Protocol of the Session on September 15, 2016

Von daher fand ich in der Tat den Ansatz von Ihnen, Herr Försterling - das kann ja durchaus der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein, Herr Försterling -,

(Zurufe von den GRÜNEN und von der FDP: Hey!)

richtig. Sie haben gesagt, man müsse sich das genau anschauen, natürlich auch am Beispiel der Ausstattung von Schulen und unter der Fragestellung moderner Unterrichtsgestaltung, von Didaktik und Pädagogik. Dabei denke ich heute an unsere niedersächsischen Schulen. Die sind nämlich viel weiter als viele bildungspolitische Debatten der Opposition in diesem Haus.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/5826 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses angenommen worden.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 27: Abschließende Beratung: Tierschutzplan weiterentwickeln - Schaffen von Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Nutztierhaltung in Niedersachsen - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/5286 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung -

Drs. 17/6351 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/6432

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 17/6432 zielt auf eine Annahme des Antrags in veränderter Fassung.

Ich eröffne die Beratung.

Mir liegt bislang nur eine Wortmeldung vor, und zwar die von Frau Geuter. Da kommt eine zweite. - Frau Geuter, Sie wollten nicht unbedingt zuerst reden? Es kann auch Herr Janßen sprechen, wenn er möchte. Aber da Sie schon hier vorne stehen, Frau Geuter, erteile ich Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war der Meinung, da die CDU einen Änderungsantrag eingereicht hat, hätte sie die Chance haben müssen, diesen zuerst zu begründen. Aber da sie sich nicht gemeldet hat, machen wir das jetzt so.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Sie haben sich nicht getraut!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die gesellschaftliche Akzeptanz der Tierhaltung war bisher Voraussetzung für den Erfolg der Nutztierhaltung in unserem Land, und sie ist derzeit eine der größten Herausforderungen für ihre Zukunft. Der Tierschutz beruht in Deutschland auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens, der seinen Ausdruck in der Formulierung des Tierschutzes als Staatsziel und in einem umfassend angelegten Tierschutzgesetz findet.

In der Nutztierhaltung sind in den letzten Jahren große Fortschritte in Bezug auf die Ressourceneffizienz erzielt worden. Bei dieser Entwicklung - ich gestehe ausdrücklich zu: unter Einhaltung der jeweils gültigen Tierschutzgesetze - stand über lange Zeit das Wohlbefinden der Tiere nicht immer im Vordergrund. Dadurch ist die Tierhaltung immer stärker unter einen gesellschaftlichen Rechtfertigungsdruck geraten.

Weil die Nutztierhaltung gerade hier in Niedersachsen von erheblicher Bedeutung für die Agrar- und Ernährungswirtschaft und auch ein wesentliches Standbein für unsere Wirtschaftskraft und unsere wirtschaftliche Entwicklung ist, war es gut und auch folgerichtig, dass Minister Lindemann mit seinem im April 2011 auf den Weg gebrachten

Tierschutzplan für Niedersachsen eine Vorreiterrolle eingenommen hat.

Auch wenn die Diskussionen in den mit dem Tierschutzplan eingesetzten Gremien nicht immer ganz einfach waren, so zeigen die bisher schon erreichten wichtigen Vereinbarungen u. a. mit der niedersächsischen Geflügelwirtschaft, dem Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland, der Interessengemeinschaft der Schweinehalter, dass es gelungen ist, zu gemeinsam getragenen Ergebnissen zur Verbesserung des Tierschutzes zu kommen, die auch für die Beteiligten Planungssicherheit schaffen. Das ist ja besonders wichtig. Wir schaffen damit auch für die betroffenen Nutztierhalter verlässliche politische Rahmenbedingungen.

Es gibt nach dem Beispiel Niedersachsens inzwischen eine Vielzahl von leider häufig auch unkoordinierten Initiativen mit dem Ziel, den Tierschutz in der Nutztierhaltung zu verbessern. Daher fordern wir in einem ersten Schritt, zu einem bundeseinheitlichen Vorgehen zu kommen, um in einem zweiten Schritt daran zu arbeiten, diese Verbesserungen bei den Tierschutzstandards auch auf europäischer Ebene zu etablieren. Das wird sicherlich kein einfacher Weg, aber wir müssen ihn im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit unserer niedersächsischen Nutztierhaltung beginnen.

Die Veröffentlichung des Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirates des Bundesministeriums für Landwirtschaft „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ hat die notwendige Diskussion um die Zukunft der Nutztierhaltung auf eine breite fachliche Basis gestellt. Auch wenn einige der dort getroffenen Aussagen kritisch zu hinterfragen sind und aus meiner Sicht auch nicht gänzlich geteilt werden können, so lassen sich aus den Analysen einige Schlussfolgerungen ziehen.

(Clemens Große Macke [CDU]: Ge- nau!)

Ich beginne mit Folgendem: In einer modernen intensiven Nutztierhaltung ist ein hoher Sicherheitsstandard für Tiergesundheit, Verbraucher-, Tier- und Umweltschutz realisierbar. Eine Zucht, eine Produktionsweise, die Krankheiten, Schmerzen und Schäden minimiert, dient dem Wohl der Tiere, und - das ist mir besonders wichtig - sie ist auch ökonomisch.

Aber Tierschutz gibt es nicht umsonst. Eine finanzielle Absicherung der Betriebe ist daher unerlässlich. Als Konsequenz sind für Tierschutzverbesse

rungen, die vom Markt nicht entlohnt werden können, neue Zahlungsströme zu schaffen und zu verstetigen, über die Tierwohl finanziert wird. Dazu gehört für mich auch eine kluge Einbeziehung der EU-Fördermittel.

In diesem Zusammenhang ist es auch besonders wichtig, den Lebensmitteleinzelhandel stärker als bisher in die Verantwortung zu nehmen. Denn die Betriebe der Nutztierhaltung brauchen nicht nur Planungssicherheit; wir müssen ihnen auch auf Dauer wirtschaftliche Perspektiven gewährleisten.

Die Verbesserung der Tierhaltung, gerade auch im Bereich des Tierwohls, ist ein ständiger Prozess, der seit Jahren läuft, der aber natürlich auch fortgeführt werden muss, gerade angesichts der Entwicklungsdynamik in der Nutztierhaltung. Das gelingt am ehesten auf der Grundlage eines faktenbasierten, konstruktiven und partnerschaftlichen Dialogs mit allen gesellschaftlichen Gruppen - ich zähle sie ausdrücklich auf, damit mir hinterher nichts unterstellt wird: Landwirte, Verarbeiter, Handel, Politik, Wissenschaft sowie Verbraucher - zur Suche nach einem Konsens über die moderne Nutztierhaltung.

In diesem Sinne verstehen wir unseren Antrag zur Weiterentwicklung des Tierschutzplans, damit auch in Zukunft die Nutztierhaltung ein wesentliches Standbein für den Agrarstandort Niedersachsen bleibt.

Zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion kann ich nur sagen, dass er hinter dem, was bis jetzt schon erreicht wurde, weit zurückbleibt. Auch wenn vordergründig der Tierschutzplan begrüßt wird, ist bei der Bewertung des gesamten Antrages erkennbar, dass Sie sich bis heute nicht hinter diese vorbildliche Initiative Ihres ehemaligen Ministers Lindemann stellen können.

Ihrem Änderungsantrag können wir also nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Geuter. - Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Janßen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 28 Tiere pro Quadratmeter in der Hähnchenmast, 0,75 m2 für ein Schwein bis 110 kg Gewicht, Anbindehaltung, Platzmangel, Spaltenbo

den, fehlender Freilauf und Ähnliches kennzeichnen die derzeitigen Haltungsbedingungen. Sie begünstigen Deformationen, Erkrankungen und Kannibalismus. Damit sich die Tiere nicht selbst verstümmeln, verstümmeln wir sie lieber. Hühnern werden die Schnäbel und Ferkeln werden die Schwänze abgeschnitten.

Eine solche Vorgehensweise, meine Damen und Herren, muss aufhören. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium ist hier auf einem guten Weg. Ich bitte Sie heute, meine Damen und Herren von der Opposition: Unterstützen Sie uns, damit wir den gesellschaftlichen Handlungsauftrag nachdrücklich verfolgen können! Denn diesen Handlungsauftrag zeigen diverse Studien und Umfragen. Auch der Wissenschaftliche Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums hat ähnliche Aussagen getroffen.

Nicht nur drei Viertel der Verbraucherinnen und Verbraucher lehnen das Kürzen von Ringelschwänzen bei Ferkeln ab, Tierschutz in der Nutztierhaltung wird von rund zwei Dritteln der Verbraucherinnen und Verbraucher generell als wichtiges Kriterium angesehen. Allerdings finden nur 15,2 % der Verbraucherinnen und Verbraucher, dass nichts gegen die heutige Tierhaltung spricht, während sogar 41,3 % der Befragten der Meinung sind, dass es den Tieren heute schlechter gehe als in der Landwirtschaft früher. Darüber kann man sich sicherlich streiten, aber es zeigt, welches Bild die Landwirtschaft in der Gesellschaft derzeit hat.

Dies, meine Damen und Herren, ist eine sehr kritische gesellschaftliche Wahrnehmung der heutigen Nutztierhaltung, die sich zuletzt in einem andauernd schrumpfenden Fleischkonsum äußert. Fleischersatzstoffe, aber auch biologische, artgerechte Fleischprodukte sind deutlich im Kommen. Hier liegt die Chance einer zukunftsfähigen landwirtschaftlichen Nutztierhaltung.

Im Gegensatz zu Ihrer Meinung, meine Damen und Herren von CDU und FDP - jedenfalls der Meinung, die Sie immer wieder äußern -, ist die Bevölkerung zumindest nach den Umfragen sehr wohl bereit, hierfür mehr zu bezahlen, wenn das Fleisch denn entsprechend eindeutig als solches erkennbar ist und gekennzeichnet ist.

Die Bevölkerung gibt uns also den Auftrag, hier zu handeln. Wir müssen die Rahmenbedingungen dafür setzen, dass - ich zitiere die Auffassung von guten 85 % der Befragten -, wenn Tiere für unser Essen sterben müssen, sie vorher wenigstens gut gelebt haben sollen. Das sind ethische Bedenken

von 85 % der Bevölkerung, meine Damen und Herren von der Opposition. Da müssen auch Sie einsehen, dass man so etwas nicht als grüne Ideologie abtun kann.

Fangen Sie an, die Bevölkerung und den Wählerauftrag ernst zu nehmen, und ziehen Sie hier mit uns an einem Strang!

Im Übrigen wollen auch viele Landwirte kein „Weiter so!“ in der Tierhaltung. Dies belegen z. B. die Zahlen der Anträge bei der Initiative „Tierwohl“, die letztlich gar nicht alle bedient werden können.

Wir wollen den Weg zu einer artgerechten Tierhaltung mit den Landwirten gemeinsam gehen. Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen. So müssen wir beispielsweise auch den Landwirten in Hotspots der Tierhaltung, wie im Weser-EmsGebiet, die von alten Tierhaltungssystemen wegwollen, die Chance geben, mithilfe von Fördergeldern ihre Ställe tiergerecht umzubauen, wenn dies zu keiner Erhöhung des Tierbesatzes auf mehr als zwei Großvieheinheiten pro Hektar führt.

Wir müssen auch in einen Diskurs mit Großhandel, Großverbrauchern, Verarbeitungsbetrieben gehen; denn wenn laut der Initiative „Tierwohl“ die beteiligten Lebensmitteleinzelhändler rund 85 % des Marktes abdecken, fehlen doch die Großhändler, die Fleisch verarbeitende Industrie und die Großverbraucher wie Betriebskantinen oder Schnellrestaurants.

Wissenschaftlich erarbeitete Tierwohlkriterien werden benötigt, um die Bedürfnisse der Tiere besser zu verstehen und ihnen auch gerecht werden zu können.

Meine Damen und Herren von der CDU, es ist mir völlig schleierhaft, warum Sie Ihren Änderungsantrag nicht im Ausschuss eingebracht haben. Aber das werden Sie sicherlich gleich noch erläutern. Hätten Sie dies nämlich getan, hätten wir auch den stärker in die Diskussion einbeziehen können.

Meine Damen und Herren, die Rahmenbedingungen müssen wir schaffen. Das sehen auch drei Viertel der Verbraucherinnen und Verbraucher so. Wir brauchen strengere Vorschriften für die Haltung von Nutztieren.

Seit Einführung des Tierschutzplans hat Niedersachsen hier einiges getan, aber eben noch nicht genug. Hierzu brauchen wir auch vernünftige Standards auf EU- und Bundesebene. Wir finden, der niedersächsische Tierschutzplan bietet hierzu einen guten Orientierungsrahmen, und fordern den

Bund auf, seinen Tierschutzplan den gesellschaftlichen Forderungen gemäß anzupassen. Auch EU-weit brauchen wir höhere Standards und einen höheren Förderspielraum, um die Fleisch- und Nutztierproduktion, die Haltung und die Verarbeitung näher an Tierwohlkriterien ausrichten zu können.