Was ist Aufgabe von Politik? - Aufgabe von Politik ist es, sich den Problemen, die es gibt, zu stellen, diese Probleme zu analysieren, zu einem Beschluss zu kommen, das, was man beschlossen hat, umzusetzen und dann zu prüfen, ob das, was man erreichen wollte, erreicht worden ist. Das ist Aufgabe von Politik.
Insofern muss man auch einmal darüber nachdenken, ob mit diesen Umweltzonen das Ziel, das man erreichen wollte, erreicht worden ist. Deswegen macht es, glaube ich, Sinn, über diesen Antrag zu debattieren.
Ich will Ihnen aus der umfangreichen Antwort der Landesregierung nur ein Zitat bringen, das mich schon sehr nachdenklich gemacht hat. Dort heißt es nämlich:
„Aufgrund der oben beschriebenen Sachverhalte sind messtechnische Nachweise der isolierten Wirksamkeit einer Umweltzone äußerst komplex. Sie werden umso unsicherer, je weiter der Einführungszeitpunkt zurück liegt, da sich insbesondere die Fahrzeugflotte modernisiert und die Anzahl der von dem Verkehrsverbot betroffenen Fahrzeuge fortlaufend verringert. Zudem ist der Einsatz modernerer Fahrzeuge in der Regel auch durch Umweltzonen induziert.“
Das heißt doch im Kern, meine Damen und Herren: Die Fahrzeugflotte erneuert sich, und irgendwann wird man das Ziel erreicht haben. Die Frage ist doch nur: Braucht man dafür eine Umweltzone, oder geht das auch anders? - Bei den Beratungen, lieber Kollege Bajus, im Rat der Stadt Osnabrück hat der damalige und heutige Fraktionsvorsitzende, Fritz Brickwedde, genau das angeführt und gesagt: Wir müssen erst eine ganze Menge andere Dinge tun, bevor wir Umweltzonen einführen. Denn Umweltzonen wirken in dem, was sie tun, sehr direkt auf die Bürger. Sie kosten sehr, sehr viel
Herr Bäumer, eine Sache vielleicht vorweg. Ich habe nicht gesagt: Im Ausschuss wollen wir nicht diskutieren, sondern ich sehe wenig Unterstützungsmöglichkeiten. Das ist ein Unterschied.
Aber zur Frage: Sie haben gesagt, die Umweltzone würde sich von alleine irgendwann erledigen, weil es ja sowieso durch die technische Innovation eine Erneuerungsrate von Fahrzeugen gibt. Das hat übrigens der Kollege Henning auch gesagt. Er sagte: Irgendwann wird ja die Euro-6-Norm wirksam. - Ich glaube, auch ich habe das mit der EuroNorm erwähnt.
Sehen Sie denn nicht auch einen Zusammenhang darin, dass durch die Einführung der Umweltzone ein Innovationsdruck, auch ein Neubeschaffungsdruck auf die Fahrzeughalter entstanden ist und dass dadurch dieser Vorgang beschleunigt wurde und dass insofern auch ein Beschleunigungseffekt - Sie bestreiten ja nicht, dass es da einen Zusammenhang gibt - entstanden ist? Denn die Leute müssen natürlich, wenn sie in die Umweltzone fahren wollen, ein entsprechendes Fahrzeug haben.
Herr Kollege Bajus, um diese Frage zu beantworten, müsste man wissen, wie viele Menschen sich wegen einer Umweltzone ein neues Fahrzeug kaufen mussten und wie viele Menschen sich sowieso ein neues Fahrzeug gekauft hätten. Ich glaube, das ist relativ schwer herauszufinden. Nach meinem Bauchgefühl würde ich sagen: 90 % haben sich eh ein neues Fahrzeug gekauft, und 10 % sind gezwungen worden.
Ich kenne ganz konkret einen Glandorfer Handwerker, der sich allein wegen der Umweltzone in der Stadt Osnabrück ein neues Fahrzeug kaufen musste. Wenn man überlegt, wie oft er dieses
Fahrzeug in der Stadt braucht, dann kann man schon die Frage stellen, ob das Investment von annähernd 100 000 Euro an der Stelle auch gerechtfertigt war.
Deswegen bin ich nachdrücklich dagegen, dass man dieses Thema ideologisch diskutiert. Ich will nicht auf das alte Beispiel hinweisen, als man vor Jahrhunderten einmal überlegt hat: Wer dreht sich um was? Dreht sich die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde?
Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass das Thema Umweltzone ein gleiches Ende nehmen könnte wie das Thema Sommerzeit. Bei der Sommerzeit ist damals auch versprochen worden: Mit der Einführung der Sommerzeit wird in Deutschland Energie gespart. - Wenn Sie heute ernsthafte Wissenschaftler fragen, dann sagen die Ihnen: Na ja, das mit Energieeinsparen ist so etwas! - Und wenn Sie fragen, warum wir heute noch die Sommerzeit haben, dann ist die Antwort: Weil es schön ist, abends um 22:30 Uhr im Biergarten noch bei Tageslicht ein Bier trinken zu können.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: An der Stelle ist „nice to have“, wie es im Englischen heißt, ja ganz schön. Aber ob das als Grundlage für die Weiterführung einer Umweltzone reicht? - Ich bin da sehr, sehr zurückhaltend. Deswegen müssen wir als Politiker, die ihre Aufgabe ernst nehmen, an der Stelle überlegen, ob wir in der Tat noch Umweltzonen brauchen oder ob man das Ziel, das man damit erreichen wollte, nicht anders erreichen kann.
Es ist unbestritten, dass in Deutschland in 47 Städten und Gemeinden Umweltzonen bestehen. Interessanterweise gibt es da einen gewissen Hotspot in Baden-Württemberg. Da gibt es ganz, ganz viele. Hier in Niedersachsen gibt es ja nur zwei. Interessanterweise, Herr Bajus und Herr Hennig, gibt es in Hamburg überhaupt keine. Dann kann man schon einmal die Frage stellen: Warum hat Hamburg die Probleme nicht, die wir haben? Gibt es da einen anderen Wind? Kommt da der Wind vielleicht von der See? Pustet der Wind das, was da passiert, weg? - Dann kommen Sie zu dem Punkt, an dem Sie sich fragen müssen: Hat eine Umweltzone überhaupt lokal ganz konkret eine Wirkung, oder ist sie eigentlich völlig unabhängig davon, weil da ständig eine Windbewegung ist, ständig irgendwelche Schadstoffe durch die Luft geblasen werden? - Dann müssten eigentlich auch Sie erkennen, dass eine Umweltzone am Ende des
Interessanterweise sind in vielen Ländern Europas Umweltzonen eingerichtet worden sind, aber nicht für die Besitzer von Pkw, sondern eher für Besitzer von Lkw und Bussen. Auch da kann man die Frage stellen: Warum machen das die Europäer anders? Warum verlangen die von Pkw-Fahrern nicht, dass sie sich ein neues Fahrzeug kaufen müssen? - Vermutlich haben sie für sich die Idee entwickelt, dass man das an der Stelle nicht braucht, dass man sich eher auf die Fahrzeuge konzentriert, die einen starken Schadstoffausstoß haben, und dass man die kleinen Pkw-Besitzer lieber in Ruhe lässt.
Es gibt in Deutschland auch bei der Neueinführung von Umweltzonen heftigste Diskussionen. Da, wo sie neu eingeführt werden, treffen sie niemals auf Gegenliebe, auch nicht bei den Menschen, die davon betroffen sind, aber auch nicht bei denen, die glauben, damit könnte die Luft besser werden. Denn auch diese Menschen wissen: Die Wirkung einer Umweltzone ist nicht unumstritten. Deswegen tun wir, glaube ich, gut daran, im Umweltausschuss einmal Leute vortragen zu lassen, die uns klar belegen können, ob das Ganze wirkt oder nicht.
Dann werden Sie auch die Erfahrung machen, dass zwar der Pkw-Schadstoffausstoß groß ist, aber dass die Belastung durch Hausbrand größer ist.
Dann, meine sehr geehrten Herren Henning und Bajus, bin ich an der Stelle, wo ich Ihnen sagen muss: Mit der Leidenschaft, mit der Sie hier für eine Umweltzone kämpfen, müssten Sie nach meiner Auffassung auch dafür kämpfen, dass die Wärme, die hier in Hannover durch die Müllverbrennung in Lahe entsteht, genutzt wird. Damit könnte man 2 000 Haushalte dazu bewegen, dass sie ihre alten Heizungen ausbauen, dass sie mit Fernwärme versorgt werden könnten, völlig ohne Emissionen. Aber genau an der Stelle - das habe ich Ihnen schon einmal vorgetragen - hat dieser Ministerpräsident als früherer OB von Hannover versagt. Und genau an der Stelle versagt auch Rot-Grün, weil man nicht in der Lage ist, eine Leitung zu bauen, die 2 km lang ist und dafür sorgt, dass Sie die Emissionen hier in Hannover von heute auf morgen senken können.
Ich sage Ihnen ganz deutlich und mache das wie ein Vorbild aus römischen Zeiten: Ich werde dieses Beispiel hier in diesem Landtag permanent erwähnen, bis Sie das Problem gelöst haben. Es geht um 2 km Leitung. Solange Sie die nicht gebaut haben, brauchen Sie über das Thema Umweltpolitik hier gar nicht mehr vorzutragen.
Meine Damen und Herren, die Pkw-Flotte in Deutschland wird ca. alle acht Jahre erneuert. Die Umweltzone hier in Hannover ist 2008 eingeführt worden. Man kann davon ausgehen, dass im Jahr 2016 viele Menschen hier in Hannover und auch die Abgeordneten, die hier alle vier Wochen einpendeln, neue Pkw haben werden. Das wird die Schadstoffbelastung dramatisch senken.
Deswegen, glaube ich, müssen wir weniger über Umweltzonen reden, sondern eher darüber, was man ansonsten noch machen kann. Wenn Sie dem zustimmen würden, könnte man aus diesem Antrag einen Antrag formulieren, der sagt: Wenn die Belastungen eines Tages unter dem Grenzwert sind, dann heben wir die Umweltzone wieder auf. - So möchte ich diskutieren und nicht wie Sie, der einfach sagt: Das wollen wir nicht, das machen wir nicht, da machen wir nicht mit.
Ich bin dafür, dass wir im Umweltausschuss diskutieren, dass wir uns Menschen heranholen, die über Wirkung reden, und dass wir am Ende aus der tollen Idee, die Herr Dr. Hocker hier vorgetragen hat, etwas Positives machen - unideologisch, aber im Sinne der Menschen hier in Hannover und vor allem der in Osnabrück.
Danke, Herr Kollege Bäumer. Karthago war das - wenn ich es richtig in Erinnerung habe -, was zerstört werden sollte. Aber das machen wir mit Hannover natürlich nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Bäumer, dass Sie bei diesem Problem Cato und Karthago bemühen müssen, ist schon interessant. Das zeigt, mit welcher Emotionalität dieser Ritt hier vorgetragen wird.
Ich kann mich auch an einen ehemaligen Kollegen erinnern, einen meiner Vorgänger im Amt, der da sehr vehement unterwegs war. Ich will hier gar nicht im Einzelnen ausführen - das haben Herr Henning und Herr Bajus schon im Detail getan -, dass es insbesondere um Stickstoffdioxid geht und wir die Feinstaubbelastung schon deutlich gemindert haben.
In Hannover und Osnabrück ist ja im Jahr 2010 festgestellt worden, dass die Überschreitungen des Jahresgrenzwertes trotzdem anhalten. Deshalb musste eine Fristverlängerung bis maximal zu Beginn des Jahres 2015 für die Einhaltung des Grenzwertes bei der Europäischen Union beantragt werden. Ich darf Ihnen an dieser Stelle auch einen herzlichen Gruß von dem Ministerpräsidenten ausrichten,
der diese Fristverlängerung seinerzeit mit seinem Freund Hans-Heinrich Sander vereinbart hat. Insofern stehen Sie hier, Herr Dr. Hocker, in einer ganz interessanten Tradition, weil offenbar der Kollege, der Abgeordnete und ehemalige Umweltminister Hans-Heinrich Sander der Auffassung war, dass diese Fristverlängerung schlicht und einfach notwendig ist.
In Ihrer Entschließung, Herr Dr. Hocker, stellen Sie immer wieder auf die Feinstaubbelastung ab. Ich bitte aber zu beachten, dass wir hier über die Stickstoffdioxidbelastung sprechen. Das war am Ende auch der Punkt, der Ihren Umweltminister Sander dazu gebracht hat, eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit der Landeshauptstadt Hannover einzurichten. Diese Arbeitsgruppe hat dann einvernehmlich festgestellt, dass die Verkehrsbeschränkungen der Umweltzone in Hannover zur
Minderung der Stickstoffdioxidbelastung beitragen. Dies ist während der ersten Evaluierung im Jahr 2012 in der Amtszeit meines Vorgängers, Herrn Minister a. D. Birkner, noch einmal bestätigt worden.
Meine Damen und Herren, die damals beantragte Fristverlängerung bis 2015 ist dann beiden Städten von der EU gewährt worden. 2015 steht die Überprüfung wieder auf der Tagesordnung.