Protocol of the Session on February 26, 2014

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt haben wir in der Debatte lang und breit von Vertretern der Grünen und der SPD gehört, wer angeblich vor zwei, drei oder vier Jahren verantwortlich war - für was auch immer. Glauben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, ernsthaft, das interessiert draußen irgendjemanden? - Ich glaube, die Bürger interessieren sich eher dafür, wie das ganze Projekt nun weitergeht. Die Studierenden interessieren sich beispielsweise dafür, wann das Zentralgebäude fertiggestellt wird. Insbesondere die Bürgerinnen und Bürger in Lüneburg interessieren sich dafür, wann das Zentralgebäude fertiggestellt wird. Und vor allen Dingen interessiert sich der Steuerzahler dafür, wer das am Ende alles bezahlen muss. Das sind die Fragen, mit denen Sie sich jetzt auseinandersetzen müssen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es geht um die Frage: Wie hoch ist der Finanzierungsbedarf tatsächlich? Es geht um die Frage: Wie wird dieser Mehrbedarf finanziert? Es geht um die Frage: Wie tief muss der Steuerzahler noch in die Tasche greifen? Es geht um die Frage: Sind die EU-Mittel in Gefahr? Es geht um die Frage: Wann wird das Bauprojekt fertiggestellt? Und es geht vor allem um die Frage: Gibt es alternative Rechnungen angesichts dieser Kostenexplosion? - Denn mittlerweile reden wir über einen möglicherweise dreistelligen Millionenbetrag, der zu Buche schlägt. Das sind die Fragen, mit denen Sie sich auseinandersetzen müssen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Gibt es auch was Neues, was wir noch nicht wissen?)

Und was machen Sie hier? - Sie halten Oppositionsreden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den Grünen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber ich möchte nur einmal daran erinnern: Sie wollten diese Verantwortung; Sie haben sich ja zur Wahl gestellt. Jetzt haben Sie die Verantwortung, und jetzt nehmen Sie die Verantwortung bitte auch wahr, meine Damen und Herren. Verantwortung wahrnehmen ist nicht, mit dem Finger auf andere Leute zu zeigen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie regieren, dann findet das ja offensichtlich hinter verschlossenen Türen statt. Was ist denn mit der Transparenz? - Fehlanzeige! Wir müssen um jede Unterrichtung in den Ausschüssen und um die parlamentarischen Rechte kämpfen. Was für einen Tanz gab es beispielsweise um den OLAF-Bericht? Wer kann in diesen Bericht hineingucken? Ist das vertraulich? In welchem Raum findet das statt? Ist dort jemand, der aufpasst usw.? - Das war wirklich ein Tanz um jedes einzelne Recht, das wir als Parlamentarier haben. Da ist nichts von Transparenz zu sehen.

Jetzt lautet die Frage: Nehmen Sie Ihre Kontrollfunktion entsprechend wahr? - Sie müssen Ihre Kontrollfunktion gegenüber der Universität und gegenüber dem Bauvorhaben wahrnehmen. Diese ist allerdings ins Stocken geraten. Schon im Mai des letzten Jahres, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, gab es eine Mitteilung der Universität Lüneburg, dass man davon ausgeht, dass wir dort mehr als 7 Millionen Euro Mehrkosten haben werden. Erst im September des letzten Jahres, also vier Monate später, haben Sie die Oberfinanzdirektion damit beauftragt, einen Prüfbericht zu erstellen. Da ist wertvolle Zeit verloren gegangen. Diese Hängepartie können wir uns in dieser Situation einfach nicht erlauben, meine Damen und Herren.

Jetzt liegt der Prüfbericht vor. Besonders gespannt bin ich dabei auf die Hinweise und Empfehlungen des Landesrechnungshofs. Es muss jetzt darum gehen, an allen Ecken und Enden auf die Kostenbremse zu drücken und Alternativen tatsächlich ernsthaft zu prüfen. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob man den Bau beispielsweise in einen Zweckbau umwandelt, sondern es gibt natürlich auch andere bauliche Alternativen. Wir brauchen zügig einen Finanzierungsplan: Sind die bisherigen Finanzierungsbausteine überhaupt belastbar? Sind zusätzliche Geldquellen erforderlich? - Wir erwarten, dass Sie beispielsweise mit dem Stadt Lüneburg und mit dem Landkreis Lüneburg und auch mit der Universität Gespräche führen, um frühzeitig Klarheit zu bekommen.

Für die FDP-Fraktion ist aber ganz klar, dass kein zusätzlicher Cent Landesgeld in diese Baumaßnahme fließen darf. Das kann es nicht geben, denn wenn dieses Fass einmal geöffnet wird, dann wird es tatsächlich ein Fass ohne Boden. Das ist

aus unserer Sicht gegenüber den Steuerzahlern nicht zu verantworten.

Leider besteht die Gefahr, dass sich das Zentralgebäude in Lüneburg in einer Reihe von fragwürdigen Baumaßnahmen in Deutschland wiederfindet. In Hamburg haben wir die Elbphilharmonie, in Berlin den Flughafen, und wir müssen daran arbeiten, dass Rot-Grün in Niedersachsen nicht das Zentralgebäude in Lüneburg bald auch in dieser Reihe hat. Darum geht es. Das muss verhindert werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Jetzt hat sich für die Landesregierung die Wissenschaftsministerin gemeldet. Frau Dr. Heinen-Kljajić, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man in ein Amt kommt, erbt man die Dinge, die bereits angelaufen sind. Das sind schöne und auch schwierige Dinge. Damit muss man umgehen, kann aber nicht für den Ausgangspunkt verantwortlich gemacht werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Dieser Satz, meine Damen und Herren, stammt gar nicht von mir, sondern er stammt von meiner Amtsvorgängerin Frau Wanka, geäußert im Februar-Plenum 2011 im Rahmen der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage zum Thema „Finanzplan für das Zentralgebäude“, und beschreibt - so finde ich - sehr schön das Wegducken von CDU und FDP seinerzeit in dieser Frage. Wenn ich Herrn Hillmer und Herrn Grascha hier zugehört habe, kann ich nur feststellen: Sie haben nichts dazugelernt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn die Opposition jetzt ruft, das MWK möge den Fall selbst in die Hand nehmen - so jedenfalls wird Herr Hillmer in der Presse zitiert -, geschieht das erstens in Unkenntnis des Niedersächsischen Hochschulgesetzes, das ich Ihnen immer wieder mal zur Lektüre empfehle. Die Stiftung ist Bauherrin und nicht das Land.

Ansonsten kommt hier das Motto zum Tragen: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern? - Frau Wanka hat im Plenum damals ausdrücklich von sich gewiesen, in irgendeiner Form Verantwortung für den Bau der Stiftungshochschule zu übernehmen, und Sie, werte Kollegen von CDU und FDP, haben brav sekundiert, die Opposition rede ungerechtfertigterweise irgendwas schlecht. Frau Wanka hat das, was Herr Stratmann mit dem Zentralgebäude bereits verkorkst hatte, einfach munter weiterlaufen lassen, obwohl man das Vorhaben damals - damals, lieber Herr Grascha - noch hätte stoppen und umplanen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die Konsequenzen dieses Stillhaltens der alten Landesregierung hat uns der OFD-Bericht unlängst nachdrücklich vor Augen geführt.

Das Vorgehen der alten Landesregierung - sowohl von Herrn Stratmann als auch von Frau Wanka - war jedenfalls abenteuerlich. Entgegen der üblichen Verfahren im Haushaltsausschuss wurden statt einer ordentlich Nachtragsbauunterlage im Februar 2011 schlicht und ungeprüft die von der Leuphana angegebenen Baukosten übernommen. Nachdem das ÖPP-Verfahren gescheitert war, wurde weder eine überarbeitete Planung noch eine Risikoanalyse, geschweige denn eine vergleichende Wirtschaftlichkeitsprüfung verlangt,

(Widerspruch bei der CDU)

und das, obwohl allen Beteiligten klar war, dass es sicherlich nicht einfach ist, einen Entwurf von Herrn Libeskind zu realisieren, und das, obwohl allen klar sein musste, dass die Leuphana nun wahrlich nicht über die nötige Erfahrung verfügt, um ein solch großes Bauvorhaben zu stemmen.

Die im Sommer 2011 vorgelegte Prüfmitteilung des Landesrechnungshofs und die - wie wir heute wissen - berechtigte Kritik der Opposition beim Thema Baukosten hat die alte Landesregierung einfach ausgesessen. Meine Damen und Herren, dieser Umgang mit Steuergeldern war grob fahrlässig.

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Das Lamento aus den Reihen der CDU, die ganzen Prüfberichte seien unnötig - das war ja lange Zeit der Inhalt von Pressemitteilungen -, nimmt in der Bevölkerung doch wirklich niemand ernst. Anders als meine Amtsvorgänger betrachte ich es jedenfalls als meine Pflicht als Ministerin, auf der

Grundlage einer Überprüfung aller Fakten zu den Baukosten wie zum Finanzierungsplan, den Haushaltsausschuss erstmals in die Lage zu versetzen, auf der Basis belastbarer Zahlen über den Fortgang dieses Projektes zu entscheiden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Und es geht in der Frage, lieber Herr Hillmer, auch nicht um Vertrauen. Wer Steuergelder ausgibt, der muss auch offenlegen, was ein Projekt kosten wird und wo die Risiken liegen. Über jeden Cent muss öffentlich Rechenschaft abgelegt werden; das gilt auch für Stiftungshochschulen. Hier postuliert die Opposition - unbelehrbar, finde ich - einen Umgang mit Steuergeldern, den sich diese Landesregierung jedenfalls nicht zu eigen machen wird. Wir nehmen kritische Punkte und Risiken ernst und halten sie vor allem nicht unter der Decke. Schönreden und schönrechnen, meine Damen und Herren - das müsste eigentlich auch Ihnen inzwischen deutlich geworden sein -, helfen der Leuphana nicht weiter. Auch hier habe ich ausdrücklich ein anderes Amtsverständnis als meine Vorgänger.

Und auch der frühere - das muss man jetzt revidieren - Vorwurf, wir würden den Bau verzögern, verfängt nicht. Ich habe eben mit großem Interesse wahrgenommen, dass Herr Hillmer jetzt eine andere Strategie fährt und mir vorwirft, dass ich den Bau nicht gestoppt habe. Ich glaube, Herr Kollege Hillmer, ein bisschen konsequenter sollten Sie Ihre Argumentationslinie schon aufbauen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Im Grunde wissen alle hier im Hause, auch die Opposition, dass ich recht habe.

(Christian Dürr [FDP] (lachend): Das ist nicht der Fall, das kann ich bestätigen!)

Was Sie wirklich umtreibt, ist doch einfach der blanke Ärger: Denn wie die Zahlen jetzt belegen, haben Ihre Kritiker recht behalten. Sie wurden ertappt, und jetzt rufen Sie laut: Haltet die Dieb!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ein ebenso durchschaubares wie - wie ich finde - peinliches Manöver.

(Glocke des Präsidenten)

Abschließend noch zu dem Vorwurf der Untätigkeit: Von Untätigkeit oder Verzug kann jedenfalls

seit Februar 2013 nicht mehr die Rede sein. Seit Amtsantritt habe ich gemeinsam mit den Beschäftigten meines Ministeriums, denen ich an der Stelle wirklich noch einmal ausdrücklich für ihr Engagement danken möchte,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

dieses Bauvorhaben eng begleitet. Wir haben im MWK eigens dafür eine Projektgruppe eingesetzt. Wir haben den Stiftungsrat der Leuphana aufgefordert, einen Beirat mit fachkundigen Experten einzurichten, um die eigene Aufsichtsfunktion auch wirklich wahrnehmen zu können. Wir haben mit der EU die Frage des Durchführungszeitraums geklärt, um auf dieser Grundlage erstmals überhaupt eine realistische Zeitplanung vorzulegen, damit die Voraussetzung dafür geschaffen wird, dass die EU-Gelder nicht in Gänze verloren gehen.

(Glocke des Präsidenten)

Wir haben inzwischen mit der Leuphana Einvernehmen darüber hergestellt, dass es eine externe Projektsteuerung geben muss, um mehr Sicherheit in der Zeitplanung, der Bauabwicklung und der Kostensteuerung zu erhalten. Wir werden gemeinsam mit der OFD auch weiterhin an den Baubesprechungen teilnehmen, und wir haben der Universität selbstverständlich die Auflage gemacht, alle jetzt noch möglichen Einsparpotenziale auszuschöpfen. Dieses Verfahren begleiten wir.

Meine Damen und Herren, wir werden dem Haushaltsausschuss in Kürze eine Nachtragsbauunterlage, einen Finanzplan und eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vorlegen. Seien Sie gewiss: Ich werde auch im weiteren Prozess darauf drängen, Risiken zu benennen und selbstverständlich womöglich zu minimieren, unnötige Kosten zu vermeiden, Einsparungen durchzusetzen und vor allem die Qualität von Forschung und Lehre abzusichern.

Schließen möchte ich mit einem Zitat, das Herr Försterling hier eben gebracht hat: Es steht Politik gut an, auch mal Fehler einzugestehen. - Meine Damen und Herren von der Opposition, beherzigen Sie diesen Rat doch mal!

(Starker Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.