Protocol of the Session on December 12, 2013

Ich empfehle Ihnen einmal, sich die Protokolle der letzten Legislaturperiode - das betrifft vor allem die Protokolle über die Debatten, die wir im Unterausschuss geführt haben - anzuschauen. Die Unterschiede zwischen den Bediensten im AVD, Herr Kollege, betragen im Vergleich zu den Menschen, die im privaten Sicherheitsgewerbe unterwegs sind, 4 Euro die Stunde und mehr. Das ist ein Zustand, den wir als Sozialdemokraten und als rotgrüne Mehrheit hier im Haus nicht tolerieren. Wir dulden jedenfalls nicht, dass hier im Lande so gearbeitet wird und Kostenvorteile auf diesem Weg dargestellt werden. Dafür stehen wir nicht, und dafür engagieren wir uns auch nicht. Wir lehnen das politisch ab.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Brunotte. - Möchte die FDPFraktion erwidern? - Darauf wird verzichtet.

Im Rahmen der weiteren Debatte hat im zweiten Durchgang für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Belit Onay das Wort. Der Kollege hat noch eine Restredezeit von 4:53 Minuten. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will das, was zu Bremervörde gesagt wurde, nicht wiederholen. Herr Genthe, wir warten auf die Evaluation. Schon jetzt ist, glaube ich, absehbar, dass sich die Wirtschaftlichkeit dort nicht besonders rosig darstellt. In den nächsten zwei, drei Jahren werden wir in dem Bereich, glaube ich, einige Überraschungen überleben - nein, erleben.

(Jens Nacke [CDU]: Überleben nicht!)

- Überleben sowieso, aber auch erleben, Herr Nacke.

Sehr geehrte Frau Ross-Luttmann, Sie haben gesagt, Sie könnten keine rot-grüne Handschrift des Justizministeriums erkennen. Ich möchte Ihnen

hier von einer Unterschrift der Justizministerin im Bereich der Abschiebehaft berichten, Frau RossLuttmann, die kaum zu übersehen ist. Herr Brunotte hat das richtigerweise schon angemerkt. Auch dort gibt es einen Paradigmenwechsel.

Die Abschiebehaft, auch wenn wir sie im Bereich des Justizvollzugs behandeln, ist keine klassische Strafhaft, sondern eine sogenannte Verwaltungshaft. Bei der Verwaltungshaft geht es um eine Haft im Rahmen der Amtshilfe. Personen werden sozusagen festgesetzt, damit die Abschiebung durchgeführt werden kann. Weil es eben keine Strafhaft ist, sind die rechtlichen Erfordernisse sehr hoch angesetzt.

Es ist bekannt geworden, dass es bundesweit 11 562 rechtswidrige Hafttage gegeben hat. 80 % dieser Fälle standen in Bezug zu Niedersachsen. Das geschah zu Zeiten der schwarz-gelben CDU/FDP-Landesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das Bundesverfassungsgericht hat die schwarz-gelbe Landesregierung in diesem Punkt elfmal gerügt. Es hat sie elfmal darauf hingewiesen, dass die Freiheit der Person nach Artikel 2 ein besonderes Recht ist und besondere Hürden auferlegt. Diese haben Sie nicht beachtet, auch nicht unter Herrn McAllister.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Wo kommt denn die Zahl der Abzuschiebenden her?)

Hier hat die rot-grüne Landesregierung bzw. die Justizministerin - dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken - einen Paradigmenwechsel vollzogen, indem sie Recht geschaffen bzw. Strafgefangene von den Personen in Abschiebehaft getrennt hat. Sie hat eine räumliche Trennung hergestellt und damit den Vorgaben des Verfassungsgerichts entsprochen. Noch einmal vielen Dank hierfür, sehr geehrte Frau Justizministerin!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Aber auch perspektivisch wird einiges auf uns zukommen. Wenn Sie einen Blick in die Koalitionsvereinbarungen werfen, werden Sie sehen, dass mit folgenden Punkten noch einige Gesetzesvorhaben verknüpft sind: Resozialisierung, Wiedereingliederung und Verhinderung weiterer Straftaten. Ich nenne in dem Zusammenhang das Resozialisierungsgesetz, das Jugendstrafvollzugsgesetz und das Jugendarrestvollzugsgesetz sowie das Untersuchungshaftvollzugsgesetz. Wir werden die

se Gesetzesvorhaben im kommenden Jahr anpacken. Auch hier gilt: Sorgfalt geht vor Eile.

Darüber hinaus wollen wir der Jugendhilfe und der Prävention Vorrang vor Repression geben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es ist wichtig, dass gefährdete Kinder nicht zu gefährlichen Jugendlichen und dann wiederum zu gefährlichen Erwachsenen werden. Es ist wichtig, dass man - wie wir es getan haben - die sozialpädagogischen Maßnahmen für jugendliche Straftäter im Haushalt stärkt. Auch das ist ein wichtiges Signal, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ein weiterer Punkt, den Herr Brunotte schon richtigerweise angesprochen hat, sind die Anlaufstellen für Straffällige. Sie werden es sicherlich aus verschiedenen US-amerikanischen Filmen kennen: Die Strafgefangenen werden am Tag X entlassen, stehen dann mit ihrem Koffer oder ihrer Sporttasche vor der Justizvollzugsanstalt und wissen nicht, was geschehen soll. Dieser Schritt in die Freiheit entpuppt sich zumeist als freier Fall zurück in die Justizvollzugsanstalt. Deshalb ist es so wichtig, frühzeitig die Wiedereingliederung in das soziale, zivile Leben zu gewährleisten. Das geschieht über die Anlaufstellen, den ambulanten Justizsozialdienst, die Bewährungshilfe und die Führungsaufsicht. In Niedersachsen waren diese hollywoodreifen Filmszenen leider viel zu oft Alltag. Auch das wird sich in Zukunft ändern. Denn die Gefahr des Rückfalls würde bei dieser Praxis steigen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Abschließend möchte ich noch einmal ganz kurz auf die JA Hameln eingehen. In dieser Hinsicht möchte ich noch einmal meiner Freude Ausdruck verleihen, dass es gelungen ist, Mittel aus dem Sonderinvestitionsfonds für den Umbau Hamelns unterzubringen. Die JA Hameln hat einen erheblichen Sanierungsstau. Ziel dieses dringend notwendigen Umbaus ist es, physische und psychische Gewalt unter den jungen Gefangenen wenigstens zu reduzieren bzw. einzudämmen. Nach den Umbaumaßnahmen werden die Wohnbereiche einsehbarer sein. Es wird Haftraumkommunikationsanlagen geben, um Gewaltexzesse zu vermeiden.

Das sind alles in allem sehr gute rot-grüne Akzente, die wir hier im Haushalt vorfinden. Es ist eine

große Freude, diesem Haushalt morgen zustimmen zu dürfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Zu diesem Haushaltsplan liegen keine weiteren Wortmeldungen aus dem Plenum vor. Deswegen hat jetzt, wie in den Haushaltsberatungen üblich, die Landesregierung das Wort. Frau Justizministerin Niewisch-Lennartz!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„Voraussetzung für Rechtsfrieden und Gerechtigkeit ist eine starke, unabhängige Justiz, die rasch zu verständlichen und nachvollziehbaren Entscheidungen kommt.“

So formuliert es der Koalitionsvertrag dieser Regierung, und der Haushalt 2014 gibt die notwendigen materiellen Ausstattungen dafür her, um diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe zu erfüllen. Dabei ist es mir ein besonderes Anliegen, bei allen Veränderungen unser wichtigstes Kapital im Auge zu behalten: das Vertrauen der niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger in die Justiz.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Haushalt für das nächste Jahr wird der Justiz die Möglichkeit geben, auf diesem Weg weiterzukommen. Er wird 1,2 Milliarden Euro umfassen und zu 60 % auf den Bereich Personal entfallen. Das wird voraussichtlich ausreichen, um in allen Dienstzweigen auf eine Belastung nach PEBB§Y nahe der magischen Zahl von 1,0 zu kommen. Wie wollen wir das erreichen?

Erstens. Der Haushaltsplan für 2014, der morgen zu Ihrer Abstimmung steht, sieht 52 neue Stellen vor. Wir wollen damit vor allen Dingen auf andauernde Belastungsspitzen reagieren. Zu den Einzelheiten dazu komme ich gleich.

Zweitens. Die niedersächsische Justiz ist leistungsbereit und leistungsfähig. Wir stehen im bundesweiten Vergleich der Laufzeiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sehr gut da.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der CDU)

Von Resignation und Überforderung ist überhaupt nichts zu spüren. Vielmehr sind allerorten Engagement und Begeisterung für die Aufgabe spürbar. Dafür meinen herzlichen Dank!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Drittens kommt im Jahr 2014 für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Nacherhebung für PEBB§Y auf uns zu. Das wird uns die Möglichkeit geben, den Personalbedarf noch genauer zu justieren.

Viertens. In vielen Gebieten gehen die Fallzahlen zurück. Erfreulich ist insbesondere, dass auch im Bereich der Staatsanwaltschaften, also des Strafrechts, die Fallzahlen nicht weiter ansteigen.

Aber wir müssen neue Entwicklungen immer im Auge behalten und genau verfolgen, wo es zu dauerhaften Belastungen kommt, denen es abzuhelfen gilt.

2014 sollen die drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Internetkriminalität in Verden, Osnabrück und Göttingen - der Abgeordnete Limburg hat das schon angesprochen - mit fünf neuen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten verstärkt werden. Es geht darum, auf neue Anforderungen in der Strafverfolgung reagieren zu können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Eine weitere Verstärkung gilt der Zentralstelle für Landwirtschaftsstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg, die heute Morgen schon Gegenstand der Erörterung war. Die Zentralstelle hat sich bei der Bewältigung von größeren Krisen im Lebensmittel- und Futtermittelbereich bereits als Erfolgsmodell herausgestellt. Sie ist mit diesen Aufgaben allerdings deutlich an ihre Grenzen gekommen, sodass wir sie jetzt zu einer eigenen Abteilung ausbauen können und müssen. Sie wird zugleich auch für Tierschutzverstöße zuständig sein. Wer gerade die Fernsehberichterstattung zu den Ferkeln verfolgt hat, der wird wissen, dass diese Ausweitung ganz besonders notwendig ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Das machen Sie an einem Fernsehbericht fest?)

Es wird dort nicht nur neue Staatsanwälte und Staatsanwältinnen geben; vielmehr wird auch der Unterbau verstärkt. Insbesondere gibt es auch eine Verstärkung durch einen Buchhalter, der es

ermöglichen wird, die Gewinnabschöpfung in diesem Bereich zu effektivieren.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

In diesem Jahr sind, glaube ich, in diesem Bereich bereits 500 000 Euro an Gewinnabschöpfung erfolgreich in die Staatskasse gelenkt worden. Ich glaube, das ist auch ein sehr wichtiges und gutes Mittel, um Straftaten zu verhindern.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Zieht die Polizei nach?)

Schließlich sorgen wir auch dafür, dass die Strafkammern bei den Landgerichten auf gleich hohem personellen Niveau weiterarbeiten können. Die 13 Stellen, die Ende dieses Jahres wegfallen sollten, wurden um drei Jahre verlängert.

Meine Damen und Herren, das Vertrauen in die Justiz wird nur dann erhalten, wenn sie auch zeitnah zu Entscheidungen kommt. Ich spreche deswegen die Bereiche der Sozialgerichte an. Sie wissen alle, dass dort eine Eingangsflut herrscht, die sich leider auf hohem Niveau gehalten hat. Wir werden dort die 18 Stellen, die zunächst wegfallen sollten, um drei Jahre verlängern, aber auch sechs neue Stellen schaffen, um es dieser Gerichtsbarkeit zu ermöglichen, endlich ein Stück weit die große Fluktuation aufzufangen und in den Bereich von Kontinuität zu gelangen.

Wir haben auch 13 neue Personen - zwei Kammern - für den Bereich der Securenta-Verfahren vorgesehen. Dort wurde in den letzten Jahren trotz der bekannten Eingangsflut nicht verstärkt. Wir sind deswegen wegen verzögerter Verfahrensbehandlung Forderungen in Millionenhöhe ausgesetzt. Wir müssen dafür im Augenblick Rückstellungen im Umfang von 3 Millionen Euro per anno schaffen.