Protocol of the Session on November 22, 2016

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Einheit in Vielfalt - diese wenigen Worte beschreiben gut die Entwicklung unseres Landes, sie beschreiben gut unsere Gegenwart, und ich meine, sie sind auch der richtige Maßstab für eine erfolgreiche Zukunft bei uns in Niedersachsen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Nun folgt der

Redebeitrag der Fraktion der CDU

Es spricht der Fraktionsvorsitzende, Herr Thümler. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst einen Dank für die vielfältige Zahl an Glückwünschen, die mich heute schon erreicht hat. Ich habe mich sehr darüber gefreut und danke allen hier im Hause.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Voller Stolz blickt die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag zurück auf 70 Jahre Niedersachsen. Voller Dankbarkeit erinnern wir uns dabei auch all jener, die damals, vor sieben Jahrzehnten, das Land gegründet und aufgebaut haben.

Wohl wahr: Die Herausforderungen waren damals, im November 1946, ungleich größer als heute. Dass sich dennoch ein Grundvertrauen in die Machbarkeit dieser Aufgabe einstellte, haben wir nicht zuletzt auch Persönlichkeiten wie Hinrich

Wilhelm Kopf, Theodor Tantzen und Alfred Kubel, den Gründervätern des heutigen Niedersachsens, zu verdanken. Ihre integrative Leistung verdient aus meiner Sicht, auch an einem solchen Tag gewürdigt zu werden.

(Beifall)

Allerdings - auch daran muss erinnert werden, weil vielfach darauf hingewiesen wird, dass die Briten Geburtshelfer des Landes Niedersachsen waren -: So ganz allein waren es die Briten dann auch nicht. Es gab in einem überschaubaren, aber nicht unwichtigen Gebiet des Landes Niedersachsen eine amerikanische Enklave, die sich zusammensetzte aus dem Land Bremen, den Landkreisen Wesermarsch, Wesermünde, Teilen des Landkreises Osterholz und Bremerhaven, die damals Gefahr liefen, vom Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen, Wilhelm Kaisen, sozusagen an sich gezogen und damit dem Kontext des zu bildenden Landes Niedersachsen entzogen zu werden.

Wilhelm Kaisen - Sie wissen das - hat sich mit dem Plan nicht durchsetzen können, Bremen und Bremerhaven zu verbinden. Das wäre auch schade gewesen, weil sonst Frau Vockert und ich heute nicht hier wären, sondern im bremischen Parlament sitzen müssten.

(Zurufe von der CDU: Oh! Oh!)

Das fällt mir als Stedinger - wenn ich Frau Logemann sehe - natürlich unheimlich schwer. Ich erinnere daran: 1234 haben uns die Bremer das letzte Mal geschlagen, und das sollte es dann auch für die Geschichte gewesen sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In 70 Jahren Niedersachsen haben auch Christdemokraten an führender Stelle Regierungsverantwortung getragen. Ich nenne beispielhaft Werner Hofmeister, Justizminister im zweiten Kabinett von Hinrich Wilhelm Kopf und später auch in gleicher Funktion im Kabinett Hellwege, sowie August Wegmann, zunächst Innenminister und später Finanzminister im Kabinett Hellwege.

Es waren gerade auch christdemokratische Ministerpräsidenten wie Ernst Albrecht, Christian Wulff und David McAllister, die jeder auf seine Weise Niedersachsen gutgetan haben.

In den 14 Jahren Amtszeit Ernst Albrechts hat Niedersachsen einen unbestritten großen Entwicklungssprung gemacht. In dieser Zeit wurden viele Forschungsinstitute gegründet. Es gelang, zahlreiche ausländische Investoren nach Niedersachsen

zu holen. Zudem wurde in jenen Jahren auch ein flächendeckendes Netz von Sozialstationen aufgebaut.

Zu diesen großen prägenden Köpfen der Landespolitik zählt aber auch unbestreitbar Gerhard Schröder. Sein wirtschafts- und industriepolitischer Sachverstand war über Parteigrenzen hinweg anerkannt.

Gerhard Schröder und ebenso Christian Wulff später waren und sind Musterbeispiele dafür, dass der Niedersächsische Landtag in hervorragender Weise vorbereitet für hohe und höchste Staatsämter auch auf Bundesebene.

Meine Damen und Herren, als Christdemokraten blicken wir ebenso stolz auf die erfolgreichen zehn Jahre unserer Regierungsverantwortung von 2003 bis 2013 zurück.

Ministerpräsident Christian Wulff hat unserem Bundesland durch eine mutige und ehrgeizige Reformpolitik zu neuem Ansehen bundesweit und darüber hinaus verholfen. Er hat ebenso wie später David McAllister erfolgreich dafür gestritten, dass VW eigenständig bleibt, und auch Angriffe aus Brüssel erfolgreich abgewehrt. Dabei hatten beide insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Volkswagen im Blick.

Meine Damen und Herren, 70 Jahre Niedersachsen - das bietet nicht nur Anlass, auf das Erreichte zurückzuschauen, sondern ist auch Anlass, einen Blick nach vorn zu tun. Was sollte man den Niedersachsen für die Zukunft wünschen?

Dass sie weiterhin selbstbewusst ihre Tradition pflegen und dass ein positiver Begriff von Heimat nicht verloren geht, sondern auch in unserer Auseinandersetzung bestehen bleibt, und dass Niedersachsen noch lange als eigenständiges Bundesland existiert.

Vielen in unserem Land ist nämlich nicht mehr bewusst, dass der Aufbau des Staatswesens mit den Ländern begann. Der Bund ist also ein Produkt der Länder, nicht etwa umgekehrt.

Wir als Niedersachsen können und sollten gegenüber dem Bund und auch Europa selbstbewusster auftreten. Wir sollten vor allem keine Länderkompetenzen verkaufen und uns abkaufen lassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir sollten als Landespolitik wieder mehr Ehrgeiz entwickeln, und wir sollten uns in Debatten hier im Hause nicht klein

machen. Wir Niedersachsen machen auch nicht unnötig Aufhebens von unseren Stärken. Wir sind nicht die Kraftmeier der Republik wie andere im Süden, sondern bescheidene und voranbringende Arbeit im Weingarten des Herrn ist unser Motto. Gleichwohl kennen wir unsere Stärke: sturmfest und erdverwachsen auch für die nächsten 100 Jahre.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Thümler. - Es folgt jetzt der

Redebeitrag der Fraktion der SPD

Es spricht die Fraktionsvorsitzende. Frau Modder, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als die britische Militärregierung vor nunmehr 70 Jahren beschloss, das Land Niedersachsen aus den Kernländern Braunschweig, Oldenburg, Schaumburg-Lippe und Hannover zu gründen, hätten sich wohl nur die wenigsten Zeitgenossen damals träumen lassen, was für eine großartige Erfolgsgeschichte dieses Bundesland nehmen würde.

Die Vorzeichen waren ja auch alles andere als rosig: Europa, Deutschland und damit auch das neu gegründete Land Niedersachsen litten noch immer unter den verheerenden Folgen, die der nationalsozialistische Wahn und der grausame Angriffskrieg dieses Terrorregimes hinterlassen hatten.

Die Menschen in Deutschland litten Not. Nicht nur materiell, sondern auch moralisch war durch den systematischen, staatlich organisierten Mord an Millionen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern und anderen Feinden des NS-Regimes jegliche Legitimation, jegliche Orientierung verloren gegangen.

Der erste Ministerpräsident dieses Landes, der Sozialdemokrat Hinrich Wilhelm Kopf, wurde zunächst noch von der Militärregierung eingesetzt und erst später durch freie Wahlen im Amt bestätigt.

Meine Damen und Herren, es ist nicht zu leugnen: Unser Bundesland Niedersachsen war zur Zeit seiner Gründung ein künstliches Gebilde. Besonders die bis dahin unabhängigen Länder Braunschweig und Oldenburg verstanden sich traditionell als sehr eigenständig und waren nicht sonderlich daran interessiert, zukünftig aus Hannover regiert zu werden.

Ein Aspekt, der das neue Bundesland Niedersachsen in den ersten Jahren seiner Geschichte maßgeblich geprägt hat, war die Versorgung von Millionen Geflüchteter und Vertriebener und deren Integration in unsere Gesellschaft.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns also anlässlich eines solchen Jubiläums die Geschichte unseres Landes in Erinnerung rufen, sollten wir bei allen berechtigten tagespolitischen Auseinandersetzungen und Konflikten auch ein wenig Demut zeigen.

Deutschland - und insbesondere Niedersachsen - geht es so gut wie vielleicht noch nie in seiner Geschichte. Der Winter steht vor der Tür, und es ist ein unheimlich hohes Gut, zu wissen, dass diese schrecklichen Zustände von damals überwunden sind und dass niemand in unserem Land verhungern oder erfrieren muss.

Für diejenigen wie z. B. meine Generation, die die Schrecken des Krieges, aber auch die Entbehrungen der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht erleben mussten, mag dies eine Selbstverständlichkeit sein. Angesichts der furchtbaren Bilder aus den Krisen- und Kriegsgebieten dieser Welt wird jedoch deutlich, in was für einer komfortablen Lage wir uns alle heute befinden - bei allen Problemen des Alltags.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Jens Nacke [CDU])

Meine Damen und Herren, doch wir in Niedersachsen konnten nicht nur den materiellen Mangel der Nachkriegszeit überwinden. Wir führen in diesem Parlament lebhafte, zum Teil in der Sache harte, aber, so würde ich sagen, überwiegend von einer Kultur des Respekts und der Fairness geprägte Debatten. Auch das ist ein bedeutender Teil unserer Demokratie und gehört damit zur Erfolgsgeschichte unseres Bundeslandes.

Gerade in Zeiten, in denen gesellschaftliche Kräfte lauter werden, die diese besondere politische Kultur als etwas behandeln, was man einfach achtlos über Bord werfen könne, die auf Spaltung unserer

Gesellschaft setzen, müssen wir alle als Demokraten ihnen gemeinsam und vor allem entschlossen entgegentreten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Jens Nacke [CDU])