Protocol of the Session on December 10, 2013

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich muss an dieser Stelle wieder einmal feststellen, dass alles das, was die rot-grüne Koalition angekündigt hat und was auch die sie tragenden Fraktionen immer wieder bestätigen, dass sie nämlich Transparenz und Offenheit praktizieren und Dinge aufnehmen und auch ausführlich diskutieren will, nur Lippenbekenntnisse sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie machen nichts anderes als das, was Sie sich vornehmen, und dies mit einer knappen Einstimmenmehrheit in diesem Landtag, mit einer knappen Einstimmenmehrheit in den zuständigen Ausschüssen. Ganz gleich, ob es gute oder schlechte Argumente von der anderen Seite gibt: Sie haben sich im Vorfeld bereits hinter den Türen der Fraktionsräume entschieden. Alles andere kommt für Sie nicht infrage, und so wird dann eben auch ein Antrag auf den Weg gebracht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich fordere Sie deshalb auf, künftig das, was Sie als grundsätzliche neue Form der politischen Auseinandersetzung angekündigt haben, auch Wirklichkeit werden zu lassen.

Unabhängig davon geht es um die Entscheidung, wie wir uns als Landtag in dieser Frage verhalten.

Der Antrag liegt vor. Ich darf für die CDU-Fraktion mitteilen, dass wir der Erhöhung von 265 Euro auf 300 Euro unsere Zustimmung geben und somit diesen Gesetzentwurf mittragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Herr Böhlke. - Auf Ihren Beitrag folgt eine Kurzintervention von Herrn Schwarz. Bitte sehr!

(Norbert Böhlke [CDU]: Muss das denn sein?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Böhlke, man kann sich ja darüber ärgern, dass das so gemacht wird. Nur, verfahrenstechnisch ist das ganz sauber gelaufen. Wir haben im Sozialausschuss sehr wohl über das Blindengeld geredet. Wir haben im Sozialausschuss sogar nachgefragt, wie sich unterschiedliche Erhöhungsstufen gegebenenfalls auswirken würden. Daraus kann man Schlüsse ziehen. Wir haben dann unseren Änderungsantrag vorgelegt. Dieser wurde, wenn ich das richtig weiß, am 27. November im Haushaltsausschuss beraten. - Am 27. November! Heute ist der 10. Dezember. Dazwischen liegen fast 14 Tage. Da können Sie mir doch nicht sagen, dass Sie nicht ausreichend Zeit gehabt hätten, sich hierauf vorzubereiten. Das ist doch eine reine Scheindebatte, die Sie hier führen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von Reinhold Hil- bers [CDU])

Außerdem war es vergangene Woche im Ältestenrat.

Ich finde, es wäre toll gewesen, wenn Sie heute gesagt hätten: Wir haben 2003 einen Fehler gemacht; dazu stehen wir; Sie korrigieren das jetzt; natürlich stehen wir vorbehaltlos dahinter. - Darüber muss man hier nicht solche Scheingefechte führen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Böhlke, Sie wollen erwidern. Bitte sehr! 90 Sekunden!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns ist das Thema inhaltlich so wichtig, dass diese Scheingefechte, die Sie hier führen, nicht von uns aufgenommen werden. Wir bleiben dabei: Diese Entscheidung tragen wir mit. Aber Sie sprechen das Thema nicht so offen an, wie dies erwartet werden kann. Das ist nicht die feine englische Art. Wir fordern Sie auf: Halten Sie sich künftig an die Spielregeln, so wie wir das kennen, sodass man nicht nur vermuten, erwarten oder glauben kann. Das wünschen wir uns für die Zukunft, und das fordern wir an dieser Stelle auch ein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Uwe Schwarz [SPD]: Aber lesen kön- nen Sie?)

Danke schön. - Als Nächste spricht für die Fraktion der FDP die Kollegin Sylvia Bruns. Frau Bruns, bitte sehr! Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrten Damen und Herren! Das Gesetz über das Landesblindengeld für Zivilblinde muss an geltendes europäisches Recht angepasst werden. Schon im Jahr 2010 hat die Europäische Kommission Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland erhoben und festgestellt, dass die Landesblindengeldgesetze gegen europäisches Recht verstoßen. Der leistungsberechtigte Personenkreis muss erweitert werden. Nicht nur blinde Menschen mit Wohnsitz in dem jeweiligen Bundesland erhalten Blindengeld, sondern wegen der europäischen Freizügigkeit auch weitere Personenkreise. Eine Ausweitung auf Drittstaatsangehörige ist nach EU-Recht notwendig.

Ich finde es positiv, dass sich Niedersachsen zusammen mit Hessen, dem Saarland und Thüringen für die anwenderfreundliche Version mit enumerativer Aufzählung entschieden hat. Der blinde Mensch kann unmittelbar aus dem Gesetz erkennen, wann er anspruchsberechtigt ist.

Auch begrüßen wir die in dem Änderungsantrag vorgesehene Erhöhung von 265 auf 300 Euro.

Ich möchte aber auch an der Kritik ansetzen, die Norbert Böhlke geäußert hat. Gesprochen wurde über das Thema im Haushaltsausschuss und im Ältestenrat. Ich hätte mich gefreut, wenn sich auch die Fachpolitiker darüber hätten unterhalten kön

nen und wir darüber eine Einstimmigkeit erzielt hätten. Fürs nächste Mal!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Frau Bruns. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Abgeordnete Thomas Schremmer. Herr Schremmer, bitte sehr, Sie haben das Wort. Zweieinhalb Minuten!

Das kann in der Großen Koalition im Bund ja lustig werden, wenn man sich schon bei diesem Punkt nicht einig ist.

(Norbert Böhlke [CDU]: Wer macht sich denn lustig?)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf daran erinnern: Der Landesblindenverband hat seine Forderungen im Vorfeld der Landtagswahlen formuliert; ich glaube, sie sind auch an alle Fraktionen gegangen. Alle beteiligten Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker haben deutlich gemacht, dass sie eine moderate Erhöhung für richtig halten. Insofern, Herr Böhlke, kann ich nicht nachvollziehen, dass Sie überrascht waren, dass diese Erhöhung beantragt wurde. Gleichwohl mag es eine Überraschung gewesen sein, dass dieser Antrag auf diese Art und Weise vorgelegt wurde. Wir werden versuchen, das in Zukunft im Sozialausschuss gemeinsam zu organisieren.

Ich möchte jetzt noch auf das eingehen, was der Kollege Schwarz zur Diskussion im Bund gesagt hat. Wir, Bündnis 90/Die Grünen, wollen eine Reform der Eingliederungshilfe auf Bundesebene, also ein Bundesleistungsgesetz, ein Teilhabegeld für alle Schwer- und Schwerstbehinderten. Nach unserer Auffassung sollen in dieses Bundesteilhabegeld die Landesblindengelder und, soweit vorhanden, auch die Landesgehörlosengelder einfließen, eben weil sie rein historisch bedingt sind und zu erheblichen Ungleichbehandlungen führen.

Ob sich die kommende schwarz-rote Bundesregierung dieser Reform nähern will, bleibt abzuwarten. Wichtig ist, dass das Teilhabegeld in dem Koalitionsvertrag erwähnt wird. Entscheidend wird aber sein, wann dieses Teilhabegeld umgesetzt wird. Wenn ich den Koalitionsvertrag richtig verstehe, wird das nicht vor 2018 passieren. Insofern ist die Maßnahme, die wir heute beschließen, umso wichtiger, um den Zivilblinden hier in Niedersachsen einen zusätzlichen Betrag zukommen zu lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie können also davon ausgehen, dass wir als kleinste Oppositionspartei im Bund diese Reform weiterhin nachdrücklich einfordern. Wir hoffen, dass das Teilhabegeld im Zusammenspiel zwischen Rot und Schwarz schnell kommt.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Schremmer, wir danken Ihnen ebenfalls. - Weitere Wortmeldungen von Abgeordneten liegen nicht mehr vor. Für die Landesregierung aber hat sich die Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration gemeldet. Frau Rundt, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Landesblindengeld dient dem Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen. Gleichwohl hatte es Frau von der Leyen für richtig befunden, das Landesblindengeld zum 1. Januar 2005 für die über 27-Jährigen abzuschaffen. Das hat zu massiven Einschränkungen der Teilhabemöglichkeiten der Blinden geführt, sodass es aus nachvollziehbaren Gründen zu massiven Protesten gekommen ist. Im Ergebnis wurde das Landesblindengeld nach dem Entschwinden von Frau von der Leyen Richtung Berlin durch Sozialministerin Ross-Luttmann zum 1. Januar 2007 wieder eingeführt; allerdings mit stark abgesenkten Beträgen. 2009 wurde es leicht erhöht, liegt aber nach wie vor deutlich unter den vorherigen Beträgen.

Was die Beteiligung und die Transparenz betrifft, hat die Landesregierung sehr wohl die wichtigsten Menschen einbezogen, nämlich die Betroffenen, um die es hier geht. Das heißt: Das Thema Landesblindengeld ist in der Fachkommission „Inklusion“ sehr intensiv diskutiert worden. Es hat dazu eine eigene Arbeitsgruppe gegeben. Damit ist nicht nur das Verfahren für alle Beteiligten transparent, sondern alle Beteiligten sind auch detailliert einbezogen worden.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll das Niedersächsische Gesetz über das Landesblindengeld für Zivilblinde in zweierlei Hinsicht geändert werden. Zum einen geht es um eine Anpassung an

europäisches Recht, und zum anderen - das ist der wirklich wichtige Teil - soll das Blindengeld für alle Betroffenen, die älter als 25 Jahre sind, auf 300 Euro erhöht werden. Damit holen wir leider immer noch nicht das auf, was vor der Kürzung und Streichung durch die CDU/FDP-Regierung möglich war. Insgesamt werden wir sehen, welche Schlussfolgerungen wir aus den Überlegungen der Fachkommission „Inklusion“ zu ziehen haben, auch was den finanziellen Rahmen betrifft. Ich freue mich darüber, dass wir hier heute für blinde Menschen in Niedersachsen eine Erhöhung des Landesblindengeldes vorab vornehmen können.

Durch die Erhöhung des einkommens- und vermögensunabhängigen Blindengeldes können blinde Menschen ihr Leben selbstständiger gestalten. Mehr als 7 000 blinde Menschen haben ab 1. April 2014 Anspruch auf ein höheres Landesblindengeld. Die zusätzliche finanzielle Unterstützung kann z. B. für Hilfe im Haushalt, für Begleitung zu Veranstaltungen oder für Hilfsmittel eingesetzt werden. So wird die eigenverantwortliche Lebensführung verbessert.

Ich möchte Sie bitten, dem Gesetzentwurf mit großer Mehrheit zuzustimmen. Ich finde, dass die blinden Menschen in Niedersachsen diese Unterstützung verdient haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Rundt. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf:

Artikel 1. - In Abweichung von der ursprünglichen Beschlussempfehlung gibt es hierzu einen gemeinsamen Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/994. Wer diesem gemeinsamen Änderungsantrag zustimmen will, der hebe die Hand. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Artikel 2. - In Abweichung von der ursprünglichen Beschlussempfehlung liegt hierzu ein gemeinsamer Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/994 vor. Wer so beschließen will, der hebe die Hand. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der Änderungsanträge, die Sie gerade beschlossen haben, zustimmen will, der möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das war einvernehmlich.