Protocol of the Session on February 27, 2014

Deswegen kann man es auch tatsächlich so machen, wie Sie es hier vorgeschlagen, und den Landkreisen ein Förderprogramm antragen, mit dem die Ausländerbehörden angehalten werden, ihre Aufgaben in einer bestimmte Richtung zu erledigen.

Wenn ich mit den Landkreisen spreche, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist mein Eindruck allerdings, dass dieses Förderprogramm auf nicht be

sonders fruchtbaren Boden fällt. Das liegt ganz ausdrücklich nicht daran, dass die Landkreise nicht der Meinung wären, dass man eine Willkommenskultur installieren sollte, sondern das liegt daran, dass Sie mit Ihrem Förderprogramm nur relativ geringe Mittel für einen begrenzten Zeitraum, nämlich für zwei Jahre, zur Verfügung stellen, während für die Landkreise aus den Verpflichtungen aus dem Förderprogramm möglicherweise ein Mehrbedarf an Personal entsteht, der dann auch finanziert werden muss.

(Glocke der Präsidentin)

Von daher, wie gesagt, ist mein Eindruck, dass die Ausländerbehörden bzw. die Landkreise als Aufgabenträger von den Förderprogrammen noch nicht so besonders angetan sind.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Wie viele haben sich denn beworben?)

Insofern, Frau Kollegin Polat, hätte ich es als eine gute Initiative der regierungstragenden Fraktionen empfunden, wenn konkrete Vorschläge dazu, wie das Projekt ausgestaltet oder verbessert werden kann, in den Antrag aufgenommen worden wären.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Lassen Sie uns im Ausschuss über die genaue Ausgestaltung des Programms diskutieren. Natürlich muss so ein Programm auch evaluiert werden; das ist selbstverständlich. Und lassen Sie uns hören, wie die kommunalen Spitzenverbände und die Landkreise über dieses Förderprogramm denken. Denn: Anreizprogramme gibt es genug. Wenn aber daraus in der Folge dauerhafte, neue Finanzierungsnotwendigkeiten für die kommunale Ebene entstehen, dann sind die Kommunen aufgrund ihrer derzeitigen finanziellen Situation oft sehr zurückhaltend, was die Annahme solcher Angebote angeht.

(Angelika Jahns [CDU]: Konnexität!)

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Für die Landesregierung hat nun Frau Sozialministerin Rundt das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die für das Projekt zuständige Ministerin ist da. Insofern weiß ich nicht, was die Rüge eben sollte. Im Übrigen, lieber Herr Focke, wenn Sie noch nicht gemerkt haben, dass es einen Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik auf Landesebene gegeben hat, dann sind Sie da so ziemlich der Letzte.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Was soll diese Unverschämtheit! - Gegenruf von Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sie hat doch recht! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Gelebte Willkommenskultur ist ein wichtiger Pfeiler der Migrations- und Teilhabearbeit dieser Landesregierung. Hierzu gehört neben einer humanitären Flüchtlings- und Asylpolitik auch ein deutliches Ja zur Einbürgerung, ein deutliches Ja zur Mehrstaatigkeit und eine deutlich bessere Kunden- und Serviceorientierung und interkulturelle Ausrichtung in den Ausländerbehörden. Für mich ist die Etablierung einer solchen Willkommenskultur eine sehr klare Orientierung und wichtige Aufgabe für eine Gesellschaft, in die eine Vielzahl von Menschen zuwandert. Sie muss sich darauf einstellen und von Beginn an Diskriminierungen vermeiden.

Der Staat und seine Behörden haben dabei eine Vorbildfunktion. Und darum geht es uns: nämlich Ausländerbehörden zu Willkommensbehörden weiterzuentwickeln. Hier gilt es also, die organisatorischen, personellen und strukturellen Voraussetzungen in einem zweifellos vorhandenen Spagat zwischen fortbestehenden ordnungsbehördlichen Aufgaben und einer stärkeren Kunden- und Serviceorientierung zu schaffen. Viele Ausländerbehörden haben sich auf diesen Weg gemacht. Wir möchten die Kommunen dabei unterstützen und haben deshalb ein Pilotprojekt zur Optimierung der Serviceorientierung in der Mittlerfunktion im Migrations- und Teilhabeprozess und ihrer weiteren Möglichkeiten der interkulturellen Ausrichtung angeboten.

Als wir den Kommunen dies angeboten haben, sind wir über die Vielzahl der Rückmeldungen durchaus überrascht gewesen. Es haben sich nämlich 22 Ausländerbehörden völlig unterschiedlicher Größe aus allen Landesteilen bereits jetzt beworben.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Darüber freue ich mich sehr, auch wenn die Landkreise Ammerland und Vechta im Moment leider noch fehlen.

Dieses Ergebnis zeigt nicht nur, dass es ein Interesse an dieser Ausschreibung gegeben hat, sondern auch eine große Veränderungsbereitschaft bei den Kommunen. Das heißt, wir werden gemeinsam mit dem Ministerium für Inneres und Sport nun neun Pilotkommunen auswählen, die Erfahrungen auswerten, analysieren, praxisgerecht bewerten und dann landesweit verfügbar machen. So sollen letztlich alle Kommunen und Ausländerbehörden davon profitieren können.

Im Dialog mit den Gebietskörperschaften entwickelt die Landesregierung so einen weiteren Baustein einer aktiven Migrations- und Teilhabepolitik und setzt damit auf ein unaufgeregtes System von Teilhabe und Beteiligung. Das passt und fügt sich wunderbar in das Gefüge der bei den Kommunen flächendeckend neu einzurichtenden Koordinierungsstellen für Migration und Teilhabe sowie des ehrenamtlichen Engagements der Integrationslotsinnen und -lotsen ein. Hier haben wir, wie Sie wissen, Haushaltsmittel in Höhe von 1,4 Millionen Euro eingestellt.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Willkommenskultur und professionelle Beratung, frühe Hilfen bei der Zuwanderung durch ehrenamtliches Engagement und von den vielen niedersächsischen Migrantenorganisationen sind ebenfalls mit Haushaltsmitteln hinterlegt, sodass wir hier einen solidarischen Beitrag für das Zusammenleben in Niedersachsen leisten - auch wenn der eine oder andere es noch nicht gemerkt hat.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Sozialministerin Rundt. - Für die Landesregierung hat auch der Innenminister um das Wort gebeten. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da die kommunale Seite und insbesondere das Innenressort mehrfach angesprochen worden ist,

(Angelika Jahns [CDU]: Das ist ja auch federführend!)

will ich es mir nicht nehmen lassen, auch meinerseits auf das Thema einzugehen.

Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass ein Paradigmenwechsel in der Flüchtlings- und Ausländerpolitik keine Angelegenheit ist, die nur auf einer Ebene oder nur auf einem Spielfeld stattfinden kann. Von daher ist alles, was Herr Focke zu der Frage, was man außerdem noch alles tun muss, gesagt hat, gar nicht falsch.

Richtig ist: Eine Willkommenskultur in den Ausländerbehörden ist ein Baustein; denn es geht insgesamt darum, eine Willkommenskultur in allen Ebenen des täglichen Lebens zu verankern. Das fängt im Übrigen damit an, wie über Flüchtlinge und Ausländer diskutiert oder auch nur gesprochen wird. Das betrifft den Arbeitsplatz, das betrifft die Parlamente, das betrifft den politischen Raum. Wie wir über Flüchtlinge und Ausländer sprechen, prägt das Verhalten der Menschen in unserem Land gegenüber Flüchtlingen und Ausländern. Deswegen muss klar sein, dass Willkommenskultur ein Feld ist, das auf allen Ebenen stattfindet, und jeder von uns dabei sein Stückchen Verantwortung trägt, meine Damen und Herren.

Und wenn Herr Focke uns glauben machen will, dass es keinen Paradigmenwechsel in der Abschiebepolitik gegeben habe, dann zeigt das, dass wir anscheinend in unterschiedlichen Universen unterwegs sind.

(Zustimmung bei der SPD - Ulrich Watermann [SPD]: Aber das wissen wir seit einem Jahr!)

Ich will erstens sehr deutlich sagen, meine Damen und Herren: Wir sind ganz klar auf dem richtigen Weg. Es wird in Kürze einen Rückführungserlass geben, der regeln wird, wie mit Rückführungen in Heimatländer, in Ursprungsländer umzugehen ist. Damit haben die Ausländerbehörden einen entsprechenden Rahmen und eine rechtliche Sicherheit.

Zweitens, meine Damen und Herren, will ich sehr deutlich darauf hinweisen: Wir haben eine steigende Zahl von Asylbewerbern in Deutschland und damit auch in Niedersachsen. Das führt zwangsläufig dazu, dass bei einer Anerkennungsquote bei bestimmten Herkunftsländern von unter 1 % die Zahl der Ausreisepflichtigen in bestimmten Segmenten zu- und nicht abnimmt. Das wiederum führt dazu, dass es im Einzelfall auch eine Abschiebung

mehr oder weniger gibt. Aber genau das zeichnet ein richtiges Umgehen mit Ausländer- und Flüchtlingspolitik aus. Nach den absoluten Zahlen - und das ist entscheidend -, nach den Informationen, die ich habe, gibt es keine Steigerung der Zahl der direkten Abschiebungen.

(Petra Tiemann [SPD]: So ist es!)

Es gibt eine Steigerung bei den DÜ-Abschiebungen, und das liegt schlicht daran, dass mehr Asylbewerber über Drittstaaten nach Deutschland kommen. Sie alle wissen so gut wie ich, dass wir in diesen Fällen keinen Spielraum haben, die Abschiebung auszusetzen, zu vermeiden oder wie auch immer - Ausnahme ist das schöne Land Griechenland.

Ich bitte also mit allem Ernst darum, dass wir in dieser Frage bei der Wahrheit und Richtigkeit bleiben. Dass Sie unsere Politik anders beurteilen, als wir das tun, liegt vermutlich in der Natur der Sache. Aber ich bin sicher: Auch Sie werden bei sorgfältiger und ruhiger Betrachtung nicht an der Erkenntnis vorbeikommen, dass sich in der Flüchtlings- und Ausländerpolitik in Niedersachsen in den vergangenen 13 Monaten einiges - um nicht zu sagen: sehr vieles - zum Besseren verändert hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Ausschuss für Inneres und Sport sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung: Strafen für Kinderpornografie verschärfen - Strafbarkeitslücken unverzüglich schließen! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/1216

Zur Einbringung erteile ich Frau Kollegin RossLuttmann das Wort. Bitte!

Danke schön. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab möchte ich um Verständnis bitten. Ich hoffe, dass meine Stimme trotz einer aufziehenden Erkältung über die gesamten Rede hält.

Frau Kollegin, alle können einen Beitrag leisten, indem sie besonders leise sind, sodass Sie sich nicht so anstrengen müssen.

Danke schön, Frau Präsidentin.

Seit Tagen wird in der Öffentlichkeit über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover gegen Sebastian Edathy wegen des möglichen Besitzes von Kinderpornografie diskutiert, auch darüber, was Kinderpornografie eigentlich ist, und wann der Besitz von Bildern und Filmen mit nackten Kindern strafbar ist.