Herr Toepffer, einen Moment, bitte! - Meine Damen und Herren besonders auf der linken Seite des Hauses, ich bitte um Ruhe. Sie wollen doch alle dem Redner zuhören.
Das gilt auch für die rechte Seite. - Wenn Sie das nicht möchten, gibt es eine ganz einfache technische Möglichkeit. Ansonsten steht ja im Abgeordnetengesetz, was wir alle zu tun haben.
Man kann diesen Vorgang als Kleinigkeit abtun. Aber daran wird so wunderbar deutlich, woran es dem Minister fehlt. Wenn es nicht einmal gelingt, mit Managern zu reden, die den Minister auf zahlreichen Delegationsreisen begleitet haben, deren Unternehmen diesem Minister - nach seinen Aussagen - so viel zu verdanken haben, wenn selbst
da der Einfluss bei absolut Null ist, wie wollen Sie denn in Niedersachsen überhaupt noch etwas durchsetzen?
Herr Minister, ähnliche Erlebnisse hatten wir ja auch immer wieder beim Thema VW. So waren wir beispielsweise fassungslos, als die Deutsche Presse-Agentur während einer Plenarsitzung - vom Minister unbemerkt - den Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen im Konzern verkündet hat. Und wir waren erst recht fassungslos, dass es dem Minister bis zum Schluss des Sitzungstages nicht gelungen ist, irgendeine Führungskraft des Konzerns zu erreichen, um den Wahrheitsgehalt dieser Meldung zu überprüfen.
Später hat es uns aber nicht mehr überrascht, dass Sie auf das weitere Geschehen infolge von Dieselgate überhaupt keinen erkennbaren Einfluss genommen haben. Vielleicht wollten Sie das auch gar nicht. Stattdessen haben Sie widerspruchslos zugelassen, dass eine VW-Managerin und Parteifreundin nach zwölf Monaten Tätigkeit mit mehr als 12 Millionen Euro entlohnt wird. Spätestens da haben Sie Ihre Unschuld als selbsternannter Arbeiterführer verloren.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Das ist eigent- lich nicht Ihr Niveau, Herr Toepffer!)
Herr Minister, wer mit dem Anspruch angetreten ist, sich für einen fairen Umgang mit Beschäftigten einzusetzen, der darf auch nicht zulassen, dass über den Verlust eines Arbeitsplatzes im Losverfahren entschieden wird.
Man muss wahrlich kein Freund der Glücksspielwirtschaft sein, um eines zu erkennen: Es ist zynisch und zutiefst unmoralisch, wenn Tausende Beschäftigte in dieser Branche darauf hoffen müssen, dass ihnen das Losglück hold ist, damit sie ihren Arbeitsplatz behalten können.
Unabhängig von der juristischen Beurteilung: Über menschliche Schicksale darf niemals das Los entscheiden.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Unmoralisch! So gehen Sie mit Arbeitnehmern um! Mit dem Los! - Zuruf von Minister Olaf Lies)
Sie sprachen ja eben von der Notwendigkeit von Start-ups. Vor wenigen Monaten haben Sie sich auf den Weg gemacht, um Start-ups in Niedersachsen zu fördern. Ein an sich richtiges Vorhaben, wenn auch reichlich spät in Gang gebracht. Nun denn.
Der Minister besichtigt also im März dieses Jahres ein hannoversches Start-up-Zentrum, wo man sich bemüht, Start-ups unter die Arme zu greifen. Der Minister ist von diesem Vorhaben so begeistert, dass er feststellt:
So startet der Minister eine Initiative zum Aufbau von vier weiteren Start-up-Zentren in ganz Niedersachsen. Schade ist nur: Parallel zu den Bemühungen des Ministers teilt die Einrichtung in Hannover mit, das Zentrum stehe aufgrund finanzieller Probleme vor einer ungewissen Zukunft.
Die HAZ schrieb dazu: Falls das Zentrum schließen müsste, wäre das wohl peinlich für die Wirtschaftsförderer, und nennt nachfolgend ausdrücklich Sie, Herr Minister, dessen Pläne mit der Pleite wohl konterkariert werden würden. - Und das ist noch freundlich formuliert.
Herr Minister, bei der Vorbereitung auf diese Regierungserklärung war ich überrascht, wie häufig Sie in der Vergangenheit mit Peinlichkeiten und kleineren Skandälchen in Verbindung gebracht worden sind. Man vergisst ja so vieles.
So der NDR am 24. November 2016. Da nahm ein SPD-eigenes Unternehmen Geld dafür, dass Wirtschaftsbosse mit dem Minister reden durften, und der Minister hat es angeblich gar nicht mitbekommen. - Auch das war wirklich peinlich.
Sie propagieren die digitale Revolution in unserer Wirtschaft und kriegen den Breitbandausbau nicht in Gang.
Sie beklagen die zunehmende Zahl von Verkehrstoten auf unseren Straßen und finden keine Lösung, um die Serie schrecklicher Unfälle auf der A 2 zu beenden.
Sie versprechen den Menschen den Ausbau von A 20 und A 39 und wissen ganz genau, dass keines dieser Projekte begonnen wird, solange RotGrün in Hannover regiert.
Herr Lies, wie kann man als Minister überleben, wenn die Bilanz so mager und der Blick hinter die Kulisse so traurig sind?
Die Antwort findet man vielleicht im Internet. Denn auf der Website Ihres Ministeriums begegnet man einer anderen Welt - einer Welt von lauter bunten Bildern, einer Welt mit einem mal fröhlichen, mal ernsten, aber stets forschen Minister,
(Johanne Modder [SPD]: Sagen Sie mal einen Satz zu den Herausforde- rungen für Niedersachsen! Nichts, gar nichts!)
einem, der anpackt, der die Dinge beim Namen nennt, der sich durchsetzt - einer Scheinwelt, die so gar nichts mit der Realität zu tun hat.
Im Bereich Ihres eigenen Marketings waren Sie bislang unschlagbar - bis bekannt wurde, dass Sie sich gerade in diesem Bereich vergaloppiert haben. Ich will den Bereich der Vergabeproblematik hier nicht ausführlich beleuchten. Aber eines sei doch gesagt: Die Vorwürfe, die hier erhoben werden und größtenteils bereits eingeräumt wurden, sind keine Lappalien.
dies deshalb nicht, weil diese Vergaben aus dem engsten Umfeld des Ministers gesteuert worden sind, und dies auch deshalb nicht, weil die Strafverfolgungsbehörden offensichtlich der Meinung
In der Geschichte dieses Bundeslandes ist es ein völlig einmaliger Vorgang, dass gegen eine Staatssekretärin und einen Pressesprecher eines Ministers staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen fehlerhafter Vergaben aufgenommen werden.
Parallel zur rechtlichen Aufklärung soll doch einmal geprüft werden, wie die fraglichen Projekte eigentlich inhaltlich zu bewerten sind.