Protocol of the Session on December 11, 2013

Nein. Wir können das sicherlich auch nachher regeln.

Wir stellen fest, dass selbst in den USA angekommen ist, dass es bei uns große Kritik gibt. Dort macht man sich Sorgen; dazu könnte ich Ihnen Zitate nennen. Auf der anderen Seite des Teichs, Tausende von Kilometern von hier weg, hat man verstanden, dass man mit uns nicht alles machen kann. Nur bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ist das offensichtlich noch nicht angekommen.

(Beifall bei der CDU)

Abschließend noch eine Bemerkung: Das, was Sie hier treiben, würde ich außerparlamentarisch möglicherweise als Heuchelei bezeichnen. Wer es zulässt, auch als grüner Landwirtschaftsminister, dass mit Aflatoxin belasteter Mais, der hier noch nicht einmal in die Biogasanlage darf, in die USA transferiert wird, damit er dort verfüttert wird und möglicherweise in die Lebensmittelkette gelangt, der sollte sich hier nicht aufspielen und uns ir

gendwelche Märchen erzählen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Kehren Sie vor der eigenen Tür!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Kollege Grupe das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Durchbruch, Wunder, Milliardenzauber - der Begeisterung von Politik und Wirtschaft sind kaum Grenzen gesetzt“, schreibt die Braunschweiger Zeitung zu der Abmachung von Bali. Warum ein Wunder? - Meine Damen und Herren, 159 Staaten haben zugestimmt, keiner durfte ausscheren. Das ist in der Tat ein herausragendes Ereignis.

Der Kollege Schminke hat einige der Themenfelder aufgezählt, die in zwölf Jahren diskutiert wurden. Aber herausgekommen ist natürlich nur ein Kompromiss. Längst nicht alles wurde geregelt. Die Gefahren, die hier in den Raum gestellt wurden, können jedenfalls wir in der Form überhaupt nicht erkennen. Natürlich ist es nur gelungen, einiges zu regeln und einige grundsätzliche Dinge ins Auge zu fassen. Die Experten sagen, etwa 10 % konnte man in dieser Regelung erfassen.

Die eigentliche Nachricht ist, dass man weltweit mit 159 Nationen etwas auf den Weg gebracht hat. Das ist ein Signal, das dem Trend des Protektionismus, der sich nach der Weltwirtschaftskrise 2008 ergeben hat, nicht erlegen ist.

Meine Damen und Herren, es wird festgestellt, dass sich in der Not weltweit viele Politiker keines anderen Ausweges zu helfen wissen, als die eigene Wirtschaft zu schützen, indem die ausländische Wirtschaft benachteiligt wird. Ich muss Ihnen hoffentlich nicht auseinandersetzen, dass das niemandem so sehr schaden würde wie uns hier in Deutschland.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Vereinbarung von Bali soll insbesondere auch den Entwicklungsländern helfen. Nicht zuletzt deswegen haben auch alle zugestimmt. Ihnen soll ein besserer Zugang zu den Märkten der Industrie- und Schwellenländer ermöglicht werden.

Lieber Herr Kollege Schminke, hier geht es eben nicht vorrangig um die Profitinteressen der internationalen Großkonzerne - eine Floskel, die Sie in

jeder Rede in irgendeiner Form unterbringen -, sondern es geht genau um das Gegenteil. Es geht darum, dass auch die ärmeren Länder vermehrt am Welthandel teilnehmen und dass ein besserer Ausgleich zwischen Arm und Reich stattfinden kann. Das ist die Zielsetzung, der alle zugestimmt haben.

Meine Damen und Herren, für unsere deutsche Wirtschaft - ich habe es eben schon angedeutet - wären Protektionismus oder begrenzter Welthandel pures Gift. Wir leben davon, unsere hochwertigen Waren anderen zu verkaufen. Das, was importiert wird, muss natürlich - der Kollege Oesterhelweg hat dies gerade näher ausgeführt - unseren Anforderungen genügen. Klare Kennzeichnungen müssen vorhanden sein, damit der Verbraucher eine souveräne Entscheidung darüber treffen kann, welches Produkt er kauft.

Frau Staudte, wenn Sie mit Ihren Äußerungen sagen wollen, dass bei uns die Qualitätsstandards herausragend und besser sind als fast überall auf der Welt, dann stimme ich Ihnen ausdrücklich zu. Aber deswegen anderes hier verbieten zu wollen, dem stimmen wir ausdrücklich nicht zu. Wir sind dafür, dass wir als einzelne Menschen uns möglichst frei entscheiden können, welche Produkte wir konsumieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Europa ist schon heute der größte Nettoimporteur von Agrarrohstoffen. Wir importieren für etwa 127 Milliarden Euro und exportieren für 173 Milliarden Euro. Wir überschwemmen nun wirklich nicht die Weltmärkte. Im Gegenteil: Wir haben, wenn man das umrechnet, einen virtuellen Landimport von etwa 35 Millionen Hektar. Das entspricht der Fläche der Bundesrepublik Deutschland.

Die LDC-Staaten, die Least Developed Countries, also die Entwicklungsländer, die ärmsten Länder dieser Welt, sind schon heute Nettoimporteure von Nahrungsmitteln. Der Bedarf, das Delta, das fehlt, um sich selbst zu versorgen, wird sich bis 2030 verfünffachen. Wir alle sind uns sicherlich einig, dass Hilfe zur Selbsthilfe der erste Weg ist.

Aber, wie Professor Wahmhoff von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt auch sagt: Wir haben in Zukunft eine fortschreitende Entkopplung von Produktions- und Verbrauchsort. Nicht überall auf der Welt kann man genügend Lebensmittel produzieren, um die Menschen zu ernähren. Wenn man dort in der Wirtschaft Geld verdient, um sich die

Lebensmittel von uns zu kaufen, dann ist es eine hervorragende Aufgabe für uns, sie zu produzieren und sie diesen Menschen in einem möglichst freien Welthandel auch zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei der FDP)

Das Freihandelsabkommen ist ein wichtiger Eckpfeiler für die deutsche Wirtschaft. Es ist ein wichtiges Signal für die Exportwirtschaft, die stark mittelständisch geprägt ist.

Der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg, Herr Michael Zeinert, schätzt das Umsatzplus für Niedersachsen auf etwa 6 Milliarden Euro in fünf Jahren, was durch dieses Abkommen zusätzlich zu erwarten ist. Für Deutschland geht man von 60 Milliarden Euro aus.

Meine Damen und Herren, die Welt hat diesem Abkommen zugestimmt. 159 Staaten haben zugestimmt. Die Welt hat verstanden, was mit diesem Abkommen gemeint ist, einige in diesem Haus vielleicht noch nicht ganz. Wir jedenfalls begrüßen dieses Abkommen und sehen dies absolut positiv.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Für die Landesregierung spricht nun der Landwirtschaftsminister. Herr Minister Meyer, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit diesem Sommer verhandelt die EU über ein Handels- und Investitionsabkommen mit den Vereinigten Staaten. Bei dem Abkommen geht es vor allem um die Angleichung der Regeln des europäischen und des US-amerikanischen Binnenmarkts, nicht primär um den Abbau von Zöllen. Es geht also um unsere Umwelt- und Sozialstandards, um Datenschutz und Verbraucherrechte, um Lebensmittelsicherheit und Gentechnik.

Ich begrüße sehr, dass sich dieses Haus damit beschäftigt. Es liegt ja ein Antrag zur Beratung vor. Ich hoffe, dass es die angekündigte Einigkeit im Parlament gibt, dass unsere Regeln in Europa nicht zum Spielball von Freihandelsabkommen werden dürfen, sondern dass sie geschützt werden. Das ist gerade für Niedersachsen als Agrarland Nummer eins und als Geflügelland Nummer

eins von einer sehr hohen Bedeutung. Nur um das Beispiel der viel zitierten Chlorhähnchen anzusprechen: Es kommt nämlich so gut wie kein Hühnerfleisch aus den USA.

Worum geht es dabei? - Nach den europäischen Vorgaben ist bei frischem Fleisch zur Haltbarmachung nur das Kühlen oder Gefrieren zulässig. Nach den geltenden Hygienevorschriften darf man zur Entfernung von Oberflächenverunreinigungen in Europa keinen anderen Stoff als Wasser einsetzen. - Der Unterschied ist: Waschen oder Chloren?

In den USA hingegen ist die Anwendung von chemischen Substanzen zur Oberflächenbehandlung von Geflügelfleisch zulässig. Das ist eine doppelte Gefahr. Denn man kann dadurch, dass man am Ende des Prozesses mit Chlordioxid oder anderen chemischen Stoffen antimikrobielle Verunreinigungen beseitigt, darauf verzichten, in den Vorproduktionen ein bestimmtes Maß an Hygiene einzuhalten. Als Beispiel: Antibiotika zu reduzieren ist da nicht nötig, weil man die aggressiven Keime mit der chemischen Keule entfernen und das Geflügelfleisch durch das sogenannte Chlorbad ziehen kann.

Wir warnen davor und fordern, dass das aufgegeben wird. Da sind wir uns auch völlig einig mit der Geflügelwirtschaft und mit dem Landvolk, die noch in diesem Jahr - das ist ungewöhnlich - die CDU/FDP-Bundesregierung kritisiert haben, weil Wirtschaftsminister Herr Rösler - er ist ja noch ein paar Tage im Amt - auf einer Reise in die USA gegenüber der Zeitung Die Welt erklärt hat, das mit dem Chloren von Hühnern sei, wie er gelernt habe, ja gar nicht schlechter; was die Amerikaner da machen, sei nur eine andere Methode. Daran kann man sehen, dass es nicht darum gehen darf, unsere europäischen Verbraucherstandards zugunsten eines möglichen Freihandelsabkommens aufzugeben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe damals keinen Widerspruch der CDUVertreter in der Bundesregierung gehört, als Herr Rösler in den USA gesagt hatte, dass das Chloren ja nur eine andere Methode sei und man darüber verhandeln müsse.

Wir sind der Meinung, die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten Geflügelfleisch, das auf natürliche Weise, ohne chemische Behandlung, produziert wird. Diese Landesregierung wird daher alles dafür tun, dass diese Erwartungen nicht enttäuscht werden, auch zugunsten

der niedersächsischen Geflügelwirtschaft und des hohen Niveaus beim Rechtsschutz und Verbraucherschutz in Europa.

Aber dieses Chlorfleisch ist nur ein Teilbereich. Es ist angesprochen worden: Es geht um leistungssteigernde Hormone, die in den USA eingesetzt werden, es geht um Fleisch von geklonten Tieren, wozu es erhebliche ethische Bedenken gibt, es geht um genmanipulierte Produkte, die in den USA ohne Kennzeichnung verwendet werden.

Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, genmanipulierte Lebensmittel, die in Europa nicht verkehrsfähig sind, dürfen nicht durch ein Handelsabkommen, quasi durch die Hintertür, salonfähig gemacht werden! Dass Konzerne wie Monsanto gerade darauf setzen, ist, glaube ich, angesichts des starken Widerstands der Verbraucherinnen und Verbraucher klar.

Meine Damen und Herren, wir unterstützen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher außerdem die Nulltoleranz nicht zugelassener gentechnisch veränderter Organismen. Diese Position werden wir weiterhin mit aller Kraft zum Schutz der heimischen Landwirtschaft und der Verbraucherinnen und Verbraucher vertreten.

Niedersachsen wird auch zukünftig auf die Bundesebene einwirken, damit diese Position in die Vertragsverhandlungen in Brüssel einfließen wird. Wir haben es auf der Agrarministerkonferenz beschlossen, und es ist im Bundesrat mit der rotgrünen Mehrheit beschlossen worden, dass wir unsere Verbraucher-, Umwelt- und Sozialstandards beim Freihandel nicht aufgeben wollen. Deshalb kann man nur an Sie appellieren, dass das auch bei den Verhandlungen, die jetzt geführt werden, berücksichtigt wird.

Die Äußerungen der alten Bundesregierungen zeigen durchaus - ich könnte hier nicht nur Herrn Rösler zitieren -, dass einige Standards auf dem Basar der Vorteile eines Freihandelsabkommens geopfert werden sollen. Wir sind der Meinung, dass weder die Landwirtschaft in Niedersachsen noch die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher zu den neuen Globalisierungsverlierern zählen dürfen.

Herr Oesterhelweg, das Beispiel Aflatoxin zeigt genau die Gefahren unbegrenzten Handels. Futtermittel, dessen Aflatoxinmengen die europäischen Grenzwerte deutlich überschreitet und deshalb hier nicht verfüttert werden darf, darf nach den

Regeln, die Sie in Niedersachsen und im Bund veranlasst haben,

(Zuruf von Heiner Schönecke [CDU])

aber in die USA exportiert werden. Wir haben uns sofort dafür eingesetzt und einen einstimmigen Beschluss der Agrarministerkonferenz erreicht, dass in Zukunft Substanzen, die in Europa und auch in Niedersachsen nicht verfüttert werden dürfen, auch nicht in andere Länder exportiert werden dürfen. Wir wollen ja nicht unseren Giftmüll in andere Länder bringen!

Wer diesen einstimmigen Beschluss, dass wir so etwas nicht in die USA exportieren wollen, leider nicht umgesetzt hat, ist die CDU/CSU-FDPBundesregierung. So haben wir keine Gewähr, dass das Gift nach der dortigen Verfütterung über den Import nicht doch wieder auf unseren Tellern landet. Da sind Sie in der Pflicht.

(Zuruf von Frank Oesterhelweg [CDU])

Ich hoffe, dass die neue GroKo das vielleicht anders sieht als die alte schwarz-gelbe Bundesregierung.