Wir machen Ernst mit dem Grauen Haus in Wolfenbüttel. Ich empfehle jedem, der dieses Haus noch nicht gesehen hat, sich dort einmal die Hafträume und vor allem die Duschräume anzusehen. Das hat nichts mehr mit menschenwürdiger Unterbringung von Inhaftierten zu tun. Wir machen Ernst mit dem Umbau, mit der Sanierung des Grauen Hauses in Wolfenbüttel und stellen hierfür in den nächsten Jahren 15 Millionen Euro zur Verfügung, damit ein vernünftiger Vollzug durchgeführt werden kann. Wir versehen das Ganze auch noch mit einem Gesamtkonzept für die Gedenkstätte für NSOpfer, die mit auf dem Gelände liegt, sodass dann in einem Zug saniert werden kann.
Das zweite große Projekt, das wir in diesem Haushalt mitverankern konnten, ist die Weiterführung der Sanierung des Wohngruppenvollzuges in der Jungendanstalt Hameln, die wir mit jährlich 2 Millionen Euro durchführen wollen und dann auch endlich abschließen und ausfinanzieren können.
Weiterhin werden im Bereich der Grundsanierung und der baulichen Unterhaltung in den nächsten vier Jahren insgesamt 6 Millionen Euro für den Bereich Sicherheit - hier vor allem für den Bereich Sicherheit für Bedienstete und für Inhaftierte - bereitgestellt, um damit z. B. Haftraumschließanlagen zu finanzieren. Also auch ein Feld, das sehr wichtig ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, uns hat schon etwas betroffen gemacht, dass uns nach dem besonderen Vorkommnis in der JVA Braunschweig die damalige Mehrheit in der Diskussion auch im Unterausschuss sagte: Wir wussten, dass es dort bauliche Probleme gibt. Für uns aber hatte die JVA Bremervörde Vorrang. - Hier zeigt sich, dass die Ressourcenbindung zu Fehlentwicklungen geführt hat.
Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Strukturen möchte ich auch auf die Veränderungen im Bereich Abschiebehaft hinweisen. Hier wird die EU-Richtlinie umgesetzt, und wir werden das Gebot, zwischen Inhaftierten und Abschiebehäftlingen einen ausreichend großen Abstand einzuhalten,
umsetzen. Weil das sowohl in der Anstalt als auch im Vollzug insgesamt ein Thema ist, möchte ich darauf hinweisen, dass wir die Schließung der Abteilung Langenhagen der JVA Hannover so durchführen werden, dass sich die Kolleginnen und Kollegen, die dort aktuell beschäftigt sind, keine Sorgen um ihre Arbeitsgelegenheit beim Land Niedersachsen machen müssen, weil wir die Kompetenz dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vollzug dringend brauchen. Ich bin mir sicher, dass wir Abschiebehaft in Niedersachsen auch weiterhin durchführen werden, so lange wir sie als Instrument brauchen, und nicht zu einer Zentralisierung kommen werden. Jedenfalls ist das nicht unser Ziel.
Wir wollen im Vollzug eine Neuausrichtung leben, die zu mehr Wirksamkeit und Nachhaltigkeit führt, die sich - wie es die Ministerin angekündigt hat - mit mehr Behandlungsangeboten im Bereich der psychiatrischen Versorgung zeigt, die das Übergangsmanagement anders definiert, die den AJSD mit einbezieht und die vor allem deutlich macht, dass mehr Qualität im Vollzug mit einer anderen Definition von Lockerungen und Freigang einhergehen muss. Wir müssen hier den Rahmen dafür schaffen, dass die Instrumente, die gegeben sind, auch gelebt werden können.
Einer der wichtigen Bausteine ist für uns deshalb die Stärkung der Anlaufstellen. Ja, hier gibt es bereits eine gut funktionierende Infrastruktur, die wir weiter ausbauen und nutzen wollen. Wir wollen das Projekt zur Geldverwaltung stärken. Durch Landesregierung und Landtag werden insgesamt 200 000 Euro zur Verfügung gestellt. Die Zahlen, um die es hier geht, können sich deutlich sehen lassen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass durch die Anlaufstellen allein im Jahr 2012 fast 29 000 Hafttage verhindert werden konnten, was einer Ersparnis von reell 4 Millionen Euro entspricht, wenn man 140 Euro pro Hafttag ansetzt. Gleichzeitig wurden Strafzahlungen in Höhe von 880 000 Euro möglich. Insgesamt ein wirklich gutes Modell. Vielen Dank an die Anlaufstellen für ihre wertvolle Arbeit!
Wir sehen das Land Niedersachsen in seiner Verantwortung als Arbeitgeber für die Beschäftigten im Vollzug. In den letzten Jahren gab es Hebungsprogramme; das ist richtig. Wir wollen fairer Partner bleiben. Wir wollen aber auch ein ehrlicher Partner bleiben. Herr Dr. Genthe, wenn es der Wunsch der FDP ist, dass die Vollzugszulage um 2 Millionen Euro angepasst wird, dann hätte ich mir gewünscht, dass sie diesen Wunsch nicht zu Oppositionszeiten vorbringt, sondern diesen Schritt in Regierungszeiten umgesetzt hätte. In Oppositionszeiten scheint sich das aber offensichtlich immer leichter einfordern zu lassen.
Im Bereich der Haftplätze wird deutlich, dass die JVA Bremervörde nicht erforderlich gewesen wäre. Wir haben aktuell 6 700 Haftplätze, von denen im Schnitt 5 200 belegt sind, also knapp 1 500 ungenutzte Haftplätze. Um es noch einmal in Erinnerung zu rufen: Die Kosten pro Haftplatz liegen in Niedersachsen nach Kosten-Leistungs-Rechnung bei knapp 140 Euro pro Tag. Hier ist die Situation durch die JVA Bremervörde unnötig weiter verschärft worden, und hier wird sich in den nächsten Jahren Handlungsbedarf zeigen, um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen.
Frau Ministerin, auch das will ich vor Weihnachten erwähnen: Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Weihnachtsamnestie. Wir finden, dass dies ein sehr wichtiges Instrument ist, um frühzeitig vor Weihnachten Entlassungen durchführen zu können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ich möchte mich zum Schluss an erster Stelle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Vollzug bedanken, die eine wertvolle und wichtige Arbeit leisten und die es ermöglichen, dass vieles Gute mit einer hohen Qualität geleistet wird. Ich möchte mich bei denjenigen bedanken, die sich im Vollzug engagieren, bei den Beiräten, bei den Interessengemeinschaften der Inhaftierten. Ich möchte mich für die gute Arbeit der Anlaufstellen und des AJSD bedanken. Ganz besonders bedanken möchte ich mich an dieser Stelle schließlich auch beim Justizministerium, bei der Ministerin, ihrem Staatssekretär und ihrem Team, das deutlich macht: Man kann den Vollzug in Niedersachsen anders leben. - Auch beim Unterausschuss „Justizvollzug und Straffälligenhilfe“ möchte ich mich für die gute Zu
sammenarbeit im laufenden Jahr bedanken. Auch wenn wir zum Teil kontrovers diskutieren, so kommen wir doch immer zu guten Ergebnissen.
Für uns ist klar: Die Neuausrichtung im Vollzug ist ein längerer Weg. Ein ehemaliger Justizminister hat gesagt - ich möchte es zitieren -: Und morgen sind sie wieder unsere Nachbarn. - Wir wollen, dass Resozialisierung gelebt wird und gelingt und dass jeder in unserer Gesellschaft eine zweite Chance bekommt. Deshalb kommt es darauf an, dass wir als Landtag die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Daran wollen wir mit unserer rotgrünen Mehrheit gern mitarbeiten.
Vielen Dank, Herr Kollege Brunotte. - Auf Ihre Rede hin gibt es eine Wortmeldung zur Kurzintervention. Das Wort hat der Kollege Otto Deppmeyer, CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Brunotte hat auch heute wieder verkehrt aus unserem Unterausschuss zitiert. Er zitierte den Kollegen Rolfes damit, dass er gesagt haben soll: Wegen der Kosten in Bremervörde konnte man in Braunschweig nicht renovieren. - Bis dahin sind in Bremervörde aber überhaupt keine Kosten für den Landeshaushalt entstanden. Deshalb ist das sachlich gar nicht möglich, also völlig verkehrt. So hat sich Herr Rolfes auch nicht geäußert.
Ich frage Herrn Brunotte in diesem Zusammenhang etwas. Er war am 26. September 2011 mit seiner SPD-Gruppe in Braunschweig und hat sich das Haus angesehen. Welche Aktionen hat er danach unternommen, um dafür zu sorgen, dass es in Braunschweig besser wird?
Wir sind nicht in der Fragestunde, man kann eine Kurzintervention aber auch für eine Frage nutzen, Herr Kollege Will. - Herr Brunotte, Sie möchten antworten. Sie haben das Wort für 90 Sekunden.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege, wir pflegen ja einen kollegialen Umgang. Deshalb kann man auch im Rahmen einer Kurzintervention eine Frage stellen, wie ich finde.
Ich möchte zunächst einmal darauf hinweisen, dass ich mich im Zusammenhang mit meinen Aussagen zur baulichen Situation der JVA Braunschweig gar nicht auf den Kollegen Rolfes bezogen habe, sondern ich habe darauf hingewiesen, dass es ein Interview mit dem NDR gegeben hat, das immer noch, glaube ich, auf der Homepage des NDR nachzulesen ist. Ich glaube, da hat sich der Sprecher der CDU-Fraktion für Justizvollzug geäußert. Das kann man ja in der Mediathek einmal nachhören. Dort sind diese Aussagen getroffen worden.
Ohne jetzt zu sehr in die Vergangenheit einzusteigen: Ja, wir waren vor Ort. Wir haben uns das angesehen. Wir waren auch mit dem Unterausschuss vor Ort. Wir als SPD-Fraktion haben im Anschluss an das Gespräch, das wir vor Ort geführt haben - es ging dabei um Arbeitsbedingungen und die Unzufriedenheit von Kolleginnen und Kollegen -, auch das Gespräch mit dem damaligen Justizminister Busemann gesucht und haben uns mit ihm darüber ausgetauscht. Ich glaube, das ist ein guter Weg gewesen. Das hat aber nicht dazu beigetragen, dass Sie im Zusammenhang mit der Ressourcenentscheidung, die Sie politisch mit diesem Haushalt getroffen haben, dafür gesorgt haben, dass die Sanierung in Braunschweig vorangetrieben wird; denn es wurden durch Sie Mittel für die JVA Bremervörde gebunden, die nicht erst im Haushalt für dieses Jahr wirksam geworden sind, sondern schon in der Mittelfristigen Planung zweckgebunden waren. Das haben Sie vorgenommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regierungskoalition hat eben ganz deutlich gemacht, dass sie die JVA in Bremervörde politisch nicht will. Lassen Sie mich dazu zwei Bemerkungen machen.
Erste Bemerkung: Sie ignorieren dabei völlig, dass gerade das grüne Justizministerium im Fachausschuss - auch vor dem Hintergrund, dass aufgrund der Größe den Betroffenen hervorragende Angebote gemacht werden können - ganz klar erklärt hat, diese JVA funktioniere hervorragend. Ignorieren Sie das nicht, sondern nehmen Sie das einfach mal zur Kenntnis!
Zweite Bemerkung: Ich finde es extrem unfair, die Bediensteten der JVA Bremervörde quasi in den Fokus zu nehmen und auf Fehler zu warten, um das politisch in der Richtung ausschlachten zu können: Ja, siehst du, Bremervörde funktioniert so nicht. - Das ist unfair gegenüber den Bediensteten. Lassen Sie das!
Vielen Dank, Herr Dr. Genthe. - Auch jetzt gibt es eine Kurzintervention zur Ihrem Beitrag. Das Wort hat Herr Brunotte für 90 Sekunden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Genthe, ich glaube, dass wir hier mehr als vor den Bediensteten stehen.
Vor allem stehen wir vor den Kolleginnen und Kollegen, die über die Dienstleister in dieser Anstalt arbeiten. Denn wir engagieren uns gerade als Fachpolitiker im Vollzug für das Thema „gute Arbeit“.
Wir machen das, weil wir wissen, auf wessen Knochen hier eine Rendite erzielt wird. Schauen Sie sich doch einmal an, wo die wirtschaftlichen Vorteile im Betrieb dieser Anstalt herkommen und warum die Anstalt in Bremervörde aus Sicht des Landes günstiger betrieben werden kann als andere An
stalten! Schauen Sie sich weiter einmal an, nach welchem Tarif die bezahlt werden, die für die Dienstleister arbeiten, und wie groß der Unterschied zwischen Bediensteten im privaten Bereich und Landesbediensteten ist!
Ich empfehle Ihnen einmal, sich die Protokolle der letzten Legislaturperiode - das betrifft vor allem die Protokolle über die Debatten, die wir im Unterausschuss geführt haben - anzuschauen. Die Unterschiede zwischen den Bediensten im AVD, Herr Kollege, betragen im Vergleich zu den Menschen, die im privaten Sicherheitsgewerbe unterwegs sind, 4 Euro die Stunde und mehr. Das ist ein Zustand, den wir als Sozialdemokraten und als rotgrüne Mehrheit hier im Haus nicht tolerieren. Wir dulden jedenfalls nicht, dass hier im Lande so gearbeitet wird und Kostenvorteile auf diesem Weg dargestellt werden. Dafür stehen wir nicht, und dafür engagieren wir uns auch nicht. Wir lehnen das politisch ab.