Protocol of the Session on December 11, 2013

Meine Damen und Herren, ich darf kurz unterbrechen. - Jeder kann Zwischenrufe machen, die er für richtig hält. Der Redner hat die Möglichkeit, darauf einzugehen oder nicht darauf einzugehen. Das ist der ganz normale parlamentarische Brauch. Eine Debatte lebt von guten Zwischenrufen und von guten Reden. Lasst uns uns alle doch bemühen, gute Reden zu halten und gute Zwischenrufe zu machen. Diese kleinkarierte Diskussion, die hier über die Tische hinweg stattfindet, hilft uns jetzt nicht weiter. Wir müssen jetzt die Zeit nutzen, um das zu sagen, was wir wollen.

Herr Watermann, Sie haben das Wort.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben gestern gelernt, dass die kommunale Basis bei Ihnen die Landräte und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind. Das ist so. Das haben Sie in Ihrem Redebeitrag festgelegt.

Bei uns ist die Basis ein bisschen größer. Bei uns ist die Basis aus denen gestrickt, die direkt gewählt worden sind, aber zuzüglich auch aus denjenigen, die ehrenamtlich gewählt worden sind. Sie können sicher sein, dass die das mittragen: die Stichwahl wieder einzuführen, das Wahlalter von 65 auf 67 Jahre zu erhöhen und die Amtszeiten zu synchronisieren. Ich habe schon ausgeführt, wie sich qualifizierte Bewerber in anderen Bundesländern bewerben; das brauche ich nicht zu wiederholen.

Nun zu der interessanten Frage des kommunalen Finanzausgleichs. Die jetzige Landesregierung hat das verabredete Werk übernommen - das vor zwei Jahren alle hier im Parlament mitgetragen haben -, nämlich der kommunalen, städtischen und gemeindlichen Seite 65 Millionen Euro von der Kreisseite zu geben. Da das die Grundsicherung betrifft - die im Übrigen über eine Bundesratsinitiative gekommen ist -, ist diese Verteilung gerechtfertigt gewesen.

Nicht gerechtfertigt ist, dass 2007 bei der letzten Veränderung - übrigens von der Region und dem Landkreis Schaumburg beklagt - der Flächenfaktor mit einem größeren Gewicht nach oben geschnellt ist, weil die Sozialkomponente durch das Zurücknehmen der Grundsicherung als soziale Leistung bei den Landkreisen zu Verwerfungen führt. Die Landkreise Hildesheim und Hameln-Pyrmont, die Region und viele andere sind die großen Verlierer dieser Veranstaltung. Rotenburg, Vechta und das Emsland sind die großen Gewinner. Das hat etwas damit zu tun, dass man damals in einer Nacht-undNebel-Aktion noch an den Schrauben gedreht hat. Das ist aber nicht nur der Flächenfaktor, sondern das sind viele kleine Faktoren gewesen. Das hat sich ausgewirkt.

Das Ganze hat man jetzt in einem Kompromiss in drei Schritte aufgeteilt. Man muss sich, weil die Sozialleistungen anders verteilt werden und auch wegen der Eingliederungshilfe, schon noch mal der Mühe unterziehen und genau hingucken, ob die Stellschrauben eigentlich richtig gestellt sind. Und wer sich nicht intensiv damit beschäftigt und sich nicht zurückerinnern kann, wie der Regionspräsident schon damals darauf hingewiesen hat, der handelt eben fahrlässig.

Unser Problem war sicherlich, dass wir das, was wir vorgefunden haben, übernommen haben. Von Ihnen kann man eben nichts übernehmen, weil das eine Trümmerlandschaft ist.

Ich sage Ihnen: Wir haben hier einen guten Haushalt vorgelegt. Wir haben einen guten Innenminister. Wir machen eine verlässliche Politik. Dafür sind wir gewählt worden.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es liegt die Bitte zu einer Kurzintervention vor. Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Watermann, Ihre Rede ist in Teilen an Dreistigkeit wirklich nicht mehr zu überbieten.

(Beifall bei der CDU - Jens Nacke [CDU]: Unparlamentarisch ist das! Ei- ne Frechheit!)

Ich will drei Punkte ansprechen. Sie sprechen von einer Verunsicherung bei der Polizei. Ich kann Ihnen sagen: Sie schaffen die Verunsicherung mit Ihrer unsäglichen Kennzeichnungspflicht und mit der Beschwerdestelle, die Sie im Land einführen wollen. Das schafft Verunsicherung bei der Polizei.

(Beifall bei der CDU - Grant Hendrik Tonne [SPD]: Das ist schlicht Unfug!)

Ein Zweites: Sie haben das Weihnachtsgeld angesprochen. Ich ergänze noch: Urlaubsgeld. Sie haben in den letzten Jahren bei jeder dieser „Tannenbaumaktionen“ - die auch am Freitag wieder bevorsteht; diesmal wird Herr Schneider den Tannenbaum überreicht bekommen -, den Eindruck erweckt, Sie wollen für den öffentlichen Dienst das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld wieder einführen.

(Johanne Modder [SPD]: Das stimmt nicht!)

Am Freitag müssen Sie erklären, wie Sie sich in den letzten Jahren verhalten haben.

Ein letzter Punkt: Herr Kollege Watermann, Sie haben von Skandalen gesprochen. Wissen Sie, was ein Skandal ist? - Ich erhielt heute eine SMS, mit der mir jemand aus dem Umfeld des Verfassungsschutzes schrieb, welche Verzweiflung im Moment dort herrscht, dass ein ganzer Apparat, auch unter Mitwirkung unseres Innenministers, beschädigt wird. Es herrschen tiefe Verunsicherung und Frustration, selbst bei SPD-nahen Mitarbeitern beim Verfassungsschutz. Einige wurden ja versetzt, andere bitten um ihre Versetzung. Das nenne ich einen wirklichen Skandal.

Herr Minister, ich fordere Sie auf: Lassen Sie das endlich! Machen Sie den Verfassungsschutz nicht zu Ihrer parteipolitischen Beute!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Watermann, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich haben wir in keiner Situation ein Versprechen dafür abgegeben. Wir haben gesagt: Wir kämpfen darum, das zurückzuerobern, und zwar nach den Haushaltssituationen. Dazu stehen wir auch, und das werden wir tun.

(Ulf Thiele [CDU]: Der Kampf ist aber verloren, oder?)

Aber das schlägt ja nun dem Fass den Boden aus: Ich habe den Verfassungsschutz gar nicht erst genannt. Den haben Sie ruiniert. Sie haben ihn für sich missbraucht. Wir räumen dort auf.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben dort alle parteipolitischen Leute gemacht. In Ihrer schwarzen Kaderschmiede Innenministerium haben Sie Leute der Reihe nach dafür ausgebildet, dass sie dann rausziehen und bei Kommunalwahlen kandidieren. Gucken Sie sich diese Liste mal an, und dann sollten Sie schweigen, und zwar deutlich.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Hören Sie endlich auf, Menschen zu beleidi- gen! Das ist unparlamentarisch, was Sie hier machen!)

Vielen Dank, Herr Watermann. - Herr Kollege Nacke, für die Geste, die Sie vorhin gemacht haben - „Scheibenwischer“ heißt das, glaube ich -, muss ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe)

Das Präsidium ist sich einig. - Wie auch immer die Geste motiviert war.

Meine Damen und Herren, es liegen weitere Wortmeldungen vor. - Herr Kollege Adasch, hat sich Ihre Wortmeldung erledigt? - Es ist auch nur noch knapp eine Minute Redezeit vorhanden.

(Unruhe)

Ich frage: Ihre Wortmeldung liegt vor. Möchten Sie jetzt reden?

(Thomas Adasch [CDU]: Ich würde die eine Minute zurückstellen!)

- Dann müssen Sie sich gleich noch einmal melden.

Jetzt hat sich die Abgeordnete Filiz Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.

(Ulf Thiele [CDU]: Das war kein Scheibenwischer! - Jens Nacke [CDU]: Ich habe doch gar nichts ge- macht!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren, unser Landesbetrieb für Statistik vermeldete in diesem Jahr: Es kommen deutlich mehr Menschen nach Niedersachsen als uns verlassen. „Höchster Wanderungsgewinn seit 10 Jahren“, so hieß es in einer Pressemeldung des Landesbetriebs.

Niedersachsen, meine Damen und Herren, ist wieder Einwanderungsland. Und die Einwanderinnen und Einwanderer können sich freuen, meine Damen und Herren: Der amtierende Innenminister heißt nicht mehr Uwe Schünemann, sondern Boris Pistorius.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Im Gegensatz zur Regierung Merkel mit ihrem Abschottungsminister Friedrich erkennen diese Landesregierung und diese Koalition Zuwanderung als Gewinn an, egal, ob sie im Rahmen des Familiennachzugs stattfindet, ob es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Fachkräfte oder Selbständige sind, die in unseren Betrieben arbeiten, oder ob es Jugendliche sind, die bei uns studieren oder eine Ausbildung absolvieren wollen.

Meine Damen und Herren, wir heißen auch diejenigen willkommen, die im Rahmen der humanitären Zuwanderung bei uns Zuflucht suchen. Denn unsere Bürgerinnen und Bürger, meine Damen und Herren, können nicht akzeptieren, dass im Mittelmeer tausende Menschen ihr Leben verlieren.

Meine Damen und Herren, die Politik der rotgrünen Koalition zeichnet sich dadurch aus, dass sie die niedersächsische Migrationsgesellschaft mitnehmen und gestalten will, ohne dabei die Menschen in „gut“ und „schlecht“ zu unterteilen, wie es unter Schünemann und Özkan über Jahrzehnte gemacht wurde.

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Ein Jahr rot-grüne Flüchtlingspolitik hingegen hat das Leben von Zugewanderten konkret verbessert, die menschenunwürdige Wertgutscheinpraxis beendet, die Härtefallkommission im Sinne der Menschen reformiert.

Die rot-grünen Koalitionsfraktionen vollziehen nun mit einer zusätzlichen halben Million Euro haushalterisch die wesentlichen Weichenstellungen im Bereich der Flüchtlingspolitik auch im Einzelplan 03 und setzen damit zentrale Forderungen des Koalitionsvertrages bereits im ersten gemeinsamen rot-grünen Haushaltsjahr um. Frau Jahns, damit unterstützen wir nämlich ganz konkret die Kommunen. Der Niedersächsische Flüchtlingsrat wird wieder gefördert. Für die Förderung stehen 90 000 Euro bereit.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Bravo!)