgezogen.

In Niedersachsen gibt es zweitens weiterhin Nachtabschiebungen. Ein neuer Höhepunkt war es ja noch bei der Familie Osmani. Darüber haben wir hier ausführlich diskutiert.

Zum dritten Punkt: Von Ihrer Landesbeauftragten konnten wir gestern im Rundfunk hören: Zu einer Stellungnahme zu einem Jahr rot-grüner Flüchtlingspolitik war die Landesbeauftragte nicht bereit.

Meine Damen und Herren, das ist die Wahrheit über Ihren Paradigmenwechsel!

(Beifall bei der CDU)

Ich komme nun zu Ihrem Antrag. Er zielt alleine auf die Begleitung eines Pilotprojektes der Landesregierung ab, nach dem Motto: „Tue Gutes und rede darüber - am besten zweimal.“

Ich bin gespannt, was uns die Landesregierung dazu berichten wird. Der Innenausschuss soll ja in den nächsten Wochen im Detail über dieses Pilotprojekt informiert werden. Was soll da passieren? Welche Kommunen sind angesprochen worden? Haben sich schon Kommunen beworben, an dem Pilotprojekt teilzunehmen? Welche Handlungsempfehlungen gibt es für die Ausländerbehörden? - In all diesen Fragen bleibt die Landesregierung bislang vage. Aber im Rahmen der Ausschussberatung wird sie dazu sicherlich etwas sagen.

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Ausländerbehörden kennen. Bei mir in der unmittelbaren Familie - ich rede jetzt nicht über meinen Vater, Frau Polat - - -

(Filiz Polat [GRÜNE]: Ich habe ihn be- sucht!)

- Ja, das ist doch schön. Er hat Sie empfangen. Das wundert mich.

(Widerspruch bei der SPD - Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist doch un- verschämt! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Moment, bitte, Herr Kollege! Wir setzen die Beratung erst fort, wenn wieder Ruhe eingekehrt ist. - Bitte!

Ich habe in meiner unmittelbaren Familie jemanden, der Mitarbeiter in einer Ausländerbehörde ist, im Landkreis Ammerland. Wenn ich dem sage, dass wir hier im Landtag über solche Themen sprechen, dann sagt er: „Die Landtagsabgeordneten sollten einmal zu uns in die Ausländerbehörde kommen und hier zwei oder drei Tage arbeiten.“

Meine Damen und Herren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ausländerbehörden versuchen, die Angekommenen in Gesprächen zu unterstützen und sie zu begleiten, und das mit großem Respekt und viel Geduld und trotz hoher Arbeitsbelastung.

Aber zur Wahrheit gehört auch, dass in den Ausländerbehörden vieler Landkreise, so auch der des Landkreises Ammerland, Notrufknöpfe haben installiert werden müssen, weil es bereits zu Übergriffen gekommen ist.

(Beifall bei der CDU)

Also, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ausländerbehörden leisten gute Arbeit und haben auch eine hohe Belastung. - Das will ich an dieser Stelle nur sagen, damit nicht der Eindruck entsteht, dass sie einen schlechten Job machen. Das ist keinesfalls so.

Zurück zum Antrag. Ich finde, es sollte nicht in den Hintergrund rücken, welche drängenden Probleme es in der Asyl- und Flüchtlingspolitik gibt. Diese Probleme dürfen durch solche Anträge nicht verdeckt werden: Es geht um die Unterbringung der

Flüchtlinge, die jetzt nach Niedersachsen kommen, oder auch um die Krankheitskostenübernahme bei Flüchtlingen, die schwer oder chronisch krank sind. Herr Mädge vom Niedersächsischen Städtetag hat heute noch einmal darauf hingewiesen, dass sich die Kommunen in dieser Frage von der Landesregierung alleingelassen fühlen.

(Glocke der Präsidentin)

Letzter Satz, Frau Präsidentin. - Wir reden über verlängerte Verfahren und auch darüber, dass, wenn Ausländerbehörden die Ausreisepflicht durchsetzen und Menschen abschieben müssen, es aufgrund der Vorankündigung des Paradigmenwechsels zur Behinderung der Behörde gekommen ist. So ist es z. B. in Oldenburg passiert; das war ja auch schon Thema im Innenausschuss.

Meine Damen und Herren, das sind Probleme, die die Ausländerbehörden konkret haben. Auch darüber müssen wir sprechen, und nicht nur darüber, wie wir die Ausländerbehörden belehren oder verbessern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Focke. - Auf Ihren Redebeitrag gibt es eine Kurzintervention. Frau Kollegin Polat, bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Focke, ich glaube, Ihre Bemerkung in meine Richtung ist jenseits dessen, was wir hier in Niedersachsen unter einer Willkommens- und Anerkennungskultur verstehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielleicht noch ein kleiner Hinweis: Die grüne Landtagsfraktion hat 2011 eine Bleiberechtstour gestartet. Wir haben - jetzt kommt die Einschränkung - versucht, alle 55 Ausländerbehörden zu besuchen. Tatsächlich besucht haben wir letztlich 35. Die restlichen konnten wir nicht mehr besuchen, weil Herr Innenminister Schünemann einen Erlass herausgegeben hatte - so etwas hatte es bis dato in der Geschichte Niedersachsens noch nie gegeben -, in dem er die Ausländerbehörden dezent darauf hingewiesen hat, dass sich grüne Abgeordnete vor Ort informieren wollen und dass die Behörden nicht verpflichtet seien, diese Abge

ordneten sozusagen in Empfang zu nehmen. Darauf haben sich mehrere Ausländerbehörden unter Druck gesetzt gefühlt und uns wieder ausgeladen. Ihr Vater, Herr Focke, hat dies ausdrücklich nicht getan. Deswegen schöne Grüße an Ihren Herrn Vater, Landrat Focke. Er hat mich im Landkreis Vechta ganz herzlich begrüßt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es antwortet Herr Kollege Focke. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Frau Polat, das, was ich in Ihre Richtung gesagt habe, war gar nicht despektierlich gemeint.

(Zurufe von der SPD)

Ich habe mich vielmehr gefreut, weil ich weiß, dass mein Vater ein vielbeschäftigter Mann ist. Dass er sie empfangen hat, ist eine ganz tolle Sache, und wenn Sie ein gutes Gespräch hatten und sich davon überzeugen konnten, dass die Ausländerbehörde des Landkreises Vechta hervorragend arbeitet, dann hat dieses Gespräches zwischen Ihnen und meinem Vater ein sehr gutes Ergebnis gehabt.

(Beifall bei der CDU)

Ich werde Ihre Grüße natürlich ausrichten. Aber eines will ich Ihnen zum Schluss auch noch sagen. Ich habe in meiner Rede einige Punkte genannt, die vor Ort wirklich drängen. Wir sollten uns im Ausschuss darüber einig werden, dass es nicht nur darum geht, Pilotprojekte zu starten,

(Filiz Polat [GRÜNE]: Die bewerben sich doch freiwillig! wie man Ausländerbehörden belehrt oder wie man ihnen Handlungsempfehlungen an die Hand gibt, um eine Willkommenskultur zu schaffen, sondern auch darum, die Belange ernst zu nehmen, die die Ausländerbehörden, die Landkreise und die Städ- te, die dafür zuständig sind, an die Politik heran- tragen. Das sollten wir auch tun, und das vermisse ich bislang. Aber eines muss auch klar sein: Das, was im SPD- geführten Hamburg passiert - Frau Polat hat es gerade gesagt -, nämlich dass Menschen, die hier- her kommen, in Menschen erster und zweiter Klasse, in gut und in weniger gut qualifiziert aufge- teilt werden, wollen wir in Niedersachsen nicht. Aber da wenden Sie sich vielleicht an die SPD- Kollegen in Hamburg. (Beifall bei der CDU - Angelika Jahns [CDU]: Wer regiert denn da?)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Oetjen das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will vorwegschicken, dass wir uns in der Grundanalyse mit den antragstellenden Fraktionen einig sind. Ich glaube, dass wir noch sehr, sehr viel zu tun haben, damit sich die Menschen, die in unser Land kommen, hier auch wirklich willkommen fühlen. Die Frage, wie sie in den Ausländerbehörden behandelt werden, ist da sicherlich nur ein Baustein. Es sind weitaus größere und gesamtgesellschaftliche Anstrengungen notwendig, bis man eine Willkommenskultur in Deutschland als verwirklicht betrachten kann.

(Beifall bei der FDP)

Auf der anderen Seite muss ich aber feststellen, dass der Antrag, den Rot und Grün vorgelegt haben, davon zeugt, dass den regierungstragenden Fraktionen nur sehr wenig dazu einfällt. Einen Antrag zu schreiben, der einfach nur ein Programm begrüßt, das die Landesregierung den Landkreisen bereits angeboten hat, wird dem Gestaltungsanspruch, den die regierungstragenden Fraktionen haben sollten, nun wirklich nicht gerecht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Matthias Möhle [SPD]: Wenn man es aus Überzeugung macht, ist es in Ordnung!)

Wir sind uns einig - Frau Kollegin Polat hat es angesprochen -, dass uns die Studie des Sachverständigenrates der Stiftung für Integration und Migration viele positive Punkte genannt hat, die vor Ort auch gut umgesetzt werden können.

Deswegen kann man es auch tatsächlich so machen, wie Sie es hier vorgeschlagen, und den Landkreisen ein Förderprogramm antragen, mit dem die Ausländerbehörden angehalten werden, ihre Aufgaben in einer bestimmte Richtung zu erledigen.