Laut jüngsten Äußerungen von Bundesminister Schmidt ist die Geschlechtserkennung im Hühnerei „noch dieses Jahr“ praxisreif, und er erwartet, dass damit diese tierschutzwidrige Praxis beendet wird. Gleichzeitig spricht sich der Bund jedoch gegen ein gesetzliches Verbot des Kükentötens aus, wie es der Bundesrat mit dem Enddatum 30. Juni 2017 am 25. September 2015 gefordert hat.
Die Landesregierung legt besonderen Wert auf den Tierschutz. Insbesondere in der biologischen und konventionellen Freilandhaltung von Legehennen gibt es ein deutliches Wachstum. Beim Ausstieg aus dem Schnabelkürzen von Legehennen ist Niedersachsen Vorreiter.
Nach dem Erlass des Landwirtschaftsministeriums und der Vereinbarung mit Geflügelwirtschaft und Handel endet am 31. Dezember 2016 definitiv das Kürzen der Schnabelspitze bei Millionen weiblicher Legehennenküken. Im Rahmen des niedersächsischen Tierschutzplans sind bereits Eier von Hühnern mit intaktem Schnabel - über den Biobereich
Problem sind jedoch versteckte Käfigeier aus dem Ausland, die in gefärbten Eiern und verarbeiteten Eiprodukten wie Nudeln und Backwaren sowie der Gastronomie lauern. Die deutsche Geflügelwirtschaft forderte nun am 6. September 2016 die Bundesregierung auf, auch in der Gastronomie und bei verarbeiteten Eiern für eine bessere Herkunftskennzeichnung zu sorgen, und beruft sich auf 85 % der Verbraucherinnen und Verbraucher, die laut Umfragen die Politik in der Pflicht sehen, auch im Außer-Haus-Bereich für eine bessere Kennzeichnung zu sorgen.
Erstens. Wann und auf welche Weise gedenkt Niedersachsen, das Töten von Millionen männlichen Eintagsküken zu beenden?
Zweitens. Wie haben sich in Niedersachsen die Zahlen der Legehennen nach den Haltungsformen Käfig, Bodenhaltung, Freiland und Bio in den letzten zehn Jahren und speziell seit Amtsantritt der rot-grünen Regierung entwickelt?
Drittens. Befürwortet die Landesregierung eine Ausweitung der Herkunfts- und Haltungskennzeichnung auch auf verarbeitete Eier, etwa in Kuchen, Nudeln und Mayonnaise, und welche Effekte hätte dies?
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung möchte Herr Landwirtschaftsminister Meyer antworten. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Töten von Millionen männlicher Eintagsküken ist moralisch, ethisch und aus Tierschutzsicht höchst bedenklich. Niedersachsen will daher eine Beendigung des Tötens von frisch geschlüpften Küken aufgrund des falschen Geschlechts erreichen.
Hintergrund für dieses grausame Aussortieren ist die züchterische Entwicklung von unterschiedlichen Mastlinien und Legehennenlinien. Während
bei den Masthühnern männliche und weibliche Tiere und nicht ausschließlich Hähnchen gemästet werden, wurden bei den zur Eiproduktion bestimmten Legehennenlinien die männlichen Tiere der Legehybridrassen für unrentabel erklärt, weil sie als Masttiere aufgrund mangelnder Gewichtszunahme nicht wirtschaftlich waren. Daher werden die männlichen Küken bei den Legehennenlinien direkt nach dem Schlüpfen aussortiert, durch Gas getötet oder in einen Trichter mit rotierenden Messern - das ist das sogenannte Kükenschreddern - geworfen.
Dies ist der Gesellschaft heute nicht mehr vermittelbar; denn Tiere sind keine Sachen, sondern nach Artikel 6 b unserer Landesverfassung Lebewesen, die es „zu achten und zu schützen“ gilt.
Seit 2011 gibt es in Niedersachsen daher einen Erlass in Abstimmung mit dem Tierschutzbeirat, der das Schreddern der Küken verbietet und nur übergangsweise das Töten und Verfüttern von Eintagsküken als Ersatz für andere Futtertiere zulässt, bis das Zweinutzungshuhn oder bis die Geschlechtserkennung im Ei verfügbar ist. In diesem damaligen Erlass der Landesregierung an die Veterinärbehörden wird die Auffassung des Tierschutzbeirats geteilt, „dass die Tötung männlicher Eintagsküken allein aus ökonomischen Gründen nicht zuletzt aus ethisch-moralischen Gründen abzulehnen ist.“ Das ist auch die klare Position dieser Landesregierung.
Bis zur Etablierung der Geschlechterdifferenzierung im befruchteten Hühnerei bzw. bis zu einer Realisierung der sinnvollen Aufzucht von männlichen Jungtieren zu Lebensmittelzwecken, also dem Zweinutzungshuhn, ist dem Tierschutzbeirat zufolge als Zwischenschritt die ausschließliche Verfütterung von Eintagsküken zur Ernährung anderer Tiere vorübergehend zu tolerieren. Im Übrigen hält es der Tierschutzbeirat für erforderlich, dass bei Tieren, die getötet werden müssen, eine vorherige Betäubung erfolgt. Diese vorgenannte Auffassung des Tierschutzbeirats und des damaligen Ministers Lindemann wurde den Kommunen ausdrücklich als Zwischenlösung beschrieben.
Das Überwinden der Tötung männlicher Eintagsküken sollte dann nachfolgend im Rahmen des Tierschutzplans Niedersachsen gelöst werden. Das Land Niedersachsen hat daraufhin sowohl die Forschung zu Mehrnutzungshühnern als auch zur Geschlechterbestimmung im Ei intensiv gefördert.
Erfreulicherweise kann ich Ihnen nun mitteilen, dass nach übereinstimmender Auffassung von Bund und Land spätestens im Frühjahr 2017 die Technik zur Früherkennung praxisreif sein soll und damit das millionenfache Kükentöten noch 2017 beendet werden kann und soll.
Zu Frage 1: Wann und auf welche Weise gedenkt Niedersachsen, das Töten von Millionen männlicher Eintagsküken zu beenden?
Wie gesagt, Niedersachsen will das routinemäßige Töten von männlichen Eintagsküken spätestens bis Ende 2017 beenden. Bereits 2014 hat Niedersachsen einen einstimmigen Beschluss der Agrarministerkonferenz der Länder erwirkt, um schnellstmöglich das Töten von bundesweit jährlich rund 50 Millionen Eintagsküken zu beenden und Alternativen wie die Früherkennung im Ei und das Mehrnutzungshuhn zu forcieren.
Bundesagrarminister Christian Schmidt hat diesem Beschluss auf der Agrarministerkonferenz ausdrücklich zugestimmt. 2015 hat er dann in der BildZeitung erklärt, dass er bis 2017 das Töten Millionen männlicher Küken definitiv beenden will. An diesem Zeitplan hält der Bundesminister weiterhin fest. Daher gehe ich davon aus, dass er ihn auch einhält.
Der Bundesrat hat dann am 25. September 2015 zur Unterstützung des Bundesministers durch einen Beschluss mit Zustimmung Niedersachsens ein Verbot des Tötens männlicher Eintagsküken per Gesetz mit dem Enddatum 30. Mai 2017 gefordert - Bundestagsdrucksache 310/15. Dieser Beschluss sollte und muss aus Sicht der Landesregierung noch von der Bundesregierung umgesetzt werden.
Die von der Landesregierung verfolgten Lösungsansätze zur Vermeidung des Tötens männlicher Eintagsküken insbesondere zur Geschlechterdifferenzierung im befruchteten Ei sind hier bereits wiederholt dargestellt worden. Ich verweise auf die Landtagsdrucksachen 17/3625 und 17/3470. Wie bereits darin erläutert, ist die Geschlechtsdifferenzierung im Ei mittels Raman-Spektroskopie - für die Expertinnen und Experten: In-Ovo-Geschlechtsbestimmung - der derzeit Erfolg versprechendste Weg.
Der aktuell entwickelte praxistaugliche Demonstrator, der eine vollautomatische Geschlechtsbestimmung im befruchteten Hühnerei ermöglicht, steht, wie gesagt, voraussichtlich Anfang 2017 zur Verfügung. Dies ist sowohl von Vertretern der Universität Leipzig, die ihn entwickeln, als auch seitens des Bundesministeriums bestätigt worden. Gespräche mit Unternehmen, die diese Geräte serienmäßig herstellen und damit für einen flächendeckenden Einsatz auf dem Markt sorgen können, werden geführt.
Auch Fördermöglichkeiten für die betroffenen Betriebe werden seitens der Bundesregierung diskutiert, siehe Bundestagsdrucksache 18/8052. Die Bundesregierung weist jedoch gleichzeitig zu Recht darauf hin, dass mit nennenswerten Mehrkosten für die Betriebe durch den Einsatz der Geräte nicht zu rechnen ist, da der Aufwand für das manuelle menschliche Aussortieren der Eintagsküken durch die sogenannten Hühner-Sexer - also diejenigen, die am Band stehen und männliche und weibliche Küken auseinandersortieren - und die Kosten für die Bebrütung männlicher Eier entfallen würden.
Bundesagrarminister Schmidt hat, wie gesagt, als Ziel verkündet, dass das Kükenschreddern 2017 definitiv aufhört. Gleichzeitig hat sich die deutsche Geflügelwirtschaft verpflichtet, das Verfahren unverzüglich in allen Brütereien einzusetzen, sobald die automatisierte Geschlechtsbestimmung ihre technische Praxistauglichkeit bewiesen hat. Damit muss das Töten männlicher Küken beendet werden. Dann gibt es nach dem Tierschutzrecht keinen vernünftigen Grund mehr für das Töten von Millionen Küken.
Entsprechend habe ich bei einer Besprechung mit Vertreterinnen und Vertretern aller niedersächsischen Brütereien, der Geflügelwirtschaft, den Ökoverbänden sowie den Forscherinnen und Forschern der Universität Leipzig am 23. März 2016 im Ministerium hier in Hannover deutlich gemacht, dass der Ausstieg gemäß dieses Fahrplans zu realisieren ist. Daher wird Niedersachsen das routinemäßige Töten von Eintagsküken bis spätestens 2017 untersagen und damit aus diesem anerkanntermaßen nicht tierschutzgerechten Verfahren aussteigen.
Gleichzeitig wurde die Forschung für das Mehrnutzungshuhn insbesondere in der ökologischen Tierhaltung mit Landesmitteln deutlich verstärkt. Ich freue mich sehr, dass schon viele niedersächsische landwirtschaftliche Betriebe im Rahmen der Bruderhahn-Initiative vorangehen und damit schon heute für die Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit besteht, durch einen Aufpreis auf das Ei einen Beitrag zur Vermeidung des Tötens männlicher Küken zu leisten.
Zu Frage 2: Wie haben sich in Niedersachsen die Zahlen der Legehennen nach den Haltungsformen Käfig, Bodenhaltung, Freiland und Bio in den letzten zehn Jahren und speziell seit Amtsantritt der rot-grünen Regierung entwickelt?
Meine Damen und Herren, Niedersachsen hat vom Verbot der Käfighaltung und der Einführung der verpflichtenden Eierkennzeichnung durch die damalige rot-grüne Bundesregierung erheblich profitiert. Die Entwicklung der Legehennenzahlen in Niedersachsen, dem führenden Eierland der Republik, ist ein Musterbeispiel für mehr Tierschutz, mehr Betriebe und mehr Einkommen unserer Landwirte.
Die Umstellung der Haltungsformen in der Legehennenhaltung war in den vergangenen zehn Jahren sehr erfreulich. 2004 hatten wir in Niedersachsen 14,5 Millionen Legehennen, davon über 82 % in der Haltungsform in großen Käfigbatterien. 2015 hatten wir in Niedersachsen 17,8 Millionen Legehennen, davon nur noch 14,9 % in der auslaufenden Käfighaltung. Die Unkenrufe, Käfigbatterien würden ins Ausland abwandern, ist für Niedersachsen also nicht zu bestätigen. Wir haben mehr Hühner als vor dem Ausstieg.
Besonders erfreulich ist die Entwicklung in der Amtszeit der rot-grünen Landesregierung. 2012 - der 31. Dezember ist immer das Messdatum - hatten wir in Niedersachsen 15,7 Millionen Legehennen. Ende 2015 hatten wir in Niedersachsen 17,8 Millionen Legehennen, also 2,1 Millionen Legehennen mehr. Dieser Zuwachs entfällt fast ausschließlich auf die ökologische und konventionelle Freilandhaltung.
Zu den Betriebszahlen: Dieses Jahr haben erstmals mehr als 50 % der Legehennenhalter eine konventionelle oder ökologische Freilandhaltung. Das war vor zehn Jahren noch komplett anders.
2004 hatten 52 % der Betriebe eine Käfighaltung, nur 22 % eine Bodenhaltung, 18,4 % eine Freilandhaltung und 7,7 % eine Ökohaltung. Ende 2015 setzten nur noch 6,6 % der Betriebe auf die Käfighaltung, dafür aber 40,7 % auf die Bodenhaltung und 30,3 % auf die Freilandhaltung; 22,3 % der Betriebe waren sogar ökologische Legehennenhalter.
In der rot-grünen Amtszeit - in den letzten drei Jahren von 2012 bis 2015 - stieg die Anzahl der Produktionsstätten mit Freilandhaltung um 32 %, die der Bioproduktionsstätten um 29 %. Wir haben hier also - anders als in allen anderen landwirtschaftlichen Bereichen, wo der Strukturwandel zu einem Rückgang der Anzahl der Betriebe führt - deutlich mehr Betriebe, mehr Einkommen, mehr Hühner und eines höheres Tierwohl.
Von daher ist die Entscheidung, die damals getroffen wurde, sehr gut für den Agrarstandort gewesen. Die Betriebe haben sich eingestellt. Niedersachsen ist in den letzten Jahren bei Bio- und Freilandeiern führend geworden. Heute kommt schon fast jedes zweite in Deutschland produzierte Bio- und fast jedes zweite konventionelle Freilandei aus Niedersachsen.
Nach aktuellen Meldungen - den Zahlen, die ich dieses Jahr habe - ist damit zu rechnen, dass dieses Jahr der zweimillionste Biolegehennenplatz in Niedersachsen eingestallt wurde. Fragen Sie mich bitte aber nicht, welche Henne das jetzt genau ist! Aber wir werden dort einen weiteren Rekordboom erleben.
Zu Frage 3: Befürwortet die Landesregierung eine Ausweitung der Herkunfts- und Haltungskennzeichnung auch auf verarbeitete Eier, etwa in Kuchen, Nudeln und Mayonnaise, und welche Effekte hätte dies? - Ja, die Landesregierung befürwortet ebenso wie die in der Vorbemerkung genannte Umfrage der Geflügelwirtschaft bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Ausweitung der Herkunfts- und Haltungskennzeichnung auf verarbeitete Eier. Wie geschildert, würden gerade die niedersächsischen Freilandbetriebe besonders profitieren. Denn ungefähr 50 % der Eier werden lose mit Herkunfts- und Haltungskennzeichnung - 0, 1, 2, 3 - verkauft. Davon sind mittlerweile 90 % aus alternativen Haltungen. Eier mit der Kennzeichnung „3“ - für „Käfig“ - sind im Handel kaum noch zu bekommen und werden vom Verbraucher, auch wenn sie billiger sind, nicht nachgefragt.
Circa 50 % der erzeugten Eier werden jedoch in Nudeln oder Backwaren verarbeitet. Hier bekommt man ohne Kennzeichnung oft versteckte Käfigeier aus schlechteren Haltungsbedingungen aus dem Ausland. Daher wäre eine Ausweitung der bestehenden Kennzeichnungspflicht auf verarbeitete Eier nicht nur im Sinne von Verbraucherklarheit und -wahrheit, sondern auch im Interesse der niedersächsischen Geflügelwirtschaft, die das auch öffentlich unterstützt und zusammen mit der Landesregierung einfordert.
Denn bislang erfolgt die Kennzeichnung der Herkunft - also des Landes, aus dem das Ei kommt - und der Haltungsform nur bei unverarbeiteter Ware. Dies kommt dem Verbraucherinteresse nur unzureichend nach, da insbesondere Eier aus Käfighaltung abgelehnt werden, diese aber in Fertigerzeugnissen für den Verbraucher nicht identifiziert werden können.