Protocol of the Session on June 13, 2017

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir betreiben Standortsicherung für Niedersachsen, die logistische Drehscheibe für Mitteleuropa, auch durch den Ausbau der Infrastruktur. Dabei geht es in einer großen Aufholjagd vor allem um digitale Autobahnen mit einer verbesserten Ausstattung gerade der ländlichen Regionen im Land mit Breitband. Das große Interesse der Regionen, Landkreise und Kommunen daran zeigt, dass das Land mit seinen Förderprogrammen auf dem richtigen Weg ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Niedersachsen geht es wirtschaftlich wirklich gut. 2016 hatten wir ein gesundes Wachstum von 2,1 % und damit ein Wachstum, das stärker als im Bundesdurchschnitt war. Das alles ist Ihnen, Herr Toepffer, entgangen. Darauf haben Sie auch nicht abgehoben.

(Dirk Toepffer [CDU]: Das ist be- kannt!)

Das kann sich im Vergleich zu Spitzenreiter Baden-Württemberg durchaus sehen lassen.

Auch die niedersächsischen Unternehmen beurteilen die wirtschaftliche Lage und die wirtschaftliche Entwicklung im Übrigen sehr positiv, wie man zuletzt der IHK-Presseveröffentlichung von Anfang 2017 entnehmen konnte.

Niedersachsen kann mit den wichtigen Branchen Fahrzeug- und Maschinenbau, Logistik, Ernährungs- und Gesundheitswirtschaft zum Vorreiter beim Thema „Digitalisierung, Industrie und Arbeit 4.0“ werden. Wir stellen fest, dass viele Großunternehmen die Potenziale der Digitalisierung für ihre jeweiligen Geschäftsmodelle aufgreifen und umsetzen. Gerade den kleinen und mittelständischen Unternehmen wollen wir allerdings bei dieser Umsetzung eine besondere Unterstützung geben; denn es ist wichtig, das auch in diesen Bereichen der Wirtschaft voranzutreiben und die Aufholjagd zu gewinnen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat bereits zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht. Sie hat z. B. eines der vom Bund geförderten Mittelstand-4.0-Kompetenzzentren für Beratung und Qualifizierung nach Niedersachsen geholt. In der Generalfabrik auf dem Messegelände Hannover werden 4.0-Lösungen gezeigt, die selbst in kleinen Firmen anwendbar sind und ihnen Vorteile verschaffen werden. Die Expertenfabrik am produktionstechnischen Zentrum Hannover bietet gebündeltes Know-how für Industrie 4.0. Die Expertenfabrik Automatisierung und Big Data berät zielgerichtet. Mit derzeit 3 Millionen Euro fördert das Land in Oldenburg OFFIS beim Aufbau einer Testplattform, die KMU hilft, sich auf die Digitalisierung von technischen Verfahren und Prozessen einzustellen.

(Zustimmung bei der SPD)

Und, meine Damen und Herren, das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk unterstützt Hand

werksbetriebe in Niedersachsen beim Einsatz digitaler Technologien und der Optimierung innerbetrieblicher Abläufe.

Ich verweise weiter auf regionale Beratungsangebote in Niedersachsen, die zusammen mit den Kammern gemacht werden, und auf die Einrichtung und breite Aufstellung eines Digitalrats Niedersachsen mit allen wichtigen Akteuren im Land.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den von den Regierungsfraktionen gemeinsam mit der Landesregierung zur Verfügung gestellten Mitteln soll in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern die Vernetzungsstelle Digitalisierung und gute Arbeit 4.0 aufgebaut werden. Ziel ist es, ein Informations- und Austauschangebot für die betrieblichen Interessenvertretungen zu schaffen; denn das ist überfällig.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vor allem brauchen wir auf breiter Front eine Lernkultur, in der Unternehmer, Management, Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Chancen der Digitalisierung erkennen. Es bedarf nicht nur des Ziels der Vollbeschäftigung und guter Bezahlung im Rahmen unseres Firmenschilds „gute Arbeit“. Es bedarf auch der Stärkung von Arbeitnehmerrechten und Mitbestimmung. Teilhabe tut not, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wirtschaft 4.0 bedeutet nicht nur eine grundlegende technologische Veränderung, sondern auch eine tiefgreifende soziale Innovation. Wir wollen den Anschluss halten und zu anderen Bundesländern aufholen: bei technologischer und sozialer Innovation, bei Wertschöpfung und Teilhabe. Wir begrüßen die formulierten Ziele der Landesregierung sowie die eingeleiteten Maßnahmen und Zukunftsprojekte. Wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das Land und die Menschen in Niedersachsen können damit nur gewinnen.

Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Wenn Sie meinen, durch die Verunglimpfung eines Ministers diese Landesregierung und den Minister persönlich in Schwierigkeiten zu bringen, sind Sie völlig schief gewickelt.

(Christian Dürr [FDP]: Verunglimp- fung? Durch uns? Bitte was?)

Gehen Sie mal durchs Land! Fragen Sie mal nach der Leistung dieses Ministers in der Wirtschaft, bei den Arbeitnehmern, in den Unternehmen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dieser Minister macht einen tollen Job,

(Widerspruch bei der CDU)

und das bleibt auch so! Da mögen Sie von der Opposition noch so viel in diesem Hause quengeln.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Eine ganz interessante Argumentation!)

Vielen Dank, Herr Will. - Meine Damen und Herren, es folgt jetzt die Fraktion der FDP,

(Unruhe)

aber nur, wenn Ruhe herrscht. Es spricht der Kollege Dr. Stefan Birkner. Sie haben 14 Minuten. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Will, es ist gar nicht nötig, dass andere diesen Minister in Schwierigkeiten bringen, das macht er nämlich schon ganz allein.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Minister, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung viel geredet, am Ende aber nichts gesagt. Das, was Sie hier abgeliefert haben, sind Allgemeinplätze und oberflächliche Rhetorik gewesen, womit Sie versuchen, statistische Daten irgendwie in einen Zusammenhang zu setzen. Das erinnert einen am Ende an die Hochglanzbroschüren von Ministerien, die man vielleicht mal durchblättert, am Ende aber schnell wieder beiseitelegt, weil man sieht, dass das nicht wirklich von Substanz geprägt ist und dass das nicht das ist, was man für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Herausforderungen benötigt.

Richtig ist - Herr Kollege Toepffer hat uns darauf schon hingewiesen -: Es liegt doch auf der Hand - gerade wenn man sich die Substanzlosigkeit vor Augen führt -, dass dies ein erkennbar untauglicher Versuch war, von den Schwierigkeiten, die

Sie sich durch die Vergabeaffäre bereitet haben, abzulenken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im Wesentlichen, Herr Minister, haben Sie statistische Daten wiedergegeben. Dabei haben Sie nicht einmal den Versuch unternommen, auf die Wirkungszusammenhänge hinzuweisen und darauf einzugehen, was Sie möglicherweise damit zu tun haben könnten, dass diese Daten in Niedersachsen gut sind. Sie haben nicht einmal behauptet, dass Sie damit etwas zu tun haben. Das allerdings muss man anerkennen; denn diese Einsicht entspricht den Realitäten. Es ist ja nicht feststellbar, wo Sie tatsächlich mit Ihrer Politik, die Sie mit dem Herrn Ministerpräsidenten betreiben, diese positiven Effekte bewirkt haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In dem Kontext, wenn man sich diese statistischen Daten anschaut, ist auch interessant zu sehen, was Sie weglassen. Wenn Sie eine ernsthafte Diskussion über wirtschaftspolitische Rahmendaten haben wollten, gehörte zu einer ehrlichen und auch politischen Debatte dazu, über Instrumente und deren Wirksamkeit zu reden.

Was ist denn mit der Jugendarbeitslosigkeit? - Im Mai 2017 lag die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland bei 4,8 %, in Niedersachsen bei 5,0 %. Ist das der Anspruch, mit dem Sie hier Politik betreiben?

Firmeninsolvenzen im Jahr 2016: Auch hier liegt Niedersachsen über dem Bundesschnitt. Bundesweit kommen auf 10 000 Unternehmen 67 Firmeninsolvenzen. In Niedersachsen sind es 69. Andere Länder wie Bayern und Hessen liegen deutlich darunter. Wo ist hier Ihr Ansatz? Sehen Sie das Problem nicht? Oder ignorieren Sie es? Oder wollen Sie hier nur Schönfärberei betreiben?

Wir halten dem, was Sie ausgeführt haben, entgegen, dass die erfreulichen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, die ohne Zweifel zu verzeichnen sind, trotz, aber gewiss nicht wegen der rot-grünen Politik eingetreten sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bevor ich darauf näher eingehe, möchte ich noch einen Hinweis geben, meine Damen und Herren. Sehr befremdlich und erschreckend ist, dass in Niedersachsen ein Wirtschaftsminister in einer Regierungserklärung zur Arbeitsmarktpolitik nicht mit einem Wort die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Beschäftigten, die Sozialpartner und

die Gewerkschaften erwähnt. Deren Verdienst sind diese positiven Entwicklungen. Das ist nicht der Verdienst der Politik.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es sind die Unternehmerinnen und Unternehmer, die Arbeitslätze, Wohlstand und Werte schaffen und das mit ihrem Unternehmergeist durchsetzen. Nicht ein Wort haben Sie, Herr Minister, dazu gesagt!

Da aber, wo die Landesregierung tatsächlich etwas gestalten kann - abgesehen von den behaupteten oder unterstellten Zusammenhängen -, versagt sie, beispielsweise bei der NORD/LB. Hier ist ein Abbau von 1 250 Stellen zu verzeichnen, u. a. deshalb, weil die Landesregierung einen politischen Deal zur Rettung der Bremer Landesbank getätigt hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Gerald Heere [GRÜNE]: Hanebüchen!)

Im Bereich der Spielhallen müssen die schon erwähnten 7 000 Arbeitnehmer um ihren Job bangen. Bei denen wird das Los darüber entscheiden, ob sie weiterhin beschäftigt sein werden. Die Landesregierung schickt 3 500 bis 4 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Arbeitslosigkeit, während alle anderen Bundesländer in der Lage sind, durch Härtefallregelungen spezifische Lösungen zu finden. In Niedersachsen aber Fehlanzeige! Hier entscheidet das Los über den Arbeitsplatz.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben den Fall Homann. Der Ministerpräsident lässt sich im Mai in Focus-Online mit den Worten zitieren: Wir geben nicht auf. Wir wollen es dem Unternehmen sehr schwer machen, sich gegen Dissen zu entscheiden. - Die Vertreter der Firma Homann erachten es nicht einmal für nötig, das Gespräch mit dieser Landesregierung zu suchen, weil sie diese nicht ernst nimmt, weil sie kein ernst zu nehmender wirtschaftspolitischer Akteur in diesem Lande ist, mit dem es sich lohnt, über solche Fragen zu reden. Auch das ein Armutszeugnis für Niedersachsen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD: Voll lustig! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Keine Ahnung! - Weitere Zurufe)