Protocol of the Session on October 26, 2016

Meine Damen und Herren, der Kollege Krumfuß hat eben mündlich einen Änderungsvorschlag vorgetragen. In der Beschlussempfehlung soll unter Nr. 3 der letzte Halbsatz gestrichen werden. Das entspricht nicht dem üblichen Verfahren. Das Parlament kann das aber tun, wenn alle Fraktionen damit einverstanden sind. Ich bitte also alle Rednerinnen und Redner, die jetzt noch sprechen werden, sich kurz dazu zu äußern und zu sagen, ob darüber Einvernehmen besteht. Wenn dem so ist, können wir das dann so machen. Dann würde ich die neue Formulierung der Nr. 3 noch einmal vortragen.

Jetzt geht es in der Debatte weiter mit dem Redebeitrag der SPD-Fraktion. Das Wort hat der Kollege Gerd Ludwig Will.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich sind wir mit der Änderung einverstanden. Das entspricht dem Stand der Technik. Von daher übernehmen wir das gern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit Jahren beklagen wir insbesondere auf den wichtigen Transitstrecken in Niedersachsen, namentlich auf der A 2 und der A 7, zunehmend schwere Unfälle mit LkwBeteiligung. Wir erinnern uns daran, was dort gerade gestern und vorgestern erst wieder passiert ist. Trotz zahlreicher konventioneller Verkehrssicherheitsmaßnahmen wie Baustellenmanagement und Geschwindigkeitsreduzierungen nehmen die folgenschweren Unfälle insbesondere unter LkwBeteiligung weiter zu. Der Minister hat davon gesprochen. Der hohe Lkw-Anteil hat natürlich auch seinen Preis.

Der Lkw-Anteil auf den Transitstrecken ist aufwachsend. Aber trotz verstärkter Warnhinweise, telematischer Verkehrssteuerungen und vermehrter Geschwindigkeitsüberwachungen nimmt die Zahl der schweren Unfälle nicht ab. Häufig liegen die Ursachen im Verhalten der verantwortlichen Fahrer, die bereitstehende Technik abschalten, beim Fahren auf langen Strecken einer Routineermüdung unterliegen und Gefahrensituationen falsch einschätzen bzw. zu spät erkennen.

Hier würden die Einführung und die obligatorische Anwendung von elektronischen Notbremssystemen mit Abstandswarnern in allen Lkws helfen, schwere und schwerste Unfälle zu vermeiden. Es wäre eine wesentliche Hilfestellung für die Fahrer dieser Fahrzeuge, kritische Auffahrsituationen frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu reagieren, sodass ungebremste Auffahrunfälle verhindert bzw. bei Fehlreaktionen der Fahrer automatische Notbremsungen eingeleitet würden, um zumindest die Kollisionsgeschwindigkeit zu verringern. Wir hoffen allerdings, dass nach dem Stand der Technik ein Auffahrunfall sogar vermieden werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, entsprechend der Erkenntnis und der Forderung der Landesverkehrswacht Niedersachsen wird die Landesregierung daher gebeten, sich beim Bund dafür einzusetzen, gegenüber der EU-Kommission eine Anpassung der geltenden Verordnungen zu fordern. Dabei geht es um eine geschaltete Dauerfunktion des Notbremssystems, das nicht mehr willkürlich abgeschaltet werden kann. Es geht auch darum, dass das System so rechtzeitig schaltet, dass eine Kollision vermieden wird.

Gleichzeitig wird die Landesregierung gebeten, gemeinsam mit der Bundesregierung auf die Fahrzeughersteller einzuwirken, damit durch entsprechende Forschung die Bremssysteme in ihrer Wirkung noch weiter verbessert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir begrüßen diesen gemeinsamen Antrag aller Landtagsfraktionen und freuen uns über die gemeinsame Vorgehensweise in dieser nicht nur für Niedersachsen so wichtigen Verkehrssicherheitsfrage.

Vielen Dank auch an die Verkehrswacht, die uns sehr gut zugearbeitet hat.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Will. - Das Wort hat jetzt für die FDP-Fraktion Frau Kollegin Gabriela König. Bitte auch ein kurzes Wort zu besagtem Halbsatz, damit wir das klar haben!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich mache das gleich am Anfang, wäre aber ohnehin auf diesen Punkt eingegangen. Es gibt mittlerweile nämlich auch Systeme, die bei Geschwindigkeiten von weniger als 8 km/h gar nicht mehr fassen. Von daher ist es richtig, dass dieser Halbsatz gestrichen werden soll. Auch wir sind also mit dabei.

Vielen Dank auch an Klaus Krumfuß dafür, dass er diesen Antrag eingebracht hat, dass er sich die Mühe gemacht hat, zusammen mit der Verkehrswacht und der Polizei einen ganz wichtigen Aspekt aufzugreifen. Ich bin der Meinung, dass das ganz wichtig war.

(Beifall)

Ich weise noch einmal darauf hin, dass wir mittlerweile eine sehr gute Technik haben. Die Lkws könnten im Prinzip alle die Dinge, die wir brauchen, um schwere Unfälle zu vermeiden. Heute Morgen war ich wieder sehr erschüttert, als ich in der Zeitung darüber las. Die A 2 war davon zweimal betroffen, die A 7 war betroffen. Das muss man nicht einfach so hinnehmen. Daran kann man etwas ändern. Im Prinzip kann man das heute schon dementsprechend ändern.

Wir haben die Erkennung toter Winkel, wir haben Abstandsregler, Tempomat, Spurassistent, elektronische Stabilitätsprogramme und nun das Notbremssystem. Das ist wichtig, und das muss miteinander kombiniert werden. Sicherlich gibt es Situationen, in denen es erforderlich ist - wenn man z. B. im Stau steht oder wenn man langsam durch eine Ortschaft fahren muss -, gewisse Funktionen auszuschalten. Wenn man diese bei normaler Fahrweise jedoch nicht willkürlich ausschalten könnte, würden die Fahrer wissen, dass sie dadurch nicht nur sich selber schützen, ihr eigenes Leben, sondern auch das anderer Menschen. Das muss ihnen noch einmal klargemacht werden. Dann haben wir eine vernünftige Situation, mit der wir leben können.

(Beifall)

Vielen Dank, Frau König. - Das Wort hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Susanne Menge. Wenn auch von ihr jetzt die Zustimmung kommt, haben wir formal kein Problem mehr, das wie angesprochen zu machen. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Selbstverständlich kommt diese Zusage. Die Initiativkraft dieses Antrages, sehr geehrter Herr Krumfuß, ist absolut begrüßenswert. Er reiht sich in viele Aktivitäten ein, die alle ein Ziel haben: Unfallvermeidung auf den stark befahrenen Autobahnen. Am häufigsten sind Auffahrunfälle.

Die Zahl der Unfälle, die Fahrer in Lkws ab 3,5 t verursacht haben, ist laut Bundesamt rückläufig. Einem Menschen, der auf der A 2 Angehörige aufgrund eines schweren Unfalls verloren hat, hilft diese Statistik jedoch wenig. Es hilft ihm auch nicht, dass die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland in den letzten 45 Jahren um immerhin 84 % gesunken ist. Leider ist die Zahl der Lkw-Unfälle mit Todesfolge in den letzten zwei Jahren wieder um 2,9 % gestiegen - auch in Niedersachsen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, dass wir das Maximum des technisch Machbaren einfordern und hoffen, dass unter Einhaltung bestimmter Auflagen, wie der Berücksichtigung wichtiger Sicherheitssysteme, dieser oder jener Unfall in Zukunft vermieden werden kann, entbindet uns nicht von der Aufgabe, das Gesamtsystem der Wettbewerbssituation in der Transportbranche sowie die Menschen im Blick zu behalten.

Wer sich mit Spediteuren unterhält, wird mit einem harten Wettbewerb konfrontiert. Es geht innerhalb der Internetfrachtbörse um Zertifikate, Be- und Entladezeiten, um ein Zeitfenstermanagement, in dem Händler die Ladezeiten bestimmen können, um mangelnde Nachtruhe auf den Rastplätzen und um nicht einzutreibende Bußgelder im Ausland.

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist ein kleiner Ausschnitt dessen, was innerhalb der Branche zu einem hohen Druck, zu Konflikten und Wettbewerbsvorteilen führt - ergo auch zu Belastungen vieler beteiligter Menschen hinterm Steuer oder auch im Büro.

Notbremssysteme nach den hier geforderten Standards sind absolut richtig. Sie sind genauso wichtig wie Geschwindigkeitskontrollsysteme, die bereits

erfolgreich in den Niederlanden, in Großbritannien oder in der Schweiz angewendet werden. Niedersachsen wird dieses als erstes Bundesland modellhaft einführen. Trotz der vorbildlichen Initiative des Ministers Lies auf der Ministerebene müssen wir erkennen, dass noch sehr viel mehr zu tun ist.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Auch Ihnen herzlichen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat jetzt der Verkehrsminister Olaf Lies.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal herzlichen Dank für den Antrag und vor allen Dingen für die breite Zustimmung. Das ist ein klares und wichtiges Signal des Niedersächsischen Landtages im Hinblick auf ein Thema, das uns alle betrifft. Das Thema Sicherheit auf Autobahnen geht uns alle an.

Man darf nicht unterschätzen: Die Hauptursachen, die wir zu verzeichnen haben, sind Unaufmerksamkeit, Ablenkung, dichtes Auffahren, hohe Geschwindigkeit. Die Untersuchungen, die nicht zuletzt von der Polizei gemacht wurden und in deren Zuge auch während der Fahrt ein Blick in die Lkws geworfen wurde, werfen kein gutes Licht auf die Situation. Das sind die Ausnahmen; ich weiß das. Aber die Ausnahmen führen irgendwann in der Regel zu den schweren Unfällen, gegen die wir alle angehen wollen.

Man muss trotzdem dazusagen, dass die Autobahnen gleichwohl unsere sichersten Straßen sind. Das darf man nicht unterschätzen. Man braucht den Menschen nicht Angst zu machen. Wenn man es zusammenfasst, werden 30 % der Straßenverkehrsleistung auf der Autobahn erbracht, aber dort ereignen sich weniger als 9 % der Straßenverkehrsunfälle - zum Teil allerdings sehr schwere Unfälle mit überproportional vielen Verkehrstoten. Nicht außer Acht zu lassen ist, dass diese Unfälle auch durch Störungen im Straßenverkehr entstehen, also durch Baustellen oder Stausituationen; diese können viele Gründe haben, am Ende nicht nur Baustellen.

Aber gerade wenn wir an die schrecklichen Bilder denken, müssen wir jede Maßnahme ergreifen, die wir ergreifen können. Deswegen geht dieser An

trag in die absolut richtige Richtung. Ich möchte nur sagen, lieber Klaus Krumfuß, dass er wirklich mit dem parallel geht, was wir vorhaben. Bereits im September 2014 habe ich gesagt, dass wir eine bessere Flottendurchdringung brauchen, was die Notbremsassistenzsysteme angeht. Im November 2015 war deren Einsatz dann verpflichtend. Aber verrückterweise kann man diese Systeme abschalten. Es kann doch einfach nicht sein, dass Fahrzeuge über eine Sicherheitsausstattung verfügen, die abgeschaltet werden kann!

Ich habe schon im Mai 2015 den Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt angeschrieben, wie wir zu einer stärkeren Integration der neuen Technologie kommen. Ich will das hier noch einmal anführen: Es ging um die Debatte, ob man Mautanreize schafft - das ist rechtlich möglich -, indem diejenigen, die einen sicheren Lkw einsetzen, weniger Maut zahlen müssen. Am Ende bedeutet das auch, dass diejenigen, die mit einem nicht so sicheren Lkw unterwegs sind, mehr zahlen. Es geht darum, einfach Anreize zu setzen, die Flotte früher zu erneuern und noch mehr sichere Lkws auf den Straßen zu haben. Es darf zumindest kein Denkverbot geben. Ob das am Ende umsetzbar ist, muss man sich ansehen. Aber ich glaube, man muss alle Möglichkeiten ergreifen, die wir haben, um dieser Aufgabe gerecht zu werden.

Ich bin nicht nur dem Landtag für den Beschluss dankbar, den wir hoffentlich heute hier gemeinsam fällen, sondern ich bin auch der Verkehrsministerkonferenz sehr dankbar, die im Oktober dieses Jahres auf einen Antrag Niedersachsens hin genau diesen Weg gewählt hat.

Sie hat ergänzend betont: Rechtsverstöße und Ordnungswidrigkeiten müssen verfolgt werden. Wenn also festgestellt wird, dass Fahrer abgelenkt sind, muss das sanktioniert werden dürfen, damit es ein abschreckendes Beispiel gibt.

Neben den Notbremsassistenzsystemen brauchen wir auch den verpflichtenden Einsatz von Abstandswarnern. Diese können auch nachgerüstet werden. Das ist eine Chance, wenigstens ein Stück zusätzlicher Sicherheit in die Fahrzeuge zu bringen.

Aber es geht auch um das Thema der Bußgelder für Abstandsverstöße, die wir auch international verfolgen müssen. Gerade die A 2 ist eine Strecke, die durch den internationalen Verkehr genutzt wird. Es hilft nicht, wenn die Transitfahrer am Ende nicht mit Bußgeldern belegt werden können. Auch das ist eine wichtige Voraussetzung.

Es kommt also eine ganze Menge von Punkten hinzu.

Ich glaube, dass es ein sehr wichtiges Signal des Niedersächsischen Landtages ist, wenn wir deutlich machen: Die Sicherheit liegt uns am Herzen. Wir werden nicht jede Baustelle vermeiden können. Wir werden am Ende auch nicht jeden Stau vermeiden können. Aber jede technische Unterstützung, die uns hilft, dem immer denkbaren und möglichen menschlichen Fehlverhalten durch technische Systeme zu begegnen, ist ein guter Schritt voran auf dem Weg zu mehr Sicherheit. Und ich glaube, dass wir mit diesem Antrag heute einen ganzen Schritt weiterkommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Alle Rednerinnen und Redner der Fraktionen haben deutlich gemacht, dass sie die Beschlussempfehlung des Ausschusses verändern möchten. Ich halte das Haus für damit einverstanden, dass wir jetzt über eine in der Nr. 3 des Entschließungstextes veränderte Beschlussempfehlung abstimmen. Die Nr. 3 soll folgenden Wortlaut aufweisen:

„dass die Abbremsreaktionen der AEBSSysteme so ausgelegt werden, dass in jedem Einzelfall eine Kollision möglichst vermieden wird.“

Der restliche Text der Nr. 3 entfällt. Ist das einvernehmlich? - Gut. Dann ist das so.

Dann lasse ich über diese hier im Parlament veränderte Beschlussempfehlung abstimmen. Wer ihr zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Sie haben einstimmig so beschlossen.

Wir kommen dann zu