Protocol of the Session on June 13, 2017

Wir kommen zur Besprechung. Ich stelle fest, dass die Regierungserklärung 28 Minuten gedauert hat. Nach unseren Gepflogenheiten erhalten für die nun folgende Aussprache die beiden großen Fraktionen die gleiche Zeit und die beiden nicht ganz so großen Fraktionen die Hälfte dieser Zeit. Es ergeben sich also folgende Redezeiten: für die Fraktionen der CDU und der SPD jeweils 28 Minuten, für die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der FDP jeweils 14 Minuten.

Wortmeldungen liegen mir bereits vor. Es möchte für die CDU-Fraktion unser Kollege Toepffer beginnen. Herr Toepffer, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben hier viel Positives vorgetragen, zu dem Sie aber aus unserer Sicht - das will ich zusammenfassend sagen - nicht erkennbar beigetragen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Diese Regierungserklärung war vor allem eines: Sie war der Versuch abzulenken - abzulenken von den unglaublichen Vorwürfen, die im Zusammenhang mit Vergabeverfahren gegen das engste Umfeld des Ministers und damit auch gegen den Minister selbst erhoben werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Ist das nicht ein bisschen billig?)

- Liebe Frau Modder, ich kann es Ihnen nicht ersparen. Das werden Sie sich jetzt noch 27 Minuten lang anhören müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Wenn Sie nicht mehr drauf haben!)

Herr Minister, ich habe gehört, einige in Ihrer Fraktion halten diese Regierungserklärung für mutig. Wir hingegen fragen uns: Für wie schlicht halten Sie Parlament und Öffentlichkeit, dass Sie glauben, man würde Ihnen bei diesem Trick auf den Leim gehen?

Die Taktik ist so simpel wie durchschaubar: „Seht her, was ich alles Gutes vollbracht habe - da kommt es doch auf ein paar Mauscheleien im Ministerbüro nicht an.“

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

Herr Minister, das funktioniert nicht! Stattdessen haben Sie mit dieser Regierungserklärung zu diesem Zeitpunkt die Generaldebatte über Ihre Person und das, was Sie bisher geleistet haben, eröffnet - eine Debatte, die wir gern führen wollen.

Beginnen wir historisch, betrachten wir den Abgeordneten Olaf Lies und die zurückliegende 16. Wahlperiode! Das war die Zeit, in der Sie die Ansprüche formuliert haben, an denen wir Sie heute messen wollen. Wir erinnern uns an die Debatten über die Einführung eines Mindestlohns. Wir erinnern uns an Ihren Kampf für Arbeitsplätze an der deutschen Nordseeküste

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut! Genau!)

und Ihre Versprechungen gegenüber den Beschäftigten der Nordseewerke. Und wir erinnern uns daran, dass Sie mit Missständen in der niedersächsischen Fleischwirtschaft endgültig aufräumen wollten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Genau so!)

Das war Ihre Agenda beim Amtsantritt 2013 und wird von Frau Modder ja auch gerade bestätigt.

Und was haben Sie daraus gemacht?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Jede Men- ge! - Johanne Modder [SPD]: Sie ha- ben das nur ausgeblendet! Herr Bode hat gar nichts gemacht!)

Über den Mindestlohn wurde zwischenzeitlich in Berlin entschieden. Was in Niedersachsen blieb, war ein Vergabegesetz, das nun überflüssigerweise den Mindestlohn bei öffentlichen Ausschreibungen regelt, das darüber hinaus die niedersächsische Wirtschaft mit einer unglaublichen zusätzlichen Bürokratie belastet und das außerhalb der Bürokratie keinen einzigen Arbeitsplatz geschaffen hat.

(Zustimmung Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Herr Minister, ebenso bescheiden war Ihr Einsatz für die Leiharbeiter in der niedersächsischen Fleischwirtschaft. Hier ist erst jetzt wirklich Abhilfe geschaffen worden, und zwar wieder in Berlin mit einem Gesetz, das die Generalunternehmerhaftung für Löhne in den Schlachtbetrieben einführt.

Sie, Herr Minister, haben nicht zu diesem Gesetz beigetragen. Ich zitiere die Süddeutsche Zeitung vom 1. Juni 2017:

„So bemerkenswert wie der Inhalt ist an diesem Gesetz aber auch sein Entstehen. Denn es ist das Ergebnis eines vertraulichen Zirkels von Abgeordneten um den UnionsPolitiker Schiewerling.“

(Johanne Modder [SPD] lacht)

Sie, Herr Minister, waren nicht Teil dieses Zirkels. Man hat das Problem auch so gelöst - ganz ohne Ihren Einsatz.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Und wirklich drastisch fällt die Bewertung Ihres Einsatzes für die Beschäftigten der Nordseewerke

aus. Bei Übernahme der Regierungsgeschäfte im Jahr 2013 gab es noch 750 Beschäftigte, deren Arbeitsplätze Sie retten wollten. Zwei Jahre später waren es noch 188. Im Herbst 2015 wurden dann ganze 51 Mitarbeiter beim Nachfolgeunternehmen beschäftigt. 110 Mitarbeiter wechselten zu einer Transfergesellschaft, die Ende Februar 2016 den Betrieb einstellte. - 51 Gerettete von 750, Herr Minister, das ist Ihre Bilanz!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist insgesamt die traurige Bilanz Ihrer zentralen Versprechen zu Beginn der Amtsgeschäfte.

Aber auch, wenn wir Ihre Versprechen hinter uns lassen: Bei anderen Themen wird die Bilanz auch nicht besser. Schauen wir auf Ihr Agieren im Fall Homann. Die Homann-Manager wollten einfach nicht mehr mit Ihnen reden. Das führte dann zu Berichten wie dem in der NOZ vom 27. April 2017:

„Minister Olaf Lies sieht sich von MüllerManager Heiner Kamps düpiert.“

Herr Minister, statt sich beleidigt in die Ecke zu stellen, sollten Sie darüber nachdenken, warum man Sie offensichtlich für so unwichtig hält, dass man auf Gespräche mit Ihnen verzichten kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Das ist un- fassbar, Herr Toepffer!)

Für dieses Phänomen will ich Ihnen ein weiteres Beispiel nennen.

(Johanne Modder [SPD]: Haben Sie schon mal mit dem Landrat vor Ort gesprochen? Unfassbar!)

Da machen Sie sich vor wenigen Tagen mit Teilen Ihrer Fraktion und der Landespresse auf den Weg, um den JadeWeserPort zu besuchen,

(Zuruf von der CDU: Donnerwetter!)

einem Hafen, von dem Sie regelmäßig behaupten - eben auch wieder -, dass Sie sich für seine Auslastung weltweit erfolgreich eingesetzt haben.

(Zurufe von der SPD: Ja, natürlich! Hat er ja auch!)

Nun sollte man doch meinen, dass dieser Einsatz von dem Betreiber des Hafens, der Firma Eurogate, honoriert wird. Aber was passiert stattdessen? - Ich zitiere die NWZ vom 10. Juni 2017:

„Kaum tauchten die Parlamentarier mit fünf niedersächsischen Journalisten auf, sorgten

Mitarbeiter des Hafenbetreibers Eurogate für einen Eklat. Mit rüden Worten wurden alle Korrespondenten aus dem Konferenzraum geworfen, in dem die Abgeordneten aktuelle Informationen erhalten sollten.“

(Björn Thümler [CDU]: Unfassbar!)

Unglaublich! - Es wird aber noch schlimmer. Ich zitiere weiter:

„Wie peinlich. Denn Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), dessen Ministerium Aufsicht über Eurogate führt, solidarisierte sich sofort mit den Journalisten - und ging ebenfalls.“

Das ist nun wirklich peinlich, und zwar deshalb, weil wir erwartet hatten, dass dieser Minister statt zu flüchten zum Telefon greift und in einem persönlichen Gespräch mit irgendwelchen Verantwortlichen von Eurogate dafür sorgt, dass das Gespräch mit den Journalisten natürlich stattfinden kann.

(Johanne Modder [SPD]: Sagen Sie mal was zu den Herausforderungen dieses Landes! - Weitere Zurufe von der SPD)

Aber vermutlich wussten Sie nicht einmal, wen Sie überhaupt anrufen sollten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)