Protocol of the Session on October 26, 2016

Herr Will, die Beschwerden bei der EU sind erst nach dem Gutachten von Herrn Professor Ipsen eingereicht worden, als man festgestellt hat, dass es dort eine große Unsicherheit gibt. Da sollten Sie schon bei der Wahrheit bleiben.

(Beifall bei der CDU - Gerd Ludwig Will [SPD]: Aber es war vorher ange- kündigt! Reden Sie doch nicht drum herum!)

Danke schön. - Meine Damen und Herren, es folgt jetzt für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Jörg Bode. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Will, immer, wenn Sie mich loben, habe ich Angst, dass ich etwas falsch gemacht habe. Aber heute möchte ich mich einmal ausdrücklich für Ihr Lob bedanken. Denn in der Tat hat die FDP im Ausschuss der Erhöhung der Mittel für die Region Braunschweig zugestimmt und auch den erhöhten Ansatz aus der zweiten Säule mitgetragen - genau wie es vorher zugesagt und vereinbart war. Wir sind da absolut verlässlich und stehen auch zu unserem Wort; denn diese Maßnahme ist sachlich berechtigt.

Aber etwas möchte ich Ihnen dann doch mitgeben: Unsere Fraktionskollegen aus Braunschweig sind Ihnen schon etwas böse, dass Sie das mit einem anderen Gesetzgebungsverfahren verknüpft haben - und zwar einem Verfahren, bei dem von vornhe

rein klar war, dass wir ihm niemals werden zustimmen können, sodass sie bei der Schlussabstimmung hier im Parlament gehindert sein werden, den erhöhten Mitteln für Braunschweig zuzustimmen. Es wäre schöner gewesen, man hätte das separat geregelt. Aber damit es nun nicht heißt, man könne sich in Braunschweig nur auf 69 Stimmen hier im Landtag verlassen: Die FDPStimmen gehören auch dazu.

Herr Will möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Herzlich gerne.

Herr Bode, ist Ihnen einmal die Idee gekommen, einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen, der nur das Thema Braunschweig beinhaltet?

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Will, wir hatten eigentlich erwartet, dass das Gespräch, das von den Braunschweiger Abgeordneten initiiert worden ist, in einen eigenen gemeinsamen Gesetzentwurf zum Thema Braunschweig mündet und das Parlament diese Mittel dann im besten Falle einstimmig bewilligt.

Aber damit keine falschen Zählungen entstehen: In Braunschweig kann man sich nicht nur auf 69 Stimmen hier im Parlament verlassen, sondern die Stimmen der FDP gehören auch dazu.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Frau Hövel hat die grundsätzlichen Fragen, die hier im Raum stehen, schon deutlich benannt. Es geht um das Beihilferecht, um die Gefahr unzulässiger Beihilfen und um entsprechende Rückforderungen. Diese schwerwiegenden Fragen konnten vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst nicht beantwortet werden.

Es ist ganz klar: Wenn aufgrund dieses Gesetzes im nächsten Jahr Mittel ausgezahlt werden, aber die Beihilfebeschwerden bei der EU zu einer Rückforderung führen, dann sind die Unternehmen verpflichtet, die Gelder zurückzuzahlen - obwohl die Leistungen erbracht und die Kosten dafür entstanden sind. Die Kommunen haben keine Möglichkeit, den Unternehmen diese Mittel zu erstatten. Am Ende zahlt also der Fahrgast diese übereilte Gesetzgebung, und zwar durch höhere Fahrpreise, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Aber das hätte man auch verhindern können, und das wäre sogar relativ einfach gewesen: Man hätte nämlich nur die Antwort der EU-Kommission abwarten müssen. Aber was haben Sie getan, Herr Will? - Sie haben den vereinbarten Zeitplan - Beschlussfassung über diesen Gesetzentwurf erst im kommenden Monat - verkürzt und das Ganze auf das Oktober-Plenum vorgezogen, und das auch noch mit einer doch recht einmaligen Aktion: Sie haben die Oppositionsfraktionen gebeten, in der sitzungsfreien Zeit eine Sondersitzung durchzuführen, weil Sie noch Fragen und weiteren Diskussionsbedarf zu dem Gesetzentwurf hätten.

Wir waren selbstverständlich offen, Ihrem weiteren Diskussionsbedarf gerecht zu werden. Aber als die Sitzung dann anberaumt war und man zusammentrat, wollten Sie gar nicht mehr diskutieren und Fragen stellen, sondern den Gesetzentwurf abschließend beraten, damit das Oktober-Plenum erreicht wird.

Eine solche Art und Weise des Umgangs in einer Gesetzesberatung habe ich in der letzten Zeit noch nicht erlebt. Das ist kein guter Stil. Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen.

Aber was dem Ganzen die Krone aufsetzt, ist, dass Sie heute behaupten, CDU und FDP hätten keinen eigenen Änderungsvorschlag eingebracht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie hätten wir denn Änderungsanträge in eine Sitzung einbringen sollen, in der Sie ohne Vorankündigung zur Schlussabstimmung aufrufen? - Aus unserer Sicht gab es weiteren Diskussions- und Beratungsbedarf, mit dem wir in die Fraktion gehen wollten, um dann zu Änderungsanträgen zu kommen. Aber da haben Sie schon den Deckel draufgemacht. Und dass das übereilt war, sehen Sie daran, dass Sie die Liste für die Mittelverteilung noch ergänzen und heute neu verteilen mussten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf ist in seiner Struktur nicht ausgewogen. Es ist unausgegoren. Das zeigt sich schon daran, dass der GBD zu § 7, der Regelung zur Verteilung der Mittel, gesagt hat: Wenn im Gesetz geregelt werden soll, wie die Mittel verteilt werden, dann sollte der Gesetzgeber zumindest erklären und der Gesetzesanwender erkennen können, wer welchen Anspruch auf welche Mittel hat. - Herr Will, Sie konnten dies nicht erklären.

Der GBD hat gesagt, auch nach intensiver Beratung mit dem Ministerium: An den Worten des Paragrafen sei sicherlich nichts zu beanstanden.

Aber auch er könne nicht erkennen, was da an wen wie ausgezahlt wird.

Auch der Versuch des Ministeriums, uns dies im Ausschuss zu erklären, ist gescheitert. - Und das bei einem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen! Sie, Herr Will, müssten doch eigentlich wissen, was das, was Sie da beantragen, tatsächlich bedeutet.

(Glocke des Präsidenten)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, handwerklich ist das also großer Murks. Es bestehen große Risiken für die Unternehmen und die Kommunen, aber am Ende insbesondere für die Fahrgäste, für die Bürgerinnen und Bürger, die einen öffentlichen Personennahverkehr haben wollen, und damit für das Angebot.

Und dass es von den Verwaltungskosten her günstiger wird, wenn nicht mehr eine Stelle die Experten zusammenhält und die schwierigen Verfügungen macht, sondern wenn dies in jeder Kommune gemacht wird, das konnte mir auch noch niemand erklären.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen!

Das heißt, das Angebot wird deutlich leiden müssen. Deshalb lehnen wir in der Schlussabstimmung dieses Paket ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. - Es folgt jetzt für die Landesregierung der Verkehrsminister Herr Lies. Bitte sehr!

(Susanne Menge [GRÜNE] meldet sich zu Wort)

- Moment! - Frau Kollegin Menge?

(Susanne Menge [GRÜNE]: Ich habe meinen Zettel abgegeben!)

- Bei der Fülle der Materialien ist das untergegangen. Selbstverständlich haben Sie jetzt das Wort. Bitte sehr! - Der Minister muss dann halt noch 3:30 Minuten warten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich mir vorstelle, ich wäre Che

fin eines Busunternehmens, dann wäre ich in diesen Tagen natürlich erheblich verunsichert.

Nach vielen Jahren will das Land Niedersachsen das bestehende System der Finanzierung des ÖPNV umstellen. Bislang zahlte das Land über die Landesnahverkehrsgesellschaft die Ausgleichszahlungen für die Schülerverkehre direkt an die Unternehmen. Künftig werden die Auftraggeber, also die Landkreise, die kreisfreien Städte und Zweckverbände, das Geld erhalten und die Verträge mit den Unternehmen, also auch mit mir als hypothetischer Chefin, abschließen.

Die Karten werden neu gemischt. Was da genau auf mich zukommt, kann ich im Moment nicht einschätzen. Eine Systemumstellung wühlt auf und verunsichert. Das ist menschlich; denn immerhin hängt von diesen Einnahmen meines Betriebes nicht nur meine Existenz, sondern auch die meiner Familie und vieler anderer ab.

Wie viel Geld werde ich erhalten? Reicht das Geld aus? Muss ich eventuell Leute entlassen? - Das sind Fragen, die mir schlaflose Nächte bereiten könnten; denn auch mein Verband, der GVN, schürt ja eher die Kampfansage in diese Richtung und zeigt mir nicht den Weg auf, wie ich als gute und konstruktive Partnerin mit den anderen zusammenarbeiten könnte. - Das ist die eine Seite.

Als Politikerin bewegen mich diese Bedenken und Sorgen der Unternehmer und Beschäftigten. Sie erreichen mich. Gleichzeitig weiß ich als politisch verantwortlich Handelnde, dass wir das System der Finanzierung umstellen müssen.

Aktuell haben wir es, sehr verehrte Damen und Herren, mit einer Übergangsregelung zu tun, die schon seit Jahren das Risiko birgt, gegen das Beihilferecht der EU zu verstoßen - und das ist die andere Seite. Denn die EU-Verordnung 1370/2007 schreibt seit 2009 vor, die bei uns noch immer gültige Abgeltungsregelung durch die EU-konforme Regelung zu ersetzen. Trotzdem hat die Vorgängerregierung unter dem damaligen Minister Bode diese Systemumstellung gescheut und in 2012 das Provisorium noch einmal um fünf Jahre verlängert.

Aber damit ist jetzt endgültig Schluss, Herr Bode! Bis Ende des Jahres muss auch für Niedersachsen eine rechtssichere Lösung her.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Sonst könnten nämlich den Verkehrsunternehmen landesweit Rückzahlungen in Millionenhöhe drohen - und das will ich nicht verantworten. Um das zu verhindern, habe ich wie auch meine Kolleginnen und Kollegen aus der SPD in den letzten Wochen und Monaten immer wieder deutlichen Gegenwind in Kauf genommen. Wir haben uns Auseinandersetzungen gestellt und immer wieder für Klarheit gesorgt, wenn etwas durcheinandergeraten war. Und das werden wir auch weiterhin tun.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Wir haben, werte Abgeordnete, über Monate verschiedene Modelle diskutiert, durchgerechnet, sie immer wieder juristisch abklären lassen und gegeneinander abgewogen. Wir haben viel Mühe und Arbeit darauf verwendet, eine gute Lösung für den ÖPNV in Niedersachsen zu finden - auch für die Verkehrsunternehmen. Ich bin überzeugt, dass unsere Bemühungen in ein gelungenes Konzept gemündet sind, und zwar in die Kommunalisierung der Ausgleichsmittel.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Alle anderen Modelle hätten entweder zu Einnahmeverlusten bei den Verkehrsunternehmen geführt - im schlimmsten Fall von bis zu 57 % - oder aber wären so teuer gewesen - wie die Rückkehr zur ursprünglichen Bundeslösung -, dass sie den Landeshaushalt eventuell gesprengt hätten. Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf sichern wir die Finanzierung, stärken wir den ÖPNV im Flächenland Niedersachsen und bauen möglichen Verwerfungen vor.

Einen Moment! Herr Kollege Bley möchte eine Zwischenfrage stellen.

Nein, bitte jetzt nicht.

(Karl-Heinz Bley [CDU]: Typisch!)

- Nein, das ist nicht typisch.